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Kalkon und der Kalk

Die Werbung

Kalkon (Kunstname, in Anlehnung an ein existierendes Produkt) ist ein Zusatz zur Wäsche der Calciumionen davon abhalten soll, sich auf der Wäsche oder in der Maschine abzulagern. Die Werbung für dieses Produkt ist seit Jahren gleich geblieben und auf mehrerlei Weise bemerkenswert:

Zum einen arbeitet die Werbung noch mit Angstgefühlen, eine Vorgehensweise die andere Werbungsträger seit zirka 20 Jahren aufgegeben haben (Wenn ich kein Kalkon nehme geht meine Waschmaschine kaputt, ist die Waschküche überschwemmt, meine Familie traurig weil die Wäsche nicht gewaschen ist...)

Das zweite bedeutsame Element der Werbung für Kalkon sind die Werbeträger. Man fragt sich unwillkürlich warum sich die Firma die Mühe gibt diese durch übertriebene Großaufnahmen und Proletentexte so unsympathisch wirken zu lassen. ("Dann steht die ganze Hütte unter Wasser..."). Will man denn überhaupt kein Kalkon verkaufen?

Die Wirklichkeit

Mit dem "Kalk" - davon redet die Werbung für Kalkon - sind eigentlich die Calciumionen die im Wasser gelöst sind gemeint. Calcium scheidet sich beim Erhitzen als Calciumcarbonat auf Heizstäben ab oder geht Verbindungen mit dem waschaktiven Bestandteilen ein. Dadurch wird deren Wirksamkeit herabgesetzt und sie können sich auf der Wäsche als Grauschleier absetzen.

Alle Waschmittel enthalten daher Substanzen, die das Calcium im Wasser gelöst halten und dies verhindern sollen. Dies ist der Grund warum es bei Waschmitteln für verschiedene Härtebereiche verschiedene Dosierungsempfehlungen gibt. Waschmittel bestehen im Mittel zu 30 % aus denselben Substanzen wie Kalkon. Dies sind Zeolithe, Mineralien die Calcium binden. So gesehen macht es sicher Sinn ab zirka 7 Härtegrade (Bereich Mittel) anstatt mehr Waschmittel die zirka 30 % Calciumbindenden Substanzen separat zuzusetzen und so Waschmittel einzusparen.

Kalkon besteht aus diesen Härtebindenden Substanzen (zu 30 %) und zu 5-15 % aus Polycarbonsäuren. Diese verstärken die Wirkung der Zeolithe welche die Härte binden und verhindern ein Absetzen auf der Wäsche (so genannter Vergrauungseffekt).

Prinzipiell wäre also der Einsatz eines Härtebindenden Mittels ökologisch sinnvoll, bei mittleren Härtegraden und darüber hinaus. Man würde waschaktive Substanzen einsparen und die Umwelt schonen. Es ist unverständlich warum man nicht diesen Aspekt bei der Werbung hervorhebt. Dies wird auch im sogenannten Baukastensystem versucht bei dem man Härtebinder, waschaktive Substanz (das was sauber macht) und Zusatzstoffe (Weichspüler, Duftstoffe, optische Aufheller....) separat zusammenmischt.

Chemie des Kalks

"Kalk" ist chemisch ein Gemisch aus zwei Salzen: Calciumcarbonat und Magnesiumcarbonat. Er entsteht dadurch das folgende Reaktion im Wasser abläuft:

Ca(HCO3)2 →  CaCO3 + H2O + CO2
Mg(HCO3
)2 → MgCO3 + H2O + CO2

Dies sind zwei so genannte Gleichgewichtsreaktionen, d.h. im Wasser gibt es eine Konstante Menge der Produkte links und rechts des Doppelpfeils ” und diese wandeln sich ineinander um. Für die Kalkbildung wesentlich ist folgendes:

Die Carbonate CaCO3 und MgCO3 sind schwer im Wasser löslich, sie können bei größerer Menge ausfallen und sich an Oberflächen ablagern. In einem System mit Luft kann das Kohlendioxid CO2 aus dem Wasser entweichen, wodurch die Rückreaktion nach links nicht mehr geht. Kohlendioxid ist zudem um so schlechter wasserlöslich, je wärmer das Wasser ist. (Erhitzen Sie mal eine Sprudelflasche...). Das hat zur Folge, das beim Erhitzen von Wasser mit größeren Mengen an Calciumsalzen sich Kalk ablagert, bevorzugt dort, wo die höchsten Temperaturen vorliegen, wie an den Heizstäben. Daher werden Enthärter zugegeben um die Calciumionen chemisch binden und so die Kalkabscheidung herabsetzen.

