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Buran

Einleitung

Im Jahre 1987 startete zum ersten mal die Trägerrakete Energija und ein Jahr später der Shuttle Buran. Für westliche Beobachter kamen beide Starts nicht überraschend. Schon populärwissenschaftliche Zeitschriften hatten Jahre vorher über eine neue riesige sowjetische Trägerrakete berichtet und ein 1:8 Modell von Buran wurde bei der Bergung fotografiert. Um so erstaunlicher ist, das nach beiden Jungfernflügen das Programm wegen zu hohen Kosten eingestellt wurde. Dieser Artikel bespricht die technische und historische Entwicklung von Buran. Energija ist Thema eines zweiten Artikels

Die Vorgeschichte

STS und BuranÄhnlich wie bei den USA gab es in der UdSSR auch schon lange Pläne für eine wieder verwendbare Raumfähre. In den sechziger Jahren wurde mit der N1 Herkules eine Großrakete entwickelt, die mit der Saturn konkurrieren sollte. Aufgrund des Konzepts der massiven Triebwerksbündelung scheiterte diese Rakete aber in 4 Starts von 1969-1972. Danach sah es so aus als würden sich die Russen auf andere Gebiete verlegen. Während man in den USA den Shuttle entwickelte und in der BRD dazu das Spacelab, starteten die Sowjets in rascher Folge die Saljut Raumstationen. Mit Saljut 6 konnte auch die von Skylab gesetzte Marke für Langzeitaufenthalte überboten werden. Erstmals war diese Raumstation durch zwei Kopplungsadaptern von zwei Besatzungen zu bemannen und mit den Progress Raumtransportern konnte man Nachschub ins All bringen und so die Lebensdauer der Station stark verlängern. Bei Saljut 7 gelang es dann die Raumstation durch Module zu erweitern. Dieses Konzept führte dann zur modularen Raumstation MIR. Gleichzeitig fanden Flüge mit Astronauten aus den Staaten des Warschauer Paktes und später auch mit Frankreich statt. Die Saljut Raumstationen erlaubten einen permanenten Zugang zum Weltall, ohne ein Shuttle und eine Großrakete. Mir schließlich basierte auf dem modularen Konzept und setzt noch heute einen Standard, den ISS erst erreichen muss. Ihre Lebensdauer von 5 Jahren wurde um den Faktor 3 übertroffen. Mehrfach wurde sie durch Module (Kwant, Kwant2, Spektr und Prioda) erweitert. Alles das erreichten die Sowjets mit der Proton und Sojus Trägerraketen und Nutzlasten von maximal 20 t. Es gab also keinen Bedarf an einer Trägerrakete für 100 t Nutzlast.

Trotzdem begannen ab 1976 die konkreten Planungen für Energija und Buran. Anders als in den USA war nicht das Ziel eine deutliche Reduktion der Startkosten. Denn, die seit Mitte der sechziger Jahre gebauten Sojus Trägerraketen starteten in rascher Folge und zu einem niedrigen Preis. Ursache waren vielmehr Befürchtungen, das die Fähigkeit des Shuttles, Satelliten zu bergen ausgenutzt werden konnte um sowjetische Satelliten zu stören oder einzufangen. Die Amerikaner hatten in der frühen Entwicklung des Space Shuttles solche Pläne. Es gab Zeichnungen in denen Astronauten die Solarpanel einer Saljut Kapsel kappten. Die US Air Force wollte ursprünglich für militärische Flüge zwei eigene Shuttles, die "Blue Shuttles" und baute auch eine eigene Startrampe in Vandenberg, wo keinerlei Öffentlichkeit die Starts beobachten konnte. Der Space Shuttle sollte genauso für militärische Flüge eingesetzt werden wie die Trägerraketen. Mehr noch: Es war ein militärisches bemanntes Raumfahrtprogramm geplant, ähnlich wie auch die Sowjets, die zivilen Saljut Stationen und militärischen Almaz Stationen betrieben.

Mit der Fähigkeit Satelliten zu bergen und zu reparieren, konnte man jedoch nicht nur gestrandete Kommunikationssatelliten (Weststar, Palapa B2, INTELSAT 6) bergen oder Servicemissionen durchführen (SMM, Hubble), man hätte auch Satelliten des Gegners bergen können oder sogar in dem großen Nutzlastraum ohne Problem eine Sojus Kapsel kidnappen können. Es kam dazu nicht mehr, weil die US Air Force nach dem Verlust der Challenger im Jahre 1986 ihr militärisches Shuttle Programm einstellte, doch 1976, als man mit Buran begann, war das Shuttleprogramm eine akute Bedrohung der russischen Raumfahrt.

Wie später bekannt wurde, gingen die Sowjets von einer noch größeren Gefahr aus. Sie vermuteten, dass das Space Shuttle als Träger für Nuklearwaffen entwickelt würde. Dies konnte man natürlich so nicht unbeantwortet lassen. Buran wurde als Antwort auf eine vermeintliche militärische Bedrohung entwickelt. Es gab nicht wie beim Shuttle eine geplante zivile Nutzung.

Energija

Obgleich von der äußerlichen Erscheinung dem Shuttle sehr ähnlich, verfolgten Energija und Buran ein viel flexibleres Konzept. Der erste Unterschied war die Aufteilung in eine reine Trägerrakete und eine reine Raumfähre. Die Raumfähre Buran (Schneesturm) hat anders als der Space Shuttle keine integrierten Haupttriebwerke, Diese sitzen in der Energija (Energija = Energie) Hauptstufe. Das hat zur Folge, das Energija auch ohne den Orbiter als Rakete eingesetzt werden kann. Die gestartete Version mit 4 Boostern hätte eine Nutzlast von 88 t in einen 200 km Orbit gehabt. Die Trennung erfolgte ursprünglich aus der Vorstellung heraus, das es schon schwierig genug wäre ein Triebwerk auf Basis von Wasserstoff als Treibstoff aus dem Stand heraus zu entwickeln. Ein für viele Flüge wiederverwendbares Triebwerk ist noch komplexer und dieses Entwicklungsrisiko wollte man nicht eingehen. So lag es auf der Hand, es in die Zentralstufe der Rakete zu integrieren. Dies erhöhte die Nutzlastmasse des Orbiters durch die geringe strukturelle Belastung. (Beim Space Shuttle macht das Schubgerüst zirka 6 t Masse aus) und bei Manövern musste weniger Gewicht bewegt werden, wodurch die Nutzlast in größere Höhen langsamer als beim Shuttle abnimmt.

Der zweite Unterschied war, das die Booster flüssige Raketen waren, die Kerosin und Sauerstoff (LOX) verbrennen. Die Sowjets haben nie in dem Maße wie die Amerikaner Feststoffraketen eingesetzt und keine großen Feststoffbooster entwickelt. Die Zahl der Booster konnte variiert werden. Bei den beiden Starts waren es jeweils 4. Möglich sollten auch 2,6 und 8 sein mit Nutzlasten von 65-150 t. Dieses flexible Konzept war möglich weil die Zentralstufe über mehr Schub verfügte als beim Space Shuttle, es war also nicht nötig, dass die Booster sehr schubstark sind. So reichen auch 2 Booster. Auch hier fand man eine Möglichkeit diese nochmals zu verwenden: Sie bilden die erste Stufe der Zenit Trägerrakete, die so als "Abfallprodukt" entstand und mit ihren 11-13 t Nutzlast die Lücke zwischen der Sojus 6-7 t und Proton 19-21 t füllte.

Im Falle einer unbemannten Mission wäre die Nutzlast wie der Orbiter an der Seite der Zentralstufe angebracht worden. Dadurch waren sehr voluminöse Nutzlasten möglich. Die Booster wären bergbar gewesen, durch eine weiche Landung mit Fallschirmen und Airbags. Bei den durchgeführten Starts verzichtete man jedoch darauf. Die Zentralstufe erreicht eine suborbitale Bahn ähnlich dem Shuttle Tank, so das die Nutzlast mit einem eigenen Antrieb noch zirka 100 m/s aufwenden muss um einen Orbit zu erreichen. Mit geeignetem Oberstufen wären von dort aus Starts zu den Planeten und in den geostationären Orbit möglich. Die Nutzlast wäre ungleich höher als beim Shuttle 14-20 t in den geostationären Orbit (ohne Buran) gegenüber 2.3 t bei der Shuttle/IUS Kombination.

Insgesamt ist das Energija Konzept also wesentlich flexibler und erlaubt ein breiteres Spektrum an Einsatzmöglichkeiten als der amerikanische Space Shuttle. Mehrere Oberstufen sollten eingesetzt werden, beim ersten Start kam der FGB zum Einsatz, der vom N-1 Mondprogramm und der Proton Block D das Triebwerk RD-58 übernommen hatte. Nachteilig am Energija Konzept war nur, das man die Zentralstufe mit 4 Triebwerken nicht wieder verwenden konnte.

Energija

Energija

Erststart 15.5.1987, letzter Start 15.11.1988
2 Starts, kein Fehlstart. Zuverlässigkeit 100 %
Nutzlast 96 t in eine 200 km 51° Bahn
22 t in eine GTO Transferbahn

Stufe 1: 4 Booster (2-8)
Vollmasse je 355.000 kg,
Leermasse je 35.000 kg
Schub je 7904 kN (Vakuum),
7256 kN (Meereshöhe)
Brennzeit 145 sec.
Spezifischer Impuls 3031 m/s (Meereshöhe),
3306 (Vakuum).
Länge 37.7 m, Durchmesser 3.9 m
je 1 Triebwerk RD-170 mit 4 Brennkammern

Stufe 2: Zentralstufe
Vollmasse 905.000 kg,
Leermasse 85.000 kg
Schub je 1961 kN (Vakuum) 1451 (Meereshöhe)
Brennzeit 480 sec.
Spezifischer Impuls 3462  m/s (Meereshöhe), 4443 (Vakuum).
Länge 58.8 m, Durchmesser 7.7 m
4 Triebwerke RD-0120

Stufe 3: FGB
Vollmasse 17.000 kg, Leermasse 2.000 kg
Schub 85 kN (Vakuum)
Brennzeit 680 sec.
Spezifischer Impuls 3453 m/s (Vakuum).
Länge 5.7 m, Durchmesser 3.7 m
1 Triebwerk RD-58

Das Konzept

Energija entstand als Trägerraketenfamilie für große Nutzlasten. Pläne dafür gab es schon in den sechziger Jahren. Die N-1 wurde entwickelt. Sie war das Geschöpf Koroljow. Gluschko als führender Triebwerksdesigner hatte das Nachsehen. Als er 1974 das N-1 Programm übernahm stellte er es ein, wollte nun seine Riesenrakete "Vulcan" bauen. Doch das war der Führung zu teuer. Für Buran brauchte man eine Trägerrakete. So konnte Gluschko seine Trägerfamilie doch noch bauen. Man dachte aber weiter und griff auf ein Konzept zurück das verschiede Träger für unterschiedliche Nutzlasten vorsah. So entstand aus den Boostern die Trägerrakete Zenit.

