Pyridoxin

PyridoxinNachdem mich am Freitag ein Journalist der Kronenzeitung aus Wien angerufen hat um mir einige Fragen Zusatzstoffen zu stellen habe ich mir vorgenommen mal wieder was über Lebensmittelchemie zu schreiben. Schließlich habe ich das mal studiert (und sogar nach 10 Jahren noch etwas behalten, zumindest soviel um mich wieder einzulesen). Fangen wir mal mit einem Vitamin an Pyridoxin oder Vitamin B6.Warum ausgerechnet dieses, nicht so bekannte? Nun ich habe in einer Studienarbeit eine Bestimmungsmethode für es entwickelt und daher eine besondere Beziehung zu ihm. Versuchen wir mal etwas mehr darüber zu schreiben als in der Wikipedia steht. Das ist zu diesem Zeitpunkt nämlich äußert kümmerlich (Und ich mag es nicht wenn Texte von mir in die Wikipedia kopiert werden!).

Fangen wir bei den Grundlagen an. Pyridoxin ist eine Sammelbezeichnung für 3 sehr nahe verwandte Substanzen: Pyridoxol, Pyridoxal und Pyridoxamin. Sie unterscheiden sich welche Gruppe am vierten C Atom angebracht wird. In der Wirkungsweise sind sie austauschbar und ich stellte fest dass bei einem Lebensmittel die prozentuale Verteilung der 3 Teilformen sich sogar änderte. In pflanzlichen Lebensmitteln findet man vorwiegen Pyridoxol, in tierischen vor allem Pyridoxal und Pyridoxamin.

Pyridoxin ist ein Coenzym. „Hääää was ist ein Coenzym?“ höre ich sie fragen. Also es gibt Enzyme. das sind Eiweiße die chemische Umsetzungen im Körper leichter möglich machen. Die gesamten Stoffwechselvorgänge werden durch Enzyme durchgeführt. Enzyme bauen aber auch Zellen und Zellbestandteile auf und ab. Ein Coenzym ist ein Nicht-Eiweißanteil der von einem Enzym benötigt wird, damit es funktioniert. Fehlt das Coenzym, so kann das Enzym nicht arbeiten. Es ist wie ein fehlendes Teil in einem Puzzle das sonst nicht komplett ist.

Im Körper ist Pyridoxin in Form der Verbindungen Pyridoxalphosphat (PLP) und Pyridoxaminphosphat )PALP) Bestandteil von 60 Enzymen. Mit einer Ausnahme sind diese alle am Aminosäurenstoffwechsel beteiligt. Der Körper besteht aus 20 Aminosäuren. Laufend werden Zellen aufgebaut, Zellbestandteile gebildet und abgebaut. Je nachdem was gerade synthetisiert wird ist das Gemisch dass benötigt wird unterschiedlich. Das ganze ist so etwas wie Bauen mit Lego – manchmal hat man bestimmte Steine übrig, manchmal fehlen sie. Glücklicherweise kann der Körper sich da helfen. Er kann 12 der 20 Aminosäuren in andere umwandeln. Bei 8 kann er es nicht. Bei diesen ist er auf eine ausreichende Zufuhr in der Nahrung angewiesen.

In den meisten Enzymen welche diese Umbildungen von Aminosäuren bilden ist nun PLP / PALP der wesentliche Faktor. Am C-4 des PLP ist dieses an das Enzym lose gebunden. Eine Aminsäure reagiert mit dem C4, löst es vom Enzym ab und bildet eine neue Verbindung mit dem PLP. Diese Bindung ist aber genauso labil wie diese an dem Enzym. Das PLP hat Elektronenmangel und zieht Elektronen aus der Aminosäure ab. Dadurch zerfällt die Aminosäure abhängig von ihrem Aufbau. Sie kann oxidiert werden, die Aminogruppe kann transferiert werden, eine Carboxylgruppe kann abgetrennt werden. Diese Drei Grundreaktionen erlauben es alle 12 Aminosäuren ineinander zu überführen.

Das einzige Enzym das Pyridoxalphosphat als Coenzym besitzt und nichts mit dem Aminosäurenstoffwechsel zu tun hat ist die Phospopyruvase, ein Enzym, das Glykogen im Muskel spaltet um daraus Energie zu gewinnen.

