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Mariner 10

Einleitung

Mariner 10Mit Mariner 10 endete nach zwölf Jahren das so erfolgreiche Mariner Programm. Die letzte Sonde dieses Programms machte dem Programm aber alle Ehre. Sie passierte zwei Planeten in vier Vorbeiflügen und kartierte im Vorbeiflug den Merkur. Zudem war sie mit 98 Millionen Dollar (ohne Trägerrakete und Kosten für das DSN) sehr preiswert. Dieser kleine Finanzrahmen (514 Millionen Dollar im Wert von 2014) war ein Grund für die Einzelmission. Der zweite Grund war das man schon vor dem Start wusste, dass die Sonde mehrmals Merkur begegnen würde, aber jedes Mal die gleiche Szenerie sehen würde - denselben Ausschnitt der Oberfläche, sogar unter identischen Lichtbedingungen.

Mariner 10 war neben Mariner 5 die zweite Einzelmission in dem Projekt. Die Raumsonde sollte als erste das planetare Billard erproben um zu Merkur zu gelangen. Sie war auch im einzigen Programm die einzige Sonde, die nicht nur zu Venus oder Mars flog. Nachdem man schon in den ersten Planetenmissionen festgestellt hatte, dass die Gravitation eines nahen Vorbeiflugs die Bahn beeinflusste, suchte man nach Wegen diese auszunützen. Man entdeckte, dass man 1970 und 1973 über Venus zu Merkur gelangen konnte. Dabei benötigte man nur in etwa die Startenergie, die eine Bahn zur Venus hat, nicht die zum Merkur. Dadurch konnte eine Sonde mit einer Atlas-Centaur als Trägerrakete anstatt einer Titan 3C auskommen und damit die Startkosten auf ein Drittel senken. Anfang 1970 wurde das Projekt beschlossen und der italienische Mathematiker Guiseppe Colombo  entdeckte, dass man 1973 bei sorgfältiger Auswahl des merkurnächsten Punktes die Bahn wiederum so umlenken könnte, dass eine Periode von 176 Tagen resultiert, d.h. die Sonde nach einem Umlauf wieder Merkur begegnet, der die Sonne in 88 Tagen umläuft.

Mariner 10 hat wie alle Mariner auch andere Bezeichnungen. Beim JPL findet man sehr häufig die Bezeichnung "Mariner-Venus-Merkur" oder auch "Mariner Venus 73". Die Status Bulletins des JPL titelten "MARINER VENUS / MERCURY 1973". Heute ist die Bezeichnung Mariner 10 gängiger.

Das Swing-By wäre nicht die einzige Möglichkeit zu Merkur zu gelangen. Mit einer TE-M-364-4 Oberstufe wie sie die Atlas Centaur für die Pioneer 10+11 Missionen einsetzte wäre auch Merkur erreichbar gewesen. Auch die beiden nächsten Missionen zu Merkur, die allerdings in einen Orbit einschwenkten, Messenger und BepiColombo (benannt nach dem italienischen Mathematiker, der entdeckte, das man bei geeigneter Passagedistanz eine Sonnenumlaufbahn erreichen kann, die automatisch nach zwei Merkurjahren wieder Merkur zurückführt) nutzen die Venus als Sprungbrett. Sie führen beide sogar zwei Venus Vorbeiflüge durch.

Die Raumsonde

Mariner 10 basiert auf demselben Bus, der schon bei Mariner 6-7 eingesetzt wurde, auch wurden zahlreiche Systeme von Mariner 9 übernommen. Dadurch konnten die Projektkosten bei 98 Millionen USD gehalten werden. Die Gesamtstartmasse (inklusive Adapter zur Trägerrakete) betrug 502,9 kg. Gebaut wurde die Sonde von Boeing. Boeing erhielt den Auftrag für den Bau erst am 27.6.1971. So standen nur etwas mehr als zwei Jahre für den Bau zur Verfügung. Es war durchführbar weil Mariner 10 zahlreiche Elemente aus dem letzten Marinerprogramm, Mariner 8+9 übernahm.

Zentrales Element war wie bei Mariner 6-9 eine 138.4 cm breiter und 45.6 cm tiefe achteckiger Zentralkörper aus einer Magnesiumlegierung von nur 18.15 kg Gewicht. In den acht Einschüben war Elektronik, Lageregelung, Sender und Empfänger untergebracht. Fünf der acht Buchten konnten durch Louver (blankpolierte Jalousien) in der Temperatur geregelt werden.

Stromversorgung

Die Sonde verfügt nur über zwei Solarpanels von jeweils 2.69 × 0,97 m Länge und 5.2 m² Fläche. Sie waren eine Neuentwicklung. Sie bestehen aus 19.800 Solarzellen, die 5.1 m² der Fläche belegen. Sie lieferten 500 Watt in Erdnähe und 820 Watt bei der Venus. Bei  der nächsten Annäherung an die Sonne, wurde die Strommenge auf maximal 820 Watt begrenzt, indem man die Solarzellen nicht mehr voll der Sonne aussetzte und so die Hitzebelastung kleiner hielt. Man konnte die Panels um die Längsachse und (dies war neu) auch in der Querachse 76 Grad von der Sonne wegdrehen. So konnte man eine Temperatur von 100 Grad Celsius bei den Solarpaneele einhalten. Die Panels hatten eine Spannweite von 6.55 m. Eine wieder aufladbare 20 Ah Nickel-Cadmium Batterie pufferte Zeiten ab, in denen die Panels nicht auf die Sonne ausgerichtet waren.

Kommunikation

Die parabolische Hochgewinnantenne (HGA) von 1.38 m Durchmesser wurde von Mariner 9 übernommen. Diese war allerdings in zwei Richtungen drehbar um sie der Erde nachzuführen (Bei Mariner 9 nur in einer Richtung drehbar). Sie befand sich an einem 2.85 m langen Ausleger, der es erlaubte sie unabhängig von der Ausrichtung der Raumsonde auf die Erde auszurichten. Diese Konstruktion war nötig geworden, weil anders als bei den Marssonden die Erde sich nicht nahe der Sonne befand (von der Sonde aus gesehen). Bei Mariner 9 reichte es die Antenne in einem kleinen Winkelbereich zu schwenken, während die Sonde auf die Sonne ausgerichtet war. Bei Missionen ins innere Sonnensystem kann sich die Erde überall am Firmament befinden.

Die HGA wurde erstmals durch einen Sender im X Band ergänzt, der Datenraten von 117.6 KBit erlaubte, siebenmal mehr als bei Mariner 9. Dies war möglich durch die vierfach höhere Sendefrequenz und geringere Entfernung zur Erde. Damit waren die Bilder in 42 Sekunden übertragbar - direkt, ohne Zwischenspeicherung auf Band. Allerdings waren die Fehler bei den Daten sehr groß und lagen bei 2-7 Prozent. Das war für Bilder tolerabel, denn ein fehlerhaftes Pixel konnte aus seinen Nachbarpixeln rekonstruiert werden. Es gab für eine geringere Fehlerrate auch noch einen Modus mit einer Datenrate von 7350 Bit/sec.

Für die Daten der anderen Instrumente mit niedriger Fehlerrate (1:10.000) wurde ein zweiter S-Band Sender an der Seite verwendet. Er konnte Daten (je nach der Entfernung) mit 490 bis 2450 Bit/sec zur Erde senden. Dazu kam eine Niedriggewinnantenne (LGA) an dem 2.85 m hohen Ausleger. Sie konnte Daten aus jeder Richtung empfangen, hatte jedoch nur eine geringe Verstärkungsleistung. Die Sendefrequenzen lagen bei 2295 und 8415 MHz (S-Band / X-Band). Empfangen wurde bei 2113 MHz im S-Band. Die Sendeleistungen betrugen 10 Watt (S-Band) bzw. 20 Watt (X-Band).

Elektronik

Die Mariner 10 Sonde hatte wie ihre beiden Vorgänger, die Marsmissionen Mariner 8+9 einen verbesserten Sequenzer vom Typ DC 96, der während der Mission umprogrammiert werden konnte. Er wog 10.4 kg und hatte einen Speicher von 512 Kommandoworten. 96 Kommandos für die Steuerung der Raumsonde, des Ablaufs und des Programms standen zur Verfügung. Die Instrumente hatten insgesamt 21 Modi, in denen Sie Daten mit verschiedenen Datenraten liefern konnten. Eine Neuprogrammierung des Sequenzers dauerte bis zu acht Stunden. Die Datenrate zur Sonde betrug nur 0.5 Bit/sec.

Der Speicher mit einer Größe von 512 Worten bestand aus Ringkernspeichern zu je 22 Bit. Es gab drei3 Typen von Worten die gespeichert wurden:

Die 16 Kommandos des Sequenzer bestanden aus Dekrementierungs- (Von Stunden, Minuten, Sekunden, Variablen) und Inkrementierungsanweisungen (Zähler, Sprünge), Zähler und Sprüngen sowie den Befehlen ADD und SUB. Diese wurden aber selten eingesetzt, da sie 27 Millisekunden zur Ausführung benötigten. Damit wären die Sequenzer programmierbar - auch wenn sie keine Computer waren.

