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Astronomische Satelliten

Einführung

Dieser Artikel befasst sich mit astronomischen Satelliten, ihrer Technik und ihrem Zweck. In weiteren Artikeln werden dann die einzelnen Satelliten geordnet nach den Programmen vorgestellt.

Wozu astronomische Satelliten ?

Warum sollte man einen Satelliten bauen, wenn ein erdgebundenes Teleskop viel preiswerter ist ? Die Unterschiede sind gewaltig. Hubble kostete (allerdings bedingt durch zahlreiche Verzögerungen im Projekt) mehr als 1 Milliarde USD. Kernelement ist ein 2.4 m Teleskop. Ein Teleskop dieser Größenklasse kostete als erdgebundenes Instrument etwa 20-30 Millionen DM. Das bedeutet, dass ein Satellit etwa 50-100 mal teurer als ein Teleskop auf dem Boden ist.

Nun es sind in der Regel 3 Einschränkungen die es auf dem Boden gibt, aber nicht im Weltraum:

Die Eingeschränkte Sichtbarkeit

Die Atmosphäre auf der Erde gewährt uns nicht einen ungetrübten Blick. Zum einen gibt es ganz irdische Phänomene wie das Wetter. Nicht umsonst baut man Teleskope heute gerne auf Berge um möglichst viel der Atmosphäre hinter sich zu lassen. Nicht nur wegen der Wolken und Regen, sondern auch weil die Atmosphäre turbulent ist.

Eine wichtige Größe für Astronomen ist das "Seeing". Darunter versteht man wie stark die Atmosphäre Sternbilder "verschmiert", weil sie kleine turbulente Zellen in der Atmosphäre durchqueren und dann anfangen zu "tanzen". im Prinzip wirkt die Atmosphäre wie ein halbtransparentes Glas. Sie verschmiert ein punktförmiges Bild zu einem Kreis. Nur wenn man sehr kurz belichtet - in der Größenordnung von einigen Millisekunden kann man dieses Phänomen vermeiden. Doch das ist für Langzeitbelichtungsaufnahmen nicht brauchbar.

Wenn am Himmel die Sternen funkeln, dann hat man in der Regel schlechtes Seeing. Sind sie klar zu sehen, so sieht man meistens auch mehr und man gutes Seeing. In Deutschland kann man froh sein, wenn man Nächte mit einem Seeing von unter 2 Bogensekunden hat. Bogensekunden sind ein allgemein übliches Maß für das Auflösungsvermögen. 1 Bogensekunde bedeutet dass ein Objekt einen Winkel von 1 Bogensekunde aufweist. Das ist 1/206000 des Abstandes. Also ein 1 m großes Objekt hat eine Größe von 1 Bogensekunde wenn man es aus 206 km Entfernung betrachtet. Beim Mond, unserem nächsten Nachbarn entspricht dies etwa 1.8 km.

Es gibt Gegenden auf der Erde wo es sehr viele Nächte mit einem Seeing von unter 1 Bogensekunde gibt und manche auch von 0.3 bis 0.5 Bogensekunden für einige Stunden. Natürlich wird man vornehmlich dort Teleskope aufstellen, das ist der Fall bei Inseln und in Wüsten, wo der gleichmäßige Untergrund zu wenig Turbulenzen in der Atmosphäre führt.

Ein zweites Problem ist dass es nie richtig dunkel ist. Die Atmosphäre ist durch Reaktionen in der obersten Schicht bei der Atome rekombinieren nie ganz dunkel. Ganz schwache Objekte gehen in dieser Hintergrundstrahlung unter. In der Neuzeit sind andere Probleme viel gravierender. Es ist die "Lichtverschmutzung". Licht aus den Städten von privater Hausbeleuchtung, Straßenlampen und Werbeanzeigen wird an Staub oder Aerosolen in der Atmosphäre gestreut und hellen den Hintergrund stark auf. Einige Teleskope sind dadurch weitgehend unbrauchbar geworden, so das 5 m Teleskop auf dem Mount Palomar, das zu nahe an Los Angeles ist, bzw. los Angeles ist in den letzten Jahren immer näher an den Mount Palomar herangerückt.

Die eingeschränkte Zeit.

Man kann auf der Erde nur so lange Aufnahmen machen, wie die Nacht dauert. Rechnet man die Dämmerung ab, so sind dies selbst im Winter maximal 8 stunden. Es gibt einige besondere Talente die eine Aufnahme mehrmals belichten oder Farbaufnahmen durch 3 Aufnahmen in 3 Nächten mit 3 Filtern erreichen. Doch diese Aufnahmen sind extrem aufwendig herzustellen und erfordern eine sehr genaue Nachführung mit der Fähigkeit sehr genau einen Punkt nach einer Nacht erneut anzufahren.

