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Die Entwicklung von militärischen Atomwaffenträger in der Sowjetunion

Russland hat enorm viele militärische Raketen in Dienst gestellt. Dies ist ein Unterschied zu den USA wo es meist nur oder zwei Typen pro Einsatzprofil war. Dies liegt an der Art, wie die Entscheidung zustande kam. Anders als in den USA wo das Verteidigungsministerium eine Ausschreibung startet und Experten dann die von der Industrie eingereichten Vorschläge beurteilen ist es in Russland genau umgekehrt. In der Sowjetunion waren die Gegenstücke zu den Luft- und Raumfahrtfirmen der USA „Experimental-Konstruktionsbüro“ (russisch опытно-конструкторское бюро (ОКБ), OKB, ópytno-konstrúktorskoje bjuró) und ob ein OKB Aufträge erhielt hing, von den Beziehungen des Leiters zur Führung ab. Nicht weniger als fünf Leiter –

standen in Konkurrenz und hatten mal gute, mal weniger gute Kontakte zur Führung die sich in Aufträgen oder eben deren Ausbleiben äußerten.

Der Leiter des Konstruktionsbüros trug den Titel „Chefkonstrukteur“, war aber in unserem Fachverständnis vor allem Manager mit wenig technischem Einblick. Er war trotzdem wesentlich für den Erfolg des Projekts. Er verantwortete es und organisierte es. Druch die Rivalität kam es zu einer Vielzahl von Entwürfen, viele davon wurden zu Projekten und manche wurden auch umgesetzt dann aber nicht oder nur in kleiner Zahl stationiert. Doch selbst wenn man nur die stationierten Raketen nimmt, so sind es erheblich mehr Typen als die USA einführten.

Die Anfänge

Schon vor dem Ende des zweiten Weltkriegs suchten die USA und UdSSR nach den Entwicklern der A-4. Die USA konnten 116 Spitzenkräfte rekrutieren. Doch nicht alle waren zu diesem Schritt bereit. Der ranghöchste Vertreter dieser Gruppe war Helmut Gröttrup (1916-1981). Gröttrup war nicht bereit seine Familie zu verlassen. Er blieb daher in Deutschland. Die UdSSR hatte mit Helmut Gröttrup, dem Spezialisten für Aerodynamik, Werner Albring, dem Ingenieur für Steuerungs- und Messtechnik Heinrich Wilhelmi und dem Experten für Kreiselsysteme Kurt Magnus vor allem die Personen, die bei der A-4 für die Steuer- und Regelungstechnik verantwortlich waren, während die USA die Experten für die Konstruktion und Triebwerksentwicklung zur Mitarbeit gewinnen konnten.

Als die Rote Armee am 1.7.1945 im Mittelbau Dora einmarschierte waren noch Bauteile für etwa 40 A-4 vorhanden, die nun zusammengebaut wurden. Gröttrup konnte rund 4.000 Mitarbeiter rekrutieren, welche die Konstruktionszeichnungen auf Basis der vorhandenen Bauteile neu erstellten. In einer Nacht- und Nebelaktion wurden am 22.10.1946 insgesamt 160 Ingenieure mit ihren Familien in die Sowjetunion verschleppt. Es folgten später weitere. In Russland lebten mindestens 302 Raketenspezialisten in einer eigenen Siedlung, waren keine Gefangene und erhielten ein Gehalt. Sie verdienten sogar mehr als russische Raketenexperten. Gröttrup bekam ein eigenes Konstruktionsbüro mit 214 Angestellten. Insgesamt umfasste die deutsche Siedlung auf der Insel Gorodomlja (heute Siedlung Solnetschny) im Seligersee, ca. 380 km nordwestlich von Moskau, mehrere Tausend Personen.

Die folgenden Entwicklungen unterscheiden sich dann nicht in West und Ost: Beide Siegermächte starteten zuerst die erbeuteten A-4 um sich mit der Rakete vertraut zu machen. Drei Starts fanden sogar noch gemeinsam unter britischer Führung im Oktober 1945 von Cuxhaven aus statt. Russland nannte die Rakete R-1. Das Kürzel „R“ steht für „Raketa“ also Rakete. Damit sind militärisch genutzte Raketen gemeint. Koroljow wollte mit der N-1 (N für Nositjel = Träger) eine zivile Linie etablieren, doch mit seinem Tod blieb es bei diesem Versuch.

Erneut konnten die USA früher A-4 starten, denn sie hatten ja schon fertige A-4 verfügbar und den Großteil des Führungspersonals. Russland musste erst die Konstruktionsunterlagen rekonstruieren und die R-1 aus den vorhandenen Einzelteilen zusammenbauen. Die erste A-4 von US-Boden aus startete am 16. April 1946, die erste „russische“ V-2 wurde erst ein Jahr später am 27. Oktober 1947 von Kapustin Jar aus gestartet. Die R-1 wurde weitaus weniger lange als die erbeuteten A-4 in den USA gestartet, schon nach etwas mehr als einem Jahr und elf Starts endeten die Tests. Russland ging sofort an die Entwicklung einer neuen Rakete.

Auf die R-1, die nachgebaute A-4, folgte die R-2. Die R-2 ähnelte selbst im Aussehen der R-1, war aber rund 50 Prozent schwerer. Dies wurde durch eine Verlängerung des Rumpfes um 3 m erreicht. Durch die Erhöhung des Brennkammerdrucks des A-4 Triebwerks und des Einsatzes von reinem Alkohol, anstatt dem 80 prozentigen Alkohol in der A-4 konnte das Zusatzgewicht auch gestemmt werden. Die Expertise der Deutschen für Steuerungstechnik zeigte sich vor allem in einer viel genaueren Steuerung der R-2 mit der die Rakete als Atomwaffenträger erst sinnvoll war, denn die A-4 hatten eine Streuung von mehreren Kilometern, das war auch für eine Atombombe zu viel. Weitere Verbesserungen waren der Verzicht auf einen Container und selbsttragende Tanks welche die Rumpfmasse reduzierte. Die A-4 war relativ einfach zu verbessern, weil sie sehr massiv gebaut war, schließlich sollte die ganze Rakete den Wiedereintritt bei sechsfacher Schallgeschwindigkeit überleben. Ging man von Tanks in einer tragenden Struktur auf selbsttragende Tanks über, so konnte das Gewicht deutlich gesenkt werden, wurde der Sprengkopf vorher abgetrennt wie bei der Redstone so war noch mehr Gewicht einzusparen.

Eigene Raketenentwicklungen

Vom 1. Oktober 1950 bis 1951 fanden Teststarts der R-2 statt. Die Sowjetunion stationierte sie 1952 und behielt sich bis 1962 im Arsenal, als sie eigentlich längst veraltet war. In den USA wurde als Gegenstück – ebenfalls eine verbesserte A-4 die Redstone entwickelt, ebenfalls unter deutscher Leitung, Sie flog aber wesentlich später, erst 1953 zum ersten Mal. Die R-2 war ein erster sowjetischer Entwurf, ein Konkurrenzentwurf G-1, russisch R-4 von Gröttrup vom Juni 1947 wurde aufgrund der Opposition von Koroljow nicht umgesetzt.

