Kernfusion, die Energie der Zukunft?

Bei den Gästebücheinträgen fand ich auf meinen Aufruf zum ersten Jahr des Blogs mir doch mal zu Mailen, was sie so interessiert, die Bemerkung ich sollte etwas über ITER sagen. ITER ist nun nicht etwas womit ich mich im speziellen beschäftige, ich habe auch die Kernfusion nicht als Energiequelle angesehen die uns in absehbarer Zukunft zur Verfügung stehen sollte.

Damit wir mal auf demselben Wissensstand sind ITER ist die Abkürzung für Internationaler Thermonuklearer Experimenteller Reaktor. Es ist ein Reaktor in dem man die Kernfusion weiter vorantreiben will, aber immer noch kein Reaktor der Strom im Regelbetrieb liefert. geplant wird er seit 20 Jahren, gebaut seit 2 Jahren. Die kosten von 5 Milliarden Euro für den Bau und nochmals etwa 500 Millionen pro Jahr für den Betrieb bekommt man nur durch internationale Kooperation zwischen EU, Russland, USA, Japan, VR China, Indien und Südkorea zusammen.

Um eine Kernfusion auf der Erde durchzuführen muss man Tritium haltiges Plasma auf 400 Millionen Grad Celsius aufheizen, Da man nicht die hohen Drücke im Inneren der sonne wo derselbe Prozess schon bei 15.6 Millionen Grad Celsius in Gang kommt erreicht. Bisher gelang es ein Plasma maximal 2 Sekunden lang zu zünden, bevor es instabil wurde (die Magnetfelder die das Plasma in Schach halten müssen laufend angepasst werden) und zum Erreichen der Temperaturen brauchte man mehr Energie als man herausbekam (20 zu 16 MW). ITER soll ein Plasma 400 Sekunden lang aufrecht erhalten können und mehr Strom liefern als man zum Betrieb braucht (Leistung etwa 500 MW). Danach soll ein Demonstrationsreaktor folgen und um 2060 der erste reguläre Reaktor zur Stromerzeugung.

Nun ich kann wenig zur Technik des ITER sagen, das ist kein Gebiet in dem ich zu Hause bin und dann sollte man lieber den Mund halten anstatt sich zu blamieren. Aber ich kann etwas zu Kernfusion und anderen Entwicklungen sagen. soweit ich weis ist die Kernfusion die einzige Technologie an der man nun schon seit 50 Jahren forscht und die in diesem Zeitraum immer verspricht dass man in 40-50 Jahren soweit sei, das man sie zur Stromerzeugung einsetzen kann. Andere Technologien verfolgt man über Jahre oder Jahrzehnte, aber wenn man keinen Fortschritt macht so gibt man sie auf oder greift sie auf wenn man die Technologie dafür hat. Andere Energiequellen unterlagen einer Evolution: Dampfmaschinen wurden durch Dieselmotoren abgelöst. Einfache Kohlekraftwerke durch welche mit Kraft/Wärmekopplung oder Gasturbinen für höhere Wirkungsgrade. Ich kenne kein Beispiel wo man eine Idee hat die theoretisch möglich ist und man 50 Jahre dran forscht um sie umzusetzen. Theoretisch ist es möglich, dass der Mensch mit genügend großen flügeln segeln kann – Das haben seit dem Altertum viele versucht und trotzdem gab es kein Forschungsprojekt über 50 Jahre, welches zu den heutigen Segelflugzeugen führten. Als man die Prinzipen erkannte und die Materialen zur Verfügung hatte, waren sie einfach möglich. Vielleicht ist die Kernfusion in einigen Jahrzehnten möglich – ich weis es nicht, ich bin aber angesichts der Anforderungen an die Temperatur und das Material skeptisch.

Ich möchte ein Beispiel aus der Raumfahrt bringen. Zwischen den Raumsonden Mariner 4 und Mars Reconnaissance Orbiter liegen 40 Jahre. Mariner 4 sandte beim Vorbeiflug 22 unscharfe Bilder von 200 x 200 Pixel Größe, der MRO übermittelt aus dem Orbit innerhalb von wenigen Monaten genauso viele Daten wie alle Missionen vorher, er hat 3 Kamerasysteme mit unterschiedlicher Auflösung bis in den Sub-Meter Bereich an Bord, Radar, zwei Spektrometer und andere Experimente. Beide Missionen waren in etwa gleich teuer. Der MRO kann mehr, weil er 40 Jahre später startet, die Technologie welche seine Leistungen möglich machte wie On Bordcomputer mit Rechenleistungen im GFlop Bereich, Bodenstationen mit hoher Empfindlichkeit im Ka Band, CCD Sensoren und IR Flächensensoren gab es in den 60 er Jahren noch nicht. Mit noch so viel Geld hätte man nicht damals eine Raumsonde wie den MRO bauen können.

Vielleicht ist Kernfusion einmal möglich zu vertretbaren Investitionskosten, dann sollte man es anpacken wenn man die Technologie dafür hat (wie es prinzipiell geht, das weis man ja seit Jahrzehnten) vorher sollte man in anderes investieren. Zum Beispiel in alternative Energien: Solarzellen kann man noch weiter entwickeln, billiger machen oder den Wirkungsgrad steigern, man könnte in Windenergiefelder vor der Küste investieren und sehen ob diese eine Alternative sind. Wir kennen diesen Effekt: Durch die Förderung von Solarenergie durch die SPD-Grünen Koalition von 1998 an hat sich das bei uns breit durchgesetzt und Deutschland ist innerhalb von weniger Jahren zum weltgrößten Produzent von Solarzellen geworden. Man denke nun was passiert, wenn man dies wie bei ITER jährlich mit einer Milliarde Euro fördert – Man würde sicher Fortschritte in der Technologie machen oder auch nur erreichen, das man über andere Verfahren zur Herstellung nachdenkt wenn man an wirkliche Massenfertigung denkt (die ITER Kosten würden ausreichen um Solarzellen mit einer Leistung von 6.5 Milliarden kWh zu installieren, das wären bei rund 1500 Sonnenscheinstunden eine Spitzenleistung von 4 GW, oder etwa der Leistung von 4 Atomkraftwerken.

