Wie startet man Raketentriebwerke – Teil 2

Teil 1 erklärte wie ein Triebwerk, genauer gesagt, wie der Treibstoff in der Brennkammer gezündet wird. Bei einem druckgeförderten Triebwerk ist damit alles gesagt. doch die meisten Triebwerke arbeiten nach einem anderen Prinzip.

Ein druckgefördertes Triebwerk kann niemals einen Brennkammerdruck aufweisen, der höher als der Druck in den Tanks ist. Damit ist dieser auf niedrige Werte von etwa 10 Bar begrenzt. Sonst würden die Tanks durch die dicken Wandstärken für den hohen Innendruck zu schwer. Damit nutzt man einen Teil der möglichen Energie des Treibstoffs nicht aus und vor allem ist das Triebwerk vergleichsweise groß: Je größer der Brennkammerdruck, desto kleiner die Brennkammer und damit auch die Düse. Der Schub ist von dem Brennkammerdruck linear abhängig und die Fläche der Düse stiegt ebenso linear an, wenn der Brennkammerdruck absinkt.

Alle größeren Triebwerke arbeiten mit einer Turbopumpenförderung. Eine Turbine die mit Heißgas angetrieben wird, liefert die Energie für eine Pumpe welche den Treibstoff mit hohem Druck in die Brennkammer fördert. Es gibt verschiedene Möglichkeiten das Gas bereit zustellen. Aber vor allem ist die Sequenz wichtig:

Wenn die Turbopumpe zeitgleich mit dem Triebwerk anläuft, dann kann es vorkommen, dass der Brennkammerdruck rasch durch den verbrennenden Treibstoff ansteigt, rascher als sich der Druck durch die Turbopumpe aufbaut. Das kann dann zu Rückkopplungen führen: Der steigende Druck führt zu einem zu niedrigen Treibstofffluss, weil der Eingangsdruck nicht ausreicht viel Treibstoff in die Brennkammer einzuspritzen, das führt zu einem Druckabfall und damit zu einem verstärkten Treibstofffluss, welcher wieder zu ienem Druckanstiegt führt – das Triebwerk „pumpt“ und das kann bis zur Explosion gehen.

Um das zu verhindern, muss entweder dies verhindert werden oder der Start der Turbine vorher erfolgen. Fangen wir mit dem letzteren an. Wenn die Turbine schon läuft wenn die Treibstoffventile geöffnet werden, so können sie den Treibstoff schon mit Druck fördern. Es muss ja nicht die volle Leistung vorhanden sein, aber genügend um einen Druck aufzubauen der höher als der bei der Zündung entstehende Druck ist. Ganz einfach war dies bei alten Triebwerken wie dem der A-4 oder den ersten bei der Sojus eingesetzten: Der Gasgenerator arbeitet dort mit katalytisch zersetztem Wasserstoffperoxid. Er war so von dem Treibstofffördersystem getrennt und konnte vorher gestartet werden. Der Gasgenerator lieferte dann das Arbeitsgas für die Turbine.

Eine zweite Methode ist es zumindest für den Start ein eigenes Gassystem vorzusehen. Es haben sich hier mehrere Methoden etabliert: Die pyrotechnische Gaserzeugung durch eine kleine Kartusche mit festem Treibstoff die innerhalb einiger Sekunden abbrennt und so das Startgas liefert. Dies wird bei dem HM-7B, den Triebwerken der Titan II und dem J-2S eingesetzt. Der Nachteil ist das eine Kartusche nur einmal eingesetzt werden kann. Beim J-2S waren so drei Kartuschen vorgesehen um drei Starts zu ermöglichen. Sie müssen dann natürlich so abgeschirmt sein, dass die folgenden nicht den Treibstofffluss behindern und nicht durch die Hitze entzündet werden.

Andere Startsysteme bei LOX/RP-1 Triebwerke sind meist Kerosintanks für den Start: Das LOX Ventil wird zuerst geöffnet, das Kerosin aus dem Drucktank hinzugegeben und der Gasgenerator gestartet. Der Sauerstoff tritt in die Brennkammer ein, kann sich dort ohne Kerosin aber nicht entzünden. Nun erst kommt das Kerosin hinzu und wird entzündet. Ein Triebwerk muss relativ schnell hochlaufen wenn diese Methode eingesetzt wird, weil sonst über Sekunden hinweg flüssiger Sauerstoff durch die Brennkammer fließt und sich eine große Menge ansammeln kann. Das Triebwerk der Blue Streak und das Triebwerk H-1/RS-27 arbeiteten nach diesem Prinzip.

Bei flüssigem Wasserstoff hat sich ein Starttank eingebürgert. Wasserstoff auf dem Druckgastank sorgt für eine genügend hohe Gasmenge um die Turbopumpe auf niedrige Drehzahlen zu bringen. Dies wird beim J-2 eingesetzt, aber auch beim Vinci Triebwerk. Unter bestimmten Umständen kann der Tank auch nachgefüllt werden, indem heißes Wasserstoffgas aus der Kühlung wieder in den Tank eingebracht wird. Das J-2 konnte so den Tank innerhalb von 30 s wieder auffüllen, es waren beliebig viele Zündungen möglich, solange die Brenndauer mindestens 30 s betrug.