Die R-2 ist noch von anderer Bedeutung. Von 1957 baute China die Rakete in Lizenz unter der Bezeichnung Dong Feng 1 (DF-1) nach, zusammen mit den Erkenntnissen, die der Vater der chinesischen Raketentechnik Qian Xuesen gewann, erlaubte dies die Konstruktion eigener Raketen durch China. Qian Xuesen studierte in den USA, verhörte als Mitglied der Organisation „Paper Clip“ Wernher von Braun und war im frühen amerikanischen Weltraumprogramm involviert, wurde aber des Kommunismus beschuldigt und verhaftet und dann im Austausch gegen Kriegsgefangene nach China abgeschoben.

Weiterhin wurde eine angepasste Version der R-2, die R-2A oder R-2W als Höhenforschungsrakete von Russland genutzt. Sie konnte über 200 km Höhe erreichen und mit ihr wurden Hunde gestartet, die erproben sollten ob ein Start für einen Menschen gefährlich sein kann, damit spielte sie auch eine Rolle im Wostok-Raumfahrtprogramm

Über die Bedeutung der Deutschen im weiteren Programm gibt es unterschiedliche Versionen. Die russische Verlautbarung, prominent von Koroljow vorgetragen war, dass man das Wissen der Deutschen abschöpfte und sie dann „zurück nach Hause schickte“. Zumindest dieses Datum der Rücksendung ist klar. Ab Juni 1952 kehrten die ersten Familien wieder nach Deutschland zurück, Helmut Gröttrup war der letzte am 22. November 1953. Er floh danach über Berlin in den Westen, wurde verhört und warnte vor der russischen Raupenentwicklung. Das die Deutschen aber wenig taten stimmt nicht, den Gröttrup hatte ein eigenes Designbüro mit 214 Mitarbeitern das fünf Entwürfe für Raketen konstruierte:

Rakete

Russisch

Reichweite

Masse

Bemerkung

G-1

R-4

600 km

18,4 t

Verbesserte A-4

G-2

R-6

2.500 km

50 t

Zweistufig, vier A-4 Triebwerke als erste, eines als zweite Stufe

G-3

R-8, R-13

3.000 km

25 t

Verbesserte A-4 mit einer überschallschnellen Cruise Missle Nutzlast

G-4

R-10, R-14

3.000 km

66,6 t

Einstufige Rakete mit neu entwickeltem 1.000 kN Triebwerk

G-5

R-15

8.000 km

170 t

Entwurf einer Bündelrakete, von Koroljow als R-7 kopiert.

Heute weiß man, das Russland auf die deutschen Experten angewiesen war. Sie griffen sogar auf deren Entwürfe zurück, so ist die R-7 eine sehr genaue Kopie des Entwurfs der Großrakete 5 (G-5) von Gröttrup aus dem Jahre 1949. die Deutschen bekamen aber nie wie ihre Pendants in den USA Leitungsfunktionen, sondern wurden mit Teilaufgaben beauftragt, vor allem dem Bereich wo sie die meisten Experten hatten – der Steuerung und Regelung. Wann immer es Probleme bei der Entwicklung gab, wurden sie hinzugezogen. Sie konstruierten keine neue Raketen, halfen aber bei den ersten eigenen Schritten der russischen Ingenieure. So war ihr Beitrag für die Entwicklung des RD-103, des ersten russischen Triebwerks das den Schub der A-4 mit 432 kN übertraf und in der R-6 eingesetzt wurde wichtig, da sie halfen die auftretenden Probleme zu lösen.

In der Folge wurden sehr viele Raketen entwickelt, die allesamt durchnummeriert wurden. Erste eigene Entwürfe von Koroljow, wie die R-3, entpuppten sich als nicht umsetzbar, Koroljow konnte aber durchsetzen, dass Russland nicht den Konkurrenzentwurf der G-4 von Gröttrup als R-6 umsetzte. Ebenso hatte er damit Erfolg bei der Ablehnung eines Projekts eines Marschflugkörpers der von Gröttrups Designbüro als G-3 entwickelt wurde. Er wurde mit der Entwicklung beauftragt. Doch letztendlich konnte Koroljow die Führung überzeugen, dass dieser Marschflugkörper nicht die Lösung war, die benötigt wurde, da zu verwundbar. So bekam er die Erlaubnis die R-7 zu entwickeln.

Die erste sowjetische Entwicklung war die R-5 von Jangel. Danach wurden die Deutschen nur noch bei Detailproblemen hinzugezogen und Koroljow drängte nachdem er dreimal mit der „deutschen“ Konkurrenz konfrontiert wurde, auf eine Rückführung. Die R-5 (SS-3 Shyster) hat Elemente der A-4 aber auch schon neue Elemente:

Das Triebwerk RD-103 ist eine russische Entwicklung mit 432 kN Schub deutlich schubstärker als das A-4 Triebwerk, das erlaubte es die Startmasse auf 29 t glatt zu verdoppeln. Sehr bald gab es aber Verbrennungsinstabilitäten, die mit deutscher Hilfe gelöst wurden, aber dazu führten, dass man vom Plan abkam Kerosin anstatt Alkohol als Treibstoff zu nutzen. Geplant war ursprünglich mit Kerosin eine Reichweite von 3.000 km. Immerhin steigerte die Verwendung von 92 % anstatt 75 % Alkohol die Energieausbeute etwas. Weitere Verbesserungen waren leichte selbsttragende Tanks mit Stringern und Spanten als Verstärkung. Die Leermasse war so trotz doppelt so größer Startmasse fast die gleiche wie bei der A-4. Die R-5 ist die erste in größeren Stückzahlen produzierte Rakete, wurde ab 1956 stationiert. Auch die R-5 wurde als Höhenforschungsrakete R-5V / R-5W eingesetzt.

Die R-4 und R-6 sind nicht umgesetzte deutsche Entwürfe (siehe oben).

