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Lebensmittelqualität

Kürzlich fand ich folgenden Kommentar im Blog:

"Bernd, mich würde mal eine Aussage des Fachmanns zur allgemeinen Lebensmittelqualität interessieren. Natürlich essen wir i.d.R. zu viel und zu sehr “synthetisch” im Sinne von vorverarbeitet und Inhaltsstoffe, die das Produkt billiger machen.

Das sind aber eher Probleme des Verbraucherverhaltens (“Essen muss reichlich und billig sein”) Ich meine das eher im Sinne der tatsächlichen Qualität und der Schadstofffreiheit. Wenn wir den Medien und den Verbraucherschützern glauben essen wir ja nur noch pures Gift.

Ist das so? War die Nahrung vor 40 Jahren unbedenklicher als heute? Die reinen Synthetikprodukte aber auch Premium-Bioprodukte (Demeter o.ä.) wollen wir mal außen vor lassen. Also den Durchschnitt. Ohne die ersten und letzten 10%.

Der andere Bernd"

Bernd hat eine sehr interessante Frage gestellt, nämlich die ob die Lebensmittelqualität in den letzten 40 Jahren besser geworden ist. Die Frage ist schon deswegen interessant, weil wahrscheinlich zehn Leute zehn verschiedene Antworten geben würden, was Lebensmittelqualität sein kann. Hier einige Dinge die mir so spontan in den Gedanken kommen:

Das alles sind mögliche Definitionen und ich will mal drauf eingehen, was die Problematik ist. Ich beginne mit dem einfachsten: Dem Punkt 2: Armut an Rückständen. Denn dies wird von amtlicher Seite kontrolliert und die Analytik hat in den letzten Jahrzehnten solche Fortschritte gemacht, dass dies auch sehr effektiv möglich ist. Zahlreiche Gesetzgebungen, wie der Verbot von verbleitem Benzin in den achtziger Jahren haben die allgemeinen Umweltbelastungen tendenziell gesenkt. Bei einigen ubiquitär vorhandenen Stoffen ist dies nicht der Fall, doch auch diese liegen weit unter den Grenzwerten. Bei den Pestiziden ist es so, dass durch die Kontrolle die gravierenden Überschreitungen von Grenzwerten seltener geworden sind, genauso wie bei Tierarzneimitteln und Hormonen. Was allerdings vor allem bei Pestiziden der Fall ist, ist dass immer mehr Stoffe eingesetzt werden, weshalb Experten schon dafür plädieren einen gemeinsamen Grenzwert der alle Substanzen umfasst einzuführen, da bisher nicht untersucht wird, wie sich die Wirkung von vielen kleinen Dosen addieren oder sonst wie verstärken können. Ich würde davon ausgehen, dass wir heute weniger stark durch Rückstände belastet sind als vor vierzig Jahren, weil die Grenzwerte verschärft wurden, und auch die Kontrollen viel besser geworden sind. Das es heute mehr Skandale gibt ist auch ein Ergebnis dessen. Früher hätte es die wohl gar nicht erst gegeben, weils keiner bemerkt hätte.

Die anderen Punkte sind schwerer zu beantworten. Zum einen gibt es bei Punkt 3 heute mehr Möglichkeiten ein Produkt schonend herzustellen. Die Überwachung der Produktion ist besser geworden, es gibt Methoden sehr rasch Produkte zu erhitzen und ebenso rasch abzukühlen bis hin einzufrieren. Es gibt Mikrowellen zum Erhitzen, die keine direkte Wärmeentwicklung bewirken. Das ist die eine Seite, auf der anderen Seite haben wir aber auch eine Abkehr von der handwerklichen Herstellung oder kurzen Wegen zum Verbraucher hin zu industrieller Herstellung und langen Wegen. Das bedeutet tendenziell, dass Lebensmittel "robuster" sein müssen, also mehr aushalten können müssen beim Transport. Bekannt ist das bei Obst. Tomaten kommen aus immer größerer Entfernung und werden grün geerntet. Bei Apfelsorten ist heute eine harte Schale ein wichtiges Sortenkriterium, weil die Waren nicht mehr vorwiegend auf dem Wochenmarkt sondern im Supermarkt verkauft wird.