Daten der Kamera wurden auf ein 11,1 kg schweres Magnetbandlaufwerk gespeichert, das von Mariner 8+9 übernommen wurde. 38 Bilder konnten maximal auf dem Band gespeichert werden. Üblich waren maximal 36 Bilder bei Mosaiken. Das Magnetbandlaufwerk hatte eine Kapazität von 180 MBit bei einer Länge von 168 m. Es speicherte die Daten digital und verfügte über 8 Spuren. Es war für insgesamt mindestens 2000 Umspulvorgänge qualifiziert.

Für ihre Zeit war die Elektronik erstaunlich komplex. Sie bestand aus 32.000 einzelnen Schaltelementen.

Lageregelung

Mariner 10tWie bei den anderen Marinern gab es zwei getrennte Systeme für den Treibstoff. Zum einen ein 222 N Triebwerk, welches 29 kg Hydrazin katalytisch zersetzte. Damit führte die Sonde Kurskorrekturen aus. Der Vorrat reichte für eine Geschwindigkeitsänderung um 122 m/s (entsprechend einem Gesamtimpuls von 20900 Ns). Der Treibstoffvorrat dieses Systems wurde gegenüber dem ursprünglich von Mariner 6+7 übernommenen System verdoppelt. Man baute dafür die größeren Treibstofftanks der Pioneer10+11 Sonden ein. Die Sonde verwandte als erstes ein Blowout-System. Bei diesem sind die Tanks größer als der Treibstoff und der Rest wird mit Stickstoff unter Druck gebracht. Für jede Zündung wird die Stickstoffleitung geöffnet und treibt das Hydrazin in die Triebwerke. Zwischen Treibstoff und Stickstoff befindet sich eine flexible Membran, die den Treibstoff nach unten drückt. Nach einem Betrieb kann der Stickstoff entweichen, so dass die Tanks nicht dauernd unter Druck stehen müssen. Das Triebwerk von Mariner 10 konnte maximal 550 Sekunden lang betrieben werden.

Das zweite System diente der Veränderung der Lage der Sonde im Raum. Festgestellt wurde diese mit drei Kreiseln, zwei primären und vier sekundären Sonnensensoren und einem Kanopus Sternsensor. Verändert wurde die Lage durch zwei Sets von je 6 Düsen, die Stickstoff unter Druck benutzten, um die Raumsonde zu drehen oder rollen. Auch hier hatte man die Kapazität von 2.45 auf 3.62 kg erhöht. Es befanden sich an dem Ende jedes Solarpanels drei Düsenpaare die eine Korrektur in jeder der 3 Raumachsen durchführen konnten. Durch die hohe Entfernung von dem Zentralkörper erhielt man so das maximale Drehmoment.

Thermalkontrolle

Wesentlich für die Mission war eine gute Isolation der Sonde und Schutz der wichtigsten Systeme vor der Sonneneinstrahlung. Die Sonde näherte sich der Sonne bis auf 67 Millionen km, d.h. sie wurde der fünffachen Strahlung wie sie bei der Erde herrscht ausgesetzt (fast 7 KW pro Quadratmeter). Die Unterseite der Sonde erhielt daher einen Sonnenschutzschirm. Dieser zeigte dauernd zur Sonne. Das Triebwerk feuerte durch ein Loch im Schirm hindurch.

Die Instrumente wurden in reflektierende Folie verpackt. Das Material für den Schutzschirm war ein Problem. Das bislang (und auch heute noch) verwendete Kaptongewebe hätte keine höheren Temperaturen als 354 Grad Celsius und nicht die starke UV und Protonennstrahlung bei Merkur ausgehalten. Man untersuchte mehrere Materialen und entschied sich schließlich für Teflon beschichtete Glasfiebergewebe. Bei den Solarpaneelen die aufgrund der recht dunklen Solarzellen noch heißer geworden wären, entschied man sich sie zu kippen, sodass die Sonne beim merkurnächsten Punkt nur streifend sie beschien. Die ist in der obigen Abbildung auch zu erkennen. Hier wäre die Sonne in der linken unteren Ecke.

Instrumentenplattform

Neu war ein System für die Ausrichtung der Scanplattform, das die Bewegung in zwei Achsen ermöglichte, vor allem aber eine genauere Ausrichtung und feinere Nachführung als bisher erlaubte. Die Scan Plattform konnte mit 0.35 Grad Genauigkeit auf ein Ziel ausgerichtet werden. Im Incremental Mode (Von einer Position zur nächsten) lag die Genauigkeit sogar bei 0.075 Grad. Das erlaubte TV Aufnahmen mit einer Genauigkeit von 20 % der Bildhöhe und 16 % der Bildbreite zu Fotomosaiken zusammenzufügen.

Das Erstellen von Fotomosaiken ergab auch ein Softwareproblem: Die 512 Worte des Sequenzers reichten für komplexe Fotomosaike nicht aus. Man löste dieses Problem, indem man für die Scanplattform zwei Modi implementierte. Im Absoluten Modus konnte man diese absolut auf einen neuen Punkt ausrichten, im inkrementellen Modus bewegte sie sich nur relativ zur alten Position. Das sparte Speicherplatz für die Positionsangaben.

Im Laufe des Projektes wurde aus dem aus Mariner Altbeständen zusammengeschusterten Raumflugkörper die leistungsfähigste Raumsonde des ganzen Programms. Eine der wichtigsten Entscheidungen war der neue X-Band Sender. Damit war es auch bei einer Vorbeiflugmission möglich, innerhalb eines Tages einige Hundert Bilder zu senden anstatt nur etwa 30 wie Mariner 6+7.

Durch die viermal höheren Sendefrequenzen war der Antennenstrahl gebündelter und auf der Erde konnte eine viel höhere Datenrate empfangen werden.

Allerdings war diese hohe Datenrate nur bei Benutzung der 64 m Antenne in Goldstone (DSS14) möglich, also während die Sonde im Empfangsbereich dieser Anlage lag, etwa 10 Stunden pro Tag.

Weiterhin übernahm man von Pioneer 10+11 die größeren Tanks für den Stickstoff als Druckgas. Dadurch waren drei anstatt zwei Vorbeiflüge an Merkur möglich. Subsysteme der Sonde:

System Gewicht
Struktur + Mechanik 109.4 kg
Elektrik, Transponder 60.8 kg
Solarpanel, Batterien 63.6 kg
Sequenzer 10.4 kg
Lagekontrolle 29.9 kg
Pyrotechnik und Kabel 30.8 kg
Treibstoff (Lageregelung) 11.3 kg
Temperaturkontrolle 9.5 kg
Wissenschaftliche Experimente 78.2 kg
Treibstoff (Kurskorrektur) 29 kg
Verschiedenes 68,9 kg
Gesamtstartmasse 502,9 kg
Adapter zur Centaur 30 kg
Gesamtstartmasse mit Adapter 533,6 kg

Die Instrumente

Mariner 10 führte mit 7 Instrumenten mehr Experimente als bei den bisherigen Mariners mit. Sowohl was die Zahl wie auch die Leistung anging, war Mariner 10 die am besten ausgestatte Raumsonde des Mariner Programms. Die Sonde trug Instrumente mit einem Gesamtgewicht von 78.2 kg.

Infrarotradiometer (Two-Channel Infrared Radiometer)

InfrarotradiometerDas Infrarotradiometer war ein Gerät zur Bestimmung von Temperaturen durch Vergleich der vom Planeten abgegebenen Infrarotstrahlung mit der Infrarotstrahlung des 3 K kalten Weltraums und dem einer definierten Quelle als Referenz.

Ein Infrarot Radiometer bestimmte die Oberflächentemperaturen von Venus und Merkur auf 0.5 °C genau, durch Messung der Infrarotstrahlung zwischen 7.5 und 14 µm und 34-55 µm Wellenlänge. Es basierte auf den Instrumenten, welche schon Mariner 6-9 an Bord hatten. Es hatte aber anders als diese ein Cassegrain Teleskop mit einem langwelligen Filter. Dadurch war das Gesichtsfeld dieses Instruments kleiner und betrug nur 0.5 Grad. Als Folge konnte die Temperatur eines kleineren Gebietes bestimmt werden. Die beiden Teleskope waren parallel ausgerichtet. Ein Schrittmotor konnte aber den Spiegel in drei Positionen um 120 Grad drehen. So schaute das Instrument einmal zum Planeten und einmal in das kalte Weltall. Die Differenz der empfangenen Strahlung entsprach der Wärmeabgabe des Planeten. Kanal 1 von 7.5-14 Mikrometer empfing Infrarotstrahlung von 200-700 K warmen Objekten. Der Kanal 2 maß bei 34 bis 55 Mikrometern die abgegebene Strahlung von 80-340 K warmen Objekten. Damit konnte sowohl die Temperatur der Merkuroberfläche, die von der Sonne bestahlt wurde (bis zu 400 Grad Celsius heiß), wie auch die auf der Nachtseite (bis zu 90 K = -180 Grad Celsius kalt) ermittelt werden. Nur die Oberflächentemperatur der Venus war oberhalb des Messbereiches von 427 Grad Celsius. Hier konnte aber das Instrument die Temperatur der obersten Wolken zu 220 K ermitteln. Das Gesichtsfeld von 0.5 Grad entsprach bei einer Distanz von 10000 km einer Fläche von 87 × 87 km auf dem Planeten.