Gluschko machte zwar eine Wende von den bisher von ihm favorisierten lagerfähigen Treibstoffen zu LOX/Kerosin, da Hauptstromtriebwerken in den letzten 10 Jahren auch für diese Kombination ausgereift waren. Sie hatte etwas bessere Leistungen als lagerfähige Triebstoffe und vor allem waren die Umweltauswirkungen und Kosten des Treibstoffs geringer. LOX/Kerosin war daher das favorisierte Treibstoffgemisch. Gluschko wollte es auch in der Zentralstufe einsetzen. Doch es gab politischen Druck. Schon 1974 wurde vom Minister für Maschinenbau, dem Verantwortlichen für das Weltraumprogramm die Entwicklung eines LOX/LH2 Triebwerks angeordnet. So gab es den Auftrag für ein LOX/LH2 Hauptstromtriebwerk für die Zentralstufe. Es wurde von einem anderen Kombinat gefertigt.

Buran durchlief deutlich mehr Wandlungen. Es gab verschiedene Konzepte. Allen gemeinsam war die Nutzlastanforderung von 30 t in einen 200 km hohen 51,7° Orbit. So das eines der Konzepte das eines "Lifting Body", eines Gleiters mit dem Rumpf des Shuttles aber nur Stummelflügeln. Er wog 88 t und wäre auf der Zentralstufe angebracht worden, nicht seitlich. Der Vorteil war, das das Konzept auf schon vorliegenden Erfahrungen mit Gleitflugkörpern, selbst der Sojus aufbauen konnte. Der Nachteil war die induzierte Last auf den Tank, die größer war als bei einer seitlichen Anbringung.

Das zweite war eine Kopie des US-Shuttles mit den Triebwerken im Heck und breiten Delta Flügeln. Der große Vorteil des Konzepts war, dass man ein erprobtes Konzept übernahm und so seine Entwicklungskosten und den Aufwand minimierte. Ähnliches hatte Russland schön vorher getan: Die TU-4 war eine Kopie der B-29, die Tu-144 eine Kopie der Concorde. Das Konzept hatte aber einige Nachteile. Es gab nun nicht mehr das Konzept einer unabhängigen Trägerrakete für Schwerlasten. Auch Flugtests der RD-0120 der Energija waren so nicht mehr alleine möglich. Die Triebwerke machten den Orbiter schwerer und erforderten so mehr Treibstoff für Bahnkorrekturen und die Rückkehr. Dabei musste Buran schon mehr Leistung als das Space Shuttle aufweisen, weil die Bahnneigung höher ist. Zusätzlich arbeiteten die Triebwerke nicht mehr durch den Schwerpunkt und erzeugten zusätzliche Lasten. Für den Transport bedeutete es das der Orbiter zu schwer für einen Lufttransport mit der An-124, was schließlich das wichtigste Argument war. Auch die US-Shuttles werden durch die Luft transportiert.

So griff man zu einem Kompromiss. Man übernahm die Shuttle-Kopie, verlagerte aber die Triebwerke in die Energija. Später kam man noch dazu Turbofantriebwerke einzubauen. Das gab mehr Sicherheit beim Wiedereintritt, wenn man nicht den idealen Punkt erreichte und hatte auch mehr Sicherheit weil man nicht nur einen versuch für die Landung hatte. Die Düsentriebwerke waren primär als Backup gedacht nicht als Antrieb für die Atmosphärenphase.

Buran - Grundsätzliches

Obgleich heute jedermann von "Buran" als dem Namen des russischen Space Shuttles spricht war dies nur der Name des ersten Orbiters. Buran bedeutet Schneesturm. Die interne Bezeichnung lautete OK 1.01 OK war die Abkürzung für "Orbitalschiff" und 1.01 war die Seriennummer des Orbiters. Die folgenden Orbiter sollten dann eigene Namen bekommen. der in der Sowjetunion übliche Produktcode war 11F35 K1. Der zweite fast fertiggestellte Orbiter hatte den Namen Ptichka ("Птичка" in russisch = kleiner Vogel" oder Buria ("Буря" = Sturm). Der erste Orbiter hieß ursprünglich Baikal und wurde erst wenige Wochen vor dem Start in Buran umbenannt.

Durch Energija als eigenständige Trägerrakete gab es eine gravierende Änderungen bei Buran: Er benötigte nicht die 14.2 t schweren Haupttriebwerke (mit Anpassungen an die Struktur und Schubgerüst) mitzuführen. Zum einen gehen diese von der Nutzlast ab, zum anderen bestimmen sie die gesamte Struktur, die 14 t zusätzliches Gewicht und die 600 t Schub aufnehmen muss.  Zwei weitere auffällige Unterschiede sind, das Buran unbemannt geflogen werden kann - russische bemannte Missionen werden immer zuerst unbemannt getestet. Die zweite Neuerung ist ein Landefallschirm, der die Auslaufzone reduziert und den später auch die Amerikaner bei dem Space Shuttle übernommen haben. Die folgende Tabelle erlaubt einen Vergleich der beiden Systeme:Buran im Flug

 

  Space Shuttle Buran
Länge 37.20 m 35,4 m
Rumpfdurchmesser 6.90 m 6,60 m
Höhe 17.20 m 16,20 m
Flügelspannweite 23,80 m 23,92 m
Flügelfläche 248,64 m² 250 m²
Nutzlastraum Länge 18,28 m 18,55 m
Nutzlastraum Breite 4,57 m 4,65 m
Treibstoffzuladung 10.1 t 14.5 t
Leergewicht 78.5-79.2 t 61 t
maximales Landegewicht: 86.1 t 87 t
Startgewicht 114,8 t 105 t

Hinweis: Bei allen Vergleichen habe ich beim Space Shuttle - soweit verfügbar - die Daten von den ersten Flügen genommen. in den letzten 25 Jahren hat es zahlreiche Änderungen gegeben. sinnvoll ist jedoch nur ein Vergleich der ursprünglichen Systeme.

Studien ergaben rasch, das die aerodynamische Form des Shuttles die optimale war. So gleicht zwar Buran dem Space Shuttle äußerlich bis aufs Haar, im inneren Aufbau sind beide jedoch verschieden. Laien meinen oft, Buran wäre dem Space Shuttle nachgebaut worden, doch die Ähnlichkeit beruht einfach auf den physikalischen Gesetzen. Diese führen fast zwangsläufig zu dieser Form. Dies kann man auch auf anderen Gebieten sehen. So ähneln sich Verkehrsflugzeuge von Airbus und Boeing, weil auch für sie dieselben aerodynamischen Gesetze gelten. Natürlich wusste man von dem Space Shuttle und seiner Technologie und hat so vieles übernommen, was sich als zweckmäßig erwies, wie z.B. der Arm zum Einfangen von Satelliten. In anderen Bereichen ging man einen eigenen Weg.

Die Kernbesatzung von Buran bestand aus 4 Personen. Im unteren Deck standen 10 Sitze für weitere Besatzungsmitglieder zur Verfügung. 13 Personen konnten so in Notsituationen an Bord aufgenommen werden. Die maximale reguläre Besatzung sollte allerdings bei maximal 10 liegen, immerhin 3 mehr als beim Shuttle. Das Wohnvolumen von 73 m³ entspricht dem des Shuttle. Die Stromversorgung durch Brennstoffzellen ist mit 30 KW Spitzenleistung jedoch höher als beim Shuttle (18 KW) ausgelegt. Brennstoffzellen in diesem Ausmaß kommen erstmals in Russland zum Einsatz. Die bisherigen Missionen setzten Batterien für kurze Flugzeiten und Solarzellen ein.

Antrieb

Triebwerk 17D12Wie das Space Shuttle gibt es zwei große Triebwerke um die Bahn zu verändern. (Der Space Shuttle hat weitere 3 Triebwerke, die jedoch dazu dienen einen Orbit zu erreichen und nach Absprengen des Tanks abgeschaltet werden). Es kommen dabei schon entwickelte Triebwerke aus dem Mondlandeprogramm zum Einsatz. Wie beim Space Shuttle ist ein voll beladener Buran Orbiter zu schwer für die Energija. Er zündet daher direkt nach dem Abtrennen seinen eigenen Antrieb um zuerst eine niedrige Bahn zu erreichen und diese nach einem halben Erdumlauf zu zirkularisieren

Durch einen größeren Treibstoffvorrat ist auch die Manövrierfähigkeit höher: 500 m/s Standard, 900 m/s maximal durch Zusatztanks. Die Standardzuladung umfasst 14.5 t Treibstoff, anstatt 9.7 beim Space Shuttle. Eingesetzt wird flüssiger Sauerstoff (10.4 t) und Kerosin (4.1 t). Auch dies ist ein Unterschied zum Space Shuttle, der die lagerfähigen Treibstoffe Stickstofftetroxyd und Monomethylhydrazin einsetzt. Mit diesen Treibstoffen hat Russland sehr viele Erfahrungen vorliegen und ihr Energiegehalt ist etwas höher als die amerikanische Kombination. Dafür sind die Triebwerke komplexer und der flüssige Sauerstoff muss bei sehr tiefen Temperaturen über Tage gehalten werden.

