Die ominösen sp2 und sp3 Konfigurationen

Da ich wahrscheinlich in meinen Aufsätzen noch ein paar mal mit Fachbegriffen um mich werfe, an dieser Stelle eine Erklärung von zweien. Fangen wir mal ganz elementar an. Elektronen halten sich nach den Atommodellen der Physiker in Orbitalen auf. Um Missverständnissen vorzubeugen: Das sind keine definierten Bahnen und sie haben keine Ähnlichkeit zu den Orbits von Planeten und Satelliten. Man kann sie dann noch nach den Energieniveaus in verschiedenen Schalen anordnen. Daher kommen die Buchstaben: Eine s-Schale ist besetzt mit zwei Elektronen. Es kommt dann die p-Schale mit sechs Elektronen. (Zur Vervollständigung: Es gibt noch die d-Schale mit 18 Elektronen und die f-Schale mit 32 Elektronen (Gesetzmäßigkeit: 2*n²)).

Wenn man in Büchern nachschaut, findet man dann Abbildungen dieser Schalen, wobei diese die Aufenthaltswahrscheinlichkeit angeben. Vereinfacht gesagt, den Raumbereich in dem sich ein Elektron am häufigsten aufhält. Eine s-Schale ist kugelförmig. Eine p-Schale hantelförmig. Jede Schale nimmt maximal zwei Elektronen auf. So gibt es drei p-Schalen die in den drei Raumachsen angeordnet sind (px, py und pz).

Wichtig ist: Für Bindungen stehen nur die äußeren Schalen zur Verfügung, die nicht vollständig besetzt sind. Alle anderen Schalen beteiligen sich nicht an chemischen Bindungen.

Kohlenstoff hat nach klassischen Atommodell eine vollbesetze s-Schale und zwei Elektronen in der p-Schale. Nach dem obigen müsste es also zwei Elektronen zur Bindung zur Verfügung stehen. Das bringt dem Kohlenstoff aber nichts, Jedes Element hat nur ein Streben. Es will in die Edelgaskonfiguration, das heißt es will so viele Elektronen in seiner Hülle haben wie ein Edelgas. Diese sind deswegen „edel“ weil sie mit nichts und niemand reagieren. Warum auch? Ihre Elektronenschalen sind voll besetzt. Nun ist das für alle anderen Elemente ein Problem. Die Elemente die nur 1-2 Elektronen mehr als ein Edelgas haben, trennen sich bei Verbindungen von diesen um die Edelgaskonfiguration zu erreichen (das sind die Elemente ganz links im Periodensystem). Die Elemente die fast so viele Elektronen wie ein Edelgas haben, versuchen diese von anderen Elementen zu bekommen. Das sind die Elemente direkt links neben den Edelgasen. So trifft es sich gut wenn ein Element links und rechts der Edelgase zusammen kommen wie das Natrium und das Chlor. Das entstehende Natriumchlorid (Kochsalz) ist eine stabile Verbindung bei denen bei Partner glücklich sind.

Problematisch wird es bei den Elementen dazwischen. Sie haben zu viele Elektronen um sie leicht abzugeben oder aufzunehmen, weil sie sich dann sehr stark negativ oder positiv aufladen würde. Diese Elemente bevorzugen nun Bindungen zu anderen Elementen, bei denen sie sich die Elektronen teilen. Wenn zwei Orbitale von zwei Atomen zu einem verschmelzen (das ist dann eine chemische Bindung) und in jedem ein Elektron ist, dann sind dann zwei drin und es ist voll besetzt. Chemiker bezeichnen das Abgeben und Aufnehmen von Elektronen als Ionenbindung, weil Ionen (elektrisch aufgeladene Atome) dabei entstehen. Das Teilen von Elektronen bezeichnen wir als „kovalente Bindung„.

So, zurück zum Kohlenstoff. Eine kovalente Bindung der beiden p-Elektronen nützt ihm nichts. Dann wäre zwar das px und py Orbit voll besetzt, aber das pz Orbital bliebe leer. Da es aber kein Elektron enthält, kann es auch keine Bindung aufbauen. Der Kohlenstoff löst das Problem indem er die s-Orbitale mit beteiligt und eine Mischung aus s und p Orbital bildet. Die sehen in der Grafik so aus wie Pilz.

Die Konfiguration sp3 ist eine aus einem s und den drei p-Orbitalen. Es entstehen vier Orbitale die vom Atomkern in die Ecken eines Tetraeders zeigen. Der Winkel zwischen jeder Bindung liegt bei 109,5°. Die sp2 Konfiguration ist eine aus einem s und zwei p-Orbitalen. Das letzte p-Orbital in der z-Achse beteiligt sich nicht daran. Die drei sp2 Orbitale liegen nun in einer Ebene mit einem Winkel von 120 Grad zwischen den Bindungen und das verbliebene p-Orbital senkrecht dazu.

Diese verschiedenen Konfigurationen haben nun Auswirkungen auf die chemische Bindung. Die sp3 Konfiguration ergibt vier gleich starke Bindungen mit einem Tetraeder als Elementarzelle. Diese Konfiguration hat der Diamant, aber auch Methan und ungesättigte aliphatische Kohlenwasserstoffe wie Methan, Butan, Pentan etc….

Die sp2 Konfiguration ergibt dagegen drei Bindungen in einer Ebene die recht stark sind. Dazu können die p-Orbitale eine weitere Bindung eingehen, die dann eine Doppelbindung einer Ebene ergibt. Das ist der Fall bei den Alkenen oder aromatischen Kohlenwasserstoffen (Ethen, Benzol, etc,). Die Doppelbindung ist nicht doppelt so stark wie zwei Einzelbindungen. Die zweite Bindung ist relativ locker und daher sind diese Moleküle gerne bereit diese Bindung aufzugeben und einen Reaktionspartner zu addieren, wobei sie dann wieder sp3 Konfiguration erreichen. Zum Glück, denn sonst gäbe es eine Kunststoffe….

Beim Kohlenstoff liegt die sp2 Konfiguration im Graphit vor. Hier geht das pz Orbital keine Bindung ein. Die Elektronen spüren nur die Atomkerne oberhalb und unterhalb ihrer Orbitale und gehen eine lockere Bindung an, die darauf beruht, dass die Elektronen negativ geladen sind, die Atomkerne aber positiv. Es ist aber keine feste, die Elektronen umkreisen nicht die oberen und unteren Atome. Diese lockere Bindung, von Chemikern „Van der Waals“ Kräfte oder auch Van der Waals-Bindung genannt ist weitaus weniger stark als die echten Bindungen der sp2 Orbitale. Die Folge ist: Graphit hat stabile Bindungen in einer Ebene, aber nur lockere zwischen den Ebenen. Damit kann man recht zwanglos erklären, warum man mit Bleistiften scheiben kann und mit Diamant nicht.

So, ich hoffe das war ausführlich genug, noch Fragen? Die fetten Begriffe möge man sich merken, sie sind gut für die Allgemeinbildung und ich verwende sie garantiert wieder.

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