Die Rettung der ISS

Haben Sie es bemerkt? Die ISS wurde beim letzten Shuttle Einsatz gerettet! Die Astronauten haben etwas ungeheuerliches getan: Sie haben eine Reparatur durchgeführt, die nie vorher trainiert haben, für welche sie die Werkzeuge an Bord isolieren mussten. Die NASA hat etwas riskiert. Das wurde in den Tagesthemen groß herausgehoben. Ohne das reparierte Sonnensegel hätte man die ISS aufgeben müssen.

Hmmm anscheinend habe ich da einiges verschlafen. Meiner Meinung nach arbeitete die ISS schon vor dem ausgefallenen Sonnensegel, nur eben mit reduzierter Energie. Die ISS ist auch nicht gerettet wenn nun das Sonnensegel wieder arbeitet. Im Gegenteil: Die Krise kommt noch in 3 Jahren. Dann werden die Space Shuttles ins Museum wandern. Vor allem haben Astronauten im Gemini und Apollo programm laufend dinge machen müssen, die sie nie trainiert haben. Sie haben sogar eine unbewohnbare Raumstation (Skylab) nach dem Verlust eines Viertels der Energie und dem Schutz vor Sonneneinstrahlung wieder bewohnbar gemacht.

Das überhaupt noch an der ISS gebaut wird, verdankt man dem Verlust der Columbia. Ende 2002 dachte die NASA laut darüber nach, den Ausbau der ISS einzustellen. Russland hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon aus der ISS weitgehend zurückgezogen und ein eigenes Labor- und ein Wohnmodul eingestellt. Die Kosten explodierten, und durch die Verzögerungen, die es schon damals gab, stiegen sie weiter. Es gab natürlich gravierenden Widerstand seitens Europa und Japan, da ihre Module noch nicht im All waren und vor allem die ISS in der damaligen Ausbaustufe sie weder mit Strom versorgen konnte, noch mehr als 3 Astronauten beherbergen konnten. Geplant war eine Stammebsatzung von 7 Astronauten. Einer davon sollte Europäer oder Japaner sein.

Nach Columbia begann ein Umdenken. Allerdings kein radikales. Eigentlich wäre es logisch gewesen, nun erst recht die ISS einzustellen: Das Space Shuttle hatte ein Sicherheitsproblem, und es gab einen Orbiter weniger. Der Ausbau würde daher wesentlich länger dauern. (Eigentlich sollte die ISS seit 2003 fertig sein).

Doch das sähe aus, als würde die NASA den Schwanz einziehen. Also baut man die ISS fertig – erfüllt damit auch internationale Verpflichtungen und muss weder an andere Nationen, noch an Auftragnehmer in den USA Milliarden an Konventionalstrafe zahlen.

Danach ist aber Schluss: Die ISS wird dann zwar fertig sein, doch sie wird eine Station mit stark reduzierten Fähigkeiten sein. Die Besatzungsstärke sinkt durch das fehlende Wohmodul auf 6 Personen. Vor allem aber wird es nur eine bemannte Versorgung mit Sojus Kapseln geben. Diese können mit zwei Kapseln sechs Astronauten ins All bringen, doch kaum Fracht. Vor allem sperriges Equipment – neue Experimente in Racks – entfallen. Auch das europäische ATV und das japanische HTV sind nicht ausgelegt, dieses zu befördern. Sie werden die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser und Gasen übernehmen und die ISS laufend anheben, da sie sonst innerhalb von 5 Jahren verglühen würde.

Ohne laufende Erneuerung des Innenlebens, Ersatzteilen etc. wird die ISS aber bald die Probleme der MIR haben – Die Astronauten werden mehr Arbeitszeit aufwenden müssen, die Station am Betrieb zu halten als zu experimentieren. Vor allem entwickelt sich Technologie weiter und die Experimente die heute gestartet werden, sind in wenigen Jahren veraltet sein. Eine bemannte Station wie die ISS in dieser Größe lebt davon, dass man laufend Experimente austauscht, Bordcomputer und später auch komplette Module. Das resultiert einfach daraus, dass Equipment an Bord nicht nur veraltet, sondern auch korrodiert und ersetzt werden muss. MIR zeigte dies recht deutlich. Die ISS wurde für eine Lebensdauer von 15 Jahren entworfen. 2010, wenn die letzten Module angedockt werden, haben die beiden ältesten Module, Swesda und Destiny schon 12 Jahre hinter sich.

Was kommt? Die USA haben eine Ausschreibung laufen für eine eigene unbemannte Versorgung der Station, derzeit arbeitet SpaceX an dem Entwurf einer Dragon Kapsel dafür. Frühestens 2015 wird es den ersten bemannten Flug der amerikanischen Ares Kapsel geben, die dann wieder 6 Personen zur ISS bringen kann. Das Problem des veralteten Equipments gibt es aber nach wie vor. Eine Lösung wäre es Module wie die Sowjetunion zu starten: Unbemannt mit einer Trägerrakete und einem Kopplungssystem und einem eigenen Antrieb. Doch wer soll dies tun? Die Sowjets haben kein Interesse und wollen an dem Transport von Astronauten verdienen. Japan und die ESA haben die Trägerraketen und könnten es leisten. Sie sind jedoch nur Juniorpartner in der IS´S und können nicht die Mittel für den Bau aufbringen. Und die USA? Sie wollen nun zum Mond und haben die ISS abgeschrieben, weil ein Flug zu ihr zu teuer ist, und man Angst hat Astronauten erneut zu verlieren.

Wer mich kennt weiß, das ich nicht viel von bemannter Raumfahrt halte. Ich halte aber noch weniger davon, etwas anzufangen und dann halbfertig zu hinterlassen. Die ISS ist heute ein Paradebeispiel dafür. Es wäre für alle Beteiligten besser gewesen, man hätte sich nach Columbia zusammengesetzt und eine Alternative ausgearbeitet – entweder die Station in dem damaligen Ausbauzustand aufzugeben und so einige zig Milliarden einzusparen oder eine Alternative zu entwickeln, mit der man auch sperrige Teile transportieren kann oder ganze Module ersetzen kann. Dann hätte man wirklich die Shuttles schon 2003 ausmustern können, und trotzdem eine lebensfähige Station gehabt. Aber so ist es nichts halbes und nichts ganzes. Die einzige Hoffnung die es heute gibt, ist die, dass der nächste President eine erneute Kehrtwende vornimmt.

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