Jedes der beiden Triebwerke - die anders als die amerikanischen OMS an der Unterseite des Orbiters angebracht sind - hat einen Schub von 86.3 kN. Es kann bis zu 5000 Sekunden betrieben werden. Der spezifische Impuls beträgt 3550 m/s. Sie sind um 6 Grad Schwenkbar und arbeiten mit einem Brennkammerdruck von 78.5 Bar. Die maximale Brenndauer bei einer Mission beträgt 680 Sekunden. 15 Zündungen sind ohne Inspektion oder Auswechseln von Teilen möglich. Die Triebwerke sind erheblich schubstärker als die amerikanischen OMS Triebwerke mit nur 26.7 kN Schub.

Neben diesen beiden Triebwerken mit einem Schub von 172.6 kN gibt es in drei Blöcken weitere 46 Triebwerke für die Lageregelung. 38 davon haben einen Schub von 4 kN bei einem spezifischen Impuls von 2696-2892 m/s. Sie können für 2000 Sekunden pro Flug aktiviert werden. 8 weitere Triebwerke dienen der Feinjustage und haben einen Schub von 200 N bei einem spezifischen Impuls von 2598 m/s. Sie können akkumuliert bis zu 5000 Sekunden pro Flug arbeiten. Diese Triebwerke haben Brenndauern von 0.06 bis 1200 Sekunden und erreichen 90 % ihres Schubs in 0.06 Sekunden. Jedes Triebwerk kann bis zu 26000 mal gezündet werden. Bei den Lageregelungstriebwerken, die bis in 10 km Höhe beim Abstieg eingesetzt werden, ist das Mischungsverhältnis Sauerstoff zu Kerosin höher: Es liegt anstatt bei 2.42:1 bei 3.5-4.0 zu 1. Weiterhin arbeiten diese mit gasförmigen Sauerstoff, während das Haupttriebwerk aktiv mit flüssigem Sauerstoff gekühlt werden muss. Die 46 Triebwerke sind in 3 Blöcken, einer an der Nase und zwei am Heck angeordnet.

Das gesamte System besteht aus einem Sauerstofftank der auf -210 °C gekühlt wird - unterhalb des Siedepunktes von flüssigem Sauerstoff von -183 °C. Gasturbinen, angetrieben von einem Vorbrenner, bei dem Sauerstoff mit etwas Kerosin verbrannt wird, einem elektrischen Zündsystem und einer durch Sauerstoffgas gekühlten Verbrennungskammer. Die Beschreibung lässt auf ein Triebwerk nach dem Prinzip des Hauptstromverfahrens schließen - ein sehr effizientes Verfahren, welches den Treibstoff optimal ausnutzt. De Bordcomputer überwacht die Temperaturen in den Sauerstofftanks und gewährleistet, dass der Sauerstoff über 30 Tage (die maximal mögliche Missionsdauer) flüssig bleibt. Im Gegensatz dazu arbeitete das amerikanische OMS mit einem einfachen, aber auch zuverlässigerem Druckgasverfahren. Der Treibstoff wird dabei durch Druckgas gefördert und benötigt keinen Vorbrenner und keine Gasturbine.

Das Triebwerk 17D12 ist eine Variation des RD-58, welches für die N-1 entwickelt wurde. Das RD-58 treibt den Block-D der Proton an. 17D12 ist eine Variation mit höherer Lebensdauer. Das Flächenverhältnis beträgt 198. Jedes Triebwerk wiegt 350 kg. Der erhöhte spezifische Impuls, die höhere Treibstoffzuladung und das niedrigere Leergewicht wirken sich recht positiv auf die Nutzlastkapazität von Buran aus. Sie nimmt für höhere Bahnen langsamer als beim Space Shuttle ab. Die angegebenen Zahlen sind die des ursprünglichen Shuttles. Die NASA hat mehrfach die Treibstoffkapazität der Orbiter erweitert, weil sonst die Nutzlast für die ISS zu gering wäre. Die neuesten Orbiter haben fast dieselbe Treibstoffzuladung wie sie Buran hatte.

  Space Shuttle Buran
Schub OMS Triebwerke 2 x 26.7 kN 2 x 90 kN
spez. Impuls OMS 3021 m/s 3550 m/s
Treibstoff 14,3t* 14.5 t
Geschwindigkeitsänderung 305 m/s 500 m/s
Triebwerksgewicht 2 x 118 kg 2 x 350 kg
Brennkammerdruck 8.6 Bar 78.5 Bar
Verhältnis Oxydator/Brennstoff 1.65 2.42
Lagekontrolldüsen 38 x 2.87 kN 38 x 4.0 kN
spezifischer Impuls Lagekontrolldüsen 2835 m/s 2892 m/s
Feinjustage Triebwerke 6 x 0.111 kN 8 x 0.2 kN
spezifischer Impuls Feinjustage 2236 m/s 2598 m/s
maximale Geschwindigkeitsänderung mit Zusatztanks* 762 m/s 900 m/s
zusätzliche Treibstoffzuladung:* 19.4 t 13.5 t

*: Beim Space Shuttle maximale Zuladung mit RCS Triebsoff. Ohne RCS Triebstoff: 11,4 t. Die Erweiterungstanks im Ladenraum wurden beim Shuttle geplant, aber nie gebaut.

TemperaturenHitzeschutzschild

Wie beim Space Shuttle, bestehen die Kacheln für den unteren Hitzeschutzschild aus Quarzfasern und die am stärksten Beanspruchten Teile aus Carbon-Carbonverbundwerkstoffen. Sie halten 1300-1800 °C aus (Space Shuttle nominell 1250-1620 °C). wie beim Space Shuttle ist jede Kachel eine Einzelanfertigung. Es gibt jedoch mehr davon, nämlich 38600 Stück. Der größte Teil - der Hitzeschutzschild an der Unterseite und der Oberseite bei Temperaturen von 370 bis 1300 °C besteht aus einem Netz aus Quarzfasern von 1.5-2.0 µm Durchmesser die ein Vakuum einschließen und so die Temperaturen schlecht leiten. Die Dichte beträgt nur 150 g/l. Sie bedecken die komplette Unterseite und werden nominell bis zu 1250 °C heiß und sollten 100 Flüge ohne Ersetzen überstehen. Bei einem Testflug mit einem BOR Modell kam es zu einer Erhitzung auf 1400 °C, was den Schutzschild nicht beschädigte, jedoch ein Ersetzen bei einem Fluggerät ratsam erscheinen lies. Die Kacheln waren 150 x 150 mm groß mit einem 0.8 mm breiten Zwischenraum zwischen zwei Kacheln zur thermischen Ausdehnung. Die Dicke variierte von der Position der Kacheln zwischen 45 und 65 mm. 45 mm waren ausreichend um die Temperatur von 1150 °C an der Oberfläche auf 120-150°C zu erniedrigen. Der Schutzschild für die Unterseite hat einen mit Kohlenstoff schwarz eingefärbten Glasüberzug, andere Stellen, die stärker als 370°C aber niedriger als 1000 °C heiß werden, bestehen aus demselben Material, jedoch ohne Überzug. Die gesamten Platten befinden sich auf einem 0.3 mm starken Belag, der auf der Aluminiumstruktur aufgebracht ist. Er dient als Isolator und gleicht unterschiedliche Ausdehnungen von Platten aus. Der Zwischenraum zwischen den Platten bleibt meist leer, da selbst nach einer thermischen Ausdehnung noch 0.3 bis 0.5 mm frei bleiben müssen, damit heiße Luft zwischen den Platten zirkulieren kann. An manchen Stellen sind die Zwischenräume größer und gefüllt mit dünnen Blättern aus Quarzfasern.

Dicke des HitzeschutzschildesNach russischen Angaben übertreffen die Materialeigenschaften der Keramikplatten die der beim amerikanischen Pendant. Da die zu erwartenden Temperaturen höher als beim Space Shuttle sind, ist dies auch nicht verwunderlich.

Die Keramikplatten wurden automatisch berechnet mit einem Gitter von 100 Punkten pro Platte. Jede hat eine eigene Form, Dicke und Oberflächengestalt. Für die Produktion der Kacheln eines Orbiters gab es insgesamt 1 Milliarden Datensätze für die Produktion, Qualitätskontrolle und Montage. Erstmals wurde in der Sowjetunion der ganze Prozess durch Softwaretools gesteuert - es gab keine Entwurfsskizzen und Pläne.

An wieder verwendbaren Hitzeschutzschilden hat man auch nach Buran weiter gearbeitet und verfügt inzwischen auf Keramikplatten auf der Basis von Zirkoniumoxid, welche bis zu 2000 °C widerstehen. Damit kann man anders als bei Buran und dem Space Shuttle, auch die Flügelkanten mit diesem Material bedecken. Eine weitere Besonderheit ist das es an bestimmten Stellen metallische Ringe gibt, die bis zu 1800 °C aushalten. Sie sollen vor allem der strukturellen Verstärkung bei der Passage der maximalen aerodynamischen Belastung dienen. Die Oberseite mit Temperaturen von maximal 350-370°C waren mit organischen Fasern als Schutzschild belegt

Dicke Teil 2Nicht weniger als 97 Modelle von Buran oder dem Schutzschild für thermische, aerodynamische oder akustische Tests wurden angefertigt. Ein Großteil entfiel dabei auf den Hitzeschutzschild  Die Tests im Windkanal und bei Flugmodellen ergaben als Resultat, dass die Stabilität bei quer zur Flugrichtung verlegten Kacheln besser war, als bei im 45 Grad Winkel verlegten wie beim Space Shuttle. Der einzige Testflug eines Buran bestätigte dies. Dabei gingen nur 7 Kacheln verloren. (Beim Erstflug der Columbia waren es: 200) Eine Auswertung ergab, dass man die Dicke des Hitzeschutzschildes bei kommenden Orbitern um 25-30 % reduzieren konnte, ohne an Schutzwirkung zu verlieren. Die Orbiter der zweiten Generation hätten daher eine etwas höhere Nutzlast gehabt.