Ein Satellit kann mehrere Tage auf einen Punkt im All ausgerichtet werden. Auch hier gibt es hohe Anforderungen an die Nachführungsgenauigkeit und die Wiederholbarkeit der Ausrichtung. Das Problem ist hier mehr, dass die Beobachtungszeit eines Satelliten sehr wertvoll isst und man selten so viel Zeit bekommt. Bei den bisherigen Aufnahmen haben meist mehrere Beobachter ihre Kontingente zusammengelegt.

Die Blockade der Strahlung durch die Atmosphäre

Unsere Atmosphäre lässt nicht alle elektromagnetischen Strahlen durch. Die kurzwellige Strahlung vom UV an wird blockiert, weil sie Bindungen von Molekülen spaltet. Zum Glück für uns, ein Pech für Astronomen. Zahlreiche Objekte im All sind so energiereich, dass sie vorwiegend im Röntgen und Gammastrahlenbereich strahlen. Optisch sind diese ganz unauffällig.

Bei dem Bereich niedrigerer Energie als das sichtbare Licht, d.h. dem Infrarotbereich, den Mikrowellen und den Radiowellen gibt es einige Fenster wo die Atmosphäre durchlässig ist. Radiowellen können sie recht gut passieren. Eine Ausnahme sind sehr lange Wellen die von der Ionosphäre reflektiert und auch emittiert werden. Im infraroten absorbieren im nahen Infrarot zahlreiche Spurengase in der Atmosphäre wie Wasserdampf, Methan oder Lachgas. Im mittleren Infrarot ist die Energie so gering, dass nun die Eigenwärme des Equipments zum Problem wird. Man muss Detektoren, das Teleskop und alles was das Teleskop umgibt sehr stark kühlen, bis nahe an den absoluten Nullpunkt. Das geht recht gut bei einem Satelliten, doch bei einem Teleskop am Boden ist es einfach zu viel Masse und zu viel Wärme kommt von Außen hinzu.

Es gibt also eine Reihe von Gründen, warum man Satelliten mit astronomischen Instrumenten bestücken sollte - aber auch einige dagegen. Dies sind vor allem:

Die Kosten

Wie schon erwähnt ist ein Satellit erheblich teurer als ein erdgebundenes Teleskop. Zum Glück wird er aber über einen anderen Topf finanziert. Hätte die BRD die 560 Millionen DM, die für den Röntgensatelliten "Rosat" ausgegeben wurden in Teleskope der 3.5 m Klasse gesteckt, so würde die BRD heute über deren 16 anstatt einem verfügen. Nicht nur der Bau ist teuer, sondern auch der Betrieb, der bei größeren Satelliten mit zweistelligen Millionenbeträgen zu Buche schlägt.

Die Veraltung der Technik

Auf der Erde kann man ein Teleskop nachrüsten. Innerhalb der letzten 20 Jahren gab es hier sowohl beim Bau wie auch bei den Instrumenten enorme Fortschritte:

Beim Teleskopbau ist man von der parallaktischen Montierung zur azimutalen übergegangen. Bei der parallaktischen Montierung muss man den Tubus nur in einer Achse nachführen, die parallel zum Himmelsnordpol verläuft. Bis auf das 6 m Teleskop von Selentschuk im Kaukasus (das nie seine volle Leistungsfähigkeit erreichte) waren alle Teleskope bis Mitte der achtziger Jahre so gebaut. Der Nachteil dieser Bauweise ist eine sehr massive und teure Montierung und das Gebäude für das Teleskop ist sehr groß. Um den 5 m Spiegel des Mount Palomar Teleskops zu bewegen, wog die Montierung ganze 840 t.

Das erste Teleskop in der Neuzeit welches die azimutale Montierung einsetzte (zwei Achsen senkrecht aufeinander, wie bei Stativen beim Fotograph) war das NTT der ESO. Die komplizierte Nachführung mit variablen Geschwindigkeiten in den Achsen besorgte ein Computer. Dafür war das Teleskop erheblich kompakter und kostete mit 35 Millionen DM nur die Hälfte eines üblichen 3.5 m Teleskops. Heute sind alle Teleskope nach diesem Prinzip konstruiert.