Das Radiometer wog 3.6 kg und hatte einen Stromverbrauch von 2.5 Watt.

EUV Spektrometer (Extreme Ultraviolet Spectrometer)

Airglow SpektrometerDas Extrem Ultraviolett Spektrometer untersuchte die hohe Atmosphäre (Ionosphäre) von Merkur und Venus durch die Veränderung der solaren UV Strahlung (Absorption von UV Strahlung) oder durch die Messung der Emission von UV Strahlung über dem Horizont durch Rekombination von Molekülen. UV-Strahlung hebt Elektronen an, die beim zurückfallen dann Licht emittieren. Die Wellenlänge hängt von der Ausgangsbahn und dem Atom ab, so kann man die Zusammensetzung der Ionosphäre bestimmen.

Das EUV /Extrem Ultraviolett) Experiment bestand aus zwei Experimenten: Einem Bedeckungsspektrometer) und einem Airglow Spektrometer. Das EUV Spektrometer wog 5.5 kg und verbrauchte 4.3 Watt an Strom.

Ein Extrem-UV Bedeckungsspektrometer war fest an der Raumsonde montiert und schaute Richtung Sonne. Es maß die Abschwächung der UV Strahlung in 4 Kanälen bei 47.0, 74.0, 81.0 und 89.0 nm Wellenlänge. Detektoren waren Channel-Elektron-Multiplier (CEM). Dies galt für interplanetare Reise (Suche nach Wasserstoff durch Absorption bei der Lyman Alpha Linie bei 121.6 nm) wie auch für die Untersuchung von Planetenatmosphären: Wenn das Licht das am Rand des Planeten eine Atmosphäre durchlief konnte die UV Absorption gemessen werden. Messprinzip war bei diesem Instrument die Absorption von UV Strahlung der Sonne, Das Instrument hatte ein Gesichtsfeld von 0.15 Grad (26 km aus 10000 km Entfernung). Es war auch möglich Bandmessungen um 75 nm durchzuführen.

Ein Airglow UV Spektrometer untersucht dagegen die emittierte UV Strahlung der Planeten auf der Nachtseite und im Weltraum und arbeitete zwischen 34.5 und 165.5 nm. Es war auf der Scanplattform montiert um so dem Planeten abtasten zu können. Bei Planetenpassagen wurde bei 30.4, 43.0, 58.4, 74.0, 86.9, 104.8, 121.6, 130.4, 148.0 und 165.7 nm gemessen. Dies entsprach den Absorptionsbändern der Atome / Ionen H, He, He,+, C, O, Ne und Ar. Die spektrale Auflösung betrug 2.0 nm. Das Gesichtsfeld 0.13 × 3.6 Grad (23 × 628 km aus 10-000 km Entfernung).

Plasmaexperiment (Scanning Electrostatic Analyzer and Electron Spectrometer)

PlasmexperimentDas Plasmaexperiment maß die Energie und Richtung geladener Teilchen des Sonnenwindes (Protonen, Elektronen).

Das Plasmaexperiment bestand aus zwei einzelnen Detektoren, von denen einer zur Sonne zeigt und der andere dazu senkrecht steht. Der erste ist ein elektrostatischer Analysator (sunward-facing electrostatic analyzers SESA), der zweite ein Elektronenspektrometer (backward facing electron spectrometer BESA).

Die SESA schauten zur Sonne und waren auf der Scannplattform montiert. Sie konnten um 120 Grad mit einer Rate von 1 Grad pro Sekunde geschwenkt werden. Aufgabe war es Teilchen die von der Sonne kamen im interplanetaren Raum zwischen 0.4 und 1.0 AE Entfernung von der Sonne zu untersuchen. Sie konnten Ionen von 0.8 bis 8 keV und Elektronen von 4 bis 400 keV Energie detektieren, fielen jedoch aus. Wahrscheinlich hatte sich die Abdeckung nicht geöffnet.

Das BESA Subinstrument detektierte nur Elektronen. Es hatte ein enges Gesichtsfeld von 3.5 × 13.5 Grad. Das Anfertigen eines Energiespektrums dauerte 6 Sekunden, es taste in dieser Zeit 15 Energiebereiche von 13.4 bis 690 eV ab. Die Bereiche waren logarithmisch unterteilt und hatten eine Energieauflösung von 6.6 Prozent der Energie des Teilchens. Das Instrument sollte die Energieverteilung von Elektronen, ihre Dichte und Temperaturen bestimmen. Anders als die SESA Detektoren arbeitete es bis nach dem ersten Merkur Vorbeiflug ohne Probleme. Danach fiel das Instrument immer wieder aus.

Das Plasmaexperiment wog 9.7 kg und verbrauchte 8.3 Watt an Strom. Es wurde in verbesserter Form bei Voyager eingesetzt.

Geladene, energiereiche Teilchen

Partikel ExperimentDas Teilchenexperiment für hochenergetische Teilchen maß die Ladung, Energie und Richtung von Ionen der kosmischen Strahlung.

Das zweite Teilchenexperiment erfasste energiereiche Teilchen mit einem Teilchenteleskop. Es bestand aus einem Hauptteleskop und einem Teleskop für Teilchen niedriger Energie. Beide Teleskope schauten 45-50 Grad quer zur Sonne und hatten ein Gesichtsfeld von 70 Grad. Das Hauptteleskop hatte 5 Silizium und einen Cäsiumiodid Szintillationsdetektor. Diese waren umgeben von einem Antikonzidenz Szintillationsdetektor aus Kunststoff. Jeder Detektor hatte eine andere Energieschwelle, ab der er Teilchen erfasste.

Eine Pulshöhe-Breitenanalyse dauerte 0.33 Sekunden. Alle 0.6 Sekunden wurden die gezählten Treffer in Koinzidenz / Antikonzidenz Modus gezählt. Erfasst wurden Protonen und Alphateilchen von 0.62 - 10.6 MeV Energie und Elektronen über 0.17 MeV Energie.

Das Niedrigenergie Teleskop hatte eine Öffnung von 76 Grad und maß mit zwei Detektoren die Energie von Protonen im Bereich von 0.53 bis 1.9 MeV (Detektor 1) und 1.9 bis 8.9 MeV Energie (Detektor 2). Elektronen wurden mit diesem Instrument nicht erfasst. Das gesamte Experiment wog 3.8 kg und verbrauchte 1.6 Watt an Strom.

Magnetometer (Triaxial Fluxgate Magnetometer)

MagnetometerDas Magnetometer suchte nach Magnetfeldern bei Merkur und Venus und Maß deren Stärke, Ausrichtung und räumliche Ausbreitung.

Das Magnetometer bestand aus zwei Sensoren, an einem 6.1 m langen Mast, um das Magnetfeld der Sonde (1-4 Gamma) weitgehend durch Differenzmessung zwischen beiden Sensoren herauszurechnen.

Ein Sensor befand sich 2.3 m von der Sonde entfernt, der zweite 5.8 m. Sie wurden parallel abgefragt. Jeder Sensor hatte identische Messbereiche von ±16 und ±128 nT. Der Quantisierungsfehler lag bei 0.03 und 0.26 nT. Man konnte den Messbereich dynamisch in einem Bereich von ± 3188 nT verschieben. Während der Vorbeiflüge wurden 25 Vektoren pro Sekunde gemessen, sonst 5 Vektoren. Das Magnetometer war nach der Kamera das Experiment mit der zweithöchsten Datenrate von 1040 Bit/sec.

Jeder Sensor bestand aus 3 Spulen in den drei Raumachsen, die periodisch gedreht und 100 mal pro Sekunde abgelesen wurden. Plasmaexperiment und Magnetfeldexperiment zusammen ergänzten sich aufs beste. Durch die größere Distanz von dem metallenen Sondenkörper und den elektrischen Strömen von Kabeln und Elektronik war das Magnetometer erheblich empfindlicher als die bisherigen an Bord der Mariner 2 und Mariner 5 und konnte so neben dem Magnetfeld von Merkur auch das Magnetfeld von Venus und zwischen den Planeten nachweisen und charakterisieren. Das Gewicht des Magnetometers lag bei 4.3 kg, es brauchte 13.6 Watt an Strom.

Das Kamerasystem

TV ExperimentDas Kameraexperiment machte Weitwinkel und Teleaufnahmen von Erde, Venus und Merkur durch verschiedene Filter.

Das Televisionsexperiment bestand aus zwei identischen Kameras von je 1500 mm Brennweite und 150 mm Öffnung, sowie zwei Weitwinkelkameras von 62 mm Brennweite. Zwischen beiden Objektiven konnte mit einem Spiegel umgeschaltet werden, der sich in einer Position in der Telekamera bestand und das Licht der Weitwinkelkamera zu der Vidiconröhre umlenkte.  Die Weitwinkelkameras wurden nur sporadisch bei der nächsten Begegnung mit Merkur und Venus eingesetzt.