  Space Shuttle Buran
Anzahl der Kacheln 34.000, später gesenkt auf 25.000 38600
Spitzentemperatur 1620°C 1800 °C

Struktur und Cockpit, Nutzlasten

Die Zelle ist für 100 Flüge ausgelegt und der Orbiter kann bis zu 30 Tage im Orbit bleiben. Der zentrale Nutzlastraum hat eine Länge von 18.55 m und eine Breite von 4.65 m - nahezu dieselben Ausmaße wie beim Space Shuttle. Um Lasten von bis zu 30 t aufzunehmen und trotzdem viel Raum anzubieten, besteht die Zelle aus dünnen Metallplatten auf einem Gerippe aus Trägern, die an Stellen an denen Kräfte angreifen, unterschiedlich stark verstärkt sind. Der Nutzlastraum wird durch zwei Türen geöffnet.  Radiatoren an den Nutzlastklappen strahlen Abwärme wie beim Shuttle ab. Jede Tür besteht aus beschichtetem Verbundwerkstoffen und besteht aus vier Einzelsegmenten. Die Wahl von Verbundwerkstoffen sparte 600 kg, verglichen mit Metallkonstruktionen ein. Durch 6 kleine Türen an der Seite kann der Nutzlastraum belüftet oder entlüftet werden. Jede ist 51 x  22 cm groß. Eine andere Öffnung im Heck dient zum Betanken (50 x 6 cm groß). Im hinteren Teil des Orbiters von 3.6 m Länge, 5.5 m Breite und 6 m Höhe, befinden sich die Versorgungssysteme, Tanks für Flüssigkeiten und die Antennen zur Kommunikation.

RumpfDie Flügel bestehen wie beim Space Shuttle aus Aluminium mit Verstärkungen aus Titan an besonders kritischen Stellen. Sie sind jedoch größer und haben eine Fläche von 250 m², verglichen mit 248 m² beim Space Shuttle.  Das Leitwerk von Buran ist etwa 1 m kürzer als beim amerikanischen Pendant, dies liegt an dem geringeren Landegewicht. Spannweite und Höhe sind fast identisch.

Das Cockpit hat eine Länge von 5.4 m, eine Höhe von 5 m und eine Breite von 5.4 m. Das für die Besatzung bewohnbare Volumen von 73 m² entspricht nahezu dem des Space Shuttles. Sie zerfällt in 3 Teile: Dem Cockpit (oben), der Wohnkabine (unten) und dem vorderen Teil, welche die Elektronik, Stromversorgung und das Lebenserhaltungssystem aufnimmt. Zwischen Cockpit und Wohnkabine gibt es eine Falltür als Verbindung. Eine besondere Aufgabe war es, die Kabine luftdickt zu bekommen. Die gesamte Kabine hat 153 m an hermetisch abgeschotteten Verbindungsnähten, 1018 Öffnungen und Verbindungspunkte und 142 m an äußeren Verbindungen mit doppelten Barrieren für die Kondensation von Flüssigkeiten. Die Spezifikation erlaubte einen Gasverlust von maximal 1.5 kg/Tag, was einem Loch von 0.35 mm Durchmesser entspricht. Mit dem Cockpit ist die Nase 9 m lang, 5.5 m breit und 6 m hoch. 6 Fenster aus Quarzglas schauen nach vorne und zur Seite und zwei nach oben. In der Nase befinden sich die Radiosender und Navigationsantennen.

Sowohl Nutzlast (30 t in einen 250 km 51° Orbit) wie auch das maximale Landegewicht (20 t Nutzlast) waren erheblich höher als beim Space Shuttle. (Space Shuttle: 25 t in einen 185 × 28.8° Orbit, 14.5 t Landezuladung). Durch das geringere Leergewicht und die höhere Treibstoffzuladung wird der Unterschied bei höheren Orbits sogar noch größer. Während ein Space Shuttle noch 18.2 t zur ISS transportieren kann (407 km Höhe), transportiert Buran 27 t in 450 km Höhe. Der Nutzlastraum von 18.55 × 4.65 m ist nahezu genauso groß wie beim Space Shuttle. Das gleiche gilt für die Abmessungen, wie folgende Vergleichstabelle zeigt:

  Space Shuttle Buran
Länge 37.20 m 35,4 m
Rumpfdurchmesser 6.90 m 5,60 m
Höhe 17.20 m 16,20 m
Flügelspannweite 23,80 m 23,92 m
Flügelfläche 248,64 m² 250 m²
Pfeilung Flügel 45 Grad 45 Grad
Nutzlastraum Länge 18,28 m 18,55 m
Nutzlastraum Breite 4,57 m 4,65 m
Strukturen/Landesysteme 46.600 kg 42.000 kg
Funktionale Systeme und Treibstoff 37.200 kg 33.000 kg
Leergewicht 74.000 kg 62.000 kg
Startmasse 114.800 kg 105.000 kg
Landegewicht 84.800 kg 82.000 kg

Buran ZelleDie Unterschiede liegen in dem geringeren Leergewicht und der höheren Treibstoffzuladung begründet. Sowohl Start- wie auch Landegewicht sind vergleichbar. Durch das geringere Leergewicht resultiert aber sowohl eine höhere Startnutzlast wie auch die Fähigkeit eine größere Nutzlast zurückzuführen. In der Summe ist der Auftrieb etwas höher. Dies wirkt sich allerdings nur während der letzten Landephase aus, wenn Buran schon 9/10 seiner Geschwindigkeit abgebaut hat. Der Auftriebskoeffizient ist mit 6.5 etwas höher als beim Space Shuttle (5.5). Dadurch folgt vor allem eine etwas höhere Belastung beim Wiedereintritt aber auch eine niedrigere Landegeschwindigkeit.

Etwa 40 % der Leermasse entfällt auf das Cockpit, die Rumpfstruktur und das Querruder. Die Flügel wiegen am meisten, etwa 50 t mit dem Hitzeschutzschild und dem Teil auf dem die Zelle aufsitzt. Auf den Nutzlastraum entfallen nur 11 % des Gewichts,  20 % auf das Cockpit und die Nase.

Buran setzte auch einen Manipulatorarm ein. Der 15.5 m lange Arm konnte in drei Achsen bewegt werden. Dazu gab es zwei Joysticks im Cockpit. Einen für die Bewegung der Achsen des Arms, einen für die Bewegung um die Befestigung. Insgesamt hatte das System 6 Freiheitsgrade. Der 360 kg schwere Arm konnte Lasten von bis zu 30 t Gewicht bewegen mit Geschwindigkeiten von 10-30 cm/s abhängig von der Last. Ein Punkt konnte mit einer Genauigkeit von 3 cm angefahren werden. Der erste Test des Manipulatorarms war für den zweiten Testflug vorgesehen. Der entsprechende Arm an Bord der Space Shuttles wurde von Canada entwickelt.

TurbojetsEin Shuttle, Modell OK-GLI, bekam für Flugtests zwei Triebwerke der SU-27 anmontiert. Es wurde erwogen, diese auch bei den in den Weltraum startenden Exemplaren anzubringen um deren Manövrierfähigkeiten bei der Landung zu erhöhen. Allerdings waren die beiden Turbojets auch einige Probleme auf:

Trotzdem erwog man für spätere Flüge die Triebwerke zu installieren. Sie sollten in einem kokonähnlichen Schutzbehälter verbleiben und vom Hitzeschutzschild mit geschützt werden. Anders als die Exemplare beim Exemplare für die Gleitflüge wären diese links und rechts des Seitenleitwerks eingebaut worden. Die maximale Landemasse wäre dann auf 87 t angestiegen.

Computer

Burans ComputerDa Buran nicht nur unbemannt Starten und Landen können sollte, sondern auch Missionen unbemannt durchführen konnte, war das Computersystem für die Sowjetunion eine große Herausforderung. Es musste zum einen mehr können, als das US Pendant. zum anderen setzte die Sowjetunion bislang Computer nicht besonders oft in ihrem Raumfahrtprogramm ein und galt im Westen in diesem Bereich als technologisch rückständig.

Das Computersystem musste wie beim US Space Shuttle mehrfach redundant sein. Gefordert war eine Funktionsfähigkeit bei 2 ausgefallenen Komponenten. Das führte zu einem System aus 4 Computern. Wenn mehrere Rechner an einem Problem arbeiten, müssen sie synchronisiert werden und sich in regelmäßigen Abständen abstimmen. Das US Shuttle setzte dazu ein prioritätsgesteuertes  Betriebssystem ein, also eine Softwarelösung, die alle 40 ms zu einer Synchronisation führte. Derartige Systeme sind komplex und fehleranfällig, wie sich bei dem Erststart der Columbia zeigte, als der Countdown wegen eines Synchronisationsfehlers abgebrochen werden musste. Die russische Lösung bestand aus einer Hardware Lösung. Es gab einen zentralen Quarzzeitgeber mit einer Taktfrequenz von 4 MHz der alle 32.8 ms ein Synchronisationssignal zu den 4 Bordcomputern sandte. Dann wurden die Ergebnisse verglichen und falls ein Rechner abwich, wurde er von den drei anderen abgeschaltet. Gab es zweimal jeweils zwei gleiche Ergebnisse oder blieben nach dem Abschalten von 2 Rechnern nur noch 2 übrig und differierten auch diese in ihren Rechenergebnissen, so wurde einer per Zufall deaktiviert, was zumindest die 50 % Chance einer richtigen Lösung ergab.

Die Softwareentwicklung erfolgte getrennt für die OnBoard Software ("Prol-2") und Bodenanlagen / Tests ("Dipol"). eine dritte objektorientierte Sprache namens "Flok" verband dann beide Softwaresysteme. Die folgende Tabelle informiert über die Computer von Space Shuttle und Buran. Ein Vergleich ist schwierig, weil die beiden Systemen sich unterscheiden. Das Space Shuttle System gliedert sich in Rechenprozessoren und Ein/AusgabeProzessoren mit eigener Intelligenz. Bei Buran gibt es diese Unterteilung nicht. Hinsichtlich Rechengeschwindigkeit und Speicherkapazität sind beide Systeme aber vergleichbar. Buran verfügt sogar über mehr Speicher und eine weitaus höhere Busübertragungsrate.

