SpaceX vs OSC – Teil 2

Ich habe mich nochmals mit der Auseinandersetzung Air Force / OSC / SpaceX beschäftigt und es scheint so zu sein, als läge es wohl von der Auslegung der entsprechenden Paragraphen ab. Zuerst einmal: Es gibt seit 1988 eine gesetzliche Bestimmung, dass die NASA auf kommerzielle Services zurückgreifen soll, wann immer es geht. Neu für mich war, dass dies auch für die Air Force gilt, da die Air Force auch nach 1988 sowohl die Entwicklung von Trägern mitfinanzierte wie auch Sonderrechte beanspruchte, die z.B. die kommerzielle Vermarktung beeinträchtigten. Dafür wurden Satelliten mit Trägern gestartet die eigentlich nicht dafür notwendig waren, z.b. auf der Titan wenn auch eine Atlas ausreichte. Daher nahm ich an dass die Vereinbarung nur die NASA betrifft und nicht die Air Force.

Der entscheidende Punkt:

SpaceX claims Orbital’s contract award violates the Commercial Space Act of 1998, which among other things requires the U.S. government to buy launch services from U.S. commercial providers whenever possible. Exceptions can be made on a case-by-case basis provided the secretary of defense certifies to Congress that the requirements of the mission in question preclude the use of commercial services“

Also, eine Ausschreibung muss erfolgen, außer:

  • Es gibt keine kommerzielle Alternative
  • Dies wird in jedem Einzelfall vom Verteidigungsminister bestätigt

Das perfide ist nun die Argumentation von SpaceX:

„SpaceX argues that Orbital cannot be considered a commercial provider in the case of LADEE because it is using government-issued hardware.“

OSC soll als keine kommerziell arbeitende Firma sein, zumindest nicht in dem Fall des LADEE, weil die Minotaur aus einer alten MX Rakete und wahlweise einem Star 37 oder Star 48 Oberstufenmotor besteht. Das ist starker Tobak. Es würde im Prinzip natürlich die gesamte Minotaur Serie betreffen, da diese in den ersten 3 Stufen immer ausgediente ICBM’s einsetzt. Diese Argumentation würde praktisch der NASA und USAF verbieten, die ausgemusterten ICBM’s nutzbringend als Trägerraketen einzusetzen.

SpaceX hat sich meiner Ansicht nach auf diese Argumentation zurückgezogen, weil wenn es eine Ausschreibung gegeben hätte sie verloren hätten: OSC hat mit der Minotaur V die einzige Trägerrakete die derzeit zu einem akzeptablen Preis die nur 330 kg schwere Sonde befördern kann. Danach gibt es eine große Lücke, bis dann schon die Delta 2 folgt.

Die Falcon 1e schafft es nicht. Mit den von SpaceX veröffentlichen Werten erreicht sie ohne jede Nutzlast nur 10569 m/s – rund 400 m/s zu wenig für eine LTO Bahn und 330 kg Nutzlast fehlen also. Daher will SpaceX sie mit einer kommerziellen Oberstufe ausstatten, doch billiger wird sie nicht werden. Das gleiche erfolgte ja bei der Minotaur V – eine MX Rakete mit einer kommerziellen Oberstufe. Natürlich wird egal, wie billig SpaceX produziert immer eine schon existierende MX billiger als eine zu fertigende Falcon 1e sein. Ich wage übrigens zu bezweifeln, dass dies geht, schließlich hat die Falcon 1e eine Maximalnutzlast von 900 kg in den LEO Orbit. In den LTO transportiert eine Rakete mit einer Feststoffoberstufe etwa 1/4 dieses Wertes. Ich komme mit den Star 37FM und 48 Antrieben auf jeden Fall nur auf eine Nutzlast die nicht ausreicht für LADEE.

Die Falcon 9 kann die Nutzlast zum Mond transportieren, kostet nach SpaceX Angaben aber 49,5 Millionen Dollar. Das ist ganz schön teuer für 330 kg zum Mond. Daher auch der Vorschlag sie als Sekundärnutzlast zu transportieren. Doch ob dies in dem gewünschten Startfenster geht und überhaupt möglich ist, bleibt ebenso offen. Bislang sind alle Nutzlasten der Falcon 9 die Dragon Kapsel, die ihre Nutzlast voll ausnutzen. Da gibt es also viele „Wenns“.

Die Minotaur I, basierend auf der Minuteman kostet rund 11 Millionen Dollar, genauso viel wie die Falcon 1e. Da OSC nur zwei der vier Stufen fertigt ist dies möglich. Die Minotaur V, bei der nur eine Stufe zusätzlich gefertigt wird sollte daher in derselben Preisklasse liegen. SpaceX hätte also bei einer ordentlichen Ausschreibung wahrscheinlich verloren. Daher auch die Argumentation, OSC wäre in diesem Falle kein kommerzieller Anbieter, weil dann praktisch SpaceX der nächste Anbieter wäre – nur wahrscheinlich 2-4 mal so teuer wie OSC.