An die Optiken angeschlossen waren zwei Fernsehkameras, die 832 Punkte in 700 Zeilen auf einem GEC-1 Vidicon von 9.8 × 12.35 mm Fläche abtasteten. Die Helligkeitswerte wurden in 8 Bits digitalisiert und das Abtasten dauerte mit 42 sec genau so lang, wie die maximal mögliche Datenrate. Es gab sechs Filter, (Klar, Blau, UV, UV polarisierend, UV Minus, Orange). Zwei Positionen waren mit einem undurchsichtigen Filter und einer Fabry Linse (Für die Kalibrierung) belegt.

Während die Optik neu war, wurde das Vidicons und die Elektronik von Mariner 8+9 übernommen. Allerdings wurde nur in 8 anstatt 9 Bits digitalisiert. Wie bei Mariner 6-9 waren die Bildpunkte nicht quadratisch sondern 14 × 14.8 Mikrometer groß. Dies war auch ein Grund, warum man die Auflösung gerne in Zeilenabständen angab.

Die Gesichtsfelder betrugen 0.38 × 0.47 Grad (Telekamera) bzw. 9.05 × 11.28 Grad. (Weitwinkelkamera). Es gab einstellbare Belichtungszeiten von 3 ms bis zu 11.7 Sekunden. Die beiden Kameras machten mit 43.9 kg mehr als die Hälfte der Gesamtmasse der Instrumente aus und brauchten 30.5 Watt an Strom. Die doppelte Auslegung wurde trotz des doppelten Gewichts gewählt, weil man so einen ununterbrochenen Bilderstrom hatte. Während eine Kamera ein Bild auslas konnte die zweite Kamera das nächste machen. Filter von Mariner 10Der Sequenzer musste nur abwechselnd zwischen beiden Kameras wechseln. Nach dem Auslesen wurden kleine Lampen aktiviert, die das Vidicon mit Licht fluteten. Danach fuhr ein Elektronenstrahl die Rückseite der lichtempfindlichen Schicht ab und löschte dadurch das Bild. Diese Prozedur hatte man sich einfallen lassen, nachdem es mit derselben Vidiconröhre (die schon bei den Mariner 8+9 Sonde eingesetzt wurde) das Problem von Geisterbildern gab, weil das 5-10 malige beschreiben nicht die Bilder vollständig löschte.

Die beiden parallel zueinander auf der Scanplattform angeordneten Kameras gaben der Sonde ein besonderes Aussehen, denn sie erinnerten an die Augen eines Lebwesens. Die Kameras kartierten die sichtbare Hälfte von Merkur mit einer Auflösung von 1 km, Teile der Oberfläche wurden mit Auflösung von 50-100 m erfasst.

Radio Science

Dies war kein eigenes Instrument sondern eine Zusatzausrüstung des Radiosenders der Sonde.

Durch Vermessung des Dopplerverschiebung der Radiosignale, welche die Sonde im S-Band und X-Band zur Erde sandte, war es möglich die Masse von Venus und Merkur zu präzisieren und Daten über ihrer innere Zusammensetzung zu gewinnen. Passierte das Signal die Atmosphäre oder Ionosphäre wurde es abgeschwächt, wodurch man weitere Daten über die Dichte, Zusammensetzung und Temperatur erhielt. Die nötige Hardware für stabile Trägerfrequenzen (Ultra Stable Oszillator: USO) wog 1.8 kg. Die Sendeleistung betrug 10.6 Watt.

Experiment Gewicht Stromverbrauch Datenrate
Television Photography 43,2 kg 30,9 Watt 117.600 bit/s
Celestial Mechanics and Radio Science 1,8 kg 10,6 Watt  
Scanning Electrostatic Analyzer and Electron Spectrometer 9,7 kg 6,8 Watt  
Triaxial Fluxgate Magnetometer 4,3 kg 13,6 Watt 1,052 Bit/s
Extreme Ultraviolet Spectrometer 5,5 kg 4,3 Watt  
Two-Channel Infrared Radiometer 3,6 kg 2,5 Watt  
Energetic Particles Experiment 3,6 kg 1,6 Watt  

Die Mission

Start von Mariner 10Das letzte Mariner Projekte wurde am 30.12.1969 genehmigt. Mit fast vier Jahren war es auch die Sonde die am längsten zur Fertigstellung brauchte, wobei der Baubeginn erst recht späte erfolgte. Die ersten Mariners flogen weniger als ein Jahr nach der Genehmigung. Man nutzte die Zeit die Sonde gegen die Sonne in 67 Millionen km Entfernung zu wappnen und bessere Experimente zu entwickeln, als es jemals auf einer Mission gab. Weiterhin konnte man die Planung der Bahn verbessern, denn die Möglichkeiten Mariner 10 zur Kurskorrektur waren minimal. Primäres Ziel war  ein Vorbeiflug an Merkur in einer Entfernung von weniger als 1000 km. Von den vier Jahren entfielen die ersten eineinhalb daher auch nur auf Planungen.

Die Sonde würde die erste sein, welche die Technik des Swing-By ausnützt: Die Gravitationskraft eines Planeten verändert die Bahn einer Sonde so, dass man ein neues Ziel erreichen kann. Die Idee dafür kam schon in den fünfziger Jahren auf. In den sechziger Jahren beschäftigte man sich beim JPL mit dieser Möglichkeit. Voraussetzung für das Swing-By sind zwei Dinge: Zum einen muss man die Bahn genau berechnen können, das war erst mit der Einführung von Computern möglich. Das zweite ist, dass die Bahn sehr genau eingehalten werden muss. Bei Mariner 10 bewirkte eine Abweichung der Bahn um 3 km vom errechneten Zielpunkt, das die Sonde 1 m/s an Geschwindigkeit selbst nachkorrigieren musste. Gleichzeitig bedeutete dies eine Abweichung von 30.000 km bei Merkur. Vor dem Venusvorbeiflug hatte die Sonde noch für eine Geschwindigkeitsänderung über 100 m/s Treibstoff. Die Sonde verfehlte den idealen Punkt um 20 km. Diese Leistung nach 215 Millionen km Flugstrecke verglich das JPL mit den Missionskosten: Wäre diese genauso präzise eingehalten worden, so wäre das Budget bis auf 10 Dollar genau eingehalten worden. Heute kann man durch Bahnvermessung und kleinere Korrekturen noch höhere Genauigkeiten erreichen. Beim zweiten Galileo Vorbeiflug an der Erde lag die Abweichung bei unter 1 km. Möglich war das Swing-By, weil sich in den sechziger Jahren die Genauigkeit der Positionsbestimmung enorm verbesserte. Bei Mariner 1 lag der Fehler noch bei über 1000 km, Bei Mariner 6-7 nur noch bei 100 km und zu erwarten war, dass weitere Verbesserungen den Treibstoffbedarf für nachträgliche Korrekturen, wenn man den idealen Punkt verpasst, soweit absinken lassen, dass mit den Vorräten von Mariner 10 die Mission möglich war.

Bei einer Konferenz 1970 machte der italienische Astronom Guiseppe (Bepi) Colombo das JPL aufmerksam, dass man bei einem Start Ende 1973 die Sonde so zu Merkur schicken könnte, das diese nach dem Merkurvorbeiflug eine Umlaufbahn von 176 Tagen Dauer erreicht. Da sich der Merkur in 88 Tagen um die Sonde bewegt, bedeutet dies, dass die Sonde nochmals den Merkur besuchen kann. Das JPL übernahm den Vorschlag. Ihm zu Ehre wird die ESA Sonde zu Merkur Bepi Colombo heißen. Nach Ausschreibungen für die Sonde und Experimente bekam am 17.1.1971 Boeing den Auftrag die Sonde zu bauen.

Die Einführung des X-Bandes erlaubtes durch den engeren Antennenstrahl mehr Daten zu übertragen. Um aber auf 117600 Bit/sec zu kommen, musste man Kompromisse machen: Die Fehlerrate lag bei dieser Datenrate bei 1 Bit auf 50 Bit bei der ersten Begegnung, später bei größerer Entfernung zur Erde bei 1:35 beim zweiten Vorbeiflug an Merkur und beim letzten Vorbeiflug sogar 1:14. Dafür kam man nun ohne die Zwischenspeicherung auf den Bandrekorder aus. Dies war zeitsparender und man konnte die Raumsonde auch ohne Bandrekorder betreiben. Bei Bildern konnte man mit den Fehlern leben, da man fehlerhafte Bits durch die Nachbarpixels erkennen konnte. Man entschied sich daher bei der Entwicklung einen zweiten S-Band Sender hinzuzunehmen, der die Daten der anderen Instrumente mit nur 2450 Bit/sec sandte, dafür aber einer Fehlerrate von nur 1:10000. Der Bandrekorder wurde insbesondere dann verwendet wenn man wichtige Bilder machte, man übertrug diese zweimal einmal langsam vom Band und einmal direkt mit größerer Datenrate, aber auch mehr fehlerhaften Bits.