CockpitDas Cockpit orientierte sich an den Erfahrungen die man vorher mit anderen Raumstationen wie Saljut machte. Es gab zahlreiche analoge Anzeigeinstrumente und Schalter, aber nur 3 Monitore. Die US Space Shuttles hatten deutlich mehr Monitore eingebaut, die allerdings seit 1998 auch auf 3 reduziert wurden (allerdings mit erheblich verbesserten Anzeigefähigkeiten).

Die Software war auch fähig den Raumgleiter zu landen. Sie wurde später in  kommerziellen russischen Verkehrsflugzeugen zur Unterstützung der Piloten eingesetzt. Norminell konnte auch das Space Shuttle automatisch landen. Das demonstrierten in der Praxis die ersten noch unbemannten Gleitflüge der Enterprise 1977. In der Praxis war auf Drängen der Astronauten ein Hindernis eingebaut worden.: Das Fahrwerk konnte nur durch einen manuell bedienten Hebel ausgefahren werden.

Parameter Buran Space Shuttle
Geschwindigkeit 370.000 Operationen/s 480.000/s
Bitbreite 32 Bit 32 Bit
Speicherkapazität RAM 132 KWorte 80+24 KWorte
Speicherkapazität ROM 16 KWorte 0
Speicherkapazität Magnetband 800 KWorte 700 KWorte
Gesamtzahl an Prozessoren 74  
davon I/O Prozessoren 4 24
Bussysteme 21 24
Busbreite 36 Bits 28 Bits
Übertragungsrate  Bus 61440 Worte à 36 Bits = 2.2 MBit/s 1 MHz
Meßfrequenz für Sensoren 0.25 MHz  
Stromverbrauch 270 Watt 350 Watt (600 mit IOP)
Nominalspannung 27 V 28 V
Betriebstemperatur -10 bis +50°C  
Gewicht 33.6 kg 27.3 kg ohne IOP

Landung

Die Landung von Buran ähnelt weitgehend dem Space Shuttle. 45 Minuten vor der Landung wird Buran so ausgerichtet, dass die Triebwerke in die Flugrichtung zeigen. Sie zünden und bremsen Buran ab, wodurch der erdnächste Punkt nun in der Atmosphäre liegt. Buran dreht sich um 180 Grad, damit die Nase wieder in Flugrichtung zeigt. Es folgt ein aerodynamischer Eintritt, bei dem das Space Shuttle über 20 Minuten seine Geschwindigkeit verliert. Zum Schluss ist Buran ein Segelflugzeug (mit etwas höheren Auftriebswerten als der Space Shuttle, der in einer letzten S-Kurve überschüssige Geschwindigkeit abbaut und mit 260-310  km/h landet. die Pistenlänge zum Ausrollen beträgt je nach Zuladung 1100-1900 m/s. Sowohl Landgeschwindigkeit wie auch Ausrollstrecke sind geringer als beim US Pendant.

LandungIn Baikonur wurde 12 km von der Startrampe entfernt dafür eine 84 m breite und 5 km lange Landebahn gebaut. Die automatische Landung durch den Bordcomputer wird gerne als Besonderheit angegeben. Man vergisst dabei aber, das das amerikanische Space Shuttle auch automatisch landen könnte, nur der Pilot in den letzten Minuten die Landung aktiv steuert, es aber auch lassen könnte. Selbst dann steuert aber noch der Computer mit, um einen Übergang in den Stealth oder ein Trudeln zu vermeiden. Diese letzten Minuten des Fluges sind der einzige Teil von Start und Landung, bei der die Besatzung überhaupt eingreifen kann.

Buran landet mit geringerer Geschwindigkeit als das Space Shuttle. Je nach Zuladung mit 260-310 km/h anstatt 340-353 km/h beim US Space Shuttle. Kurz nach dem Kontakt des Fahrgestells werden 3 Fallschirme in Kreuzform entfaltetet, welche den Shuttle weiter abbremsen und die benötigte Landebahn um 500 m verkürzen. Bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h werden sie abgetrennt.

Ursprünglich waren 3 Orbiter geplant, 1983 wurde die Zahl auf 5 erhöht, die auch zumindest im Rohbau auch begonnen wurden. Daneben wurden zahllose Modelle gebaut. Neben kleinen Modellen für Windkanaltest oder Komponentenerprobungen auch 6 Modelle in voller Größe und 2 Flugmodelle für Tests in der Atmosphäre. Demgegenüber bauten die USA nur einen Orbiter als Testmodell, die Enterprise. Da die Sowjetunion beim Start des Programms nicht über ein Flugzeug verfügten welches Buran in die Höhe huckepack transportieren konnte, die nötig waren das gesamte Gleitflugprogramm durchzuführen, entschloss man sich die beiden Modelle für Tests des Flugverhaltens mit Düsentriebwerken auszustatten. Erst nach dem Erstflug von Buran stand der schwere Transporter Antonov 225 "Mrija" zur Verfügung. Sie konnte die Buran transportieren und eine Buran/An-225 Kombination zeigte sie Sowjets beim Pariser Air Salon im Juni 1989.

Buran

Buran

Erststart 15.11.1988
1 Start, kein Fehlstart

Startgewicht 79 t (beim ersten Start),
62 t (Trockengewicht, operationell)
Nutzlast max. 30 t in 200 km Höhe 51°
Landezuladung: nominal 15 t, maximal 20 t
4-10 Besatzungsmitglieder.

Abmessungen:
Länge 36.37 m
Höhe 16.35 m
Flügelspannweite 23.92 m
Nutzlastbucht 18.55 × 4.65 m
Schub Triebwerke 172 kN
Zuladung Treibstoff nominal 14.5 t
Geschwindigkeitsänderung max. 500 m/s
bei zusätzlichen Treibstofftanks 1030 m/s.

Nutzlasten

37 KB ModulDie ersten Buran Flüge sollten ein Modul vom Typ 37KB einsetzen. Dieses Modul war ein 4.1 m breiter und 5.1 m langer Zylinder, der auch an eine Mir Station angedockt werden konnte. Er hatte eine eigene Stromversorgung bestehend aus Batterien und eine Luftversorgung. Er kann am besten mit einem Spacelab verglichen werden. Das 7.15 t schwere Modul bot 37 m³ zusätzlichen Wohnraum für die Astronauten  Es beinhaltete bei den Testflügen vor allem eine Instrumentierung um verschiedene Parameter des Buran zu messen. Eine modifizierte Version des 37 KB Moduls war das Kwant Modul von Mir. Gedacht war an einen Transport von 37 KB Modulen zur Mir mit dem Buran. Wie Buran konnte es bemannt und unbemannt eingesetzt werden. Seit 1981 wurden die Module gefertigt. Im Jahre 1987 waren zwei fertiggestellt worden. Zwei weitere sollten folgen, wurden aber nie fertiggestellt.

Weitere Versionen des 37KB sollten Nutzlastschränke aufnehmen und entweder im Orbit angekoppelt an Mir-2 verbleiben oder wieder zurück gebracht werden wie das deutsche Spacelab oder amerikanische Spacehab. Im März 1993 wurde jegliche Arbeit an 37KB eingestellt.

Die Nutzlast von Buran ist deutlich höher als beim Space Shuttle. Das Space Shuttle war zwar auch ausgelegt für 29.484 t Nutzlast. Es erreichte diese aber nicht, weil es zu schwer wurde. Noch bedeutsamer ist, das die Nutzlast für den Space Shuttle für einen 28.5 Grad Orbit galt, bei Buran dagegen für einen 51.7 Grad hohen Orbit  Bedingt durch eine geringere Leermasse, einen leistungsfähigeren Antrieb nimmt die Nutzlast von Buran bei höheren Anforderungen geringer ab als das Space Shuttle dies zeigt folger Vergleich:

  Space Shuttle Buran
204 km Höhe, 28.45 grad Neigung 24.947 kg -
200 km höhe 51.70 Grad Neigung 19.970 kg 30.000 kg
200 km Höhe, 98 Grad Neigung 13.833 kg 16.000 kg
450 km Höhe, 51 Grad 10.994 kg 27.000 kg
Bahnneigungen 28.45-103 Grad 51.7-110 Grad
maximale Höhe (ohne Zusatztanks) 570 km 1000 km

Charakteristisch für Buran ist eine größere Abhängigkeit von der Startinklination (die an dem nördlicher liegenden Startgelände liegt) und eine geringere Abnahme der Nutzlast mit der Bahnhöhe. Würde Buran heute noch existieren so wäre sie besser zur Versorgung der ISS geeignet, als ein Space Shuttle, der nur etwa 18.2 t zur ISS transportiert (und zwar der heutige Space Shuttle, der erheblich an Gewicht verloren hat, das Shuttle System mit dem Buran in den achtziger konkurrierte, transportierte nur etwa 13 t zur ISS Bahnhöhe).

Welche Nutzlasten es tatsächlich geben sollte, ist heute noch unklar. Es gab eine Reihe von Projekten, die Buran einsetzen sollten. Die konventionellsten Ideen waren es noch Buran zur Versorgung von MIR zu nutzen. Buran hätte nicht nur Module transportieren sondern auch zurückbringen können - Defekte hätte man so beheben können, die Ausstattung modernisieren können. Sowohl das Transportvermögen von bis zu 10 Personen wie auch die Möglichkeit viel mehr Fracht zu transportieren wäre attraktiv gewesen. Ein Buran Flug konnte leicht 2-3 Sojus Starts und 7 Progress Transporter ersetzen.

Es gab natürlich auch militärische Pläne - sie reichten von Weltraumwaffen wie Lasern über militärische Raumstationen, die von Buran ausgesetzt und wieder eingefangen wurden über nukleare Bomben in einer drehbaren Trommel mit denen eine Fähre beim Überflug eines Landes einen 3000 km breiten Streifen zerstören konnte.

