Probier’s doch mal mit Fluor

Die letzten Kommentare haben mich bewegt dem aktuelln Blog doch eine Erklärung voranzustellen. Ich habe ja im letzten Blog auf einen Thread im Raumfahrer.net Forum bezug genommen. Wie schon erläutert, verkehre ich nicht in Foren, ich habe das vor drei Jahren mal gemacht und erkannt, dass man damit viel Zeit verbraten kann, Zeit die ich lieber für andere Dinge nutze. Hätte ich nicht den Link von Vineyard in einem Kommentar gesehen, wäre mir dieser Thread auch wohl entgangen.

Ich habe allerdings auch ein Menschenbild, und das ist das, dass man sich informiert und kundig macht. Nicht jeder kann sich die Zeit nehmen, alles zu überprüfen. Daher war meine Intention des letzten Artikels an nur einem konkreten Beispiel die Personen, die von sich sagen sie könnten den technischen Aspekt nicht beurteilen zu zeugen, dass hier einiges im Argen ist und ich mir das nicht aus den Fingern sauge. Wenn ich also schreibe „ohne Raumfahrtvorkenntnisse“, dann ist dies bezogen auf diese Personen, nicht das ganze Forum und es ist hilfreich gemeint, denn man sollte nicht alles kritiklos lesen, sondern nachfragen. Wer sich an dem Ausdruck „für Dummies“ stößt, sollte mal einen Ausflug in die nächste Bücherei machen: Diese Formulierung ist äußerst populär und zahlreiche sich gut verkaufende Bücher enden mit „für Dummies“. Ich hatte die Vorstellung das es vielleicht auch einige gibt, die mein Blogeintrag dazu bringt kritischer zu sein, sich mehr zu informieren und Fakten zu hinterfragen. Wenn diese Aufforderung zu Kritik in der Form wie ich es getan habe, falsch verstanden wurde, so tut mir das leid. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass dies ein Blog ist (kein Artikel und keine Nachrichtenagentur) und ich sehr gerne spitz formuliere, und nicht nur zum Thema SpaceX. Auch die NASA, ESA und andere haben hier ihr Fett schon weg bekommen.

Aufgrund der bisher vorliegenden harten Fakten – absolvierte Starts, Erfolge, Veränderung der Nutzlastangaben und Preise, sehe ich die Angaben von SpaceX offensichtlich viel kritischer als einige (Betonung auf einige) Forumsmitglieder in obigem Forum.

So nun zu etwas komplett anderem. Es wird mal Zeit flüssiges Fluor als Oxidator zu beleuchten. In den 60 er Jahren gab es zahlreiche Ideen für dessen Einsatz, warum ist es so still darum geworden. Fangen wir erst mal an mit den Vor- und Nachteilen. Alle Daten sind mit dem NASA Programm FCEA 2 berechnet (Herunterladbar unter http://www.grc.nasa.gov/WWW/CEAWeb/ceaguiDownload-win.htm, allerdings ist der Server seit einigen Tagen down, wer Interesse hat dem kann ich es per Mail zuschicken.

Vorteil 1: Ein hoher spezifischer Impuls

Vielleicht erinnert sich noch einer an seinen Oberstufen Chemiekurs und den Begriff der Elektronegativität. Das ist ein künstlicher Begriff um auszudrücken wie sehr ein Stoff gerne Elektronen haben möchte. Verbindungen mit einer hohen Elektronegativität nehmen gerne anderen die Elektronen weg, Stoffe mit einer geringen Elektronegativität geben sie dagegen ab. In der Raketensprache sind die ersten gute Oxidatoren, die anderen gute Verbrennungsträger. Fluor hat von allen Elementen die höchste und reagiert sogar mit einigen Edelgasen. Daher können wir bei der Umsetzung höhere spezifische Impulse erwarten als mit Sauerstoff. Das ist auch gegeben. Ob Verbrennung mit Kerosin, Hydrazin oder Wasserstoff – überall ist der spezifische Impuls höher als bei der Umsetzung mit Sauerstoff. Allerdings ist der Vorteil bei Wasserstoff geringer als bei anderen Elementen, weil das Reaktionsprodukt Fluorwasserstoff eine Atommasse von 20 u hat – Wasser dagegen eine von 18. Da diese auch wichtig für den spezifischen Impuls ist, ist der Vorteil nicht so hoch.