Erde und Mond aus 2.6 Millionen km EntfernungUm zwei Passagen zu erhöhen vergrößerte man die Tanks sowohl für Lageregelung (Stickstoff) wie auch für die Kurskorrektur (Hydrazin) um 60 bzw. 117%.

Der Start

Am 3.11.1973 startete Mariner 10 nach zweieinhalb Jahren Entwicklungs- und Bauzeit. Trägerrakete war eine Atlas Centaur D-1a (eine Atlas-Centaur D mit verbesserter Elektronik). Obgleich die Atlas-Centaur gebaut wurde um zwei Zündungen zu absolvieren und so die Startfenster für die Planeten auszuweiten hatte man bislang alle Planetensonden direkt gestartet, d.h. mit nur einer Zündung der Centaur ohne eine Parkbahn. Bei Mariner 10 war dies nicht möglich und so war man gespannt ob dies klappte.

Die Atlas Centaur beschleunigte die Sonde auf 11380 m/s und zur Venus. Sie erreichte Bahn von 0,7 x 1,11 AE (104,7 x 166 Millionen km), 2,6 Grad zu Ekliptik geneigt.

Neu war, dass man die Sonde nicht west nach einigen Tagen durchchecken würde, sondern die Instrumente schon kurz nach dem Start aktivierte. Damit könnte man sie in der Erdumgebung kalibrieren. Drei Stunden nach dem Start wurden die Detektoren für geladene Teilchen aktiviert, nach sieben Stunden folgte das UV-Spektrometer. Es folgte das Kamerasystem.

Die Sonde schickte nach 16 Stunden, nun schon in 200.000 km Entfernung (halbe Monddistanz) die ersten Bilder zur Erde und machte in den folgenden Tagen zwei Mosaike der Erde und sechs des Mondes aus 110.000 km Distanz. Die polnahen Gebiete der nördlichen Hemisphäre waren dabei noch nie abgebildet worden, sodass diese Aufnahmen eine willkommene Bereicherung für die Mondforschung waren.

Bis zum 7.11 hatte die Sonde schon 900 Bilder zur Erde übertragen. Es folgten 84 Bilder der Plejaden die dazu dienten die Empfindlichkeit der Kamera zu testen und den besten Fokus zu bestimmen.

Dabei wurde aus 3 Erdaufnahmen und einer separaten Aufnahme des Mondes die erste Fotographie von Erde und Mond mit einer Raumsonde gewonnen. Zum ersten Mal schaute eine vom Menschen gebaute Sonde zurück auf den Planeten, von dem sie gestartet war und zu dem sie nie wieder zurückkehren würde.

Es gab allerdings auch Probleme. So lies sich eine Abdeckklappe des Plasmainstrumentes nicht öffnen und die Schaltung zur Regelung der Heizung der Kameras war defekt.

Während des Fluges musste Mariner 10 eine präzise Ausrichtung einhalten: Die Z-Achse, die durch den Sonnenschirm führte, auf die Sonne gerichtet und die X-Y Achse diagonal zur Ebene der Ekliptik (X-Achse: Entlang der Solarzellenflächen und Y-Achse entlang des Magnetometerauslegers) Bei dieser Orientierung ist sowohl ein Schutz vor der Sonnenstrahlung gegeben, wie auch eine korrekte Ausrichtung der wissenschaftlichen Instrumente und der HGA. Der Großteil des Stickstoffs an Bord wurde zum Einhalten dieser Orientierung benötigt.

Am 13.11.1973 korrigierte man den Kurs. Die Centaur hatte die Sonde um 8 m/s zu wenig beschleunigt, so dass ohne Korrektur Mariner 10 in 55.000 km Entfernung die Venus auf der falschen Seite und drei Stunden zu spät erreichen würde. Eine Zündung des Bordtriebwerks von 19.9 Sekunden Dauer erhöhte die Geschwindigkeit um 7,78 m/s und verbrauchte 1.8 kg des Treibstoffs. Mariner 10 lag nun nur noch um 1.380 km falsch und kam 2 Minuten zu spät an.

Im Januar richtete man die Instrumentenplattform auf den Kometen 75P/Kohoutek und analysierte seine Zusammensetzung mit dem EUV-Spektrometer das auf den Kern und Schweif gerichtet wurde. Zwischen dem 11 und 24 Januar gab es Observationen aus 100 Millionen km Entfernung. Man entdeckte eine Wasserstoffwolke von 30 Millionen km Durchmesser und konnte den Verlust an Wasserstoff abschätzen. Sie wurden beendet, als der Komet durch steigenden Sonnenabstand zu schwach für Untersuchungen wurde.

Nun war es Zeit das zweite Kurskorrekturmanöver durchzuführen. Ohne es hätte die Sonde Merkur um 1.5 Millionen km verfehlt. Am 21.1.1974 zündete man die Triebwerke für 3.8 Sekunden um die Geschwindigkeit um 1.3 m/s zu ändern. Diesmal verlief das Manöver mit höherer Präzision, Ziel war ein Dopplershift von 17.41 Hz, der auf 0.04 Hz genau getroffen wurde. Mariner 10 würde seinen Zielpunkt auf 27 km genau treffen!

Venus erfasst von Mariner 10Ein Problem erledigte sich von selbst: Die Heizungen der TV Kameras waren seit dem Start nicht einschaltbar. Als man am 17.1.1974 die Heizungen anderer Systeme aufgrund der sich verringernden Sonnenentfernung ausschaltete, sprangen die Heizungen für die TV Kameras an, die durch einen Kurzschluss vorher aus waren. Damit waren Befürchtungen, die Venus Bilder könnten nicht gewonnen werden, weil die Kameras eingefroren sind, hinfällig.

Doch bei einer Observation des Nachthimmels nach UV Quellen am 28.1.1974 passierte der erste ernsthafte Zwischenfall. Die Sonde geriet beim Bewegen der Scanplattform in eine Oszillation, welche die Sonde durch Betätigung der Stickstoffkaltgasdüsen ausglich. Bis man nach einer Stunde bemerkte, was passierte war, ist schon 16% des Stickstoffvorrates verpulvert worden. Der Vorrat schrumpfte von 2.7 auf 2.1 kg, fast die Hälfte der beim Start vorhandenen 3.54 kg waren vor dem Venus Vorbeiflug schon verloren! Man beschloss nun auf einen reinen Betrieb mit Gyroskopen umzuschalten und den Kanopussensor nur noch sporadisch zur Kalibration zu aktiveren. Später erkannte man das der 6 m lange Magnetboom Instabilitäten im Lagekontrollsystem induzierte. Eine Fehfunktion im Stromverteilungssystem führte dazu, dass man trotz immer größerer Leistung von den Solarzellen mit engen Margen beim verfügbaren Strom während der restlichen Mission arbeiten musste.

Erstes Ziel: Venus

Nun stand der Vorbeiflug an der Venus am 5.2.1974 an. Die Venus sollte Mariner 10 nur umlenken, die Wissenschaft stand im Hintergrund. So waren die Passagebedingungen nicht optimal. Obwohl Mariner 10 die elfte Mission zur Venus war, war sie die erste Mission die auch Bilder machte. Die frühesten sollten Aufnahmen machen, doch da man bald erkannte, das die Venus keinerlei Strukturen zeigte, strich man Kameraexperimente bei den folgenden Missionen. Als man entdeckte, das im UV doch grobe Details zu sehen waren stattete man das Kamerasystem mit ein UV-Filter aus der nur UV-Strahlung durchlies und hoffte, das die Bilder Details zeigen würden. Trotzdem probierte man bei den ersten Aufnahmen alle Filter aus, nur um festzustellen das nur der UV-Filter Strukturen zeigte. Danach gab es nur noch Aufnahmen durch diesen Filter. Die veröffentlichten, blau gefärbten und stark kontrastverstärkten Aufnahmen sind daher reine Fantasie, im sichtbaren Licht ist die Venus fast farbenlos.

Kontrastvertärkte VenusaufnahmeDa die Sonde sich von der Nachtseite her näherte, gab es die ersten Bilder der Venus erst aus 8.000 km Entfernung, 12 Minuten vor der nächsten Begegnung. Die ersten Fotos zeigten Nebel über dem Bild, der sich dann jedoch legte. Dann erschien die Venus als Strich. Die Sonde passierte die Venus in 5.790 km Entfernung, drehte sich und machte Bilder der Venus. Sie zeigten in Mosaiken Details der Venus, man konnte sie aber auch zu Filmen montieren, welche die Wolkenzirkulation zeigten. Das letzte Bild wurde am 13.2.1974 gemacht. Innerhalb von acht Tagen hatte die Sonde 4.165 Bilder der Venus zur Erde gesandt. Davon waren 2700 so gut, dass sie mehr Details als von der erdgebundene Aufnahmen zeigten. Die Auflösung lag zwischen 120 und 130 km. Zehnmal waren Mosaike auf den Bandrekorder aufgezeichnet und später langsamer (zur Reduktion der Bildfehler) übertragen worden. Die Bilder zeigten eine stürmische Venus, denn auf den Bildern war eine etwa tiefere Wolkenschicht unterhalb der oberen Smogschicht zu sehen. Über mehrere Tage konnten die Wolkenbewegungen der Venus erforscht werden. Eine große Zahl von Bildern wurden auch vom Himmel neben der Venus gemacht. Man suchte auf ihnen nach einem Mond der Venus, fand aber keinen. Wenn die Venus einen Trabanten gehabt hätte, so hätte er kleiner als einige Kilometer sein müssen.