Die wohl bekannteste R-Rakete ist die R-7 Semjorka. Auch sie basiert auf dem deutschen Entwurf der Großrakete G-5. Koroljow kopierte den Entwurf, musste wegen Verbrennungsinstabilitäten bei der Entwicklung schubstarker Triebwerke aber den Schub pro Brennkammer auf 200 kN begrenzen was zu 20 Haupt- und 12 Nebenbrennkammern anstatt sechs beim Entwurf von Gröttrup führte. Neben des geringen Schubs der Brennkammer findet man in der R-7 noch die Verwendung von Wasserstoffperoxid als Arbeitsmedium für den Gasgenerator als A-4 Relikt. Die R-7 zeigt sehr deutlich das die sowjetischen Experten meinten, wenn sie die A-4 studierten, nachbauten wüssten sie wie sie eine Rakete konstruieren müssen. Was sie nicht hatten waren einige Tonnen an Unterlagen nicht nur Konstruktionspläne sondern alle Tests, alle Versuche. Anhand ihrer konnten die Experten in den USA nachvollziehen warum die A-4 so konstruiert wurde und welche Probleme es gab und wie diese gelöst wurden. Dieses Wissen steckte auch in den Köpfen der Spezialisten, doch die gab es nun nicht mehr, also beschränkte die sowjetische Technik immer dann wenn es Probleme gab die A-4 Technik zu kopieren und baute noch sehr lange Triebwerke mit geringem Schub pro Brennkammer und separatem Gasgeneratorkreislauf. In den sechziger Jahren schloss sie aber nicht nur zu den USA auf sondern führte mit der oxydatorreichen gestaffelten Verbrennung ein neues Verfahren ein, das hohe Brennkammerdrücke und eine hohe Ausströmgeschwindigkeit ermöglichte.

Die R-7 (NATO-Code: SS-6, „Sapwood“ war als ICBM bedeutungslos. Es waren niemals mehr als 6 R-7 gleichzeitig einsatzbereit und die Rakete konnte nicht mehr als einige Tage betankt bleiben. Sie wurde aber zur Basis der Sputnik, Wostok und Sojus Trägerrakete, die bis heute im Einsatz ist.

Die R-8 war ein Gluschkoprojekt einer ICBM mit den Treibstoffen UDMH/LOX aus dem Jahre 1956, das nie umgesetzt wurde.

Die erste echte zweistufige ICBM war die R-9, SS-8 „Sasin“. Erneut entwickelt vom OKB-1 unter Koroljow war es möglich, mit einem kleineren Sprengkopf und zwei Stufen die Startmasse deutlich zu senken. Sie wog mit 80,5 t weniger als ein Drittel der R-7, setzte aber wie diese die ungiftige Kombination Sauerstoff/Kerosin ein, auf die Koroljow schwörte. Schon im April 1958 genehmigt, war die Rakete erst 1964 stationierungsreif als spätere Modelle ebenfalls einsatzreif waren. Diese setzten auf giftigen, aber lagerfähigen Treibstoffkombinationen. Schuld für die Verzögerung war das Koroljow mitten im Projekt den Triebwerkshersteller wechselte von Gluschkos OKB-456 zu Kusnezows OKB-276, da er meinte das das OKB-456 sich zu sehr auf die Entwicklung neuer Triebwerke für eben diese Treibstoffkombinationen konzentrierte. Die Rivalität zwischen Gluschko und Koroljow geht zurück bis in die Dreißiger Jahre, als Gluschko Koroljow denunzierte und dieser für einige Jahre in ein Gulag inhaftiert wurde. Die R-9 war für eine ICBM sehr leicht, aber durch den flüssigen Sauerstoff genauso wenig geeignet, dauerhaft betankt in Silos untergebracht zu werden wie die Vorgänger. So wurden nur wenige Raketen stationiert und diese 1974 wieder verschrottet.

Die R-10 war ein weiteres Gluschko-Projekt einer 1.500 t schweren Trägerrakete von 1960.

Die R-11 Semlja war als „Scud A“ (SS-1B) die erste russische Rakete, die lagerfähige Treibstoffe einsetzte. Sie basierte auf der deutschen Wasserfall-Flugabwehrrakete, ein verkleinerter A-4 Ableger. Schon die Wasserfall setzte lagerfähige Treibstoffe ein. Russland ersetzte die Treibstoffkombination, und hatte damals anfangs Probleme. Anders als die Wasserfall sollte die Semlja keine Flugabwehrrakete sondern eine Kurzstreckenrakete mit einer Reichweite von 160 km sein. Dafür musste die Leermasse deutlich gesenkt werden, was auch gelang. Die R-11 hatte ihren ersten Testflug am 13.4.1953. In das Arsenal wurde sie am 15.7.1955 aufgenommen. Später wurde aus der R-11 die R-11FM die erste Rakete die an Bord von U-Booten stationiert wurde. Zum Exportschlager wurde die Weiterentwicklung R-17 (Scud B bis D).

Die R-12 Dvina war die zweite Rakete die zu einer Trägerrakete umgebaut wurde. Die im Westen als SS-4 „Sandal“ bekannte Rakete wurde von 1953 bis 1956 entwickelt. Das genaue Datum für den Entwicklungsbeginn ist nicht sicher. Genannt werden 13.2.1953 und 13.8.1955. Der Autor glaubt eher an den spätere Datum, weil die Nummerierung chronologisch ist und die R-12 wäre sonst vor der R-7 genehmigt worden. Am 22.7.1957 erfolgte der erste Teststart von Kapustin Jar aus, schon am 4.3.1959 wurde sie ins Inventar der Raketenstreitkräfte übernommen. Die R-12 war mit 40 t Masse etwas schwerer als die R-5, die sie ersetzte, hatte wie diese eine Reichweite von 1.500 km, konnte aber einen größeren Sprengkopf transportieren. Der wesentliche Vorteil war die Verwendung der lagerfähigen Treibstoffkombination Salpetersäure/Kerosin. Von 1961 bis 1977 wurde sie mit einer Oberstufe als Kosmos 11K63 oder Kosmos B-1 Trägerrakete für kleine Satelliten von unter 420 kg Gewicht eingesetzt. Auch bei der R-12 setzte man trotz der kleinen Rakete vier Brennkammern mit der katalytischen Zersetzung von Wasserstoffperoxid ein, baute also noch auf die erkenntnisse die man von der A-4 durch Reengineering gewann.

Die R-13 (SS-N-4, „Sark“) war die erste russische speziell für den Einsatz in einem U-Boot entwickelte Rakete. Anders als die R-11FM war bei ihr auch ein Atomsprengkopf als Nutzlast vorgesehen. Sie wurde von 1956 bis 1960 entwickelt. Teststarts fanden von 1959 bis 1965 statt, es kam aber zu keiner Stationierung. 1969 wurde das Projekt eingestellt. Die R-13 hätte bei 30,8 t Startmasse einen 0,9 t schweren Sprengkopf 1.500 km weit befördern können. Die Reichweite mit dem schwereren Standkopf betrug 600 km.

Die R-14 Chusovaya war die zweite Mittelstreckenrakete, die zu einer Trägerrakete umgebaut wurde. Diesmal konnte das OKB-586 von Jangel den Auftrag gewinnen, sodass die R-14 praktisch als Konkurrenzmodell zur R-12 entwickelt wurde. Die R-14 (SS-5 „Skean“) war eine von 1958 bis 1961 entwickelte Mittelstreckenrakete mit 3.600 km Reichweite, die in der Sowjetunion stationiert war und auf Westeuropa zielte. Die ersten Raketen wurden am 31.12.1961 stationiert und blieben bis Mitte der Achtziger Jahre im Dienst. Zusammen mit der R-12 waren auf Kuba stationierte R-14 Auslöser der Kubakrise. Die R-14 war wegen der größeren Reichweite die stärkere Bedrohung der USA. Ergänzt durch eine Oberstufe wurde die R-14 als Kosmos 3M / Kosmos 11K65 bis über die Jahrtausendwende als Trägerrakete eingesetzt.

Die R-15 war ein kurzlebiges Projekt einer U-Boot Rakete von Jangels OKB.

Die R-16 von Jangel OKB-586 (SS-7 „Saddler“) basierte auf der R-14. Das Triebwerk der R-14 wurde sechsmal in der ersten und zweimal in der zweiten Stufe eingesetzt. So konnte die Startmasse von 86 auf 140 t gesteigert werden. Die R-16 war die erste ICBM Russlands mit lagerfähigen Treibstoffen. Ihre Entwicklung begann mit einer Katastrophe: anders als öffentlich verlautbart, hatte Russland Anfang der Sechziger Jahre wenige ICBM operational und dies waren alle R-7, die nur begrenzt aufgetankt blieben konnten. So war der Abschluss der Entwicklung der ersten ICBM mit lagerfähigen Treibstoffen, die viel länger aufgetankt einsatzbereit gehalten werden konnte, höchste Priorität und die Verwendung von schon existenten Triebwerken wohl auch der Hauptgrund, dass man die R-14 favorisierte, weil dies die Entwicklung verkürzte. Vor dem ersten Teststart kam es am 24.10.1960 zur Nedelin Katastrophe, bei der 78 Personen starben. Erst am 2.2.1961 fand der erste Teststart statt, doch dann konnte die Erprobung schon am 1.11.1961 abgeschlossen werden. Von 1961 bis 1976 blieb die 150 t schwere Rakete (in Größe und Masse mit der Titan II vergleichbar) operationell, zu einem Satellitenträger wurde sie nie umgebaut.

Die R-17 war eine verbesserte Version der R-11. Wie diese wurde sie als Scud bezeichnet. Es gibt zwei sowjetische Modelle Scud B und C. Die Entwicklung begann 1959 und wurde 1964 abgeschlossen. Gegenüber dem Vorgängermodell stieg die Startmasse der Scud B von 4,4 auf 5,9 t, was die Reichweite auf 320 km verdoppelte. Eine weitere Version Scud C mit 6,5 t Startmasse erreicht bei einem leichteren Sprengkopf sogar 500 km Reichweite. Die Scud B/C wurden in 27 Staaten exportiert, vom Irak im Golfkrieg von 1990 gegen Israel eingesetzt. Nordkorea hat die Scud C zuerst in der Leistung gesteigert (Scud D, Reichweite 700 km) dann auf Basis der Rakete die erste Trägerrakete Taepodong entwickelt. Dieses Design wurde dann in den Iran exportiert, wo daraus die Safir entstand.

Über die R-18 und R-19 gibt es keine Informationen. Die R-20 war ein weiteres Gluschko-Projekt einer 2000 t schweren Trägerrakete.

Die R-21 (SS-N-5, „Sark/Serb“) war eine weitere U-Boot Mittelstreckenrakete. Bei gleicher Nutzlast und Reichweite wie die R-13 (900 kg / 1.500 km) war sie bedeutend leichter. Wichtiger war die Fortentwicklung R-21A mit 3,000 km Reichweite die auf „Yankee-Class“ U-Booten stationiert wurde.

Die Bezeichnungen R-22 bis R-25 sind mit keinen veröffentlichten Projekten assoziiert.

Die R-26 ist ein Nachfolger der R-16, nun ging man bei der Nummerierung offensichtlich zu Zehnersprüngen über denn die R-26 wurde noch während der Entwicklung zugunsten der R-36 eingestellt. Verantwortlich war das OKB von Jangel. Die R-26 war eine kleinere Rakete als die R-16 und wog nur 85,5 t bei einer Reichweite von 12.000 km. Sie sollte anders als die Vorgänger jahrelang in Silos einsatzbereit sein und in Minuten startbereit sein. Doch nach der Nedelinkatastrophe verzögerte sich der Einsatz der R-16 und Jangels OKB-586 war voll mit der Entwicklung von diesem Träger beschäftigt, die Entwicklung verzögerte sich. Im April 1962 beschloss man die Entwicklung der noch größeren R-36 mit demselben Ziel (Silofähigkeit, Schneller Start) und stellte die Entwicklung der R-26 ein. Ein Mockup der R-26 präsentierte man trotzdem auf der Parade zur Oktoberrevolution 1964 wo sie durch die NATO als SS-8 Sasin benannt wurde.

Die R-27 Zyb (SS-N-6 „Serb“ war eine von 1968 bis 1991 operative U-Boot Mittelstreckenrakete mit einer Reichweite von 2.000 km. Nach dem Ausmustern wurde sie als „Zyb“ für Suborbitalmissionen eingesetzt.

Die R-29 Vysota war der Nachfolger der R-27 als U-Boot Rakete mit wesentlich höherer Reichweite (7.700 km) sie ist bis heute im Einsatz, zahlreiche Unterfamilien existieren. Die Startmasse beträgt 32,8 bis 40,8 t je nach Version. Einige Starts erfolgten als „Shtil“ und „Wolna“ Trägerrakete für kleine Satelliten von U-Booten aus. Die R-29 wurde erstmals 194 stationiert. Die R29RMU2 Layner ist seit 2014 im Einsatz. Die NATO unterscheidet drei Hauptversionen: SS-N-8 Sawfly (R.29, R-29D), SS-N-18 Stingray (R-29K / R-29L) und SS-N-23 Skiff (R-RM).

Die R-30 „Bulawa“ ist die neueste U-Boot ICBM Russlands. Sie wurde von 1999 an entwickelt. Der erste Start fand 2004 statt. Sie ist in der Masse mit der R-29 vergleichbar und wird diese ersetzen. Die offizielle Bezeichnung ist nach neuer Nomenklatur RSM-56. Der NATO Code SS-NX-30/SS-N-32. Seit 2018 wird die 36,8 t schwere Rakete stationiert. Jede kann 6 bis 10 MIRV Sprengköpfe über eine Distanz von mindestens 8.000 km transportieren.

Die R-36 (SS-9 „Scarp“) ist die letzte von Jangels OKB-586 entwickelte ICBM. Mit 177 t Masse etwas größer als die R-16, war sie voll silotauglich. Erstmals waren Varianten auch fähig mehrere Sprengköpfe (MIRV) auf unterschiedliche Bahnen zu befördern. Schon vor dem Umbau zur Trägerrakete Zyklon wurde die R-36 bekannt, als mit ihr Tests erfolgten, die eine Atombombe in einen Orbit brachten, dann aber vor Durchlauf des ersten Orbits wieder deorbitierten. Der Zweck dieses FOBS (Fractional Orbital Bombard System) war es, dass man so die Frühwarnanlagen der USA in Alaska und Grönland umgehen konnte und die UAA vom Süden her angreifen konnte. Mit dem ABM-Vertrag wurde diese FOBS-Version eingestellt.