Vorteil 2: Man benötigt weniger Wasserstoff

Bei der stöchiometrischen Verbrennung von Sauerstoff und Wasserstoff müssen diese ein Mischungsverhältnis von 8 zu 1 aufweisen, da ein Sauerstoffatom 16 u wiegt, ein Wasserstoffatom 1 u und beide zusammen zu H2O reagieren, also 2 Wasserstoffatome involviert sind. Ein Fluoratom wiegt 19 u und reagiert mit nur einem Wasserstoffatom zu HF (Fluorwasserstoff). Das bedeutet: Es wird nur 45 % der Wasserstoffmenge benötigt wie bei der Verbrennung von Sauerstoff. Eine Rakete mit 200 t Treibstoff würde bei der stöchiometrischen Verbrennung mit Sauerstoff z.B. 22.2 t Wasserstoff mitführen, bei der Verbrennung mit Fluor dagegen nur 10 t. Da die Wasserstofftanks viel größer sind als die Sauerstofftanks wiegen sie auch mehr. Beim Shuttle Tank wiegt z.B. der Sauerstofftank der rund 600 t fasst 4,5 t, der nur 100 t fassende Wasserstofftank dagegen 13,1 t. Seine Maße liesse sich um 45 % reduzieren – das macht eine Menge aus. Bei Stufen mit massiver Konstruktion ist das Verhältnis noch schlimmer, so macht z.B. der Wasserstofftank der ESC-A mit 1,98 t rund 60 % der Stufenleermasse aus.

Vorteil 3: Keine Zündvorrichtung notwendig

Fluor reagiert hypergol mit allen organischen Substanzen und mit Wasserstoff. Das vereinfacht es, denn nun ist ein hypergoler Antrieb mit Wasserstoff möglich. Diese sind nicht umsonst so beliebt. Es gibt bei diesen keine Probleme mit ausbleibenden oder verzögerten Zündungen oder der Bildung explosiver Gase – zweimal scheiterte die Zündung einer HM-7 B Stufe aus diesem Grund.

Nachteil 1: Fluor ist giftig

Das ist der wichtigste Nachteil, und zwar sind auch die Verbrennungsabgase giftig. Daher scheidet der Einsatz als Erststufenantrieb aus. Doch genauso wie heute noch Hydrazine in Oberstufen ihren Dienst tun sollte dies auch für Fluor möglich sein.

Nachteil 2: Fluor ist reaktiv

Fluor reagiert mit fast allem, ätzt sogar Glas an. Es kann aber problemlos in Edelstahlbehältern gelagert werden, da es einen Überzug mit einer festanhaftenden Fluroidschicht bildet, vor allem wenn der Stahl nickelhaltig ist. Die Aggressivität teilt es aber mit anderen Stoffen wie z.B. der in der Agena über Jahrzehnte eingesetzten Salpetersäure. Solange (und dies ist gegeben) alles im Raketenbau was mit Treibstoff in Berührung kommt, aus Metallen besteht mit denen Fluor feste Fluoride bildet, gibt es keine Probleme. Ausscheiden durfte aber Aluminium als Werkstoff. Doch das sehe ich nicht als Hindernis an – die Reduktion der Tankmasse kompensiert dies leicht. Schlussendlich ist auch die Centaur aus Edelstahl gefertigt und weist eines der besten Voll/Leergewichte in ihrer Klasse auf. Auch ausscheiden tun CFK Werkstoffe für Tanks, Leitungen und Turbine – aber das ist auch so oder so gegeben, denn flüssiger Wasserstoff würde sie verspröden und zerbrechlich wie Glas machen.