Bei der nahen Passage konnte ein kleines Magnetfeld (1/20 der Stärke des Erdfeldes) nachgewiesen werden. Doch es reichte nicht aus, um den Sonnenwind zu beeinflussen, so gab es keinen Strahlungsgürtel, aber eine Schleppe im Sonnenwind hinter dem Planeten. Mariner 10 hatte durch seine Bahn diese Schleppe durchflogen. Die spektroskopischen Messungen fanden Wasserstoff, Sauerstoff und Helium in der Atmosphäre. Es konnte aber kein Deuterium nachgewiesen werden, was den Ursprung des Wasserstoffs durch Kometen, die dieses Isotop in hoher Menge enthalten, ausschloss. Das Radio-Science Experiment durchleuchtete die Atmosphäre und die beiden Sender wurden 53 und 45 km über der Oberfläche von der Atmosphäre zum Schweigen gebracht. Das Radiometer konnte 20 Minuten vor der Begegnung bis nach der Passage ein Temperaturprofil beider Planetenseiten aufzeichnen, fand aber keine signifikanten Abweichung der Temperatur und bestätigte die Mariner 2 Messungen. Die Venus hatte die Raumsonde um 4,41 km/s abgebremst (auf 32,3 km/s). Sie befand sich nun auf einer 0,387 x 0,839 AE Sonnenumlaufbahn (57,9 x 125,5 Millionen km).

Bahn von Mariner 10Nun stand das dritte Kurskorrekturmanöver an. Bevor man dieses durchführen wollte, testete man die Kreisel der Sonde, welche am 28.1.1974 die Sonde in Oszillationen gebracht hatten und seitdem nicht mehr zur Lageregelung benutzt wurden. Beim dritten Test kam es wieder zum Oszillieren. So verschob man das Kurskorrekturmanöver auf Mitte März, was zwar einen größeren Treibstoffverbrauch und eine Verspätung um 17 Minuten bedeutete, aber eine Zündung in die falsche Richtung durch Oszillieren der Sonde wäre fataler gewesen. Leider machte auch das zweite Lageregelungssystem an Bord, der Kanopus Sternsensor Probleme. Helle Partikel irritierten am 18.2.1974 und 6.3.1974 den Sensor. Dadurch begann sich die Sonde zu drehen und verschwendeten wertvolles Gas zur Lageregelung.

Am 16.3.1975 wurde durch ein Kurskorrekturmanöver gewährleistet, dass die Sonde bei der Merkurpassage so umgelenkt würde, dass sie einen 176 Tage Orbit erreicht. Sie zündete das Triebwerk für 51 Sekunden und änderte die Geschwindigkeit um 17,8 m/s. Die Vorbeiflugdistanz wurde erniedrigt, man erreichte sogar eine 200 km nähere Passage als erwartet, doch dies war innerhalb des Flugkorridors. Der nächste Punkt verschob sich von der Tagessseite auf die Nachtseite. Alle Experimente wurden nun bis auf die Kameras abgeschaltet.

Am 23.3.1975 kam das erste Bild von Merkur aus 5,31 Millionen km Entfernung an. Zuerst gab es vereinzelte Bilder. Die Far Encounterphase dauerte an bis 17 Stunden vor der nächsten Begegnung. Als Merkur am 28.3.1975 das Kamerafeld zur Hälfte ausfüllte, wurde alle 42 Sekunden ein Bild zur Erde übermittelt. Am 29.3.1974 passierte die Sonde Merkur in nur 704 km Höhe. Ab 5.790 km Höhe war die Funkverbindung zur Erde unterbrochen, da sich Merkur in der Linie zwischen Sonde und Erde befand und die Aufnahmen wurden auf Band gespeichert. Nach der Passage wiederholte sich das Spiel und die Sonde übermittelte Fotos der anderen Seite Merkurs. Insgesamt übermittelte Mariner 10 bis zum 3.4.1975 insgesamt 2450 Bilder. Das letzte Foto entstand aus 3.5 Millionen km Entfernung vom Merkur. Man benutzte den Bandrekorder sechsmal, um Bilder aufzuzeichnen, die man später übertrug. Insgesamt 216 Aufnahmen wurden so zwischengespeichert. Man testete auch eine neue Technik: Wenn die 64-m Antennen nicht zur Verfügung standen zeichnete man die Bilder auf den Bandrekorder auf, übermittelte sie aber zugleich in einer erniedrigten Auflösung mit 22.050 Bit/sec. Später wurden die aufgezeichneten Bilder dann in voller Auflösung übermittelt. Merkur wurde bei der ersten Passage jeweils als "Halbmerkur" aufgenommen. Das hatte zwar den Vorteil, dass man für Fotomosaike doppelt so viel Zeit hatte und jeweils ein Viertel beim Anflug und Abflug aufnehmen konnte, aber am Rand war die Oberfläche verzerrt abgebildet.

Mosaik von MerkurDaneben wurde entdeckt das Merkur im Gegensatz zur Venus ein relativ starkes Magnetfeld hat. Weiterhin wurde die Temperaturen an Tag- und Nachtseite bestimmt. Es wurde wie erwartet keine Atmosphäre gefunden. Die Temperaturen lagen bei dem Abstand der Passage (67 Millionen km von der Sonde) zwischen 90 und 460 K. Man errechnete für den sonnennächsten Punkt der Bahn sogar Spitzenwerte von 740 K (469 Grad Celsius). Nach der Passage wurde in Gedenken an den kurz zuvor verstorbenen amerikanischen Planetenforscher G.P. Kuiper der hellste Krater, der schon auf den Aufnahmen in großer Distanz erkennbar ist (obwohl er nicht so groß ist, aber ein helles auswurfmaterial freisetzte) "Kuiper" benannt. Da Merkur die Sonde bedeckte konnte man mit den Sendern ein Radiobedeckungsexperiment durchführen um eine Atmosphäre oder Ionosphäre nachzuweisen, selbst wenn sie sehr schwach gewesen wäre und auf Bildern nicht sichtbar. Man fand beides nicht, was die Meßgrenze auf maximal 10-7 Pascal oder bei einer Ionosphäre maximal 100 Elektronen/cm³ bedeuteten. Dafür konnte ein Magnetfeld entdeckt werden, was bei der langsamen Rotation nach den gängigen Theorien eine Überraschung war (es sollte durch den Dynamoeffekt entstehen wenn der innere Eisenkern langsamer oder schneller als der restliche Planet rotiert). Das EUV-Spektrometer konnte Helium und in kleineren Mengen auch Argon, Neon und Xenon nachweisen. Das IR-Radiometer maß am Mittag Temperaturen von 350-430°C, am (Merkur)-Nachmittag sanken sie auf 190°C und auf der Grenze zur Nachtseite betrugen sie nur -120°C, auch der Nachtseite fielen sie bis auf -170°C. Man schätzte dass sie kurz vor Sonnenaufgang auf -180°C fallen würden, doch von dieser Region gab es keine Messungen. Merkur rotiert in 58 Tagen um die eigene Achse, das wusste man schon seit 1965. Die Temperaturfluktuationen waren gering und betrugen maximal 2°C. Man leitete daraus ab, dass die Erdoberfläche mit keiner oder einer nur dünnen Staubschicht bedeckt ist. Auf den Aufnahmen sah man einen kraterbedeckten Planeten. Allerdings fehlten die bei Mars und Mond so auffälligen Einschlagkraters bis auf eines, das aber zur Hälfte im Dunkeln lag: das 1300 km große Calorisbecken. Es wurde so benannt weil es nach der Auswertung der Radiometerdaten einer von zwei Hot-spots auf dem Merkur war.

Es gab auch eine Überraschung. Da man Merkur von der Erde aus wegen seiner Sonnennähe nur schwer beobachten kann, hätte er einen Mond besitzen können, der bisher nicht gefunden wurde. Also investierte man sowohl beim Hin- wie Wegflug einige Zeit für Mosaike um den Planeten herum um nach Satelliten zu suchen und tatsächlich entdeckte das EUV-Spektrometer einen hellen Spot zwei Tage vor dem Vorbeiflug der nach dem Vorbeiflug weg war. Man wollte schon eine Pressekonferenz einberufen und die Entdeckung eines Objektes vermelden, das sich relativ zu Merkur mit 4 km/s bewegte (dann hätte es sich in einer sehr planetennahen Umlaufbahn befinden müssen), als Trajektorieexperten die Blickfelder des Spektrometers mit Himmelskarten verglichen und feststellten, dass es der Star 31 Craerus war. Das war zwar enttäuschend, eröffnete jedoch die Aussicht Sterne im UV zu beobachten - später sollte für diese Aufgabe der amerikanisch-europäische Satellit IUE gebaut werden.