Anders als es uns die Werbung aber weismacht benötigt man nicht immer Kalkon. Der wichtigste Punkt ist die lokale Härte, es gibt Gegenden in Deutschland mit hartem Wasser wie z.B. auf der schwäbischen Alb oder in den Alpen. Hier liegen an der Oberfläche Kalksteingebirge. Anderes Grundwasser welches durch Granitgestein muss, ist calciumarm, dasselbe gilt zumeist auch für Oberflächenwasser. Es ist also angesagt vom lokalen Wasserwerk den Härtegrad zu erfragen.

Das zweite ist, das moderne Waschmittel immer tiefere Temperaturen ermöglichen. Die Gefahr der Abscheidung auf der Wäsche nimmt beim Rückgang von 90 auf 60 oder 40 Grad Celsius rapide ab, gefährdet sind dann nur noch die Heizstäbe, die allerdings anders als es die Kalkon Werbung suggeriert problemlos austauschbar sind.

Lohnt es sich auch finanziell?

Diese Frage ist leider schwer zu beantworten. Zum einen gibt es Kompakt und "Normal" Waschmittel, die sich in Dosierung unterscheiden, zum anderen verschiedene Preise, Härtegrade und Verschmutzungsgrad der Wäsche.

Es gibt aber einige Richtlinien:

Bei dem Kompaktwaschmittel das ich benutze, Härtegrad "Mittel" und normaler Verschmutzung lohnt sich Kalkon erst ab einem Preis von 15 DM/1.5 kg Waschmittel, bei hohem Härtegrad bei 12 DM/kg. Nur bei extrem hohen Dosierungen wird dieses ungünstige Verhältnis besser. Daher wird in der Werbung auch nicht auf die Möglichkeit eingegangen, Geld zu sparen. Es ist bei allen "NoName" Marken, ergal für welchen Härtegrad billiger das Waschmittel höher zu dosieren als Kalkon zu nehmen. nur bei den teuersten Markenwaschmitteln ist Kalkon eine finanziell interessante Alternative.

Kalkon Werbung auf dem Rückzug

Für alle die wie ich die Werbung schlecht finden, weil sie massiv dem potentiellen Kunden Schuldgefühle suggeriert (Waschmaschine geht kaputt, bin blamiert, muss Wäsche zur Schwiegermutter geben, Schäden an der Wohnung....) ist es erfreulich das die Werbung immer weniger positives über das Produkt sagen kann:

Zum letzten Punkt wäre nur wenig zu sagen. Zum einen gibt es ja auch Pulver, die sich von vorneherein besser auflösen, man kann sie auch besser dosieren als Tabs, wenn man z.B. weniger Wäsche wäscht. Zum anderen ist es nur für die Heizstäbe wesentlich, dass schon Enthärter im Wasser ist, da sich sonst bei 10 Grad kaltem Wasser an der lokalen Wärmequelle Kalk abscheidet. Für die normale Wäsche (Vergrauung) besteht Gefahr erst dann wenn die Temperatur stark zunimmt, dann hat sich aber jedes Tab schon längst aufgelöst. Jede Waschmaschine die ich kenne löst auch zuerst das Waschpulver auf bevor sie mit dem Aufheizen anfängt. Dann kann es eigentlich nur bei den als Tabs eingesetzten Mitteln Probleme geben.

Fazit

Kalkon ist ein überteuertes Produkt, welches sich nur in Ausnahmefällen finanziell rechnet. Wer weiches Wasser hat, muss sich um die Härte sowieso keine Gedanken machen. Bei härterem Wasser wäre es ökologisch sinnvoll, aber der hohe Preis dürfte einer breiten Anwendung wohl im Wege stehen. Wer sich an die Dosierungen der Waschmittel hält, verschenkt zwar Waschpulver, dosiert aber durch höhere Mengen die Härtebinder genauso wie beim Kalkon. Einen Defekt an der Waschmaschine muss man dabei nicht befürchten, da Kalkon dieselben Verbindungen wie Waschmittel enthält.


Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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