Mit den Zusatzstoffen, also dem letzten Punkt ist es ebenso nicht leicht. Unbestreitbar hat uns die EU-Gesetzgebung hier viel mehr beschert. Nach den EU-Gesetzen muss ein Lebensmittel das legal in einem Mitgliedsland in den Verkehr gebracht wird auch in allen anderen Ländern legal gehandelt werden können. Das bedeutet, dass die EU seit Jahrzehnten die Gesetzgebung in den Mitgliedsstaaten harmonisiert und das führt unter anderem zu über 300 zugelassenen Zusatzstoffen. De fakto hat das eher die Tendenz den niedrigsten Standard in Europa einzuführen, als andere Länder auf den hohen Standard von Deutschland oder der Schweiz anzuheben. Ob diese allerdings alle eingesetzt werden ist eine andere Sache. Tendenziell würde ich annehmen es sind mehr Zusatzstoffe geworden, die man in Lebensmittel findet. Das sehe ich, wenn ich plötzlich in Wurst erlaubte Farbstoffe sehe. Diese waren schon früher erlaubt aber nun findet man sie vermehrt. Dazu wird die Industrie immer trickreicher Verbote zu umgehen. So ist es nicht erlaubt in Brot Farbstoffe einzubringen. Also gibt e neue "Zutaten", die färbend sind, wie Malzextrakt oder Runkelrübensaftkonzentrat. Auch das Optimieren der Produktion führt zum verstärkten Einsatz. Ein Stichwort ist hier die Brotherstellung. Da will der Verbraucher zwar ein möglichst urtümliches Brot, aber gleichzeitig dürfen da auch keine großen Gasblasen drin sein, es muss gut aufgegangen sein, eine knusprige Krume haben und lange haltbar sein. In der Summe ist das ohne Mehlbehandlungsmittel aber nicht zu machen. Die traditionelle Produktion kann eines oder zwei dieser Merkmale optimieren, doch nicht alle.

Der erste Punkt, die qualitative Zusammensetzung. Das grundsätzliche Problem ist, dass wir hier kaum Vorschriften haben, wie Lebensmittel zusammengesetzt sein sollen. Es gibt die Leitsätze die diese Funktion haben sollen, doch da an diesen alle Beteiligten (Hersteller, Handel, Verbraucher und Überwachung) mitwirken, gibt es da kaum Fortschritte. Wenn dann sind sie für den Verbraucher nur bedingt nützlich, wenn bei Fleisch z.B. der Gehalt an Kreatinin und Hydroxiprolin als Indikatoren für bestimmte qualitativ hoch- oder niederwertige Fleischbestandteile angeführt werden, dann nützt ihnen das wenig. Neue Lebensmittel, also die zahlreichen Kreationen und sei es nur ein neues Brot finden sich schon gar nicht darin. Leitsätze gibt es praktisch nur für traditionelle Lebensmittel die allgemein verbreitet sind, nicht für Handelsmarken, egal wie populär diese sind (Milchschnitte, Knobbers, Hanuta um nur einige zu nennen).

Das einzig positive ist, dass seit einigen Jahren die wertgebenden Bestandteile in Prozentangaben auf den Verpackungen vermerkt sein müssen, sodass man diese einsehen kann. Die Lebensmittelüberwachung hat auch nicht die Aufgabe generell die Zusammensetzung eines Lebensmittels zu ermitteln, sondern nur die Übereinstimmung mit Mindestangaben zu überprüfen (sofern in den Leitsätzen etwas dazu steht) oder bei Herausstellung, das es etwas besseres sei wie dem Wort "Premium" zu überprüfen ob es die Mindestgehalte deutlich überschreitet. Es gab in der Zeit auch einige Versuche die Mindestanforderungen zu senken, so bei dem Gehalt von Rindfleischextrakt in Suppen und meist ist das auch gelungen. Auf der anderen Seite hat die "Light" Welle dazu geführt, dass ich immer mehr tendenziell leichte Lebensmittel im Regal sehe. Wer mal eine Nährwerttabelle aus den achtziger Jahren nimmt und den Brennwert bei verschiedenen Wurstsorten mit normaler Supermarktware vergleicht, stellt fest dass diese heute viel fettärmer ist.

Schlußendlich gibt es nur ein Resümee : So genau weiß niemand wie sich die Qualität verändert hat. Ich persönlich würde sagen sie ist tendenziell besser geworden, allerdings mit Ausnahmen wo dies nicht der Fall ist. Was hilft ist sich wirklich die Packungen durchzulesen und dann an der Kasse abzustimmen. Wenn mehr hochwertige Lebensmittel verkauft werden, dann werden auch mehr produziert. Das hat gerade die Light-Welle gezeigt. Als die Verbraucher kritischer wurden, wie viel Fett in der Wurst ist, dann sank als Folge auch der Fettgehalt bei normaler Wurst.

Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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