Doch gab es auch Probleme: Nun zeigten sich die Folgen der nahen Sonnenpassage. Die Elektronik überhitzte zunehmend und fiel zeitweise aus. Der Bandrekorder schaltete sich unvermittelt an und aus. Einige Wochen später fiel er ganz aus. Damit sank die Ausbeute an Fotos. Kurz vor der zweiten Begegnung mit Merkur fielen einige Instrumente und Systeme aus, darunter die Hälfte der Übertragungskanäle für die technischen Werte (Telemetrie). Schließlich beschloss man als es starke Abnahmen in der Empfindlichkeit gab das Plasmainstrument dauerhaft abzuschalten. Als Folge eines Ausfalls des Sensors für den Stern Kanopus rotierte Mariner 10 doppelt so schnell um die Achse und die Rettung kostete einen weiteren Teil seines Lageregelungskontrollgases. Man begann die Solarpanel als Segel zu benutzen um Kontrollgas zu sparen, doch die Hoffnungen auf eine dritte Begegnung mit Merkur schwanden. Es begannen Diskussionen um die Vorgehensweise. Mit einem funktionierenden Datenrekorder hätte der zweite Vorbeiflug alles abbilden können was man im ersten durch die Geometrie bedingt nur in niedriger Auflösung fotografiert hätte. Ohne einen dritten Vorbeiflug nötig zu haben hätte man so Mariner 10 erneut nahe an Merkur heranführen können. Nun argumentierten einige man solle auch weiter so verfahren, schließlich hätte man schon mehr als genug Lagekontrollgas verloren und es sei ungewiss ob die Sonde noch bis zu einem dritten Vorbeiflug durchhalten würde. Andere meinten man sollte sich in jedem Falle die Option für einen dritten Vorbeiflug offen halten, was eine viel größere Entfernung bedeutete, sonst würde Merkur die Bahn zu stark verändern. Die Wissenschaftler um das Kamerateam wollten eine Passage mit dem nächsten Punkt auf der Tagessseite über der Südpolregion um von dieser mehr Bilder zu gewinnen. Die Teams um die Teilcheninstrumente und das Magnetometer wollten eine Passage über der Nachtseite, wo der Planet einen Schutz vor dem Sonnenwind bot, sodass man bessere Daten über das Magnetfeld und Teilchen bekam. Beide Optionen schlossen sich gegenseitig aus. Es wurde schließlich beschlossen, dass der zweite Vorbeiflug optimale Bedingungen für die Kameras bieten sollte, dagegen der letzte die besten Bedingungen für Felder, auch weil man annahm das die Vidicons inzwischen soweit an Empfindlichkeit verloren hätten, das sie wenige gute Bilder liefern würden.

Am 9+10 Mai 1974 kam das vierte Bahnkorrekturmanöver an die Reihe. Es war das längste während der Mission und änderte die Geschwindigkeit in zwei Schritten um 50 und 27.6 m/s. Das erste reduzierte die Passagedistanz von 800.000 km auf 283.000 km. Das zweite reduzierte sie auf 45.000 km. Ohne Korrektur wäre der nächste Punkt oberhalb von 400.000 km gelegen (Merkur hätte die Sonde noch etwas angezogen, aber die große Distanz wäre geblieben)

Am 2.7.1975 gab es die letzte Kurskorrektur vor der zweiten Merkurbegegnung. Eine Geschwindigkeitsänderung um 3.3 m/s verschob den planetennächsten Punkt auf 50.000 km Abstand zum Planeten auf 45 Grad südliche Breite. Nun erlaubte dies eine Kartierung der Südpolregion. Geplant war ein Abstand von 46.000 km, aber 50.000 km waren auch im Bereich der Toleranz. Am 17.9.1974 wurden die Kameras aktiviert.

Die zweite Begegnung am 21.9.1974 fand bei größere Distanz von der Erde aus statt, so dass der Bitfehler anstieg. Der Fokus lag bei der zweiten Begegnung auf der Südpolregion und die gut fotografierte Region betrug nun 75% der Hemisphäre nach 50% beim ersten Encounter. Die Auflösung war wegen der größeren Distanz aber nur im Bereich von 1-1,5 km. Da Merkur sich aber in 59 Tagen um die Sonne dreht, wandte er der Sonne dieselbe Seite zu, sogar bei selben Belichtungsbedingungen! Allerdings lag der merkurnächste Punkt anders, so dass man diesmal die Oberfläche besser erfassen konnte die bei der ersten Begegnung jeweils am Rand abgebildet war und dadurch verzerrt abgebildet wurde.

Am 21.9.1975 fand die zweite Begegnung mit Merkur in 48.069 km Distanz statt. Man entdeckte eine extrem dünne Atmosphäre aus Helium. Bilder wurden diesmal nicht so viele gewonnen. Man machte anders als beim ersten Rendezvous nur Bilder während 3 Tagen rund um den nächsten Punkt und verzichtete auf die Bilder aus großer Distanz, da diese nicht mehr zeigten als die schon bei der ersten Begegnung gemachten. Der Bandrekorder musste nach den Problemen abgeschaltet werden. So gab es nur 750 Bilder von Merkur. Schon am 22.9. wurden die Kameras abgeschaltet. Außer den Kameras konnte nur das EUV-Spektrometer Untersuchungen der Gashülle um Merkur machen. für die anderen Instrumente war die Passagedistanz zu groß um Unterschiede zum interplanetaren Medium zu detektieren.

Weiterhin erprobte man eine Technik die seitdem Standard ist. Bislang wurden Ort der Sonde relativ zum Planeten durch Bahnberechnungen und Messungen des Dopplereffekts des Signals festgestellt. Vom 17-19.9.1974 machte Mariner 10 rund Hundert Bilder von Merkur, wobei man die Belichtungszeit so anpasste, dass man auch die Sterne sah. Diese optische Navigation erlaubte es, die Position der Sonde relativ zum Planeten festzustellen und ist heute Standard bei Planetenmissionen. Dazu programmierte man die Sonde so um, dass sie nur jede vierte Pixel sendete und man mit einer Datenrate von 22.050 Bit/sec auskam. Das erlaubte es für die Kommunikation die 34 m Antennen des DSN zu benutzen.

Detailaufnahme von MerkurNach der zweiten Begegnung tat man alles um Kontrollgas zu sparen. Sogar die Parabolantenne diente als Sonnensegel. Die Raumsonde dürfte nun auch um die Achse rollen, um 25% des Lagekontrollgas einzusparen. Trotzdem verlor Mariner 10 erneut zweimal die Kontrolle, weil der Kanopus Sternsensor Kanopus nicht mehr finden konnte und es kostete wertvolles Gas sie wieder unter Kontrolle zu bringen. Die beiden Vorgänge am 4 und 9.9.1974 kosteten insgesamt 0.385 kg Gas. Nun wurde das Stickstoffkontrollgas knapp.

Drei weitere Kurskorrekturen am 30.10.1974 und 13.2.1975 waren nötig, damit sich die Sonde bei der dritten Begegnung bis auf 327 km nähern würde. Die letzte am 7.3.1975 wurde extra angesetzt um die Distanz um 160 km zu erhöhen, da sonst die statistische Gefahr eines Impacts zu groß gewesen wäre. Wie vor dem zweiten Vorbeiflug ausgemacht standen Magnetfeldmessungen im Vordergrund.

Es wurde erneut spannend. 100 Stunden vor dem Vorbeiflug verlor der Kanopus-Sternsensor erneut Kanopus. Die normale Aktivierungssequenz zum Suchen des Sterns konnte nicht benutzt werden, da sie wie man seit dem ersten Vorfall nach dem Start wusste, durch den Magnetometereoom zu Oszillationen der Sonde führen würde, die wiederum das Lagereglungssystem auf den Plan rufen würden das die räumliche Ausrichtung mit Stickstoffkaltgas korrigierte, und das galt es zu schonen. Man erarbeitete eine Stabilisierung nur mit den Gyroskopen, die Kanopus nur anfangs nutzen würde, damit man eine genau bekannte Ausgangslage hatte (man brauchte eine Referenz). Doch der Stern wurde vom Sensor nicht gefunden. Ein Hilferuf ging an die großen Antennen des DSN, die gerade die Daten von der deutschen Raumsonde Helios 1 empfingen die ihr Perihel durchquerte, die bislang noch unterforschte Region, nochmals 20 Millionen km näher an der Sonne als Mariner 10 und die deutsche Seite gab die ihr zustehende Zeit ab. Mit den starken Sendern konnte man die Kommandos senden und Telemetrie empfangen und das neue Programm aktivieren. Am 15.3.1975, nur 36 Stunden vor dem Vorbeiflug wurden die Kameras als erste Instrumente aktiviert. Die ersten Bilder zeigten keine Degradation, anders als vorher erwartet war. Doch es gab andere Probleme, diesmal auf der Erde. Der Empfänger der Antenne von Canberra hatte ein Kühlmittelleck und das Rauschen war so höher. Als Folge musste man die Datenrate reduzieren und übermittelte von jedem Bild nur den zentralen Teil, ein Viertel übertragen werden.

