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Was ist drin... in Stieleis - "Marke XY" (Orangener Überzug, Vanillekern)

Das vorliegende Eis ist ein Stieleis mit Vanille als Füllung und einem orangenen Überzug. Wie allgemein in dieser Reihe üblich folgt nun eine kritische Auseinandersetzung mit der Zutatenliste. Gegen diesen Aufsatz hat der Verband der Süßwarenindustrie erfolglos Einspruch erhoben, das Produkt ist inzwischen vom Markt verschwunden.

Zutaten:

entrahmte Milch: entrahmte Milch ist preiswerter als Vollmilch. Dies können Sie einfach in jedem Supermarkt nachprüfen. Das Fett dass der Milch entzogenen wird, wird zu Butter, Käse, Creme fraiche oder Schlagsahne hinzugefügt. Normalerweise wird Eis aus Schlagsahne hergestellt, da normale Milch beim Einfrieren Eiskristalle bildet, die man beim lutschen von Wassereis deutlich schmeckt. Auch ist nur Schlagsahne schlagbar und ergibt damit die cremige Konsistenz, die bei den Eis auf der eingeschlagene Luft beruht. Hier hat der Hersteller einen teuren Inhaltsstoff durch einen sehr preiswerten ersetzt, um daraus ein Eis herstellen zu können sind als Folge einige Zusatzstoffe noch nötig.

Exotik-Fruchtzubereitung 30% (Wasser, Zucker, Maracuja, Pfirsich, Ananas, Stabilisator: Johannisbrotkernmehl, Farbstoff Beta-Carotin) der Hersteller hat sich die Mühe gemacht den Überzug und das Innere separat als eigenes Zutatenverzeichnis aufzuführen. Dies ist löblich, da nicht vorgeschrieben und oftmals nicht üblich. Auch die Menge wird angegeben, auch dies ist (zum Zeitpunkt des Test 1999) nicht üblich und daher positiv hervorzuheben. Natürlich besteht der Überzug vorwiegend aus Wasser und Zucker. Von den Früchten ist hervorzuheben, dass Maracuja der Hauptbestandteil ist. Maracuja ist eine tropische Frucht, die selbst nicht besonders fruchtig schmeckt, jedoch eine intensive orange Färbung und ein sehr dickes Fruchtmark ergibt. Maracuja ist daher eine beliebte Basis für Fruchtsäfte oder wie in diesem Fall für eine leuchtende Fruchtzubereitung. Allzu viel kann jedoch auch davon nicht vorhanden sein, denn sonst wäre kein Dickungsmittel nötig. Bei der Fruchtzubereitung hat Johannisbrotkernmehl keinerlei stabilisierende Eigenschaften, sondern ist ein reines Dickungsmittel. Damit der Verbraucher dies jedoch nicht bemerkt wird der Gruppenname Stabilisator hier verwendet. Zudem scheint die Fruchtmischung immer noch nicht ausreichend leuchtend zu sein, weshalb noch der natürlicherweise vorkommende Farbstoff Beta Carotin zugesetzt wurde. Johannisbrotkernmehl ist ein bei Eis sehr gebräuchliches Dickungsmittel. Es wird aus den Samen des Johannisbrotbaumes gefunden. Bei Eis ist der wichtigste Einsatzzweck die Wasserbindung und damit das Verdicken der Fruchtzubereitung.

Zucker: natürlich muss auch das Eis ausreichend süß schmecken: Zucker durfte daher immer einer der Hauptbestandteile sein.

Butterreinfett: das fehlende Fett der Milch wird hier als reines Milchfett wieder zugesetzt. Butterreinfett erhält man indem man aus der Butter auch noch das letzte Wasser entzieht. Eine Merkwürdigkeit der modernen Lebensmitteltechnologie ist, das Butterreinfett + entrahmte Milch preiswerter sind als Schlagsahne. Allerdings ist diese Mischung nicht wie Schlagsahne schlagbar, da die Eiweißstoffe fehlen, die in der Schlagsahne die Fetttröpfchen umhüllen und dadurch sie überhaupt erst schlagbar machen. Der Zusatz von Fett ist allerdings nötig, da man mit Dickungsmitteln alleine zwar eine cremige Konsistenz, jedoch nicht das " Mundgefühl " erhält, das Fett vermittelt.