R-36M (SS-18 „Satan“) ist eine noch größere Version der R-36. Sie wog je nach Version bis zu 211 t und konnte einen noch größeren Sprengkopf oder mehr MIRV transportieren. Sie verwendet wie die R-36 lagerfähige Treibstoffe. Zu dem Zeitpunkt der Entwicklung (1973 bis 1975) waren die USA längst zu reinen Feststoffraketen übergegangen. Bis heute befinden sich einige R-36M im Arsenal. Als „Dnepr“ wurde die Rakete auch als Trägerrakete eingesetzt.

Mittlerweile entwickelt Russland seit Jahren einen Nachfolger für die R-36, nun benannt RS-28 „Sarmat“. Westliche Experten gehen von den bekannten technischen Daten und dem Aussehen der Rakete, davon aus, das es sich weitestgehend um einen Nachbau der R-36M und keine Neuentwicklung handelt. Der Grund ist einfach: Jangels OKB-586 ist nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion das KB Juschnoje und in der Ukraine angesiedelt, seit 2014 kann man nicht mehr mit Ersatzteilen aus der Ukraine rechnen. So baut Russland die Rakete neu, die Triebwerke wurden zwar in der Ukraine gebaut, aber von NPO Energomasch in Russland designt.

Später wurde die Bezeichnung R- durch RS- als Abkürzung für „strategische Rakete“ ersetzt. Raketen für die Stationierung auf U-Booten erhielten die Abkürzung RSM und Feststoffraketen die Abkürzung RT. Zeitweise gab es auch die Nomenklatur „UR-XXX“ UR steht für universale Rakete, die sowohl als Träger wie auch ICBM eingesetzt werden konnte. Hier gab es als Ziffer immer ganze Hunderter. Umgesetzt wurden die UR-100 eine ICBM, die UR-200 ein Konkurrenzmodell zur R-36, wurde nach den Testflügen eingestellt, die UR-500 ist die Proton. Die UR-700 und UR-900 waren noch größere Raketen. Die UR-700 setzte auf das Bündelprinzip wie die R-7 und hätte mit 151 t Nutzlast die N-1 übertroffen. Noch größer war die UR-900 mit 240 t Nutzlast für Marsexpeditionen. Auch sie setzte auf das Bündelprinzip, nur mit noch mehr Modulen bis zu 15 in den ersten zwei Stufen.

Die RS-10 ist die erste dieser neuen Nummerierung, dabei ist RS-10 ein Synonym für die UR-100. Die UR100 (SS-11 „Sego“) von der mehrere Unterfamilien existieren und die mehrfach modernisiert wurde war die ICBM der Sowjetunion die in den größten Stückzahlen produziert wurde. Verantwortlich für die UR100 war das OKB-56 von Tschelomei. Genehmigt 1963, fanden 1965 die ersten Tests statt. Zeitgleich wurden nicht weniger als 1.130 Silos in Auftrag gegeben. Stationiert wurden ab 1966 bis zu 1.030 Raketen, das waren so viele, das drei Fabriken nötig waren sie herzustellen. Die Rakete setzte lagerfähige Treibstoffe ein, war aber mit ihrer Größe und Masse von 126 t eine Abkehr von den vorherigen schweren Raketen. Erstmals konnte sie MIRV-Sprengköpfe einsetzen und eine spezielle Version zum Abwehr anfliegender Raketen wurde entwickelt. Die originalen UR-100 wurden 1994 ausgemustert.

Die Bezeichnung RS-12 ist wiederum ein Synonym für RT-2 (SS-25 „Sickle“). Die in Russland „Topol“ genannte Rakete ist bis heute in verbesserter Form Bestandteil der Raketenstreitkräfte. Die Topol wurde ab 1982 als erste mobile ICBM Russlands entwickelt und setzt feste Treibstoffe ein. Mit einer Masse von nur 45 bis 58 t je nach Version ähnelt sie somit mehr den amerikanischen Minuteman als ihren mit flüssigen Treibstoffen angetriebenen Vorgängern. 1997 waren 386 Raketen stationiert, danach begann die Ausmusterung als Folge des START-II Abrüstungsvertrages. Einige ausgemusterte Topol wurden als Start / Start-1 Satellitenträger eingesetzt. Die U-Boot ICBM Bulawa (RS-30) ist ein kleinerer Ableger der Topol, in die Abschussröhren der R-29 passt und seit 1999 diese ersetzt.

Die RS-14 ist ein Synonym für die Temp 2S, RT-21, (SS-16 „Sinner“) die erste mobile ICBM die geheim von Russland von 1969 bis 1976 entwickelt wurde. Als sie Indienst gestellt wurde, schloss die UdSSR 1979 den SALT-II Vertrag ab, der die Zahl der stationierten Raketen auf den Stand von 1979 einfror. Trotzdem ging die Stationierung weiter. US-Satelliten identifizierten aber 50 bis 100 mobile Fahrzeuge mit den Raketen. Dies war mit ein Grund warum Ronald Reagan die Sowjetunion als „evil Empire“ bezeichnet und die USA als Gegenstück die MX Peacekeeper als ebenfalls mobile Rakete entwickelten. Als Russland 1985 bei den START-I Gesprächen informiert wurde, das man von den Raketen wüsste, wurden die Raketen von 1986 bis 1987 in Gebäuden gelagert und 1997 endgültig verschrottet. Mit dem Einsatz von festen Treibstoffen und einem Startgewicht von etwa 40 t war die RS-14 ein direkter Vorläufer der Topol.

Die RS-16 Bezeichnung ist wiederum ein Synonym für die MR-UR100 „Sotka“ (SS-17 „Spanker“). Wie der Name verrät, war die Rakete ein Ersatz für die erste Generation der UR100 die nach zehn Jahren an das Ende ihrer Design-Lebenszeit kamen. Russland beschloss schließlich die MR-UR100 von Jangel wie auch das Nachfolgemodell UR100N von Tschelomei bauen zu lassen. Die MR-UR100 war mit 71,1 t leichter als ihre Vorgänger, arbeitete aber mit lagerfähigen Treibstoffen. Die Entwicklung ging von 1969 bis 1975. danach wurden 360 Raketen stationiert, die 1991 nach dem Start-I Vertrag auf 76 reduziert wurden. 1995 wurden die letzten Sotka ausgemustert.

RS-18 sind alternative Bezeichnungen für die aus der UR-100N (SS-19 „Stiletto“), sowie aus der UR100N entstandenen Trägerraketen Rockot und Strela. Sie wurde von 1970 an entwickelt und ab 1975 stationiert. Die Rockot erhielt eine weitere dritte Stufe, während die Strela den MIRV Bus als dritte Stufe einsetzte und daher eine geringere Nutzlast hat. Beide Träger sind heute nicht mehr operationell. Die UR100N befindet sich dagegen noch bei den Raketenstreitkräften.