Besser ist natürlich ein System ohne die Notwendigkeit zusätzliches Gas zuzusetzen. Das geschieht so beim Bootstrap Cycle. Durch den Tankdruck wird etwas Treibstoff gefördert. Er passiert nun das Gaserzeugungssystem und erzeugt ein Arbeitsgas, dass nun mehr Treibstoff fördert und so steigt der Druck an. Diese Triebwerke sind die am langsamsten startenden. Das Prinzip kann nur eingesetzt werden wenn es nicht einen Nebenkreislauf gibt, wie beim klassischen Gasgeneratorantrieb. Sonst würde viel Treibstoff in die Brennkammer gelangen bevor die Turbopumpe ihren Nominaldruck erreicht hat. So wird es bei Triebwerken, die nach dem Hauptstromverfahren arbeiten eingesetzt wie dem RL-10 oder SSME. Beim RL-10, das nachdem Expander Cycle arbeitet, passiert der ganze Wasserstoff die Brennkammerwand und verdampft und erzeugt so das Arbeitsgas für die Turbine. Da anfangs diese noch kalt ist, ist es aber auch hier üblich dieses System zu unterstützen, z.B. durch einen Druckgastank wie dies beim Vinci geschieht.

Beim SSME wird Wasserstoff mit einem Teil des Sauerstoffs in einem Vorbrenner verbrannt und dieses Gas treibt dann die Turbopumpen an. Bas Gasgeneratoren ist dieser Start unüblich, weil normalerweise nur 1-4% des Treibstoffs abgezweigt wird und diese kleine Treibstoffmenge nicht ausreicht, genügend Arbeitsgas zu fördern, wenn der Tankdruck zu gering ist. (Die Regelung der Treibstoffmenge erfolgt sehr oft recht einfach durch die Dimensionierung der Leitungen: Hat die Hauptleitung zum Triebwerk 10 cm Durchmesser und die zum Gasgenerator 1 cm Durchmesser, so durchfließt diese bei gleichem Druck eben nur 1% des Treibstoffs).


Was gibt es sonst noch? Ich habe gestern mein erstes eigenes Exemplar des neuen Buches bekommen. Ich bin ganz zufrieden. Die Bilder sind etwas dunkel, aber der Kontrast ist in Ordnung. Der glänzende Schutzumschlag sieht besser aus als der matte, denn ich früher genutzt habe und man sieht keine Tapper auf dem Umschlag.

Beim Durchblättern fiel mir  auf, wie viel drin steht. Das merkt man nicht so, wenn man ein Buch am Bildschirm liest und dann den Inhalt in zwei Jahren sicherlich mehrmals durchgelesen hat (zumindest an 5-6 mal kann ich mich erinnern) – da kommt einem vieles bekannt vor und man denkt das Buch enthält nicht so viel Text, eben weil man alles schon kennt, aber beim Durchblättern von 352 Seiten, mit kleiner 8 Punktschrift und dem vergleich mit anderen Büchern fällt es dann doch auf.  (wer es genau wissen will: Es sind  genau 83.633 Worte mit 555.294 Zeichen).

Bei Amazon scheint die Schweiz übrigens einen Sonderstatus zu haben. Wie imemr gibt es für jeden am Buch Beteilligten ein Gratisexemplar. Kevin wählte Band 1 des Raketenlexikons. Michel und Thomas bekamen das Buch zugeschickt. Da alles „on Demand“ gedruckt wird, gibt es keine Gratisexemplare für mich und da kann ich dann direkt bei Amazon bestellen, da erst ab 6 Exemplaren der Staffelpreis beim Verlag geringer ist als der Verkaufspreis. Ich bestelle bei Amazon und hoffe damit auch die Eigenbestellung von Amazon anszustoßen, sonst steht da ewig lang „Wir informieren sie wann der Artikel verfügbar ist“, was ja potentielle Käufer abschrecken könnte.

Nun ja. Michel in Belgien bekommt sein Buch nach der Versandbestätigung von Amazon heute, also einen Tag nach mir, doch bis in die Schweiz dauert es – dort kommt es (ebenfalls nach der Versandbestätigung) erst am 15.ten an. Sehr komisch. Dafür ist jede Bestellung in die Schweiz mit einem Rabatt gekennzeichnet (taucht in der Liste als „Geschenkgutschein“ auf – nur habe ich keinen. Diesmal waren es 4,02 Euro – also bei 29,90 Euro schon 13,4% des Gesamtwerts). Sehr seltsam. Irgendwie ist bei der Schweiz alles anders….

Den obigen Artikel und den vorhergehenden über dasselbe Thema habe ich auch in die Website übernommen und bei der Gelegenheit eine neue Sitemap erstellt. Dabei fiel mir auf, dass ich ohne es zu merken inzwischen die 1.000 Webseiten Grenze überschritten habe. Gut, viele sind nur Navigationsseiten, aber es sind doch einige.

One thought on “Wie startet man Raketentriebwerke – Teil 2

  1. Das Buch ist Belgien nur haben die Idioten der b-Post es nicht geschafft bei mir abzugeben
    und ich muss bis zum 15 Nov waren um es nächst liegen Postamt abzuholen

    zu Zünden gibt noch einige Variationen
    z.b. Viking der Ariane 1-4 dort wurde geringe menge Treibstoffe vor verbrannt mit Wasser
    der entstanden Dampf trieb Turbine an und dann zur Kühlung des Triebwerk verwendet

    das RD-253 Triebwerke der Proton verwendet einen Vorverbrenner aber Hypergol Treibstoffe
    (Hypergol: zwei Stoffe die gemischt explosive reagieren)
    das spart die Elektrische Zündern wie bei LOX/ Kerosin oder Wasserstoff

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