Unbemannte Vorarbeiten zur bemannten Marslandung

Nachdem ich die letzte Woche mal bewusst ein paar Nicht-Raumfahrtthemen angesprochen habe, heute mal wieder ein Raumfahrtthema. Die bemannte Marslandung wird ja noch einige Zeit auf sich warten lassen, aber man kann schon einiges mal klären und das geht unbemannt.

Das erste was offensichtlich nicht geklärt ist, ist die Strahlenbelastung der Astronauten. Dazu erst mal eine Erklärung. Es gibt zwei wichtige Quellen für eine Strahlenbelastung, Das eine sind kosmische Quellen wie Supernovaausbrüche, oder Gammastrahlenburster. Das zweite ist die Sonne, die einen Elfjahreszyklus hat, mit Aktivitätsmaxima und Minima und bei der es auch temporär Ausbrüche geben kann. Beide Quellen unterscheiden sich ziemlich. Kosmische Quellen liefern neben leichten Teilchen auch sehr schwere Teilchen bis hin zur Atommasse von Eisen und Röntgen- und Gammastrahlen. Mit heutigen technischen Mitteln kann man sich kaum dagegen schützen, aber die Belastung ist auch nur kurz wirksam. Die Aktivität der Sonne steht dagegen in Zusammenhang mit beobachtbaren Eruptionen wie Flares oder Protuberanzen. Es gibt daher eine gewisse Möglichkeit das Risiko einzuschätzen, auch wenn nicht jede Sonnenfleckengruppe einen Sonnensturm verursacht. In jedem Falle brauchen die Teilchen einige Stunden bis Tage um zur Erdbahn zu kommen und nochmals länger um bis zur Marsbahn kommen. Satelliten zwischen Mars und Sonne könnten rechtzeitig vorher warnen. Die Ausbrüche dauern einige Stunden bis Tage und die so akkumulierte Strahlungsdosis kann dann recht hoch sein.

Eine bemannte Marslandung würde daher ein Satellitennetz aufbauen, um rechtzeitig gewarnt zu sein. Denkbar wären z.B. zwölf Satelliten entlang der Erdbahn im 30 Grad Abstand. Es müssten keine komplexen Satelliten sein, sondern es reichen einfache Konstruktionen mit der Sonne zugewandten Teilchendetektoren. Eine Atlas-431 transportiert rund 5.500 kg auf einen Fluchtkurs. Das müsste ausreichen für 12 der Satelliten wenn diese rund 400 kg wiegen. Damit gewinnt man einige Stunden Vorwarnzeit für die Besatzung auf dem Mars.

Das zweite ist die Frage der Abschirmung. Als ich mal meinen Aufsatz „Flug zum Mars“ überarbeitet habe, stieß ich drauf, dass die Frage wie hoch die Gefahr und die Belastung anscheinend vollkommen ungeklärt ist. Die Meinungen gehen von „Überhaupt keine Gefahr, die normale Außenhülle des Raumschiffs reicht aus“ bis hin „Zur effektiven Abschirmung braucht man einen Meter Wasser oder noch mehr Gestein“.

Also diese Frage schreit nach Klärung. Es gibt einige Fragen zu klären:

  • Wie hoch ist die Strahlenbelastung über die gesamte Mission?
  • Welche Spitzenbelastung entsteht?
  • Wie kann sie effektiv abgeschirmt werden?
  • Welche Abschirmung ist leicht genug?

Gegen kosmische Quellen kann man sich wegen ihrer hohen Energie kaum schützen – Wenn Teilchen gegen den permanenten Sonnenwind bis ins innere Sonnensystem vordringen sind sie hochenergetisch. Doch diese Belastung ist bekannt und tritt auch im Erdorbit auf. Uns schützt lediglich die dicke Erdatmosphäre vor ihr. Sie gilt daher nicht als Hauptrisiko. Anders ist es bei der Sonne. Da die Belastung auch vom Sonnenzyklus abhängt, wird man mindestens 11 Jahre lang Daten sammeln müssen. Zeit also jetzt damit zu beginnen.