Das ist schon eine perfide Vorgehensweise. Meiner Meinung nach lief es wohl anders: Die Minotaur erschien als einzige Rakete die eine solche Nutzlast zum Mond befördern kann. Daher wurde der Auftrag an OSC vergeben und gar keine Ausschreibung gemacht. Das mag aus Sicht von SpaceX falsch sein, aus meiner Sicht naheliegend und eine Ausschreibung bei der eigentlich unter objektiven Gesichtspunkten es nicht wirklich eine Konkurrenz zur OSC gibt wäre die Verschwendung von Steuergeldern gewesen. Bei einer Ausschreibung wäre eines natürlich interessant: Wer kann die Nutzlast transportieren? Muss die Regierung einen Auftrag auch vergeben, wenn der Träger noch nicht erprobt ist? Wenn ja welche Kriterien werden dann angewandt? Nur die Startkosten? Oder auch die Erfahrung der Firma oder die Zuverlässigkeit von Vorgängermodellen? )Minotaur I: 100 % Zuverlässig bei 8 Flügen, Falcon 1: 40 % Zuverlässig bei 5 Flügen). Hätte dann nicht Boeing mit der Delta 2 als verfügbarer Trägerrakete den Zuschlag bekommen müssen? Der Space.com Artikel dazu nennt auch andere Gründe: Es gibt nicht viele ausgemusterte MX Raketen. Sie stehen nur bis Mitte nächster Dekade zur Verfügung. Um die Kosten für das Bodensegment gering zu halten sollten sie also zeitnah gestartet werden.

Addendum: Wie ich einem Interview entnehme ist sich Elon Musk nur zu 70-80 % sicher, dass der Jungfernflug der Falcon 9 einen Orbit erreicht, und dies obwohl er betont, dass die Falcon 9 so viel bekanntes von der Falcon 1 einsetzt – kann man die eigene Firma besser disqualifizieren? Natürlich ist ein Jungfernflug immer riskanter als spätere Flüge, aber 70-80 % ist heute eine extrem niedrig gesetzte Messlatte. Bei Ariane 5, Delta IV und atlas V war man sich beim Jungfernflug immerhin so sicher, dass man wertvolle Nutzlasten transportierte. Noch brisanter: Während Raketen doch von relativ vielen Firmen gebaut werden, ist der Kreis der auch Raumfahrzeuge für bemannte Missionen bauen kann noch geringer und dies soll nun eine Firma aus dem Nichts, die sich nicht mal sicher ist ob ihre Raketen einen Orbit erreichen? Wie die NASA hier mitmacht, wenn sie selbst zuverlässige Träger für Missionen zur ISS ablehnt, weil sie nur ein LOC Risiko von 1:1000 aufweisen ist mir ein Rätsel

2 thoughts on “SpaceX vs OSC – Teil 2

  1. zur Falcon9
    Was SpaceX veranstaltet ist für mich ein Mysterium.
    November 2008 liefert SpaceX eine Falcon9 zum Kennedy Space Center für einen Start in 2009
    August 2009 Meldet SpaceX die Lieferung der Ersten Falcon9 zum Kennedy Space Center für Start in Februar 2010
    also wenn das die erste Falcon9 ist, was wurde November 2008 geliefert ?

    War die erste ein Test-Model, um die Anlagen zu testen und
    Investoren und NASA an der „Nase“ herumgeführt sollte ?
    bedenke November 2008 war auch die Entscheidung, wer der Private die ISS beliefern soll.
    seit September 2009 wird auf SpaceX Homepage der Start Falcon9 mit Dragon Kapsel als Nutzlast angekündigt.

    zum Streit den SpaceX angezettelt hat,
    Die Leute von SpaceX sollen lieber nicht die Hand beißen die sie Bezahlt: die US Air Force und NASA!
    USAF Wechsel auf OSO Minotaur I und NASA kann bei ESA weite ATV bestellen !
    dann steht SpaceX vor der Pleite

  2. Das ATV wird nicht kommen, weils ja nix amerikanisches ist. Bei den beiden COTS Ausschreibungsrunden waren auch Lockheed Martin und Boeing mit Starts von HTV und ATV auf US-Trägern dabei. Das wäre eine Lösung gewesen die schnell verfügbar gewesen wäre, erprobt und eine welche die Versorgung garantiert hätte wegen der hohen Nutzlastkapazität.

    Entwickelt werden dreimal kleinere Systeme die nicht vor 2011/12 einsatzbereit sind und nicht erprobt sind. Die Folge: Es gibt immer noch eine Versorgungslücke bis zu den ersten Orion Starts von 3-10 t pro Jahr. Die Lösung? Ich tippe darauf dass einfach die ISS nicht dauerhaft mit 6 Personen bemannt wird.

    Nach SPACEX Angaben von 2006 sollte der erste Falcon 9 Start im August 2007 stattgefunden haben….

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