Glucosesirup: Glucosesirup erhält man wenn man Stärke in kleinere Bausteine spaltet. Neben Glucose enthält der Sirup auch kurzkettige Kohlenhydrate. Glucosesirup schmeckt nicht so intensiv süß wie Zucker, wird jedoch gerne als Süßungsmittel und zum leichten Verdicken eingesetzt. Wenn sie im Supermarkt die Preise von Zucker und Mehl vergleichen, durfte Ihnen auch klar sein, warum hier ein Teil des Zuckers als Glucosesirup zugesetzt wurde. Denn Glucosesirup gewinnt man durch Spalten von Stärke. Zudem kann man im Glucosesirup leicht die weiter hinten sich befindenden Zusatzstoffe auflösen.

Molkenerzeugnis: toleriert von der Lebensmittelüberwachung, aber in einem Eis eigentlich nicht hineingehörend sind die als "Molkereierzeugnisse" zitierten Abfallprodukte von Molkereien. Des sind Molke oder Sauermolke, die bei verschiedenen Milchprodukten wie z.B. der Butterherstellung anfallen. In Lebensmitteln sind diese normalerweise nicht mehr zu verwenden, jedoch ist es allgemein üblich diese nicht als Tierfutter zu verwenden sondern als Füllstoffe verschiedenen Lebensmitteln zuzusetzen. Die Molkerei Müller hat sogar einen künstlichen Drink aus ihren Molkereiabfällen gemacht.

Emulgator (Mono-und Diglcerid): Emulgatoren sind Stoffe die zwischen einer Öl- und Wasserphase vermitteln. In diesem Fall ist die Wasserphase die entrahmte Milch mit den gelösten Stoffen und die Fettphase das Butterreinfett. Emulgatoren kommen natürlich in zahlreichen Lebensmitteln vor. So z.B. auch in der Schlagsahne, hier ist es das Milcheiweiß das ein Abscheiden des Fettes verhindert. Da hier Fett künstlich zugesetzt wurde ist ein Zusatz von Emulgatoren zum Stabilisieren des Fettes notwendig. Mono-und Diglyceride entstehen wenn man das Fett durch Säuren aufspaltet. Dies geschieht auch bei der Verdauung und es handelt sich hier um natürliche Stoffe die bei diesem Lebensmittel technologisch notwendig sind. Auch wenn Schlagsahne verwendet werden würde, wäre ein Zusatz von Emulgatoren technisch notwendig, da die Herstellung von Eis eine Pasteurisation (Erhitzen auf 65 Grad) vorsieht was zur Schädigung des Milcheiweißes führen würde. Zudem ist die Lagerung von Speiseeis wesentlich länger als bei der privaten Herstellung, so dass Emulgatoren zum Stabilisieren des Produktes notwendig sind.

Stabilisatoren: Johannisbrotkernmehl, Guarkernmehl: auch hier gilt das schon Gesagte, der Hersteller hat die Dickungsmittel als Stabilisatoren deklariert. Der wesentliche Grund für die Verwendung dieser beiden Dickungsmittel ist aber ihre dickende Eigenschaft. Es werden bei Eis noch die Dickungsmittel Alginat und Carrageen eingesetzt, bei diesen ist auch die Funktion einer Stabilisierung gegeben. So verhindert Alginat die Bildung von Eiskristallen bei der Lagerung und Carrageen stabilisiert den Aufschlag (die eingeschlagene Luft sowie bei Eis mit zugesetzten feinkörnigen festen Stoffen (Kakao) diese) bei der Herstellung bis zum Einfrieren. Guarkernmehl ist ein aus einer Leguminose (Familie in der auch Bohnen, Erbsen, Linsen vorkommen) gewonnener Schleimstoff. Die technologischen Eigenschaften sind dem von Johannisbrotkernmehl sehr ähnlich. Daher werden bei Eis meistens beide Stoffe in einer Mischung eingesetzt.