Was passiert nun wenn man nicht genug Pyridoxin aufnimmt? Nun gestört ist dann der Aufbau von Eiweiß, das manifestiert sich in allem was öfters erneuert werden muss:

  • Appetitverlust, schlechte Nahrungsausnützung: Aufgenommnes Eiweiß hat keinen Sinn wenn man es nicht in Körpersubstanz umwandeln kann.
  • Durchfall, Erbrechen: Die Magen und Darmschleimhaut wird laufend neu gebildet und leidet zuerst an Mangel.
  • Dermatitis, Wachstumsstörungen und Anämien: Auch die Haut wird laufend neu erneuert, genauso das Blut. Ei rotes Blutkörperchen lebt im Durchschnitt nur einige Monate. Langfristig kann man kaum wachsen wenn man das Eiweiß nicht verwerten kann.
  • Degeneration der peripheren Nerven: Atraxie und Paralyse. Durch den fehlenden Glykogenabbau in den Muskeln fehlen den Nerven Glucose.
  • Krampfzustände in unregelmäßigen Abständen: Ebenfalls ein Symptom von gestörter Nervenleitung weil die Zellmembran beschädigt ist.
  • Mikrozytäre Anämie : Es werden sehr kleine rote Blutkörperchen gebildet. Dies ist das charakteristischste Symptom. (Da alle B-Vitamine irgendwo in Stoffwechselvorgängen eingebunden sind, ähneln sich meist die Symptome, da immer die aktivsten Zellen zuerst betroffen sind, egal welcher Mangel herrscht. Ist ein Rädchen in einer Maschine blockiert ist die Auswirkung meist gleich, egal welches Rädchen es ist).

Interessant ist auch, dass Depressionen durch Vitamin B6 Mangel entstehen können: Es werden zu wenig Neurotransmitter gebildet und die Aminosäure Tryptophan die für den Serotoninstoffwechsel notwendig ist wird n zu geringer Menge gebildet. Personen die Depressionen hatten verloren diese wenn sie 2 x 20 mg Pyridoxin bekommen. (Mensch das ist doch mal eine gute Nachricht!).

Pyridoxin kommt in zahlreichen Nahrungsmitteln vor. Gute Quellen sind Nüsse, Leber, Weizenkeime, Vollkornprodukte, Hefe und Bananen. Man findet es aber auch großen Mengen in Fisch, jeglichem Art von Fleisch, Paprika, Kohlarten, Spinat, Kartoffeln, gelben Rüben. Der Tagebedarf beträgt 1.6 mg für Frauen und 1.8 mg für Männer. Ein Mangel isst relativ selten, weil das Vitamin in vielen Nahrungsmitteln sowohl pflanzlicher wie tierischer Natur vorkommt.

Pyridoxin ist ein relativ einfaches Molekül und nicht ganz so empfindlich wie andere Vitamine, die gerne durch Hitze, Sonnenlicht und Sauerstoff zerstört werden. Veränderungen des pH Wertes von Lebensmitteln und Sauerstoff machen ihm nichts aus. Es ist jedoch lichteempfindlich. Beim Erhitzen kommt es auf den pH Wert n. Alkalische Lebensmittel verlieren hier mehr Vitamin B6 als saure (alkalisch ist normalerweise Fleisch, sauer sind dagegen Milchprodukte, Obst und Gemüse). Es ist sehr gut wasserlöslich und wird beim Kochen aus den Lebensmittel herausgelöst. Die Verluste bei der Zubereitung sind daher klein bis mittel. (0-40 % beim Kochen).

Okay und wie bestimmt man es? Schließlich muss ich ja noch was von meiner Studienarbeit zum besten geben. Ich habe es mit verdünnter Schwefelsäure aus den stark zerkleinerten Lebensmitteln herausgelöst. Die Lösung wird filtriert, Zentrifugiert und dann über eine mit RP-12 Material beschichtete HPLC Kolonne chromatographisch getrennt. Die Quantitative Analyse geschah durch Zusetzen von definierten Mengen von Lösungen der 3 Formen des Vitamins zu der Lösung und Vergleich der ursprünglichen Peakflächen mit den nach Zusetzen des Standards.

Die Methode basierte auf einer Literaturrecherche. Es zeigte sich, dass anders als in der Originalmethode man das Lebensmittel kalt extrahieren konnte und es keinen Verlust der Empfindlichkeit gab, wenn man den pH Wert der Analysenlösung durch eine Pufferlösung (Natriumacetat) auf 3-4 anstatt 2 erhöhte). Die recht teuren RP-12 Säulen die niedrige pH Werte nicht vertragen danken es einem.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.