Asteroidenabwehr

Gestern habe ich mal die Szenarien ausgemalt die passieren wenn ein die Erdbahn kreuzender Planetoid auf ihr einschlägt. Ein Körper mit 100 m Durchmesser reicht aus um eine Region zu verwüsten, ein Körper mit 10 km Durchmesser könnte das Ende der Menschheit bedeuten. Heute will ich mich mal mit der Abwehr beschäftigen. Schaue ich mir einen Film an so ist das ganz einfach: Da schickt man eine Astronautengruppe hin, die bringt eine Wasserstoffbombe zur Explosion und das war’s….

Ja Pustekuchen. Die Druckwelle die auf der Erde so viel Zerstörung anrichtet gibt es bei einem Planetoiden mangels Atmosphäre nicht. Die Hitze und freigesetzte Energie verdampft einen Teil des Asteroiden und sprengt Teile ab, die den Kurs leicht ändern können. Doch zerstören kann man ihn nur, wenn man ein tiefes Loch bohrt und dort die Bombe zündet. Doch selbst wenn man das geschafft hätte, was hat man damit gewonnen? Der Planetoid wäre in Stücke gesprengt. Die Bahnen sind nicht berechenbar und man hat danach vielleicht nur das Problem verschoben. Viel sinnvoller ist es die Bahn so zu verändern, dass er die Erde verfehlt.

Was ich nun mache ist eine extreme Vereinfachung. Wenn ich die Geschwindigkeit eines Planetoiden ändere, so ändere ich auch die Bahn. Das heißt der sonnenächste und sonnenfernste Punkt verschiebt sich oder ich drehe die Bahn im Raum. Das kann man aber vernachlässigen wenn es wie hier um kleine Änderungen geht, dann kann man linear rechnen, als bewege sich der Planetoid auf einer Geraden.

Zuerst einmal muss man ein paar Eckdaten festlegen:

  • Größe und Masse des Planetoiden: Annahme: Der Planetoid ist kugelförmig, 1 km Durchmesser mit einer Dichte von 1.9 (das entspricht Gestein, ohne größere Hohlräume). So hat er eine Masse von rund 1 Billion kg (1000 Milliarden kg).
  • Geschwindigkeit relativ zur Erde: 15 km/s (ein durchschnittlicher Wert).
  • Zeit die wir zur Geschwindigkeitsänderung haben: 10 Jahre (je mehr desto besser, doch neigt die Menschheit auch bei Katastrophen (siehe Klimawandel) nicht in längeren Zeiträumen zu denken. Politiker denken prinzipiell nur in 4-5 Jahren Zeiträumen (allerhöchstens)
  • Ablenkung: um 15000 km (Erddurchmesser 13000 km + etwas Luft nach oben/unten).

Frage 1: Welche Energie brauche ich ?

Nun ich habe zwei Möglichkeiten Zum einen kann die Geschwindigkeit des Planetoiden soweit abbremsen, dass die Erde auf ihrer Bahn weitergezogen ist. Die Erde bewegt sich im Durchschnitt mit 29.8 km/s. Man müsste also die Ankunftszeit um 15000/29.8 = 504 Sekunden verzögern.

Das zweite ist den Planetoiden abzulenken, indem man ihn quer zur Bahn beschleunigt. Nach S= 1/2 a*t² bräuchte man für 15000 km und 10 Jahre eine Beschleunigung von 3.02x 10-10 m/s. Lösung Nr.1 läuft im Prinzip auch auf eine Streckenberechnung heraus, allerdings ist die Strecke kleiner. Denn der Asteroid bewegt sich mit 15 km/s, die Erde aber mit nahezu 30 km/s. Für jeden Asteroiden der eine Geschwindigkeit relativ zur Erde kleiner als 30 km/s hat ist Lösung 1 günstiger. Man kommt dann mit 1.501 x 10-10 m/s Dauerbeschleunigung aus.

Multipliziert man dies mit der Masse des Planetoiden von 1×1012 kg so kommt man auf 151 N als Dauerbeschleunigung. Das ist recht wenig. Ein typischer Satellitenantrieb produziert 400 N Schub. Allerdings muss man ihn über 10 Jahre aufrecht erhalten. Mit chemischen Treibstoffen bräuchte man dann ungeheure Mengen. Bei dem heute verwendeten Treibstoffen etwa 16 Millionen kg. Das ist also nicht praktikabel.