Säuerungsmittel Zitronensäure: Zitronensäure ist eine im Pflanzenreich, vor allem in vielen Obstsorten und natürlich in der Zitrone vorkommende organische Säure. Ein Säuerungsmittel kann verschiedene Funktionen haben. Oftmals unterstützt es Antioxidationsmittel bei ihrer Wirkung. Aber es kann auch einfach zugesetzt werden um einen bestimmten Säuerungsgrad zu erreichen. In dieser Funktion wird es hier benutzt. Zusammen mit Zucker schmeckt ein solches Lebensmittel für viele Personen angenehm, frisch. Dies können Sie bei Gummiwaren die ebenfalls mit Zitronensäurekristallen überzogen sind, leicht feststellen. Etwas unverständlich ist, warum die Zitronensäure dem Inneren zugesetzt wurde, und nicht dem Überzug, wo sie die Fruchtaromen besser hervorgehobenen hätte.

Aroma: bei zugesetzten Aromastoffen unterscheidet man drei verschiedene Kategorien. Die erste Kategorie sind natürliche Aromastoffe. Dies sind Auszüge aus Lebensmitteln oder aromatischen Dingen. Früher galt, das natürliche Aromastoffe aus Lebensmittelauszügen stammten, heute werden Aromen aus verschiedensten Stoffen zusammen "komponiert". Zwar sind alle Auszüge aus der Natur, mit den Lebensmittel, dessen Aroma sie repräsentieren sollen haben Sie aber oftmals nichts gemein. Die Aromen die aber auf der ganzen Welt erforderlich sind können allein aus Lebensmitteln nicht mehr gewonnen werden. So würde die gesamte Erdbeerente der Welt nicht einmal für die verschiedenen Milchprodukte mit Erdbeergeschmack ausreichen. Die zweite Kategorie sind naturidentische Aromastoffe. Wenn ein Lebensmittel durch wenige Aromastoffe charakterisiert werden kann, so werden diese meist synthetisch hergestellt und zusammengestellt. Dies ist nur bei wenigen Lebensmitteln so möglich, ein typisches Beispiel sind Obstaromen die aus wenigen Estern bestehen. Künstliche Aromastoffe bildeten die dritte Kategorie, und werden nur selten eingesetzt. Der Verbraucher akzeptiert nur wenige künstliche Aromen, ein Beispiel sind das Ethylvanillin, dass noch intensiver nach Vanillin schmeckt als das Vanillin selber und das Cola Aroma. Wenn nur Aroma auf der Verpackung angegeben ist, so macht der Hersteller keinerlei Aussagen über die Herkunft des Aromas. Da die Angabe "natürliches Aroma" eine positive Aussage darstellt kann man aus der Eingabe "Aroma" schließen dass es sich um einen künstliches Aroma handelt, denn niemand verzichtet freiwillig auf positive Angaben über das Produkt.

Farbstoff Beta Carotin: damit das Innere auch eine gefällige, leicht orangene Farbe erhält und nicht ganz weiß ist, wird der Farbstoff Beta Carotin zugesetzt. Dieser kommt natürlich in Pflanzen vor, in besonders großer Menge in Mohrrüben. Ein Trend in den letzten Jahren ist, dass vermehrt künstliche Farbstoffe durch natürliche ersetzt werden. In Eis werden schon lange jedoch nur natürliche Farbstoffe eingesetzt, da der Verbraucher erwartet dass das Produkt durch die zugesetzten Früchte gefärbt ist.

Zusammenfassung

Bei diesen Produkt handelt es sich um eine preiswerte Eiscreme. Des ist nicht nur an der Zutatenliste erkennbar sondern auch am Geschmack. Es ist jedoch ein Irrtum, wenn man meint das teurere Eiscreme, unbedingt höherwertigere Zutaten enthält. Eine persönliche Beobachtung ist z.B. dass die Verwendung von Dickungsmitteln um so höher ist, je teurer das Eis ist. Dieses Eis enthält 2 Dickungsmittel. Eis von führenden Firmen jedoch meist 4!


Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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