Mariner 10 passierte den Planeten bei der dritten Passage auf der Nachtseite in der Magnetopause Das erlaubte es die Interaktion zwischen Magnetfeld und Sonnenwind gut zu studieren. Weitere 450 Bilder von Merkur wurden gewonnen. Sie verbesserten nicht die Kartierung, waren aber eine Ergänzung, da sie schon bekannte Teile des Planeten in höherer Auflösung als frühere Aufnahmen zeigten. 11 Stunden 20 Minuten nach der nächsten Begegnung entstanden die letzten Bilder vom Planeten. Mariner 10 hatte um Kontrollgas zu sparen während drei Tagen vor der Begegnung den Planeten nur vereinzelt fotografiert. In den letzten zwei Stunden vor der Begegnung ging man dann dazu über im 42 Sekunden Rhythmus Bilder zu senden. Während dieser 13 Stunden entstanden 255 Bilder aus nächster Nähe zusammen mit den Aufnahmen in den Tagen zuvor waren es 450 Bilder. 13 Minuten vor bis fünf Minuten nach der Passage wurden keine Bilder gemacht. Die Raumsonde bewegte sich mit 11 km/s relativ zum Planeten, sodass sie in diesen 18 Minuten rund 12.000 km zurücklegte. Es gelangen auch Untersuchungen des EUV-Spektrometers. Das IR-Radiometer hatte eine feste Position und die wies bei dieser Bedingung weg vom Merkur. Es lieferte daher keine neuen Daten.

Vorbeiflug an MerkurKurz nach der dritten Begegnung am 16.3.1975 war am 24.3.1975 das Lagekontrollgas erschöpft. Die Temperaturen fingen an zu steigen, weil nun der Sonnenschirm nicht mehr die Sonne abschirmte und die Transmitter der Sonde wurden nach einer Stunde abgeschaltet. Insgesamt hat die Sonde über 9000 Bilder von Merkur und Venus zur Erde gesandt (Merkur 3650, Venus 4165, Erde 900, Rest sonstige Aufnahmen) und 45 % der Merkuroberfläche fotographisch erfasst.

 Man hatte allerdings auch aus Mariner 10 gelernt. Es gibt heute bei allen Raumsonden mehr als 3 Gyroskope um den Ausfall eines der Kreisel abzufangen. Weiterhin beendete Mangel an Stickstoffkontrollgas die Mission. Dies war auch Grund für das Abschalten von Mariner 9 und den beiden Viking Orbitern (Bei Mariner 9 und Viking Orbiter 2 auch durch Druckverlust nach Mikrometeoritentreffern). Man lernte dazu und hat bei den Voyager Sonden Hydrazin als einzigen Treibstoff für Kurskorrektur und Lageregelung eingesetzt. Bei Galileo wanderte der Auftrag für das Lageregelungs- und Antriebsystem sogar nach Deutschland. Dort hatte man ein System für die Symphonie Nachrichtensatelliten entwickelt, das es erlaubte sowohl Lageregelung wie auch Kurskorrektur mit dem Verbrennen von Hydrazin und Stickstofftetroxid durchzuführen. Heute verwendet keine amerikanische Raumsonde mehr Stickstoff zur Lageregelung sondern Hydrazin, das katalytisch zersetzt wird. Dieses hat einen höheren spezifischen Impuls und Mikrometeoritentreffer führen nur zu einem kleinen Treibstoffverlust.

Hätte es die drei Verluste der Lageregelung nicht gegeben, so hätte Mariner 10 zumindest was den Gasvorrat für die Lageregelung anging, noch weitere Vorbeiflüge machen können. Insgesamt kosteten die Vorfälle 1.1 kg Gas und Mariner 10 brauchte pro Tag während der Mission etwa 3 g, so dass dies für zwei weitere Vorbeiflüge (366 Tage) gereicht hätte. Es ist allerdings unbekannt, wie viel Treibstoff zur Kurskorrektur noch vorhanden war.

Erde und MondDa die Mariner 10 Daten auch heute noch das einzige sind, was man von Merkur an Detailaufnahmen hat, werden diese bis heute überarbeitet. Die Northwestern University verarbeitet auch heute noch diese Daten. Dreißig Jahre nach Mariner 10 wird die Raumsonde Messenger starten, die den Merkur umkreisen soll. Sie wird allerdings nicht vor 2011 in einen Orbit einschwenken, da sie erst durch Vorbeiflüge an Merkur die Relativgeschwindigkeit abbauen muss. 2011/2 wird dann die europäisch - japanische Mission Bepi Colombo zwei Orbiter auf den Weg zum Merkur bringen. Ein Lander, der für dieses Projekt ursprünglich geplant war, musste wegen des knappen ESA Budgets gestrichen werden.

Mariner 10 arbeitete über 27 Monate und war die Sonde des Mariner Programms mit der längsten aktiven Lebensdauer. Sie übermittelte mehr Fotos als die Orbitmission, obgleich sie diese nur in einem Monat gewann. Damit gab sie einen Vorgeschmack, was man von den Raumsonden Voyager 1+2 bei ihren mehrmonatigen Beobachtungen von Jupiter und Saturn erwarten konnte. Mariner 10 war ein würdiger Abschluss des Mariner Programms.

Erst 30 Jahre nach Start von Mariner 10 startete am 3.8.2004 mit der Raumsonde MESSENGER die nächste Sonde zu Merkur. Die Bilder von Mariner 9 können heute über das PDS Archiv heruntergeladen werden. Mein Voyager Bilderkonverter kann das dort vorliegende Format entschlüsseln und in GIF, JPG oder PNG umwandeln. Die Bilder wurden nur von Pixelfehlern befreit (durch den Cassini Image Verbesserer). Dort können auch Zeilenfehler beseitigt werden und die Bilder bei denen nur jedes vierte Pixel übertragen wurden rekonstruiert werden.

 Mariners 10 wichtigste Ereignisse

Datum Ereignis Vorbeiflugdistanz Bilder
30.12.1969 Projektbeginn - -
3.11.1973 Start von der Erde - 900
5.2.1974 Venus 5790 km 4165
29.3.1974 Merkur 327 km 2450
21.9.1974 Merkur 48069 km 750
16.3.1975 Merkur 705 km 450
24.3.1975 Missionsende - ~9000

Artikel zuletzt aktualisiert am 9.2.2014

Links

NSSC Informationen Mariner 10
NASA SP 424 Mariner 20 to Venus and Mercury
NASA SP-423 Atlas of Mercury
Mariner 10 Image Project
PDS Daten Mariner
MESSENGER Website
NSSC Informationen MESSENGER
Mariner Venus-Mercury Bilddaten
Bilder Converter von mir zum Übersetzen der Rohdaten in Bilddaten


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.

Bücher vom Autor über Raumsonden

Lang Zeit gab es von mir nur ein Buch über Raumsonden: die beiden Mars-Raumsonden des Jahres 2011, Phobos Grunt und dem Mars Science Laboratory. Während die russische Raumsonde mittlerweile auf dem Grund des Pazifiks ruht, hat für Curiosity die Mission erst bekommen. Das Buch informiert über die Projektgeschichte, den technischen Aufbau der Sonden und ihrer Experimente, die geplante Mission und Zielsetzungen. Die Mission von Curiosity ist bis nach der Landung (Sol 10) dokumentiert. Einsteiger profitieren von Kapiteln, welche die bisherige Marsforschung skizzieren, die Funktionsweise der Instrumente erklären aber auch die Frage erläutern wie wahrscheinlich Leben auf dem Mars ist.

2018 wurde dies durch zwei Lexika, im Stille der schon existierenden Bücher über Trägerraketen ergänzt. Jedes Raumsonden Programm wird auf durchschnittlich sechs bis acht Seiten vorgestellt, ergänzt durch eine Tabelle mit den wichtigsten zeitlichen und technischen Daten und Fotos der Raumsonde, bzw., Fotos die sie aufgenommen hat. Ich habe weil es in einen band nicht rein geht eine Trennung im Jahr 1990 gemacht. Alle Programme vorher gibt es in Band 1. Die folgenden ab 1990 gestarteten dann in Band 2. In Band 2 ist ein Raumsonden Programm meist eine Einzelsonde (Ausnahme MER). In Band 1 dagegen ein Vorhaben das damals zumeist aus Doppelstarts bestand, oft auch mehr wie z.B. neun Ranger oder sieben Surveyor. Beide Bänder sind etwa 400 Seiten stark. In Band 1 gibt es noch eine gemeinsame Einführung für beide Bände über Himmelsmechanik und Technik der Instrumente. Beide Bände haben einen Anhang mit Startlisten, Kosten von Raumsonden und Erfolgsstatistiken. Band 2 hatte Redaktionsschluss im Januar 2018 und enthält die für 2018 geplanten Missionen über die es genügend Daten gab.

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