Das Kürzel RS-20 ist eine andere Bezeichnung für einige Submodifkationen der R-36M (SS-18 „Satan“).

RS-22 ist ein Synonym für die RT-23 Molodez. Russland machte erste Versuche eine mobile Rakete zu entwickeln mit der RT-20 mit flüssigen und festen Treibstoffen. Das Ergebnis war nicht zufriedenstellend, so wagte man mit der mit reinen festen Treibstoffen angetriebenen RT-23 einen neuen Anlauf. Die RT-23 (SS-24 „Skalpel“) sollte in einer silobasierten Version die SS-19 Stiletto (RS-18, UR100N) ersetzen und einer auf Zügen stationierten Version entwickelt werden, analog zur MX Peacekeeper. Die RT-23 ist eine für eine Feststoffrakete sehr schwere ICBM. Sie wiegt 104,5 t und kann bis zu zehn Sprengköpfe transportieren. Die Entwicklung begann 1979, 1985 wurde mit der Stationierung begonnen. 96 Raketen waren in der Spitze aktiv. Die Ausmusterung nach dem START-II Vertrag erfolgte bis 2005.

Die RS-24 „Jars“ ist die neueste mit festen Treibstoffen angetriebene russische ICBM. Sie wurde ab 1998/9 entwickelt und ist seit 2010 im Dienst sie soll langfristig die silobasierten UR100N und die Topol ersetzen. Die Rakete selbst wurde aus der RS-12M2, Topol 12M entwickelt. Der wesentliche Vorteil ist das sie bis zu zehn Sprengköpfe tragen kann. Die Topol kann nur einen und die Topol M drei bis sechs MIRV transportieren. Anfang 2020 verfügt Russland über 153 mobile und 20 silobasierte RS-24.

Die RT-Serie umfasst nur Feststoffraketen. Die erste davon ist die RT-1, die als Gegenstück zu den ersten amerikanischen Feststoffraketen von 1959 bis 1963 getestet wurde, aber eine zu schlechte Performance hatte, weshalb die UdSSR weiter vor allem auf lagerfähige flüssige Treibstoffe setzten. Die RT-1 wurde nie stationiert und wog 31,9 t.

Einen zweiten Anlauf unternahm man mit der RT-2, mit 51 t deutlich schwerer. Sie wurde von 1961 bis 1968 entwickelt, und ebnete den Weg für alle folgenden Feststoffraketen der UdSSR. Sie wurde trotzdem nur in kleinen Stückzahlen (60) stationiert. Die NATO gab ihr die Bezeichnung SS-13 „Savage“. Die RT-2 war noch silobasiert. Erst mit der Einführung von mobilen Raketen ging Russland in den Achtziger Jahren die Entwicklung von Feststoffraketen neu an. Es gab als Nachfolgeprojekte die RT-2M und RT-2P. Die RT-2P wurde von 1969 bis 1972 getestet und von 1974 bis 1982 produziert. Ab 1988 begann die Ausmusterung. Die RT-2P erhielt die NATO Bezeichnung SS-13 Mod. 2.

Die RT-15 ist eine zweistufige Version der RT-2. Mit nur zwei Stufen ist es eine Mittelstreckenrakete mit 16 t Startmasse und 2.500 km Reichweite. Auch sie wurde nur in kleinen Zahlen ab 1970 stationiert, maximal 19 waren im Einsatz. Die NATO gab ihr die Bezeichnung SS-14 „Scapegoat“. Eine Variante davon wurde als RT-15M auf den Einsatz auf U-Booten untersucht, kam aber über das Designstadium heraus.

Die RT-20 war ein Projekt einer weiteren Mittelstreckenrakete mit 4.800 km Reichweite, basierend auf der ersten und dritten Stufe der SS-13 RT-2. Nach acht Testzündungen wurde das Projekt abgebrochen.

Die RT-21 war ein weiteres frühes Feststoffraketenprojekt einer ICBM das von 1963 bis 1966 untersucht wurde. Erstmals wurde die Stationierung auf mobilen Zügen untersucht. Doch es kam zu keiner Umsetzung. Man verfolgte die Stationierung auf Zügen noch im Nachfolgeprojekt RT-22, einer fast doppelt so großen ICBM, stellte aber auch dieses Projekt 1969 ein.

Die RT-25 war ein Konkurrenzprojekt zur RT-15 / RT-2 und wurde schon 1963 eingestellt.

Die Abkürzung RSD- wurde für Mittelstreckenraketen verwendet und bisher nur einmal verwendet für die RSD-10 Pioner, NATO Bezeichnung SS-20 „Saber“. Die SS-20 sollte alte R-12 und R-14 Mittelstreckenraketen ablösen, war eine Feststoffrakete und konnte den Sprengkopf und die mobilen Transporter der Temp 2S ICBM einsetzen. Die Stationierung der SS-20 auf geländegängigen Lastwagen betrachtete die NATO als Bedrohung und reagierte mit dem Nachrüstungsbeschluss 1979. Die RSD-10 wurde von 1971 bis 1976 entwickelt und ab 1976 auch in Ostdeutschland stationiert. Zur Spitzenzeit waren 441 Raketen stationiert, jede mit einem bis drei Sprengköpfen und 5.000 km Reichweite.

Die folgende Liste kann daher nur eine Auswahl wiedergeben, nämlich die Raketen die zu Trägerraketen weiter entwickelt wurden:

Rakete

Stückzahl

Reichweite

Masse

Stationierung

Bemerkung

R-7

6

8.800 km

280 t

1959 - 1968

Sputnik Trägerrakete, G-5 Kopie

R-12

377

2.080 km

47,1 t

1959-1978

Basis für die Kosmos 11K63 Trägerrakete

R-14

97

4.500 km

86,3 t

1961-1984

Basis für die Kosmos 11K65 Trägerrakete

R-29R


6.500 km

32,8 t

1974-heute

Nutzlast 1.100 kg als SLBM, Wolna Trägerrakete

R-29RM


8.300 km

40,3 t

1986-2010

Nutzlast 2.800 kg als SLBM, Shtil Trägerrakete

R-36

100

10.200 km

180,6 t

1962- heute

Zyklon 2/3

R-36M

308

11.000 km

211,4 t

1975-heute

Größte je gebaute ICBM, Basis für die Dnepr

R-39

120

8.310 km

90 t

1984-2004

Größte je gebaute U-Boot ICBM, geplante Rif-Trägerrakete.

UR100N

270

10.360 km

126,3 t

1975-heute

Familie von ICBM, Rockot und Strela Trägerrakete

RT-2PM Topol

288

12.500 km

50,1 t

1985-heute

Basis für die Start und Start-1 Trägerrakete.