Keiner der Pläne kam allerdings über das Projektstadium heraus. In diesem Sinne teilt Buran das Schicksal des Space Shuttles: Er wurde entwickelt ohne das es einen Verwendungszweck für ihn gab. Dabei hatte Buran ein viel höheres Potential als die amerikanischen Space Shuttles. Schon in der Standardausführung war die Nutzlast höher. Energija konnte aber nicht nur mit 4 sondern auch mit 6 oder 8 Boostern fliegen. Bei gleicher Maximalnutzlast kann man so leicht höhere Orbits erreichen und z.B. eine Raumstation weiter weg von der Erde aufbauen.

Die maximale Belastung vom Space Shuttle wie bei Buran lag bei etwa 3 G. Bei Buran ist durch die größeren Flügel die Belastung bei der Landung mit 1.6 G etwas höher als beim Space Shuttle (1.5 G). 

Sicherheit

Start von BuranDie Sicherheit der Besatzung war bei der Entwicklung ein wichtiger Punkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Besatzung überlebte und es keine großen Umweltzerstörungen bei einem Fehlstart gibt, wurde mit 99-99.5 % festgelegt. (99.5% war auch das Sicherheitsniveau das Hermes erfüllen sollte. Das Space Shuttle hatte nach NASA Untersuchungen nach dem Challenger Unfall nur eine von 97%. Nach dem Verlust der Columbia wurde ein Verlustrisiko von 98,3% angegeben).

Zwei wesentliche Unterschiede gab es:

Buran setzte K-36M Schleudersitze ein. Die K-36M wurden für Militärjets entwickelt und modifiziert für die "0-0" Bedingungen eines Raketenstarts (sichere Rettung der Besatzung bei einer Explosion auf der Startrampe in 0 m Höhe und 0 m/s Geschwindigkeit).Sie konnten beim Start eingesetzt werden bis in 25 km Höhe bei Mach 3. Bei der Landung konnte man sie ebenfalls bei Mach 3 (in 30 km Höhe) bis zum Erreichen der Startbahn einsetzen. Funktionell getestet wurden die Sitze bis in Höhen von 40 km und Geschwindigkeiten von Mach 3.5. Zwei Raketenmotoren brannten kurz nacheinander und beförderten die Besatzung in 9-10 Sekunden in eine Entfernung von 500 m von Buran. Bei einem Start am Boden wird eine Scheitelhöhe von 300 m und eine Entfernung von 500 m erreicht. Die Fallschirme werden abhängig von der Höhe ausgelöst. In Bodennähe nach Ausbrennen der Raketentriebwerke und Abtrennen der Sitze, in größerer Höhe durch die Besatzung. Eine Elektronik überwachte die Geschwindigkeit und Höhe der Fähre und schaltete die Schleudersitze nur scharf, wenn die Höhe und Geschwindigkeit im Rahmen der Vorgaben lag. Beim Start konnte man sie bis 102 Sekunden nach dem Start auslösen. Es ist offen ob die zwei Sitze für Pilot und Copilot auch bei regulären Flügen mit einer größeren Besatzung genutzt würden.

 Buran Launch 2An der Startrampe gab es ein ähnliches System wie beim Space Shuttle. Der Zugangstunnel der in eine Rutsche hinter den Turm führt, wird etwa 10-20 Minuten vor dem Start innerhalb von 1 Minute weggeschwenkt. Er kann innerhalb von 10-15 Sekunden zurück geschwenkt werden und die Besatzung kann sich dann durch Flucht von dem Buran entfernen. Durch die Rutsche gelangten sie in einen unterirdischen Bunkerraum.

Bis 102 Sekunden nach dem Start kann die Besatzung sich durch ihre Schleudersitze retten. Nun gibt es eine kritische Zeit. Bis etwa 125 Sekunden nach dem Start ist die Geschwindigkeit zu gering für eine Rückkehrbahn. In diesem Falle würde man bei einem Triebwerksausfall dieses abschalten und die anderen Triebwerke weiterbrennen lassen, bis die Geschwindigkeit und Höhe für eine Rückkehrbahn erreicht ist. Das ist nach 125-130 Sekunden nach dem Start der Fall. Danach kann Buran eine Rückkehrbahn zur Landebahn in Baikonur einschlagen. 140 Sekunden nach dem Start sind die vier Booster ausgebrannt. 190 Sekunden nach dem Start ist es nicht mehr nötig eine Rückkehrbahn einzuschlagen. Fällt nun ein Triebwerk aus, so reicht der Schub der verbleibenden drei in der Zentralstufe aus um einen Orbit zu erreichen (eventuell ist dieser niedriger als geplant, doch dies kann Buran mit seinem eigenen Treibstoff ausgleichen). Buran gelangt dann in einen Notfallorbit. In diesem fällt dann je nach Zeitpunkt des Ausfalls die Entscheidung ob Buran nach einem Orbit wieder landet oder ob die Mission (eventuell mit reduzierten Zielen) durchgeführt wird.

Russische Stellen betonten, dass ein Verlust von Buran durch Explosion der Trägerrakete wie es bei Challenger der Fall war, nicht möglich war. Nach dem Verlust der Columbia stellt sich die Frage ob abfallende Schaumstoffstücke auch beim Buran zu einer Beschädigung führen können. Leider gibt es über die Art, wie Energijas Tankisolation ausgeführt, ist keinerlei Angaben, so das hier eine Beurteilung nicht möglich ist. Nach Aussagen eines Kosmonauten war die Energija Zentralstufe nur an wenigen Stellen isoliert und diese Isolation war innen angebracht. (Wie bei den S-II und S-IVB Stufen der Saturn V). Beim Jungfernflug gab es eine Stelle wo eine Hitzeschutzkacheln nicht abgefallen sind, sondern zertrümmert wurde. Die Ursache dafür wurde nicht bekannt gegeben. 

Historie

Die Entwicklung von Buran begann 1976, also etwa vier Jahre nach dem Space Shuttle. (Allerdings hatte das Space Shuttle bis dahin schon 3 Jahre der Vorplanungen und der Auswahl eines Konzepts hinter sich).Wie das Space Shuttle konnte auch Buran auf Vorstudien in den sechziger Jahren zurückblicken. Beim Space Shuttle waren dies das Projekt Dyna Soar und die Versuche mit geflügelten "Lifting Bodys", im speziellen das X-24 Raketenflugzeug. Bei Buran war es das Spiral Projekt, ein kleiner Raumgleiter in etwa von der Form und Größe von Hermes oder Klipper auf einer größeren geflügelten Unterstufe, so wie dies auch einmal für den Space Shuttle geplant war. Vorstudien gab es von 1974-1975. Analysen zeigten, dass die aerodynamische Form eines "Lifting Body" also Auftriebskörpers mit Delta Flügeln, wie sie dem Space Shuttle zugrunde lag, die beste war. Aufgrund der Erfahrungen die bisher mit flüssigen Treibstoffen vorlagen, ging man beim eigentlichen Trägersystem aber einen anderen Weg als die USA. Es gab durchaus andere Vorschläge. NPO Energija sah sehr große Gewichtsnachteile bei geflügelten Raumschiffen und Probleme mit der Temperaturkontrolle. Sie favorisierten einen konisch geformten Körper mit der Mannschaftskabine an der Spitze. Dies war der Vorschlag MTKVA. Er würde mit niedriger Unterschallgeschwindigkeit dich der Landezone nähern und am Ziel zuerst durch Fallschirme, dann Retroraketen weich landen. Bei 200 t Masse sollte er 90 t Nutzlast transportieren - also erheblich mehr als Buran oder das Space Shuttle. Ein dritter Vorschlag verzichtete auf die Notwendigkeit eine völlig neue Trägerrakete zu entwickeln und verwendete dafür die Proton. Das Spiral Projekt wurde schon seit 1965 entwickelt und es war Jahre hinter seinem Zeitplan hinterher. Das brachte es in eine Außenseiterrolle. Im Vergleich zu Buran ermöglichte das 20 t Raumschiff zwar keine große Nutzlast, aber eine Raumfähre mit den Möglichkeiten, die man für den Personentransport braucht. So gab es im wesentlichen ein Rennen zwischen Buran und dem MTKVA Vorschlag. Bei genauerer Analyse zeigten sich die Schwächen von MTKVA, wenn man die Landezone verfehlte. Wie sollte man dann sicher landen? Und wie bekam man das 200 t Raumschiff zurück an den Startplatz? NPO Energija wandte sich ebenfalls einem geflügelten Modell zu, konnte aber bei verschiedenen Analysen nicht zu einem besseren Entwurf kommen, als die USA, bei denen das Space Shuttle nach 3 jähriger Untersuchung auch als der beste Vorschlag von 64 untersuchten Modellen hervorging.

StartvorbereitungIm Februar 1976 vorgeschlagen, hatte man bis Juni 1976 schon die ersten Konzeptstudien wie Energija und Buran aussehen könnten und im Dezember wurde das endgültige Konzept bestehend aus Energija in ihrer heutigen Version und Buran genehmigt. Energija und Buran wurden zu dem größten Projekt der russischen Raumfahrt, selbst das Mondlandeprojekt war in Aufwand und Kosten damit nicht vergleichbar. Nicht weniger als 1206 Subkontrakoren und über 100 Ministeriumsstellen waren an dem Projekt beteiligt.

Das erste noch nicht flugfähige Orbitermodell erreichte Ende 1983 Baikonur. Damit war Buran erheblich hinter dem Zeitplan zurück, der den ersten Start von Energija für 1983 vorgesehen hatte. Doch in der Planwirtschaft gibt es ein einfaches Rezept: Mehr Mittel. So kam es Ende Januar 1986 zu einer Änderung: Anstatt ein Entwicklungsteam gab es nun drei Entwicklungsteams: Eines für Energija, eines für Buran, eines für die Startanlagen, Logistik und die Koordination. Allein am Startkomplex stieg die Mitarbeiterzahl innerhalb von wenigen Monaten von 60 auf 1800. Mit entsprechend vielen Leuten machte es auch nichts aus, das wie beim Shuttle die 39000 Hitzeschutzkacheln nicht richtig haften wollten und es Materialprobleme gab - Beim Space Shuttle dauerte es über ein Jahr um dies zu lösen, bei Buran nur 3 Monate. Trotzdem gab es Verzögerungen: Ursprünglich sollte der erste unbemannte Test 1984 beginnen, der erste bemannte Flug 1987, zum siebzigsten Geburtstag der Gründung der Sowjetunion.