Vergleich LOX/LH2Was ist möglich?

Es gibt zwei Möglichkeiten. Das eine ist es den hohen spezifischen Impuls auszunutzen und noch höhere Leistungen aus einer Oberstufe herauszuholen. Die folgende Grafik zeigt den spezifischen Impuls der Kombination LOX/LH2 und LF2/LH2. Dazu zwei Erklärungen: Das stöchiometrische Verhältnis von LOX/Lh2 liegt bei 8, bei LF2/LH2 dagegen bei 19 zu 1. Beide Kurven haben ihr Maximum aber bei einem niedrigeren Verhältnis. Der Grund: Es tragen auch die ungebrannten und radikalischen Moleküle H2, H,F und OH zum spezifischen Impuls bei. Bei 8:! gibt es keinerlei ungebrannten Wasserstoff mehr der eine 18 mal kleinere Atommasse als das Verbrennungsprodukt Wasser aufweist. Dieser Effekt ist wirksamer als die durch die vollständige Verbrennung entstehende Hitze. So erhält man den höchsten spezifischen Impuls nicht bei 8:1 sondern bei 6:1 bei LOX/LH2. Bei Fluor gibt es den gleichen Effekt, hier wird der höchste Wert bei 16:1 erreicht und nicht bei 19:1. Fluor hält ein Plateau von 4940 m/s zwischen 14 und 18 zu 1. Dies ist beim Sauerstoff nicht so ausgeprägt.

Die Daten sind ideale Werte für einen Brennkammerdruck von 60 bar und ein Expansionsverhältnis von 240. Das sind die Werte von Vinci. Dieses erreicht real bei LOX/LH2 von 6:1 einen Wert von 4560, theoretisch wären nach dem NASA Programm FCEA2 4723 möglich. (Kein Triebwerk wird den idealen Wert erreichen, weil der Wirkungsgrad keine 100 % beträgt, er liegt aber mit 93 % um einiges besser als bei einem Otto-Motor) Zieht man diese 170 m/s Differenz vom idealen Wert von Fluor (4944 m/s) ab, so kommt man immer noch auf 4780 m/s. Das würde bei der Ariane 5 ESC-B die Nutzlast um rund 900 kg erhöhen. Berücksichtigt man den kleineren Wasserstofftank, so müsste bei analoger Konstruktion wie die ESC-A auch noch etwas mehr Nutzlast dazu kommen: Der Wasserstofftank sollte auch hier für gut die Hälfte des Stufengewichts gut sein.

Viel interessanter finde ich aber die Low Cost Alternative

Mit Fluor gibt es einen hypergolen Oxidator zusammen mit Wasserstoff. Er hat einen höheren spezifischen Impuls als LOX/LH2. Das erlaubt es auf Turbopumpen zu verzichten und einfach die Treibstoffe durch Druck zu fördern – sie entzünden sich ja von selbst. Man kann so auch einfach die Stufe wiederzünden. Nimmt man einen Brennkammerdruck von 10 bar – einem typischen Wert von druckgeförderten Antrieben, so sinkt der spezifische Impuls nur leicht auf 4928 ab (von 4944 bei 16:1). Mehr noch: Selbst mit einer Expansionsdüse von einem Flächenverhältnis von 60 liegt er bei 4771 m/s, also höher als beim Vinci. Es wären so druckgeförderte Antriebsstufen mit kleinem Schub (maximal 30 kN) möglich, welche vor allem die Leistung kleiner Trägerraketen (Rockot, Vega, Dnepr….) steigern könnten, die zu klein für eine große Oberstufe sind. Oder es wäre möglich diesen Antrieb als Apogäumsantrieb für Satelliten zu nutzen: Oder eine zusätzliche Oberstufe für die Ariane 5 und andere größere Träger? Die Möglichkeiten sind faszinierend….

10 thoughts on “Probier’s doch mal mit Fluor

  1. (sry, ich hatte Probleme beim posten, daher irgendwie mehrfach 🙁 Entschuldigung nochmal!)