Obwohl ich mich nach den Anfangsjahren auf ICBM beschränkt habe (es gibt daneben noch Kurz-, Mittelstrecken- und U-Boot Raketen) sind es viele Raketen. Alleine die von der NATO bei Paraden oder durch Luftaufklärung entdeckten wurden bis zur SS-27 durchnummeriert ist auffällig das es eine Vielzahl von Systemen gab und gibt. Nur wenige erreichten aber hohe Stückzahlen, dagegen stationierten die USA insgesamt 1.000 Minuteman Raketen in drei Subversionen, setzten also mehr auf eine hohe Stückzahl und Vereinheitlichung. Seit Puttin im Amt ist werden wieder neue Raketen entwickelt.

Wie man an der Liste erkennt, gab es zahlreiche Projekte die zwar umgesetzt wurden, von denen aber nur wenige Raketen stationiert wurden. Bei den frühen Trägerraketen war der technische Fortschritt daran schuld, so wurden selbst von der berühmten R-7 nur wenige Exemplare stationiert, weil sie als Waffe nahezu unbrauchbar war. Bei den späteren Raketen spielt die erwähnte Rivalität der Hersteller eine rolle. Manchmal stellte sich erst bei der Stationierung geruhsam, dass eine neue Rakete nicht geeignet für den Einsatz war.

Die strategischen Raketentruppen Russlands verfügen im Januar 2020 über schätzungsweise 320 einsatzbereite Raketensysteme, die bis zu 1.181 Sprengköpfe tragen können. Dazu gehören 46 R-36M2 (SS-18)-Raketen, 45 mobile (Straßen) Topol (SS-25)-Systeme, 60 silobasierte und 18 mobile (Straße) Topol-M (SS-27)-Systeme sowie 149 RS-24-Raketen.

Hier noch eine Liste der NATO Bezeichnungen und russischen Bezeichnungen:

NATO Code

Alias

Rakete

Stückzahl

Reichweite

Masse

Stationierung

Bemerkung

SS-1

Scunner

R-1

18

320 km

13,4 t

1950 – 1952

Nachgebaute A-4

SS-1

Scunner

R-11

106

170 – 270 km

5,4 t

1958-1974

„Scud“. Verbesserte Wasserfall Rakete, Basis für Nordkoreas und Irans Trägerrakete

SS-2

Silbing

R-2

66

570 km

19,6 t

1961- 1960

Verbesserte A-4

SS-3

Shyster

R-5

64

1.200 km

28,6 t

1956-1967

Erste russische Eigenentwicklung, noch A-4 Treibstoffen

SS-4

Sandal

R-12

377

2.080 km

47,1 t

1959-1978

Basis für die erste Kosmos Trägerrakete

SS-4

Sandal

R-12

377

2.080 km

47,1 t

1959-1978

Basis für die erste Kosmos Trägerrakete

SS-6

Sapwod

R-7

6

8.800 km

280 t

1959 - 1968

Sputnik Trägerrakete, G-5 Kopie

SS-7

Saddler

R-16

202

12.000 km

140,6 t

1962-1976

Basis für die Zyklon Trägerraketen, Neddelin Katastrophe

SS-8

Sasin

R-9

23

12.500 km

81 t

1964 - 1976

Erste echte zweistufige ICBM von Koroljow

SS-9

Scarp

R-36

100

10.200 km

180,6 t

1962- heute

Zyklon 2/3

SS-10

Scrap

GR-1


12.000 km

135,6 t

1863-1964

Konkurrenzmuster zur SS-9 auch als FOBS System gedacht, nie stationiert.

SS-11

Sego

UR-100

78

10.600 km

42 t

1967-1974

Deutlich kleinere ICBM als vorherige Muster mit lagerfähigen Treibstoffen.

SS-12

Scaleboard

TR-1

1.200

800 – 900 km

9,7 t

1967-1987

Kurzstreckenrakete mit festen Treibstoffen

SS-13

Savage

RT-2

60

10.000 km

45,1 t

1968-1678

Erste lkurzlebige spowetische ICBM mit festen treibstofen

SS-14

Scamp

RT-15

19

2.500 km

16 t

1965-1970

Mittelstreckenraketen aus den beiden oberen Stufen der RT-2, Testmuster, keine Stationierung

SS-15

Scrooge

RT-20

100-200

~ 10.000 km

41 – 44 t

1976-1985

Erste stationierte mobile ICBM

SS-16

Sinner

Temp 2S,RS-14

50-100

9.200 -10.500 km

41-44 t

1976-1985

Erste mobile ICBM, offiziell nie stationiert.

SS-18

Satan

R-36M

308

11.000 km

211,4 t

1975-heute

Größte je gebaute ICBM, Basis für die Dnepr

SS-19

Stiletto

UR100N

270

10.300 km

72,6 t

1975-1995

Familie von ICBM

SS-20

Saber

RSD-10

441

5.000 km

37 t

1976-1988

Mittelstreckenrakete führte zum NATO-Doppelbeschluss

SS-21

Scarab

9K79 Totschka

1.200

70-120 km

2 t

1979-heute

Taktische Kurzstreckenrakete

SS-23

Spide

OTR-23 Oka


500 km

4,36 t

1979-1988

Ersatz für die Scud B

SS-24

Scapel

RT-23

96

10.500 km

104,5 t

1987-2005

Größte je gebaute Feststoff-ICBM, Gegenstück zur Peacekeeper

SS-25

Sickle

RT-2PM Topol

288

12.500 km

50,1 t

1985-heute

Modernste. Mobile Feststoff-ICBM Russlands, Basis für die Start und Start-1 Trägerrakete.

SS-26

Stone

9K720 Iskander

160

400-500 km

3,8 t

2006-heute

Kurzstreckenrakete deren Zeil nach dem Abschuss noch geändert werden kann.

SS-27

Sickle B

RT-2PM2 Topol-M

78

11.000 km

47,2 t

1997-heute

Moderne Version der Topol mit einem Sprengkopf

SS-28

Saber B

RS-24 Yars

149

11.000 km

49,6 t

2010-heute

Topol M mit MIRV Fähigkeit

SS-X-29


RS-24

153

11.000 km

47 t

2010-

Verbesserte RS-12 Topol für den mobilen Abschuss.

SS-X-30

Sarmat

RS-28




2017 -

Moderne Version der RS-36M, da diese am Ende der Lebensdauer sind und in der Ukraine produziert wurden.

SS-X-31


RS-26

2+

5.800 km

36 t

2016 -

Eine Feststoffrakete die von der Reichweite her gerade noch nicht unter den INF-Vertrag fällt.

SS-X-32


BZhRK Barguzin


12.600 km

45-50 t

2020-

Schienenbasierte ICBM ersetzt RT-23/SS-24. Details noch Geheim

Die Nummer 1 ist zweimal vergeben. Zum einen für die R-1 als „Scunner“, dann erneut für die R-11 als „Scud“. Die Weiterentwicklungen der Scud als R-17 laufen dann als SS-1A bis SS-1C.