Um die Hitzeschutzkacheln und das Eintrittsverhalten zu testen, wurden bis zu 1450 kg schwere, 1:8 Modelle BOR-4 und BOR-5 mit Kosmos Trägerraketen auf suborbitale Bahnen befördert. Bei einem dieser Versuche wurde Mitte der achtziger Jahre auch bei Australien eine solche Bergung fotografiert, wodurch der Westen von der Entwicklung von Buran wusste. Die eigentlichen BOR-5 Modelle wurden aber nur über der Sowjetunion gestartet, so das man im Westen zwar über die Form des Spiral Gleiters, nicht jedoch über den von Buran Bescheid wusste. Der erste BOR-5 Start, also eines verkleinerten Buran Models fand am 6.7.1984 statt. Der erste Flugtest des noch nicht flugfähigen Modells, zur Erprobung der Gleiteigenschaften fand Ende Dezember 1984 statt, gefolgt vom ersten bemannten Flugtest am 10 November 1985. Neben den 34 Flügen mit OKG-GLI Buran, ausgerüstet für Düsentriebwerken für einen aktiven Flug und Wechsel in den Gleitflug, gab es umgerüstete TU-154 Flugzeuge in denen man das Cockpit, Anzeigeinstrumente, Elektronik und Software im Flug erprobte. Davon gab es 140 Flüge, darunter 69 automatische Landungen durch den Bordcomputer.

Flkug auf der AN-225Die Entwicklung des thermalen Schutzes war für die Sowjetunion eine große Herausforderung. Alle Parameter waren viel extremer als bei der Sojus, mit der bisher Erfahrungen vorlagen. so lagen die Temperaturen im Orbit im Schatten bei bis zu -150 °C und auf der sonnenbeschienen Seite waren es +150 °C. Die hohen akustischen Belastungen die noch höher als beim Space Shuttle waren (164 db gegenüber 153 db) kamen dazu. Wie beim Shuttle mussten die Schutzkacheln mit sehr geringen Toleranzen gefertigt werden und es gab viel mehr davon. So verzögerte sich der geplante Jungfernstart.

Energija lag noch am besten im Zeitplan. Allerdings konnte Energija auch auf 30 Jahre Erfahrung Russlands mit flüssigen Triebwerken und Vorentwicklungen für die N-1 und Vulcan Trägerrakete aufbauen. Im Januar 1986 war dagegen Buran klar 3 Jahre hinter dem Zeitplan. Man begann nun 3 Teams einzusetzen die eine weitere Zeitverzögerung verhindern sollten. Eines sollte Buran startklar bekommen, dabei lag der Schwerpunkt darauf die erste Fähre fertig zu stellen, auch wenn sich dann die Fertigung der folgenden Flugmodelle verzögern sollte. Das zweite sollte Energija fertigstellen und sie notfalls ohne Buran starten, dann war zumindest diese Komponente flugqualifiziert und das letzte Team sollte die Bodenanlagen fertigstellen.

Am 15. Mai 1987 absolvierte Energija ihren Jungfernflug. Mit an Bord war ein Polyuzmodul, welches die Nutzlast ersetzen sollte. Die Energija funktionierte perfekt, jedoch versagte der FGB Block, der die letzte Geschwindigkeit für die Kreisbahn aufbringen sollte. Trotzdem galt die Energija nach nur einem Flug schon als qualifiziert. Inzwischen war die Sowjetunion in starken wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Gorbatschow beendete die Konfrontation mit dem Westen.

Es begannen nun Kontroversen um den ersten Flug von Buran. Die Kosmonauten wollten einen bemannten Flug und verwiesen auf den schon überzogenen Zeitplan. Die Flugleitung plädierte auf einen 2 Orbit oder 3 Tage Flug, beides aber unbemannt. Der 3 Tage Flug hätte alle Systeme des Orbiters in einem unbemannten Flug qualifiziert. Bei dem kürzeren Flug mit 2 Orbits nur Start und Landung getestet werden, weder die energetischen Systeme noch Lageregelungskontrollsysteme oder die Thermal/Lebenserhaltung wäre in diesem Zeitraum zu testen. Dafür war die Zeit zu kurz. Man entschied an höchster Stelle für das geringste Risiko, also einen unbemannten Flug von 2 Orbits. Die Vorbereitung für den ersten Flug dauerten schließlich über ein Jahr. Sie begannen am 15.10.1987

Rumpf SchaubildIm Mai und Juni 1988 fanden Tests und Probe Countdowns von Energija und Buran auf der Startrampe statt. Der erste Startversuch am 29.10.1988 musste abgebrochen werden, weil ein Arm mit Versorgungsleitungen sich nicht zurückschwenken ließ. Der zweite Anlauf war dann erfolgreich. Dieser fand am 15.11.1988 mit einem, 7 t schweren Instrumentenmodul statt.  Die Energija beförderte das 79.4 t schwere Raumschiff in einen -11.2 x 154 km hohen Orbit. Im Apogäum zündeten die Raketentriebwerke und beschleunigten Buran um 66.6 m/s, wodurch ein 252 x 263 km hoher Orbit erreicht wurde. Schon nach zwei Umläufen wurde mit einer Zündung der Triebwerke, welche die Fähre um 175 m/s verlangsamten, die Rückkehr eingeleitet. Trotz eines recht hohen Seitenwinds von 17 m/s (61 km/h) landete die Fähre problemlos in der Mitte der Rollbahn. Die Landegeschwindigkeit betrug 260 km/h. Sie kam nach einer Strecke von 1620 m zum stehen. Die Nachuntersuchung zeigte, das Buran den Wiedereintritt in nahezu perfektem Zustand überstanden hatte, lediglich 7 der Hitzeschutzkacheln waren verloren gegangen.

Anfang 1989 sah der Stand so aus:

Diese Vorgehensweise ist typisch für das russische Weltraumprogramm, bei dem zuerst neue Raumschiffe unbemannt getestet werden. Die zunehmend problematischere Finanzierung des Programmes, führte dann dazu, dass man die Zahl der unbemannten Missionen verkürzen wollte und eine einsparen wollte. Die dritte bemannte sah nun eine Ankopplung an das MIR Modul Kristall und an eine Sojus Kapsel vor, wobei die Astronauten dann in die Buran umsteigen sollten. Damit wollte man das Retten von Astronauten aus dem Orbit erproben. Durch die Konzentration zumindest einen Orbiter fertig zu stellen lag man bei der Fertigung der anderen weit im Zeitplan zurück. Immerhin war Orbiter 2 fast fertig gestellt. Orbiter 3 aber nur zu 40 % und Orbiter 4 nur zu 20 %. Die Integrationsarbeiten an einem fünften hatten noch gar nicht begonnen.

Doch die Sowjetunion zerfiel sehr rasch. Es war unmöglich das Programm weiter zu finanzieren. Dazu kam dann ab Ende 1990, dass Kasachstan unabhängig war. So wurde entschieden erst einmal keine weiteren Flüge zu starten. Man hoffte später bei konsolidierten Finanzen das Programm fortführen zu können, die starke militärische Triebfeder war aber schon zu diesem Zeitpunkt weggefallen. Unter Jelzin wurde dann 1993 das Programm offiziell eingestellt. Bis zum Jahre 2000 hoffte man noch Energija oder Buran wieder aufnehmen zu können, danach war dies aussichtslos, weil durch Jahre fehlender Wartung und Alterung weder die Startanlagen noch Fertigungsanlagen noch nutzbar waren. Wie um dies zu demonstrieren stürzte am 12.5.2002 nach Regenfällen das Dach einer Lagerhalle in Baikonur ein und zerstörte die dort lagernden Buran 1.01 und die Energija.

Modell 101Die gesamten (volkswirtschaftlichen) Entwicklungskosten von Buran und Energija werden auf 14.5-20 Mrd. Rubel geschätzt. Der Chefkonstrukteur der Energija BI Gubanov gab 16.5 Milliarden Rubel an.

Was wurde aus den Orbitern?

BOR-4 und BOR-5

BOR-4Vor Buran wurde der Raumgleiter Spiral projektiert seit 1965. Das Konzept des Raumgleiters musste erprobt werden. In den USA verließ man sich auf Computersimulationen, Windkanalversuche und Werkstofftests. Im Osten war die Philosophie eine andere, nicht konnte eine praktische Erprobung ersetzen. So gab es das Experimentalflugzeug Mig-105 und man erprobte als nächstes  Spiral im Orbit. So gab es zuerst Test mit zwei Versuchsmodellen. BOR-4 war eine 1:2 Testversion des Raumgleiters Spiral und ähnelt mehr dem projektierten Raumgleiter Kliper oder dem europäischen Hermes Studien als Buran. Der Rumpf war breiter und flacher, die Flügel kürzer uns nach oben gepfeilt.  Ein BOR-4 Modell wog 1400 kg. Er war 3.4 m lang und hatte eine Spannweite von 2.6 m. BOR-4 diente zur Erprobung des Hitzeschutzschildes, konnte wegen ihrer von Buran abweichenden Form jedoch nicht für aerodynamische Tests eingesetzt werden. Insgesamt fanden 6 Flüge ab. Zwei suborbitale Flüge, 4 orbitale, jeweils zwei mit der Wasserung im schwarzen Meer und im indischen Ozean. Alle Starts fanden mit Kosmos K65M Trägerraketen statt. Ein BOR-4 Flugkörper ging bei der Wasserung im schwarzen Meer verloren. Alle anderen wurden geborgen. Nachdem die ersten beiden Bergungen 900 km westlich von Australien von westlichen Aufklärungsflugzeugen fotografiert wurden, ging man bei den folgenden Flügen zu einer Bergung im schwarzen Meer über. Dies war nicht ohne Risiko - Die Wiedereintrittsbahn führt dabei in 80-60 km Höhe über Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland, was leicht als eine Verletzung des Luftraums interpretiert werden konnte.