    Guten Abend,

    ich finde es lobenswert das Sie sich für die unangebrachte Einleitung des letzten Blogâ

  2. Nun ja, ich habe an Berechnungen nur eine für die Atlas V gesehen, bei der „vergessen“ wurde (oder nicht gewusst) das das Triebwerk im Schub herunter geregelt wird um die Beschleunigung zu begrenzen. Der Autor zog aus den resultierenden 20 t Differenz den Schluss das alle angaben ungenau wären.

    Ein zweiter hat Daten aus dem Falcon 9 Users Guide mit einen aufs Vakuum hoch gerechneten Impuls eines Tests des Zweistufen (nicht Erststufen!) Triebwerks benutzt und kam zu dem Schluss alles sei supi. Das Triebwerke derselben Bauart im Vakuum bessere Werte liefern dürfte bekannt sein, ansonsten möge man sich bei dem Päärchen NK-33/43 kundig machen.

    Ein dritter nahm die Angaben eines Tests des Block I Designs als Rechnungsbasis. Wie aus anderen Angaben von SpaceX hervorgeht handelt es sich aber bei der Angabe auf der Frontseite zur Falcon 9 um das Block II Design (vor allem erkennbar am rund 25 % höheren Schub der Triebwerke). Das verändert natürlich auch den Treibstoffverbrauch. Ich weiß, es ist kühn so etwas bei SpaceX anzunehmen, aber ich gehe zumindest davon aus, das die angaben auf einer Seite von einer Rakete stammen und nicht von zwei. Das auf einer anderen Seite der momentane Entwicklungsfortschritt steht, der sich noch vom gewünschten Sollzustand unterscheiden kann ist auch mir nicht fremd, nur würde ich niemals auf die Idee kommen beide Datenbasen zu vermischen….

    „Schlüssige Rechnungen“ – da haben wir offensichtlich völlig andere Vorstellungen.

    Ansonsten: Es unterscheidet SpaceX durchaus von anderen verbesserungswürdigen Webauftritten und zwar in dem Sinne, dass hinsichtlich der Qualität der Information SpaceX durchaus einzigartig dasteht, allerdings nicht in positiver Hinsicht. Immerhin, über die Falcon 9 kann man noch über Daten diskutieren. Was gibt es denn com Dragon Raumschiff zu sagen, das ja sogar Astronauten transportieren soll?

    Und: Selbst wenn ich die Falcon 1 als „Testmuster“ abtue: Das Spiel wiederholt sich doch schon bei der Falcon 1e das Spiel mit den steigenden Preisen und sinkenden Nutzlastangaben. Schon jetzt trennen sie nicht mehr von der Minotaur, und sie ist durchaus nicht „fünfmal billiger“ wie Musk so gerne betont.

    Aber da die Physik nicht zu betrügen ist: Noch immer steht meine Prognose, dass die Falcon 9 wenn sie im Februar vielleicht startet garantiert keine 10,45 t transportiert….

  3. sehr gute Übersicht von der Theorie von Fluor in Raketen
    doch wie sah die Praxis aus ?

    in im ende der 1950er liefen zwei Programme in USA
    NACA/NASA mit Fluor/Wasserstoff für Oberstufe
    USAF mit Fluor/Hydrazin was noch kompakte Stufen bieten, bei gleiche Leistung wie Sauerstoff/Wasserstoff.
    man baute mehre Prototypen wie das GE X-430 und Rocketdyne G-1
    (es wird behauptet selbst das Aerojet LR87 mit Fluor/Wasserstoff lief, ob das wahr ist ?)

    auch in USSR Experimentiere Glushko an Fluor/Wasserstoff mit RD-350. in 1960er
    Europa hatte ELDO auch einige Programme mit Fluor/Wasserstoff
    MBB schlug eine Dritte Stufe mit Fluor/Wasserstoff für Europa-I vor
    Ähnliche vorschlage Kämmen auch aus England und Frankreich
    Auch die Europa-III sollte eine Dritte stufe mit Fluor/Wasserstoff bekommen
    später schlug man das auch für die Ariane-1 vor.