Elektrische Antriebe sind hier erheblich besser. Heute sind diese vor allem optimiert auf geringe Kosten, weshalb man sehr hohe Spannungen zum Beschleunigen vermeidet. Doch verfügbar sind Antriebe die Ausströmgeschwindigkeiten von 200 km/s durch Hintereinanderschalten von Beschleunigungsstrecken schaffen. Dadurch kann man die Treibstoffmenge drastisch reduzieren. Doch 240 t Treibstoff bräuchte man immer noch. Mehr noch man bräuchte eine Energiequelle welche den Strom für den Antrieb liefert. Eine Berechnung ergibt einen Strombedarf von etwa 22 MW und das ist ein Problem. Solarzellen leisten heute etwa 200-250 W/m² beim Start, da die Leistung abnimmt im Laufe der Zeit und ein Planetoid auch von der Sonne weiter entfernt kann man in Durchschnitt nur mit 100 W/m² rechnen. Bei 2 kg/m² (ein guter Wert für große Solarpanels) braucht man so eine fläche von 220.000 m² und die Panels wiegen 440.000 kg. Dazu kommen noch die Triebwerke, Strukturen und die Tanks für den Treibstoff. Weiteren Treibstoff braucht man um überhaupt den Planetoiden zu erreichen. So kommen sicherlich insgesamt 800 t zusammen.

800 t – das ist nicht viel. Die USA planen eine neue Mondrakete, genannt ARES V mit einer Nutzlast von 100-150 t. 6-8flüge dieser Rakete würden dafür ausreichen. Selbst wenn man nur die derzeit verfügbaren Trägersysteme nimmt, dann stehen mit der Ariane 5, Proton, Delta IV Heavy 3 Systeme zur Verfügung die zusammen in 2-3 Jahren diese Nutzlast transportieren können. 800 t ist nur etwa doppelt so viel wie die Raumstation ISS wiegt. Allerdings ist das äußerst knapp kalkuliert. In der Praxis wird man natürlich eine größere Sicherheitsdistanz haben wollen. Das Objekt (99942) Apophis wird am 13.4.2029 die Erde in 30000 km Entfernung passieren. Er wiegt 7.9 x 1010 kg und hat einen Durchmesser von 250-390 m. Ein Einschlag würde eine Energie von 1480 MT TNT freisetzen (das entspricht der Sprengkraft von 500 Interkontinentalraketen des US Typs Minuteman II). Das ist also eine nicht zu vernachlässigbare Gefahr. Trotzdem reagiert man nicht drauf. 30000 km reichen also aus. Das verdoppelt in etwa die Anforderungen (doppelte Distanz = doppelter Schub = doppelt so viel Treibstoff = doppelt so hoher Strombedarf). Man müsste dann 1600 t Material transportieren. Die Technologie existiert auch dafür. (Ein Kernreaktor wäre sicher bei diesem Bedarf im MW Bereich besser, doch bislang hat man keinen Weltraumtauglichen Reaktor entwickelt. russische Reaktoren liegen im kW Bereich und sind deutlich schwerer als Solarzellen).

Wir könnten uns heute also vor einem 1 km großen Brocken schützen. Gegen einen 10 km Brocken, der 1000 mal mehr wiegt ist dies nicht möglich. Denn dazu müsste man auch 1000 mal mehr Material transportieren. Das wären dann 800.000-1.600.000 t, oder 8000-16000 Flüge einer 100 t Rakete.

Noch eine zweite Möglichkeit wird oft erwähnt. Das überziehen des Asteroiden mit einer reflektierenden Oberfläche. Die Grundidee dahinter ist, dass das Licht (nicht die freigesetzten Partikel) der Sonne einen Druck ausüben. Dieser ist jedoch sehr gering. Bei völliger Reflektion des Lichts (wie z.B. bei einem Spiegel) sind dies 9 N/km². Schon alleine darin sieht man, dass diese Möglichkeit bei dem 1 km Asteroiden nicht in Frage kommt. Er hat eine der Sonne zugewandte Fläche von deutlich kleiner als 1 km² und selbst wenn es 1 km² wäre, dann beträgt der Schub nur 9 N, wir brauchen aber 151 N. Diese Methode ist nur praktikabel wenn man deutlich mehr Zeit zur Verfügung hat (in unserem Beispiel mindestens 20 mal so viel) oder der Körper deutlich kleiner als 50-60 m ist.

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