Wie könnte es gehen? Ein Weg wäre es wenn jeder Lander ein Messgerät mitführt. Bei Rovern kann man es auch auf der Basisstation installieren, die nutzlos ist, wenn der Lander wegrollt. Einige Solarzellen und ein kleiner Sender erlauben es Messwerte zu nehmen und zu einem Orbiter zu senden (es wird keine hohe Datenrate benötigt). Die ersten Geräte würden nur die Strahlungsbelastung messen. Die folgenden (oder besser gleich beide Typen auf einmal) würden verschiedene Abschirmungen testen – Kunststoff, Wasser, Aluminium oder Gestein (das letzte könnte von den Rovern über die Sensoren gehäufelt werden, oder sie graben ein Loch und versenken dort die Sensoren).

Beginnt man heute damit, so hat man bis in 15 Jahren, wenn vielleicht eine Marslandung beginnen könnte (optimistische Annahme), genügend Daten, um den Schutz für die Besatzung auszulegen.

Die nächste Frage die geklärt werden muss: Ist es möglich und finanzielle attraktiv Treibstoff auf dem Mars zu produzieren? Die Reduktion von Kohlendioxid mit Wasserstoff zu Methan und Sauerstoff wird ja von manchen Autoren als das Non-Plus-Ultra vorgeschlagen um die Startmasse zu reduzieren. Das Problem ist nicht die technische Umsetzung: Diese ist möglich, die Prozesse sind gut ein Jahrhundert alt und wurden früher zur Gaserzeugung genutzt. Einige Teilprozesse finden schon heute ihren Einsatz in den Lebenserhaltungssystemen der ISS. Das Problem ist wohl eher, einige Tonnen flüssigen Wasserstoff als Edukt und noch viel mehr flüssiges Methan und Sauerstoff als Produkte über Jahre hinweg flüssig zu halten (1  Tonne Wasserstoff ermöglicht die Erzeugung von 20 t Treibstoff: 16 t Sauerstoff und 4 t Methan). Das sollte man ausprobieren, bevor man die Rückkehr der Besatzung an diese Frage hängt.

Zuletzt ist ein Weg die Kosten zu senken, die Teile der Expedition, die vor der Besatzung auf dem Mars oder Marsorbit sein muss und unbemannt gestartet, wird mit Ionenantrieben zu befördern. Ionenantriebe gibt es schon. Doch bislang haben sie Satelliten oder Raumsonden angetrieben. Nun reden wir von 100 oder 200 t Nutzlast. Das ist in etwa der gleiche Sprung wie zwischen dem A-4 und F-1 Triebwerk. Auch hier gilt es neue Technologien zu erproben – leichte ausrollbare Solarzellen, extrem große Ionentriebwerke. Spannungs und Hochspannungserzeuger für einige Megawatt Eingangsleistung. Das schreit nach einem Programm, in dem über einige Zeit zunehmend leistungsfähige Aggregate entwickelt werden. Die Zwischenversionen könnte man ja für unbemannte Raumsonden oder den Satellitentransport vom LEO in den GEO Orbit nutzen.

Ich frage mich, warum diese Fragen heute keine Priorität haben. Es gab einmal den Einsatz von Marie an Bord von Odyssey: Es fiel just aus, als einen Strahlungssturm gab und es erprobte keine Abschirmmethoden. Bei Ionentriebwerken sind wir auch nicht viel weiter und von Versuchen auf der Erde in der Arktis Flüssiggas über 3 Jahre flüssig zu halten habe ich auch noch nichts gehört. Es gibt viel zu tun – packen’s wir an.

10 thoughts on “Unbemannte Vorarbeiten zur bemannten Marslandung

  1. Sammeln Raumsonden nicht schon seit Jahren Daten über den Sonnenwind und die Sonnenzyklen? Ich denk da z.B. an Ulysses?

    Was die Verflüssigung von Wasserstoff und Methan angeht, warum nicht Kühlelemente in die Tanks einbauen? Die aktive Kühlung von Treibstoff sollte man im Orbit sowieso mal ausprobieren, finde ich. Auf der Erde produziert man doch auch Flüssigwasserstoff oder flüssiges Methan und kühlt dieses. Und da man auf dem Mars sowieso einen 50kW oder 100kW Reaktor bei sich hat, denn die Treibstoffproduktion ist eine energieintensive Geschichte, kann diese Energie danach doch für den Betrieb der Kühlelemente genutzt werden?