    Doch was wurde aus dem Ganzen ?
    NASA bekam das Apollo Programm somit komplett neue Prioritäten
    das Silverstein Komitee untersuchte die diverse Triebwerk Projekte der NASA USAF
    und gibt den ratschlagt auf Sauerstoff/Wasserstoff. zu konzertieren
    und alle diese Projekte der USAF der NASA zu übergeben (wie RL-10)
    bei der USAF kamen neue Prioritäten: weg von cyrogene Treibstoffe, zu lang Läger fähige der Titan III

    Fluor lehnt das Komitee aus mehre Gründen ab:
    zu teuer in Herstellung und Lagerung (in 1960er)
    gefährlich in der Handhabung auf der Teststand und Startrampe
    und zu Giftig, besonders die Reaktionsprodukte aus der Düse

    was auch den Ausschlag gegen Fluor machte, war ein Unfall bei ein Fluor/Wasserstoff Triebwerk Test
    als eine Verzögerung von 45 min auftrat, ätzt das Fluor sich durch Schwachstelle seinen Tank
    Frass sich seine weg durch Test stand und brannte ein 30 cm tiefe furche in Stahlbeton !

    wahre das auf einer Europa-III Rakete passiert;
    hatte das Fluor sich über den Tankdeckel der Zweite stufe gesammelt
    dann durch die Alulegierung zum Flüssig Wasserstoff geätzt und KARAAAABOOOOMMMMM

    Quelle
    „Stage to Saturn“ von Roger E. Bilstein, Kapitel 5
    http://history.nasa.gov/SP-4206/sp4206.htm
    „LIQUID HYDROGREN AS A PROPULSION FUEL, 1945-1959“ von John L. Sloop
    http://www.hq.nasa.gov/office/pao/History/SP-4404/cover.htm

    und diverse Flight International über Europäische Programme

  4. Es gab mindestens zwei ernsthafte Untersuchungen in den USA. Das eine war die Umrüstung der Centaur auf Fluor. Das wäre relativ einfach möglich gewesen, weil die stufe aus Edelstahl bestand. Dies hätte erheblich größere Raumsonden ermöglicht.

    Es wurde wohl deswegen nichts draus, weil es den Bedarf dafür nicht gab.

    Das zweite war die Idee in den beiden Saturn Oberstufen Fluor einzusetzen, was bedeutende Konstruktionsänderungen erfordert hätte (zumindest die Oxidatortanks hätten nun aus Edelstahl sein müssen). Dies hätte es erlaubt mit den Saturn V deutlich mehr Nutzlast zu bewegen. Ziel waren ausgedehntere Mondexpeditionen, eventuell auch der Einsatz beim Mars. (Wobei es hier die Konkurrenz zu den nuklearen Oberstufen gab). Auch hier – ohne konkretes Projekt keine Chance.

  5. Außer Fluor gibt es seit einiger Zeit ja auch noch die ALICE Geschichte, also eine Feststoffrakete mit (extrem feinkörnigem) Aluminium und Eis. So weit ich das nachvollziehen kann, lebt die Kombination davon, dass die Redox Reaktion stark exotherm ist und vor allem Wasserstoff als Reaktionsprodukt hat, was das ganze davor rettet ein Schuss in den Ofen zu sein, weil das entstehende Aluminiumoxid und -hydroxid nichts zum Schub beiträgt.

    Übermäßig effizient scheint es dennoch nicht zu sein.

    Die Frage, die ich mir als chemischer Laie stelle, ist aber, ob es nicht effizientere Mischungen mit ähnlichem Prinzip gäbe? Lithium, Berrylium und Bor fallen schonmal aus Kostengründen aus. Könnten Kalium oder Magnesium funktionieren, oder ist da die Energieausbeute zu klein oder die Mischung zu reaktiv?

