Pioneer 10 meldet sich

Die NASA wird heute auf einer Pressekonferenz um 14:00 Ostküstenzeit Details des Kontakts mit Pioneer 10 vorstellen. Eine Zusammenfassung wurde schon vorab über die Maillingliste für Announcements verbreitet und diese sind in der Tat sehr mysteriös.

Die NASA verlor am 22.1.2003 den Kontakt mit Pioneer 10, als das Sendesignal zu schwach war um noch Daten zu extrahieren. Im letzten Juli empfing die 70 m Antenne von Goldstone bei einer Routineübertragung mit Cassini, die zu dieser Zeit im selben Raumsektor stand, Telemetrie von Pioneer 10. Obwohl die Übertragung mit Cassini eigentlich nur 6 Stunden dauern sollte, behielt die NASA den Kontakt über 14 Stunden auch mit den Antenne von Perth.

Das erstaunliche war, das nicht nur ein Signal empfangen wurde sondern es sehr deutlich war und sämtliche Telemetrie extrahiert werden konnte. Das alleine ist schon sensationell. Den Pioneer 10 hatte als der Kontakt verloren wurde zu wenig Strom, um den Sender mit genügend Leistung zu betreiben. Nun scheint die Sonde wieder über genügend Strom zu Verfügen: Nicht nur für die Sender sondern alle Systeme waren aktiv! Während der ganzen Zeit sank die Spannung nie unter 27,5 V (nominell 28 V), weit oberhalb des Pegels von 26 V der benötigt wird, und ab dem begonnen wird, Experimente abzuschalten.

Eine Erklärung dafür gibt es nicht. Bei dem normalen Absinken der Leistung der RTG sollten diese inzwischen zu wenig Leistung aufweisen, um auch nur ein System an Bord der Sonde zu betreiben. Eine Vermutung ist eine langsame Aufladung der Batterie durch die RTG, die periodisch dann genügend Leistung aufweist, um die Sonde wieder voll zu betreiben. Dieser Automatismus ist vorgesehen. Allerdings ist mit der Batterie, die ja auch altert, kein Betrieb über 14 Stunden möglich, sondern maximal (ohne Alterung) von 8 Stunden.

Besonders interessiert waren die Wissenschaftler an den Werten der Sonde. Diese waren verwirrend. Zum einen waren die Temperaturen innerhalb der Sonde weit zu hoch. Es wurden Temperaturen von 20 bis 25°C gemessen. Normal wäre eine starke Abkühlung auf unter -40°C gewesen. Die letzten gemessen Temperaturen vor Kontaktverlust im Jahr 2003 lagen bei -43°C nun wurden -57°C erwartet.

Das Teilchenexperiment maß in 14 Stunden kein einziges Teilchen. Normal wären 1000 Elektronen und rund 10-20 Protonen, Neutronen oder Heliumkerne gewesen. Es war zuletzt noch aktiv und lieferte Meßwerte. Eventuell ist es ausgefallen, das Gas aus dem Geigerzähler entwichen oder die Öffnung blockiert.

Umgekehrt maß das Magnetometer ein konstantes Magnetfeld von einer Stärke von einem Zehntel des Erdmagnetfeldes. Das ist ein noch größeres Rätsel. Ein so großes Magnetfeld erfordert einen großen Himmelskörper, in etwa von der Größe Merkurs, der noch dazu noch einen flüssigen Eisenkern aufweisen muss. Ein solcher Himmelskörper wird in dieser Region nahezu ausgeschlossen. Noch bedeutender: Es hat sich in den 14 Stunden kaum geändert, während die Sonde sich mit hoher Geschwindigkeit weiter bewegt. Diese Eigenschaft weisen eigentlich nur sehr ausgedehnte Magnetosphären wie die von Jupiter auf. Würde Pioneer 10 die Erde passieren, so würde die Feldstärke in 14 Stunden auf ein Hundertstel aufgrund des immer größeren Abstandes vom Erdkern zurückgehen.

Auch der Staubzähler war aktiv und lieferte noch verwirrendere Messungen. Pioneers Staubzählexperiment bestand aus Kammern, gefüllt mit einem elektrisch leitenden Gas. Ein Staubkorn verursacht beim Passieren einer dünnen Plastikfolie zuerst einen Impuls durch die erzeugten Ionen und dann einen Abfall der Leitfähigkeit durch das austretende Gas. Kline Partikel penetrieren die Oberflächen und führen zu langsamen Gasverlust und können so durch Abnahme der elektrischen Leitung als Summe bestimmt werden. 2003 waren nur noch die Hälfte der Kammern leitend, die anderen waren durch Staub durchlöchert und lieferten kein Signal mehr. Nun gab es auf allen Kanälen ein sauberes Signal, das noch stärker als vor dem Start war. Das kann nach Ansicht der Experimentatoren nur der Fall sein, wenn die Kammern erneut mit einem Gasgemisch gefüllt sind, das mindestens 40% eines dielektrisch leitenden Gases wie Wasserdampf, Ammoniak oder Kohlenwasserstoffe enthält.

Als am nächsten Tag auch die Bahnbestimmung vorlag ergab es einen neuen Befund. Pioneer 10 war zwar nahe der berechneten Position, aber nicht genau dort, wo man sie vermutete. Die Position war um 10 Millionen km falsch. Mehr noch: Anstatt sich weiter von der Sonne zu entfernen war die Sonde radiale Komponente der Geschwindigkeit nur gering, stattdessen wies sie eine Bewegung von 10 km/s quer zur Erde auf, was völlig unerklärlich ist.

Ich bin gespannt wie die NASA diese Tatsachen erklären will. Für mich sieht das so aus, als wäre die Sonde nun in einer rund 20 Grad warmen Umgebung mit einer Atmosphäre aus mindestens 40% Wasserdampf, Methan, Ammoniak oder Schwefelwasserstoff oder einem organischen Gas, in der Nähe eines größeren ferromagnetischen Metallteils welches auch Teilchen des Sonnenwindes abschirmt. Das hat wohl auch den Kurs verändert.

Was dahinter steckt, das zeigt wohl am besten wie der Kontakt verloren wurde. Als nach einigen Minuten klar war, dass das Signal von Pioneer 10 kam, sandte man den Befehl zur Sonde die Frequenz zu wechseln, um Störungen der Daten von Cassini zu vermindern. Die Sonde bestätigte nach 14 Stunden Signallaufzeit den Empfang, wechselte die Frequenz um wenige Minuten später abrupt den Betrieb einzustellen – seitdem hat man nichts mehr von Pioneer 10 mehr gehört. Ausfall? Kurzschluss? Oder wurde ja jemand ertappt und hat nun den Stecker gezogen?

8 thoughts on “Pioneer 10 meldet sich

  1. Die Borg können es nicht sein, auf deren Schiffen herrscht eine Temperatur von 39,1°C und nicht 20-25.
    Könnte die erhöhte Innentemperatur denn dafür verantwortlich sein, dass die RTG wieder mehr Strom liefern?

  2. Nein das Temperaturgefälle ist schon so ziemlich hoch. Anfangs hat ein RTG eine Temperatur von 1290 K. Die Temperatur an dem Themoelement außen beträgt 566 K. Ob es dann ganz außen 200K oder 300 K hat ist für die Effektivität recht undeutend.

  3. Es gab ja tatsächlich mal Herzschrittmacher, die mit RTGs betrieben wurden. Die haben aber vermutlich eine geringere Außentemperatur…

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