Ein weiterer Fortschritt waren sehr dünne Spiegel, die sich eigentlich unter ihrem Eigengewicht verformen müssten. Nur mit diesen dünnen Spiegeln sind die 8-12 m Riesen heute überhaupt technisch umsetzbar. Die ersten Teleskope hatten mechanische Elemente die das Verformen verhinderten. Mit dem Fortschritt der Technik brachte man nicht nur mehr Elemente an, sondern begann auch die Spiegel gezielt so zu verformen, dass sie die Lichtstreuung der Atmosphäre ausgleichen und so erheblich schärfere Bilder ergeben. Das nennt man adaptive Optik.

Die letzte Entwicklung, die noch im Erprobungsstadium ist, ist die optische Interferometrie. Dabei werden mehrere Teleskope zu einem großen zusammengefasst. Diese Technik wird beim VLT der ESO erprobt. Die Strahlengänge der Teleskope werde übereinander gelegt, wobei man genau auf die Laufzeitunterschiede achten muss und diese mit höchster Präzision ausgleichen muss. Klappt dies, so hat man ein Teleskop welches die Fläche eines 16 m Teleskops (aus 4 Einzelteleskopen mit je 8 m Spiegeldurchmesser), aber die Auflösung eines 100 m Spiegels hat (soweit sind die Teleskope auseinander).

Noch viel rasanter hat sich die Aufnahmetechnik entwickelt. Bis Mitte der achtziger Jahre wurde mit photographischem Film aufgenommen. Die besten Filmen hatten eine Quanteneffizienz von 2-5 %, das heißt 2-5 % des einfallenden Lichts schwärzte den Film, der Rest konnte nicht genutzt werden. Dann kamen die CCD Detektoren auf den Markt und sie haben sich enorm weiterentwickelt, wie auch der Konsument bei den immer größeren Pixelzahlen seiner Digitalkamera bemerkt. Heute gibt es Pixelfelder aus zahlreichen kombinierten CCD Detektoren von bis zu 1 Milliarde Pixel und der Größe einer Fotoplatte. Die ersten hatten gerade 163840 Pixel und waren so groß wie ein Fingernagel. Dabei haben CCD Detektoren eine Quanteneffizienz von 80 %.

Es gibt heute CCD Detektoren die auch im infraroten Spektralbereich empfindlich sind, dadurch kann man im nahen Infrarot ebenfalls Aufnahmen machen. Es gibt auch Detektoren die nicht auf der Basis von Silizium sondern anderen Halbleiterelementen arbeiten die im mittleren Infrarot empfindlich sind. CCD Detektoren können sehr schnell ausgelesen werden, wodurch man die Luftunruhe praktisch einfrieren kann. Durch Addition sehr vieler Bilder mit kurzer Belichtungszeit kann man das dann bei hellen Objekten Bilder erzeugen, bei denen Hobbyisten mit kleinen Teleskopen bessere Bilder der Planeten anfertigen als es Großteleskope noch vor 30 Jahren konnten.

Auch andere Gerätschaften wurden verbessert. Anstatt einem Stern kann man heute mit beweglichen Gittersystemen und angeschlossenen Detektoren hunderte bis Tausende von Sternen simultan spektroskopieren.

All diese Dinge sind bei einem Satelliten fest. Nach dem Start kann man seine Instrumente nicht gegen neue austauschen, die technisch weiterentwickelt sind. Das empfand man schon früher als Manko und Hubble wurde daher so konstruiert, dass man die Instrumente durch neue ersetzen kann. Bei seinem Nachfolger, dem James Webb Teleskop ist dies nicht möglich, weil sich dieses 1.5 Millionen km von der Erde entfernt befindet - zu weit für ein Space Shuttle. Da das Instrument im Infrarotbereich beobachten soll war dieser Abstand von der Erde welche natürlich Infrarotstrahlung abstrahlt aber nötig. Man rechnet beim James Webb Teleskop aber damit, dass zum Ende der nominellen Mission erdgebundene Mission durch fortgeschrittene Technik dessen Leistungsdaten erreichen werden. Daher wehrten sich Astronomen auch vehement durch eine weitergehende Reduktion des Primärspiegels. Dies war ein Vorschlag der NASA um die kosten zu senken. Hätte man diese durchgeführt, so wäre das Instrument schon praktisch kurz nach dem Start von irdischen Teleskopen eingeholt worden.

Hubble wurde konstruiert um laufend an die neueste Technik angepasst zu werden und auch um die Lebenszeit durch Reparaturen zu verlängern. Da eine Service Mission aber sehr teuer ist (so teuer wie ein mittelgroßer Forschungssatellit) war es das einzige Teleskop welches im Orbit wartbar ist. Bei anderen Satelliten muss man sich einfach die Frage stellen ob die Kosten den Erkenntnisgewinn rechtfertigen oder man die Ergebnisse nicht in einigen Jahren auch mit irdischen Teleskopen gewinnen kann.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.

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