  6. Ich habe mich schon mal damit beschäftigt, nachzulesen hier:
    http://www.bernd-leitenberger.de/raktreib3.shtml

    In der Literatur wurde vor allem die Verwendung von Beryllium untersucht. Als Feinstaub ist es anders als das noch etwas energiereichere Berylliumhydrid recht gut handhabbar. Ein System das Wasserstoff mit Fluor verbrennt und in dessen Flamme Beryllium eingespeist wird sollte am Boden 4708 m/s und im Vakuum 5541 m/s erreichen (Normalbedingungen für diese Tests: 1000 psia = 70,3 bar Brennkammerdruck, Expansion auf 1 bar bzw.. Expansionsdüse mit einem Flächenverhältnis von 50 beim Vakuum Wert). Auch hier liefert die Verbrennung zu BeO die Energie mit der dann der Wasserstoff beschleunigt wird.

    Im Allgemeinen: Der ispez ist um so höher
    – je niedriger die Molmasse der Abgase ist
    – je weiter die Elemente im Periodensystem auseinander liegen

    So kommt man recht zwanglos auf die Verbrennung Fluor/Li oder Fluor/Be. Wegen der bald aus kristallisierenden Salze müssen diese aber mit Wasserstoff als nieder molekularem inerten Arbeitsgas verbrannt werden. Doch das ergibt dann Dreistoffsysteme mit der Kombination Fest/Flüssig weshalb sie wohl nicht kommen werden.

  7. …. noch der Vollständigkeit halber:

    Neben dem von Michel erwähnten RD-350 Triebwerk, einer Designstudie für die Kombination LF2-LH2, wurde in der Sowjetunion im Design Büro von Valentin Glushko unter den folgenden Designatoren auch ein weiteres Triebwerk für einen Einsatz in einer Proton Oberstufe entwickelt:

    RD-303 von 1960 bis 1965
    RD-302 von 1965 bis 1969
    RD-301 von 1969 bis 1977

    Es handelt sich um ein Triebwerk, welches die Kombination LF2-NH3 (Ammoniak) verwendete, einen Schub von ca. 10 t und einen spezifischen Impuls von ca. 400 s aufwies.

    Quelle:
    Asif A. Siddiqi, „Rocket Engines from the Glushko Design Bureau: 1946-2000“

    Foto:
    http://www.astronautix.com/engines/rd301.htm

  8. @Michel

    Eine Möglichkeit warum die Stufe leckte könnte die Verwendung von Aluminium mit nassem Fluor zu sein (Wasserspuren in der Stufe). zur Erklärung: Ich habe Aluminium als nicht beständig gegenüber Fluor eingestuft, doch man muss dies präzisieren. Aluminium ist beständig gegen trockenes Fluor. Feuchtigkeit führt zur Bildung von flussäure, die Aluminium korrodiert und dabei die oberflächliche Oxidschicht auflöst, so dass noch mehr Metall angegriffen werden kann. Stahl ist dagegen unempfindlich auch gegenüber Fluorwasserstoff. Da es immer in der Luft Wasserdampf gibt und der beim Einfüllen des 85 K kalten Fluors kondensiert müsste man bei Stufen mit Aluminium vorher aufwendig die Tanks mit Stickstoff oder Helium spülen.

  9. Also Orangometallverbindungen sind nicht mit Fluor zu vergleichen, wobei ich Zinkorganylke auch nur im Rahmen der Reformatsky Reaktion zur Erzeugung von ß-Hydroxiestern kenne. Verglichen mit den Alkylhalogeniden sind sie sogar relativ stabil.

    Fluor ist kein Teufelszeug. Es wird für zahlreiche Synthesen eingesetzt, angefangen von der Teflonpfanne über Kühlmittel für Kühlschränke bis hin zur Herstellung von Pestiziden (und Kampfstoffen). Bei der Wahl ob ich mit UDMH oder Fluor arbeiten würde, würde ich Fluor vorziehen, ätzende Stoffe sind unangenehm, doch giftige und potentielle Krebspromotoren sind erheblich gefährlicher.

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