BOR-4 verfügte über die keramischen Kacheln von Buran - 150 Stück bildeten den Hitzeschutzschild. Die Flügel waren unter der Verkleidung der Kosmos zusammengefaltet und wurden erst im Orbit entfaltet. Ursprünglich wurde BOR-4 als Testvehikel für das Spiral Projekt seit 1977 entwickelt. Als man dieses einstellte, nutzte man die schon im Bau befindlichen 6 Exemplare für Buran. Ein eigener Bordcomputer und Triebwerke erlaubten eine aktive Steuerung des Wiedereintrittsverhaltens. Der Eintritt fand in 60-75 km Höhe unter einem Winkel von 57 grad beim ersten Flug und 52-54 Grad bei den folgenden Flügen. 8 Triebwerke kontrollierten dabei den Wiedereintritt und die Ausrichtung. In 30 km Höhe bewirkte die aerodynamische Form einen Übergang in einen Spiralflug. In 7500 m Höhe wurden ein Bremsfallschirm entfaltet und die Wasserung erfolgt dann mit nur noch 7-8 m/s Geschwindigkeit, entsprechend einem freiem Fall aus 5 m Höhe. Nach vier orbitalen Flügen wurde ein fünfter orbitaler Flug gestrichen.

BOR-5BOR-5 war dann ein verkleinertes (1:8) Buran Modell. Mit BOR-5 sollten die aerodynamischen Eigenschaften von Buran unter hohen Geschwindigkeiten getestet werden. Eine Kosmos K65M Trägerrakete transportierte das 1450 kg schwere BOR-5 Modell auf eine suborbitale Bahn mit einer Weite von bis zu 2000 km und einer Höhe von 210 km. Das Flugprogramm umfasste die Erprobung des Hitzeschutzschildes und der aerodynamischen Eigenschaften von Mach 17.5 bis 1.5 bei Temperaturen von bis zu 1200 °C. In 50 km Höhe trat der Orbiter mit 5 m/s in die Atmosphäre ein. In 7-8 km Höhe ging der Gleiter in eine Spiralbahn über, um Geschwindigkeit abzubauen, trotzdem war die Geschwindigkeit im Endanflug mit 850-1070 km/h höher als bei Buran (600 km/h). In 3 km Höhe wurde ein Fallschirm ausgelöst und das Modell landete sanft in der Nähe des Balschasch Sees mit einer vertikalen Sinkgeschwindigkeit von 7-8 m/s. An Bord befanden sich zahlreiche Sensoren die Beschleunigungen, räumliche Ausrichtung, Temperaturen, Wärmeaufnahme und Ausrichtung der Steuerruder aufzeichneten, die dann nach der Landung ausgewertet wurden. Alle Modelle waren mit einem Bordcomputern, Telemetriesendern und einem Autopiloten ausgerüstet.

5 Flüge des BOR-5 gab es. Die ersten beiden dienten der Erprobung des Interfaces zur Trägerrakete und der elektrischen Systeme an Bord. Beim ersten Flug löste sich dabei das Modell nicht von der zweiten Stufe der Kosmos. Die drei folgenden Flüge dienten dann zur Gewinnung von Daten des Flugverhaltens von Buran.

Datum Bezeichnung Bemerkung
5.12.1980 - BOR-4 suborbitaler Test. Landung nahe des Balschasch Sees
3.6.1982 Kosmos 1374 BOR-4 Landung im indischen Ozean, südlich der Kokosinseln
15.3.1982 Kosmos1445 BOR-4 Landung im indischen Ozean, südlich der Kokosinseln
27.12.1983 Kosmos 1517 BOrR4 Landung im schwarzen Meer, südlich der Krim
4.7.1984 - Suborbitaler Flug mit einer Bahnhöhe von 130 km
6.7.1984 Modell 501 BOR-5 Test 1
19.12.1984 Kkosmos1616 BOR-4 Landung im schwarzen Meer, südlich der Krim
17.4.1985 Modell 502 BOR-5 Test 2
27.12.1986 Modell 503 BOR-5 Test 3
27.8.1987 Modell 504 BOR-5 Test 4
22.6.1988 Modell 505 BOR-5 Test 5

Warum?

Buran ZeichnungEin Geheimnis welches wohl nie gelüftet werden würde ist die Frage nach dem Warum? Warum wurde Buran entwickelt? Als Buran und Energija in die finale Planungsphase gingen, war der Kalte Krieg zwischen Amerika und der SU zwar noch nicht beendet, aber das gespannte Verhältnis zwischen beiden Nationen hatte sich verbessert. 1975 hatte schon ein gemeinsames Projekt, der Flug von Sojus und Apollo stattgefunden.

Es gab nun auch nicht mehr die Zielsetzung "Wer ist als erster im Weltall oder auf dem Mond ?". Und selbst wenn, so war Energija und Buran dem US Transporter um 4 Jahre hinterher, dieser ging 1972 in die Planung. Als Ziel bleibt nur der Zweck: Eine Trägerrakete für große Lasten und ein wieder verwendbares Raumfähre. Es gibt keine Hinweise dafür das es konkrete Nutzlasten für beide Gefährte gab wie eine große Raumstation, die man anfliegen und versorgen müsste.

Eine wichtige Triebfeder war bei den Amerikanern die Kostensenkung die sie sich erhofften. Hier waren die Sowjetunion definitiv im Vorteil. Auch wenn man keine Preise kennt die nach westlichem Muster berechnet werden (die effektiven Kosten sind in einem kommunistischen System schwer zu ermitteln), dürfte klar sein, das sowohl Sojus Rakete wie auch Kapsel um einiges preiswerter als ihre westlichen Gegenstücke sind. Dies liegt an der hohen Startfrequenz (bis zu 60 Raketen pro Jahr) und dem einfachen Aufbau, der über Jahrzehnte gleich blieb. Heute wird für den Unterhalt von ISS mindestens 1.5 Mrd. USD/Jahr veranschlagt, während man bei der Mir von 250 Mill. USD ausgeht. Auch wenn Mir kleiner ist, zeigen diese Zahlen in etwa den Größenunterschied. Touristen können heute für 25 Millionen Dollar zur ISS fliegen - für diesen Preis könnte man im westen nicht einmal die Trägerrakete für den Start bezahlen, geschweige den ein bemanntes Raumschiff.

Es ist aber wahrscheinlich, das man ähnlich wie bei den Amerikanern die Kosten völlig unterschätzte. Die Entwicklung von Energija und Buran kostete 14 Mrd. Rubel, annähernd 5 mal soviel wie die Entwicklung der N1. Auch die Entwicklung des Shuttles war teurer als die der Saturn, aber nur etwa doppelt so teuer. Gleiches dürfte für die Betriebskosten gelten. Für die russische Ökonomie sind allerdings 14 Milliarden Rubel, etwa 42 Milliarden DM oder 24 Milliarden US-$ eine erheblich höhere Belastung als die 17.5 Milliarden US-$ welche die Shuttle Entwicklung kostete. Dies liegt schlicht und einfach daran, dass ein Sowjetbürger für 1 Rubel erheblich mehr kaufen kann als ein US Bürger für 1.5 Dollar, obwohl beides in Mark etwa 3 DM zu dieser Zeit waren. Nimmt man die Transportkosten die zu dieser Zeit für Proton Trägerraketen verlangt wurden, so war die Entwicklung von Energija und Buran etwa doppelt bis dreimal teurer als die des Space Shuttles. 

So zog man als man der Welt bewiesen hatte, das man prinzipiell eine Großrakete bauen kann und auch einen Shuttle, die Notbremse und stellte das Programm ein. Das klingt nach einer Niederlage, auch wenn angesichts der wirtschaftlichen Situation der SU nichts anderes übrig blieb. Es ist allerdings konsequenter als bei den Amerikanern die bis heute eine einen Shuttle starten, mit Startkosten von 433-600 Mill. USD, also pro Kilo Nutzlast etwa 3-4 mal teurer als eine Ariane 5 und 4-6 mal teurer als eine Proton.

Der wohl wichtigste Grund war ein militärischer. Heute ist es schon fast vergessen, das der Space Shuttle eine große militärische Rolle spielen sollte. Als die Kosten ausuferten beteiligte sich das DoD an der Entwicklung und in Vandenberg wurde eine Startrampe für den Shuttle gebaut. Der Shuttle hätte für Militärs enorme Vorteile gebracht. Man hätte nicht nur die vielen Starts von Gambit Aufklärungssatelliten reduzieren können indem man diese im Orbit mit neuem Film versorgt hätte. Vielmehr war an ein größeres militärisches Weltraumprogramm gedacht. Neben zahlreichen Satelliten im erdnahen Orbit die man warten könnte oder zur Erde zurückbringen (viele militärische Satelliten haben erdnahe Bahnen die eine kurze Lebensdauer bedingt) könnte war auch an ein bemanntes Programm gedacht. Ein Shuttle könnte bei Krisensituationen schnell starten und Menschen könnten effektiv die zu fotografierenden Ziele auswählen, ähnlich wie es für das MOL Programm gedacht war. Man könnte sogar feindliche Satelliten einfach einfangen und bergen....

Klar war das hier die SU nicht hinter den USA zurückstecken wollten, auch wenn diese sehr bald merkten, das aus dem ehrgeizigen Programm nichts wird: Zuerst verzögerte sich die Indienststellung des Shuttles, dann war die Startrate zu niedrig und vor allem das öffentliche Interesse groß. Als 1986 schließlich die Startrampe im Militärstützpunkt Vandenberg fertig gestellt war explodierte die Challenger, dies führte zum Rückzug des DoD aus dem Programm. Als Buran 1988 startete hatten die USA die militärische Nutzung des Shuttles schon stillschweigend begraben und so gab es auch für die SU keinen Grund das teure Projekt Buran weiter zu verfolgen.

Links:

Energija-buran.com : Sehr gute Website, vor allem in englisch

The Molnija Company - Entwickler des Buran, wesentliche Teile der Website sind allerdings in russisch


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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