    So stell ich mir das jedenfalls vor.

    Was die Ionentriebwerke angeht bin ich skeptisch. So weit ich weiß bräuchte man für große, mit Ionenantrieb bestückte Raumfahrzeuge Reaktoren in der Megawatt-Klasse (Solarzellenarrays in der Megawatt-Klasse sind einfach zu massiv), wenn man den Flug in akzeptabler Zeit hinter sich bringen will. Und die Entwicklung von Megawattreaktoren für den Weltraum ist politisch jedenfalls noch fernste Zukunft. Da haben selbst (kleine) NTRs bessere Chancen.

    Die 250t, die eine bemannte Marsmission so wiegt (NASA DRM 3.0) zum Mars zu schießen (sind ja drei getrennte Raumfahrzeuge: Surface Habitat, Earth Return Vehicle, Mars Ascent Vehicle) geht auch chemisch. Drei Starts einer Schwerlastrakete (Saturn V) für die Nutzlast, drei weitere für die jeweiligen LOX/LH2 TMI-Stufen.

    Wenn man die Starkosten gegen die Entwicklungskosten der Ionentriebwerke aufrechnet macht es bestimmt Sinn, chemische Triebwerke zu verwenden.

    MfG

    Max

  2. Daten über den Sonnenwind schon, aber nicht über die für Menschen relevante Strahlenbelastung und die Abschirmmöglichkeiten.

    Ein Reaktor auf dem Mars ist okay (obwohl man dort keinen braucht), aber für Ionentriebwerke nicht? komische Argumentation. Im Übrigen werden Solarzellen um so leichter je größer sie werden (Stichwort: ausrollbarer Solargenerator), das Problem liegt wohl eher dann in der Steuerung.

    Das DS4G hat nur eine größere Ausströmgeschwindigkeit, es geht aber um den Schub pro Flächeneinheit und der ist bei Ionentriebwerken begrenzt, so dass sie rasch sehr groß werden.

  3. Und wer momentan die Geschehnisse rund um das HSF-Komitee verfolgt, hat natürlich schon mitbekommen, dass genau das vor ein paar Tagen auch Thema war. Zitat zur Strahlungsproblematik aus einer Präsentation:

    „Given current knowledge of galactic cosmic rays, current lifetime radiation limits, and strong limitations on physical shielding vs. GCRs ( as opposed to solar events, say), human Mars missiong cannot now be flown. Research on understanding these effects, reducing associated uncertainties, and examining ( biological and physical ) mitigation should be prioritized.“

    Präsentation: Exploration Beyond LEO Subgroup Briefing and Deliberations – Ed Crawley (ppt, 14MB) – http://www.nasa.gov/ppt/375965main_03%20-%20Integrated%20beyond%20LEO%20overview_2009july30_without%20backup%20slides.ppt

    Hoffen wir, dass das auch beherzigt wird.

  4. Der Grundgedanke ist völlig richtig: Es gibt Dinge, welche einfach ihre Zeit brauchen, und wenn man eine Million Mitarbeiter auf sie ansetzen würde !

    ==> Die von Bernd genannten Dinge sind sofort zu tun. Das Geld ist für die von Bernd vorgeschlagenen Prototypen in ausreichendem Masse vorhanden; Es liegt nur an der Prioritätensetzung bei den staatlichen Raumfahrtorganisationen.

    zur Stromerzeugung für Ionentriebwerke:
    Mitte der 80-er gab es im Zusammenhang mit dem Raumstationsprogramm Untersuchungen bei der NASA, den benötigten Strom solar-thermisch zu produzieren (= Sonnenlicht mit einem Spiegelsystem bündeln, eine Masse erhitzen und damit Generator antreiben). Ich habe noch im hintersten Hinterkopf, dass die NASA glaub ich Folgendes herausgefunden hat:

    – je grösser die Anlage, desto spezifisch leichter (kg/kW); Solar-thermische Anlagen diesbezüglich ähnlich wie Fissionsreaktoren also

    – wegen der „moving parts“ für die ISS ungeeignet (==> Mikrogravitationsforschung)

    Ich sehe aber keinen Grund dagegen, solche Generatoren bei Mars- oder auch Mondraumschiffen anzuwenden. (Oder kennt jemand einen ? )

    Somit sehe ich die folgenden möglichen Stromquellen:
    – Sonnenzellen
    – solarthermische Generatoren
    – Fissionsreaktoren

    ==> Man sollte unbemannte Technologiedemonstratoren realisieren, je eher desto besser !

    Dasselbe gilt für de Treibstoffproduktion vor Ort auf dem Mars, wie Bernd geschrieben hat: Ausprobieren !

    ….. nicht nur à la Zubrin (= Sabatierprozess für Methan und Sauerstoff mit importiertem Wasserstoff) sondern auch noch allfällige weitere Ideen ausprobieren, schliesslich wissen wir ja mittlerweile, dass es in den Polgebieten des Mars Wassereis gibt ….. !

  5. Moin Bernd,

    > Eine bemannte Marslandung würde daher ein Satellitennetz aufbauen, um rechtzeitig gewarnt zu sein. Denkbar wären z.B. zwölf Satelliten entlang der Erdbahn im 30 Grad Abstand.

    auch ein Satellitennetz bietet keine Vorwarnung, weil die Lichtgeschwindigkeit der limitierende Faktor ist. Es sei denn wir reden von Satelliten hinter der Sonne, die uns vorher sagen wie auf der andern Seite die Sonnenflecken aussehen.

    Alternativ dazu kann ein 160CPU/MPI Cluster aus Bremen auch auf einige Tage im Vorraus das Sonnenwetter vorhersagen. Siehe: Dr Patrick Bangert, „Why so Hot? Towards predicting solar coronal dynamics using topology“

    ciao,Michael

  6. Mon Michael K.

    Wir reden hier von Teilchen nicht Licht. Der Sonnenwind hat eine typische Geschwindigkeit von 400 km/s. Eruptionen eine von 800-900 km/s. Das lässt selbst bei Minimalentfernung von 50 Millionen km etwa 15 Stunden Vorwarnzeit

  7. hier mein Beitrag
    eine Unbemannte Marssonde für Test für Zubrin Mars Direct Mission Modell
    zweck teste Technologie wie Aerodynamische Bremsung, Treibstoff Herstellung, Automaische Docking
    Die Sonde Soll Bodenproben von Mars mitbringen

    Aufbau
    Hitzeschild-lander mit Sabatier Konverter (mit Wasserstoff), Rover, Sensoren und Energieversorgung (nuklear)
    und eine leere Rakete
    dran angedockt
    Orbiter mit Lagekontrolle Treibstoff & Triebwerk, Biologische Experimente und Sensoren und eine Rückkehr Kapsel

    Start mit Atlas V oder Delta 4
    150 tage später
    die Sonde macht eine aerodynamische Bremsung in den Marsorbit (mit Hilfe des Hitzeschild)
    dann folgt die Trennung Lander – Orbiter
    der Lander geht auf Mars nieder (mit Hilfe des Hitzeschild)
    die kommende 700 tage verbringt der Lande mit Produktion Sauerstoff und Methan und Experimente
    in der selben zeit fahrt der Rover durch die Gegend und sammelt Proben und Eis für Treibstoff
    gleichzeitig mach der Orbiter Experimente und Scann von Mars
    nachdem die Rakete Tanks voll sind und Proben verpackt,
    verlasst der Rover den Lander und erkundet den Mars wie die MER
    der lander dient jetzt als Startrampe für Rakete die in Mars Orbit startet

    in Orbit such die Rakete den Orbiter und Dockt an jetzt bilden beide ein Interplanetare Raumschiff
    mit Treibstoff von Mars verlass diesen den Mars orbit Richtung Erde

    150 tage später naher sich die Sonde die Erde
    alle Daten und proben die nicht über funk übermittel können
    Landen mit Rückkehr Kapsel auf der Erde

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