Schlussendlich nutzen wir heute schon Solarenergie, entweder direkt mit Solarzellen oder indirekt mit Solarkollektoren, Windkraftenergie, Biomasse. Heute braucht man noch viel Energie zur Herstellung des reinen Siliziums für diese. Investitionen in Forschung wie man mit nicht so reinem Silizium oder mit Dünnfilmsolarzellen mehr Energie erzeugen kann wäre sicherlich besser angelegt als in ITER, da man dann sofort einen wirtschaftlichen Nutzen hätte. Aber nach ITER käme ja erst ein Demonstrationsreaktor und dann erst der richtige Reaktor – Was dann Strom kostet kann heute keiner sagen, eventuell ist es einfach unwirtschaftlich.

5 thoughts on “Kernfusion, die Energie der Zukunft?

  1. Hallo,

    Kernfusion könnte vielleicht mal tatsächlich die Rettung aus der
    Energiekrise sein.

    Aber was wird der Mensch daraus machen? Nachdem was er mit den konventionellen Energiequellen (Kohle, Öl, Atomkraft (nicht die Bomben!) mit der Natur angestellt hat, kann man sich vorstellen was mit Kernfusion machbar ist……

    Und da Kohle und Öl nicht nur Energieträger sondern auch die Basis
    unserer Chemie-Industrie ist, kann uns eine Energiequelle auch nur begrenzt helfen.

    In diesem Sinne…

    Ralf

  2. Bei ITER wird aber mehr gebremst als geforscht. Kleinliche Zänkereien zwischen den beteiligten Ländern und bürokratische Hürden machen es (un)möglich.
    Der aussichtsreichste Standort war mal bei Greifswald, bei dem stillgelegten Kernkraftwerk. Keine Erdbebengefahr, Kühlwasser, Starkstromleitungen, Bahnanschluß und die restliche Infastruktur vorhanden. Nur hat dann die Landesregierung von Mc Pomm dann verpennt, die Bewerbungsunterlagen zum Termin abzuschicken. So betreibt (oder hintertreibt?) man hierzulande Forschung.
    Und was die Finanzierung betrifft: eine Handvoll Milliarden für ein Forschungsprojekt sind für ein einzelnes Land untragbar viel. 1000 Milliarden für einen völlig unnötigen Krieg sind dagegen kein Problem.

  3. Nachdem Bernd in Petrolchemie ohne Erdöl die Probleme des Chemischen Rohstoffs Erdöl/Erdgas/Kohle beschriebe hat, möchte ich noch das Problem der „unendlichen“ Energie beschreiben, die aus der Fusion gewonnen werden kann.

    Durch diese Energiequelle könnten wir z.B. noch besser die Rohstoffe aus der Erdoberfläche gewinnen.

    Ich denke z.B an die Manganknollen am Meeresgrund, das zur Zerstörung der dortigen Umwelt führen könnte. Stichwort: alles umpflügen, wir haben genug Kraft dazu.

    oder Ackerbau: In der Wüste/Antarktis/Urwald gigatische Gewächshäuser aufbauen um die Ernährung/Treibstoffversorgung/Rohstoffversorgung sicherzustellen.
    Gut: könnte das Kohlendioxyd in der Atmosphäre abbauen.
    Schlecht: Wärmeabstrahlung, Flächenbedarf, Abfallstoffe und ähnliche Umwelteinflüsse.

    Aber auch das „wirtschaftliche“ Entsalzen des Meerwassers um den Wasserbedarf zu decken würde die Umwelt negativ beeinflussen.

    Fazit: Wir würden die Energie aus Kernfusion nur zum Steigern und Erfüllen unserer Bedürfnisse benutzen, die Umwelt aber dabei noch rücksichtsloser zerstören. (Scheiß auf Umwelt, dank Kernfusion können wir alles…)

    Pessimistisch in die Zukunft blickend

    Raf

  4. Die Möglichkeit des Mißbrauchs ist genauso bei anderen Energiequellen vorhanden. Letzten Endes liegt es nicht daran, woher die Energie kommt, sondern was man damit anstellt. Um einen Mißbrauch der bösen bösen Energie völlig zu verhindern, müßte man also sämtliche Energiequellen verbieten.

    Wie heißt es doch so schön: Alle wollen zurück zur Natur, aber keiner zu Fuß. Darüber sollte man mal nachdenken.

  5. Elendsoft, die Energie kann nichts dafür wie sie eingesetzt wird.
    Der Mensch ist derjenige der mißbraucht.

    Aber leider ist, wie ich schon bei der Proton gesagt habe, der Mensch noch viel zu viel „Affe“ um mit den Techniken die er entwickelt ökologisch richtig umzugehen.

    Die Technische Evolution hat die biologische nicht nur überholt, sondern geradezu überrollt.

    Und das schon seitdem der Mensch das Feuer (er)(ge)funden hat!
    Siehe Osterinsel, Pueblo-Indianer, das antike Griechenland etc..

    Aber auf das erreichte wollen (können) wir leider nicht mehr verzichten!

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