Eine Doppelbelegung gibt es auch bei der SS-8. Zuerst verstand man unter der SS-8 „Sasin“ die R-26, da die Sowjetunion bei der Oktoberparade auf dem roten Platz eine Attrappe dieser Rakete vorführten. Zu dem Zeitpunkt wurde das Projekt das von 1960 bis 1962 dauerte aber schon beendet. Als dieses Täuschungsmanöver erkennt wurde, bekam die R-9 die Nummer, und den gleichen Codenamen. Umgekehrt laufen unter SS-12 und SS-22 dieselbe Kurzstreckenrakete TR-1 Temp. Viele Subversionen erhalten dann noch einen angehängten Buchstaben, z.B. bei den zahlreichen Versionen der R-29.

Hier noch dieselbe Übersicht für U-Boot Raketen mit Sprengköpfen die an Land explodieren. Die SS-N-Nomenklatur umfasst alle schiffsgestützten Raketen auch die die auf andere Schiffe abgeschossen werden und vor allem Marschflugkörper.

Nato Code

Alias

Rakete

Stückzahl

Reichweite

Masse

Stationierung

Bemerkung

SS-N-4

Sark

R-13

13

1.500 km

30,8 t

1961-1972

Erste auf U-Boot stationierte Rakete

SS-N-5

Serb

R-21


1.300 km

16,5 t

1962-1991

Zweite Generation von U-Boot Atomraketen

SS-N-6

Serb

R-27

1.800

3.000 km

14,4 t

1968-2005

Dritte Generation von U-Boot Atomraketen, Zyb Suborbitalrakete.

SS-N-18

Stingray

R-29


6.500-7.700 km

32,8 t

1974-heute

Vierte Generation von U-Boot Atomraketen, Wolna Trägerrakete

SS-N-21

Skiff

R-29M


8.300 km

40,3 bis 47 t

1986-heute

Verbesserte R-29 mit MIRV Sprengköpfen

SS-N-17

Snipe

R-31

6

4.500 km

26,9 t

1980-1990

Fünfte Generation von U-Boot Atomraketen, erste mit Feststoffantrieb.

SS-N-20

Sturgeon

R-39

120

8.310 km

90 t

1984-2004

Größte je gebaute U-Boot ICBM, Rif-Höhenforschungrakete.

SS-N-32


Bulawa


8.300 km

36,8 t

2006-


Artikel verfasst am 30.7.2023

Bücher des Autors über Trägerraketen

Wie man an dem Umfang der Website sieht, sind Trägerraketen eines meiner Hauptinteressen. Es gibt inzwischen eine Reihe von Büchern von mir, auch weil ich in den letzten Jahren aufgrund neuer Träger oder weiterer Informationen über alte Projekte die Bücher neu aufgelegt habe. Sie finden eine Gesamtübersicht aller Bücher von mir bei Amazon und hier beim Verlag.

Ich beschränke mich in diesem Abschnitt auf die aktuellen Werke. Für die in Europa entwickelten Trägerraketen gibt es von mir zwei Werke:

Europäische Trägerraketen 1 behandelt die Vergangenheit (also bei Drucklegung): Das sind die nationalen Raketen Diamant, OTRAG und Black Arrow und die europäischen Träger Ariane 1 bis 4 und Europarakete.

Europäische Trägerraketen 2 behandelt die zur Drucklegung 2015 aktuellen Träger: Ariane 5, Vega und die damaligen Pläne für Vega C und Ariane 6.

Wer sich nur für einen der in den beiden besprochenen Träger interessiert, findet auch jeweils eine Monografie, die inhaltlich identisch mit dem Kapitel in den Sammelbänden ist, nur eben als Auskopplung.

Weiter gehend, alle Raketen die es weltweit gibt, behandelnd, gehen zwei Bände:

US-Trägerraketen

und

Internationale Trägerraketen (im Sinne von allen anderen Raketen weltweit)

Auch hier habe ich 2023 begonnen, die Bände aufzusplitten, einfach weil der Umfang für eine Aktualisierung sonst weder handelbar wäre bzw. an die Seitengrenze stößt, die der Verlag setzt. Ich habe auch bei den Einzelbänden nochmals recherchiert und den Umfang erweitert. Bisher sind erschienen:

US Trägerraketen 1 mit den frühen, kleinen Trägern (Vanguard, Juno, Scout)

US Trägerraketen 2 mit der Titan-Familie

2023 wird noch die erste Auskopplung aus den internationalen Raketen über russische Träger erscheinen. Nach und nach werden alle Raketen dann in einzelnen Monografien geordnet nach Trägerfamilien oder Nationen dann aktualisiert auf den aktuellen Stand, so besprochen.

Für die Saturns gibt es noch einen Sonderband, den ersten in der Reihe über das Apolloprogramm.

Alle bisherigen Bücher sind gerichtet an Leute, die wie ich sich nicht mit oberflächlichen Informationen oder Zusammenfassung der Wikipedia zufriedengeben. Wenn sie sich nicht für Technik interessieren, sondern nette Anekdoten hören wollen, dann sind die bisherigen Bücher nichts für Sie. Für dieses Publikum gibt es das Buch „Fotosafari durch den Raketenwald“ bei dem jeder Träger genau eine Doppelseite mit einem Foto und einer Beschreibung hat. (Also etwa ein Zehntel der Seitenzahl auf den ich ihn bei den beiden obigen Bänden abhandelte). Das Buch ist anders als die anderen Bände in Farbe. Ab und an macht BOD als Print on Demand Dienstleister Mist und verschickt es nur in Schwarz-Weiß, bitte reklamieren sie dann, ich als Autor kann dies nicht beeinflussen.

Als Autor würde ich mich freuen, wenn sie direkt beim Verlag bestellen, da ich da eine etwas größere Marge erhalte. Dank Buchpreisbindung und kostenlosem Versand ist das genauso teuer wie bei Amazon, Libri und iTunes oder im Buchhandel. Über eine ehrliche Kritik würde ich mich freuen.

Alle Bücher sind auch als E-Book erschienen, üblicherweise zu 2/3 des Preises der Printausgabe – ich würde sie gerne billiger anbieten, doch da der Gesetzgeber E-Books mit 19 Prozent Mehrwertsteuer besteuert, Bücher aber mit nur 7 Prozent, geht das leider nicht. Ein Vorteil der E-Books - neben dem einfacher recherchierbaren Text ist, das alle Abbildungen, die im Originalmanuskript in Farbe, sind auch in Farbe sind, während ich sonst - um Druckkosten zu sparen - meist auf Farbe verzichte. Sie brauchen einen pdf-fähigen Reader um die Bücher zu lesen. Sofern der Verlag nicht weiter für bestimmte Geräte (Kindle) konvertiert ist das Standardformat der E-Books ein DRM-geschütztes PDF.

Mehr über meine Bücher finden sie auf der Website Raumfahrtbuecher.de und eine Liste aller Veröffentlichungen findet sich auch bei meinem Wikipediaeintrag.

 


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.

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