Wo sind die Visionen?

Gestern habe ich das Buch „Failure is not an Option“ von Eugene F. Kranz beendet, in dem er detailliert beschreibt was er als Kontroller, Flight Director und Leiter der Abteilung für Flugkontrolle zur Apollo Ära über seine Zeit bei Mercury bis Apollo. Der Schluss ist eine Bestandsaufnahme des Weltraumprogramms heute, besser gesagt – aus Kranz Perspektive aus gesehen verständlich – des bemannten Weltraumprogrammes. Er bemängelt, dass sich Amerika seit Apollo kontinuierlich aus dem Weltraum zurückgezogen hat und die im letzten Jahrzehnt zu einer Flucht vor Risiken wurde. Es heute an einer Vision und einer Zukunftsperspektive mangelt. Er hat 4 Vorschläge was man tun sollte:

Die NASA wieder auf die nationale Prioritätenliste bringen. Die NASA ist eine Behörde ohne Lobby, ohne Minister am Kabinett. Wenn ihr der Präsident keine Aufmerksamkeit schenkt (und das war eigentlich seit Johnson bei keinem Präsidenten der Fall) so dümpelt sie vor sich hin. Er appelliert daran, dass jeder der im Weltraumprogramm beschäftigt ist etwas dafür tut, dass dies sich ändert: Mit Bekannten über seine Begeisterung für den Weltraum spricht, Vorträge an Schulen oder anderen Bildungseinrichtungen hält, so dass mehr und mehr Leute Interesse an der Weltraumforschung bekommen und sich an diesem Zustand etwas ändert.

Zweitens: Die NASA revitalisieren: Er spricht ein Hauptproblem an, dass die NASA seit Apollo hat: Das Top Management. James Webb machte das Apollo Programm möglich weil er die Vision verwirklichte die Kennedy hatte. Heute verwalten die NASA Administratoren nur noch die NASA, es fehlt an einer Vision und einer straken Führungspersönlichkeit. Damit hat er sicher recht, auch in seiner Bemerkung, dass der Präsident die Macht hat den Führungsstab auszuwählen und hier bislang kein gutes Händchen hatte. Auch der derzeitige Administrator Michael Griffin ist da keine Ausnahme. Anstatt dass er sein Veto einlegt bei der hirnrissigen Idee ISS und Space Shuttle stillzulegen, nachdem man sie fertig gebaut und mit Hundert Milliarden Dollar gebaut hat, nur um ein vages Ziel (zum Mond zu fliegen) umzusetzen ohne zusätzliche Gelder zu benötigen ist er willfähriger Erfüllungsgehilfe eines Kahlschlags wie er einmalig in der Geschichte der NASA ist.

Drittens: Die NASA braucht eine neue Vision. Heute feiert man Geburtstage wie bald 40 Jahre erste Mondlandung, anstatt dass man einen langfristigen Plan für die Raumfahrt hat, einen Plan der sich über Jahrzehnte erstreckt. Apollo war ein Ziel, doch der Fehler war, das es nur ein Ziel war und man versäumte danach sich neue Ziel zu stecken und es abhakte als dieses Ziel erreicht war. Damit hat er sicher recht und dies gilbt nicht nur in der bemannten Raumfahrt. Auch in der Astronomie, der Planetenforschung und der Erderkundung wäre ein langfristiges Programm sinnvoll. Die ESA hat so etwas wie eine langfristige Strategie, doch in einem Focus der auf unbemannten Missionen liegt. Man sieht welche Erfolge man damit hat. Nehmen wie den Teilbereich Umwelt und Klimaforschung: Da gibt es europäische Projekte nun seit 3 Jahrzehnten. In den 90 er Jahren ERS 1+2, in diesem Jahrzehnt Envisat und Cryosat und im nächsten Jahrzehnt Sentinel 1-3. Dagegen arbeitet die NASA mit dem 5 fachen Budget derzeit nur mit zwei Satelliten, die 1984 und 1999 gestartet wurden und deren Ausfall bald erwartet wird. eine Nachfolge ist nicht geklärt.

Viertens: Den Kongress mit einbeziehen. Richtig große Projekte (und darum geht es bei bemannter Raumfahrt in der Regel) gehen nun mal über die lange Dauer die solchen Projekten eigen ist nur mit Hilfe des Kongresses und da wurden in der Vergangenheit massive Fehler gemacht, indem man den Shuttle wirtschaftlich rechnete obwohl er es nicht war und diese Lügen dem Kongress auftischte oder ohne Zustimmung den Plan für die ISS abänderte und Russlands ins Boot holte, welches sich als wackeliger Partner herausstellte.

Das schlimme: Dieser Apell über das Unvermögen der NASA stammt von 1999, als das Buch geschrieben wurde. Seitdem ist viel passiert und es ist noch schlimmer geworden. Die Hasenfußtaktik ist nun offensichtlich: Die Space Shuttles sind nicht 100 % sicher wie Columbia zeigte – Anstatt ein Restrisiko zu akzeptieren (das Astronauten auch tun, nur eben nicht Programmmanager) mustert man sie einfach aus. Wir wollen zum Mond weil ein Präsident (der von Weltraumfahrt so wenig Ahnung hat wie von der Befriedung des Irak) das mal als Idee hatte – aber bitte sehr, nur kosten darf es nichts. Selbst im unbemannten Bereich sind alle Projekte die technologisch herausragend sind gestrichen oder kastriert wurden, wie die Prometheus Mission zu Jupiter oder das James Webb Teleskop, das von 8 m auf 6.5 m Spiegeldurchmesser schrumpfte (4 m waren auch mal in der Diskussion). Ich denke heute würde Gene Kranz seine Hände über dem Kopf zusammenschlagen wenn er die derzeitige NASA sich ansieht.

Ja es fehlen die Visionen, ein langfristiges Ziel wie z.B. eine Marsexpedition und es fehlt an einem kompetenten Management. Vor allem aber fehlt es an einem Präsidenten, der gewillt ist dies durchzusetzen.

Hier der Link zum Buch – Selbst Raumfahrtkenner lernen noch einiges dazu und es ist sehr gut geschrieben. Als gebundene ausgabe und als Taschenbuch: