Die neuen Konzepte in der Raumfahrt

Schon vor dem COTS 2/3 Flug kommt das COTS und die nachfolgenden Programme in die Diskussion. Bei Anhörungen im Kongress war man doch recht unzufrieden. SpaceX gibt da ja Steilvorlagen. Selbst wenn man die Äußerungen des Chief Rocket Engineers (warum erinnert mich das immer an die 50 Euro Doktortitel die man bei ebay kaufen kann?) Elon Musks absieht, dann ist das ganze doch nicht so überzeugen.

  • Der Terminplan ist Makulatur. Der COTS 1 Flug war geplant für den September 2008 und wurde im Dezember 2010 durchgeführt (+27 Monate). Anstatt aufzuholen vergrößerte sich der Abstand: COTS 2 war für den Juni 2009 geplant und COTS 3 für den September 2009. Wenn der Flug jetzt also beides durchführt (es gibt wenige Tage vor dem Start da noch Fragezeichen, weil die Software, die man für die Ankopplung braucht Befehle gab, die von der Dragon falsch interpretiert wurden, dann wären sie 32 Monate hinterher. Nur für COTS 2 wären es sogar 35 Monate.
  • Es wurde teurer als geplant. 278 Millionen waren ausgemacht, 396 Millionen bekommt SpaceX.
  • Das die Software auch nach mehreren Monaten des Audits (der Start war ja mal für November geplant, musste aber wegen eines Progressfehlstarts verschoben werden, was eine Zwangspause verschaffte) nicht fertig war und die Kommunikation verbesserungswürdig war, ist inzwischen ein offenes Geheimnis. Wie bei anderen Projekten auch äußert sich die NASA nur über ihnen Teil, also bei MSL, wo ich gerade ein Buch in der Mache habe über die Mission und die Instrumente. Nur gibt es da von Lockheed Martin eben Dokumente über das Raumschiff und die Trägerrakete und bei SpaceX ist es weniger Information im offiziellen Presskit als Eigenwerbung.
  • Dazu kommt, dass auch OSC dem Zeitplan hinterherhinkt, wenn auch nicht so arg wie SpaceX. Auch hier wurde es teurer als geplant. Gründe sind Verzögerungen in der Fertigstellung der Startplattform und eine Überprüfung der Triebwerke, nachdem eines bei einem Test in Brandt geriet.

Die Frage die gestellt wird ist, was diese Konzepte nun bringen. Ob nicht der bisherige Ansatz besser war. Schon wird gefordert beim CCDev sich auf eine Firma zu beschränken und zwar eine die schon etabliert ist. Die derzeitigen Beratungen des Kongresses haben das Budget von 830 auf 500 Millionen reduziert und es gab die Forderung nur eine Firma mit einem Entwicklungsauftrag zu beauftragen. Es werden Parallelen zu anderen Subventionen von Firmen gezogen die für den Staat nur teurer wurden.

Ich will nicht auf das im Detail eingehen. Das Problem, dass man hat, ist das die Sache mit der Auslagerung zwar potentiell Kosten spart, es jedoch Probleme gibt wenn dann die Schnittstelle in Form der ISS und der Sicherheit der Station und der Besatzung gegeben ist. Wir müssen nicht darüber diskutieren, dass wenn man es mit dem Staat zu tun hat es immer bürokratisch wird, was in Firmen zu erheblichen Kosten führt. Schließlich war ich ja mal in einer Uni und ich muss nur mal denken wie es da mit den Bestellungen lief.

Wenn nun die ISS beteiligt ist, dann hört an der Stelle eben die Freiheit auf. Dann will die NASA jedes System das sicherheitsrelevant für die Ankopplung und den Betrieb an der ISS ist genauestens prüfen, was durchaus sinnvoll ist, wie ja gerade SpaceX zeigt. Ich möchte nicht wissen was passiert wäre, wenn die Kapsel mit der Software ohne Fehler (so der Chefentwickler) ohne Review zur ISS geflogen wäre. Ich vermute mal dasselbe wie bei Progress M-34.

Mein Vorschlag: ihr habt das an der falschen Stelle probiert. Bei der ISS mit ihren 100 Milliarden Kosten und den potentiellen Schlagzeilen, wenn sie beschädigt wird oder der Besatzung was passiert, nun gerade mit einem neuen Modell anzufangen um Kosten zu sparen. war eine falsche Idee. Wenn, dann hätte man damit bei der unbemannten Raumfahrt damit anfangen müssen. Dies sind einzelne Projekte, wenn sie schiefgehen, dann ist das auch weniger spektakulär.

Wie könnte es gehen? Die Weltraumagentur tritt als Auftraggeber mal etwas zurück. was will man bei einem Satelliten oder Raumsonde eigentlich? Man möchte bestimmte Instrumente in den Orbit befördern, legt wert auf eine bestimmte Lebensdauer und eine bestimmte Datenrate. Heute bestimmt man viel mehr Details, wie eine Raumsonde konstruiert ist, verhandelt über den Start separat etc. Warum mal hier einen radikal einfacheren Ansatz: Man vergibt nur den Auftrag: Das sind unsere Instrumente, die sollen dort hin und wir wollen so viel Daten pro Tag haben. Punktum. Wie ihr das macht, welchen Träger ihr nehmt, ist nicht unsere Sache. Als Absicherung gegen absolute Billigangebote und Pleiten muss der Einsatz versichert sein, damit man ihn wiederholen kann. Das ist in Russland übrigens üblich. Dort war auch Phobos Grunt versichert. Das ist übrigens auch bei kommerziellen Satelliten üblich, nur nicht bei Regierungssatelliten. Da meint man mit mehr Geld beim Bau mehr Sicherheit kaufen zu können.

Ich prognostiziere, dass dann durchaus Einsparungen da sind. Man muss nur mal dorthin schauen wo kommerzielle Raumfahrt funktioniert: Das sind Kommunikationssatelliten die heute überwiegend von Unternehmen bestellt werden. Während ein Forschungssatellit typischerweise vier bis sechsmal teurer als der Träger ist, ist es bei einem Kommunikationssatelliten erheblich günstiger, er kostet nur doppelt bis dreimal so viel wie der Start. Warum? Er wird nicht jedes Mal neu entwickelt, sondern aus Standardbauteilen zusammengebaut. Doch gibt es ja auch hier Tendenzen die Branche zu subventionieren, wenn sie Entwicklungen verschläft, wie jetzt bei der ESA wenn Boeing Satelliten entwickelt die keinen chemischen Antrieb mehr haben.

Was sichergestellt werden muss und das sehe ich als das größte Manko des COTS Programmes, ist die Information. So wie es jetzt bei SpaceX läuft zeigt es wie es falsch ist. Von den 45 Seiten des COTS 2 Presskits sind in 2 neue Informationen drin. Das ist die Mission Timeline. Wichtiger (4 Seiten lang) scheint die Biographie von Musk und Shotwell und das schon peinliche Launchmanifest zu sein. Information sieht anders aus. Vielmehr hat man sohl alles was es auf der Website gab, zusammengegrabscht egal ob es was mit dem Flug zu tun hatte um Seiten zu füllen. Vielmehr würde einen interessieren wie die Dragon genauer aufgebaut ist, eine kleine Massenbilanz wäre auch interessant, denn ich vermute mal sie ist deutlich schwerer geworden als geplant. In älteren Dokumenten findet man 4.900 kg Trockenmasse (mit 20% Sicherheitsschwelle), aber die noch nicht vollständige die im Dezember 2010 flog wog ja schon 5.200 kg und nun scheint man mit 500 kg Nutzlast schon an der Nutzlastgrenze der derzeitigen Falcon 9 zu liegen. Aber warum sollte es nicht funktionieren auch dies vertraglich festzulegen. Frage: warum hat man es bei COTS offensichtlich nicht vertraglich festgelegt?

Bei OSC sieht bei der Information etwas besser aus, ist aber auch noch ausbaufähig. Wenn man Raumfahrt so angeht, dann könnte es in der Tat große Einsparungen geben. Es würde wahrscheinlich bald standardisierte Busse für Forschungssatelliten geben. Was natürlich auch kommen würde wäre eine Bereinigung des Trägerraketenmarktes. Noch nie gab es so viele Träger bei so wenigen Starts. Schon jetzt höre ich da wieder viele jammern, dann wird man eben die üblichen Schutzmechanismen aufbauen wie „ihr dürfte sie mit jeder US-Trägerrakete starten, aber eben nicht mit einer ausländischen“. aber so wird man auch weiterhin subventionieren müssen.

Sehn wir mal wie es am Samstag läuft.

11 thoughts on “Die neuen Konzepte in der Raumfahrt

  1. Wobei sich die Frage stellt, wie amerikanisch die US-Raketen noch sind. Triebwerke aus Russland, Nutzlastverkleidungen aus Europa. Und wenn das Projekt nicht eingestellt wird, bald eine komplette Raketenstufe aus Europa. Bei den Kleinteilen dürfte das noch viel stärker sein. Batterien, elektronische Bauteile, Kabel. Was davon wird nicht importiert? Selbst US-Firmen lassen ja fleißig im Ausland produzieren, so daß viele „amerikanische“ Produkte Made in Taiwan oder sonstwo sind. Was da als nationale Sicherheit verkauft wird, sind wohl nur Gegenleistungen für „Spenden“.

    Nachrichtensatelliten ohne chemische Triebwerke predigst du ja schon seit Jahren. Nur die ESA kommt mal wieder erst dann auf die Idee, wenn die Konkurrenz ihnen in den Hintern tritt. Dabei könnten sie es durchaus, siehe Smart 1 und BepiColombo.

  2. Es gibt da zwei Aspekte. Das eine sind in Gesetz gemeiselte Forderungen, dass sich für Regierungsaufträge nur US-Firmen bewerben dürfen (oder zumindest nur den den Zuschlag bekommen). Es ist dort aber nicht festgeschrieben, dass alles aus den USA stammen muss. Es gab bei COTS ja auch die (meiner Ansicht nach sehr sinnvollen Vorschläge von Boeing und Lockheed mit ihren Trägern ATV und HTV zu starten – kaum Entwicklungskosten, schon verfügbar (keine Versorgungslücke) und Kostenreduktion durch höhere Stückzahlen.

    Bei für die „nationale Sicherheit“ kritischen Dingen wie Trägern besteht das DoD auf einer Verfügbarkeit für eine bestimmte Zeit im Voraus. So musste als die Atlas V entwickelt wurde Lockheed zusagen so viele RD-180 auf Vorrat zu kaufen, das sie bei einem Boykott 5 Jahre ausreichen.

  3. das Planung Fiasko mit SpaceX COTS2/3 Flug hat sich SpaceX und NASA selbst vermurkst
    (quelle Wiki englisch, spacedaliy, NASA watch Forum, auf die infos keine Gewahr )
    erst SpaceX interne Probleme verspätet bis 2010
    Dann NASA verzögert teilweise selber den Start des COTS 2 Flug (nur Annäherung an ISS keine Docking)
    weil diverse Raketen Starts Priorität hatten, Bekam SpaceX keine Start Erlaubnis bis 2011
    dann wurde von NASA COTS2/3 zu COTS Demo Flight 2 zusammen gelegt und hatte neue Probleme
    SpaceX musste Docking an ISS machen, Die Russen machten Arger weil SpaceX ihre anfragen Ignorieren.
    Gefolgt von NASA Überprüfung Dragon und feststellen diverse Mangel
    dazu will SpaceX noch Sekundär Nutzlast mit COTS Demo Flight 2 starten (Falcon 1 Nutzlast ?) starten.
    und NASA hatte nur einen Astronauten, der sich mit der Dragon auskennt und der war am Boden
    wenn das Donald Pettit ist, der kam erst in Dezember 2011 auf die ISS.
    Er soll Dragon C2 mit Canadarm2 einfangen und an Harmony Modul andocken

    um auf den Punkt zu kommen
    wir brauche keine neue Technische Konzepte
    Wir brauchen neue Konzepte in der Raumfahrt Firmen Management und staatlicher Bürokratie !

  4. Sorry Michael, aber da stimmt einiges nicht.

    Die initiative zum Zusammenlegen der Flüge kam von SpaceX. Die NASA hat lange Zeit Bedenken gehabt. Auch weil SpaceX noch einen Satelliten mitführen wollte (so wie es nun aussieht, haben sie nicht mal die Nutzlast dafür).

    Verzögerungen weil die Range-Verfolgungseinrichtungen jedesmal für SpaceX umkonfiguriert werden müssen und sicher ein Start eines wichtigen Satelliten für das Dod Vorrang vor SpaceX hat sind normal. SpaceX kann wenn sie das nicht wollen ja gerne mal ihre eigenen Einrichtungen dafür aufbauen. Wenn man die einrichtungen anderer nutzt muss man damit rechnen. Aber hier handelt es sich jeweils nur um wenige Tage.

    Die Software sowie Inkompabilitäten de Dragon (Thermalanstrich) waren die Gründe warum es seit Monaten nicht klappt. Wenn man funktionierende Software vorlegt muss man auch nicht nachbessern.

    und: was bisher flog war auch keine komplette Kapsel. Das erste war nur der obere Teil der Hülle, der zweite Flug war ohne Solarpanels, Computerprogramme und Innenraumsysteme (Temperatur/Druckregulation) Das musste alles erst noch entwickelt werden.

    wie beim Launchamifest ist es eben auch hier so, dass man viel mehr verspricht als man halten kann.

  5. So die Falcon 9 steht jetzt auf dem Starttisch. Hier eine Auszählung was alles schief gehen kann:

    * Gar nichts, aus irgendeinem Grund startet die Rakete nicht, und es wird wieder verschoben
    * Die Rakete geht hops, aber das ist heute selten
    * Die Stufen kollidieren, ist ja schon passiert
    * Die Dragon kann nicht abgetrennt werden. und verbrennt nach ein paar Orbit, oder wird abgetrennt und landet irgendwo.
    * Die Dragon kommt auf dem falschen Orbit, ist auch schon passiert. Teile der Mission könnten immer noch durchgeführt werden.
    * Die Dragon beginnt die Annäherung aber es passiert ein Softwarefehler, und die Mission scheitert
    * Die Astronauten trauen dem Braten nicht, und schicken die Kapsel zurück
    * Die Kapsel nähert sich der Station, aber wegen eines Softwarefehler gibt es eine Kollision
    * Sobald die Dragon mit dem Roboterarm eingefangen wurde, zünden die Düsen wegen eines Softwarefehler, und bringen die Station ins Taummeln
    * Beim Andocken sind die Lucken nicht dicht
    * Während die Kapsel angedockt ist, zünden die Düsen.
    * Eine Kollision geschieht beim Abdocken
    * Es gibt nicht genügend Treibstoff für die Rückkehr
    * Die Kapsel verglüht
    * Kapsel schlägt auf und versinkt im Meer
    * Durch ein Softwarefehler stürzt die Kapsel auf Elon Musk Büro

  6. Inzwischen hat die NASA die Flugbezeichnung auch zu COTS-2 geändert. Die Zeile von COTS 3 sind vom Tisch und sollen beim CRS-1 nachgeholt werden, das den natürlich brisanter macht.

    Übrigens auch interessante Details zur Geldfrage: Von den 1,2 Milliarden die SpaceX bisher an Geldern bekam stammten nur 100 Millionen von Musk, aber 6980 Millionen von der NASA, dass nenne ich Return on Investment…..

    Morgen um 10:55 MESZ soll es los gehen, natürlich nur wenn SpaceX mal einen pünktlichen Start hinbekommt.

  7. > Durch ein Softwarefehler stürzt die Kapsel auf Elon Musk Büro

    Alle anderen Pannen wären Zufall, diese wäre die absolute Notwendigkeit. Die schlimmst mögliche Panne wäre es, wenn Elon Musk zu der Zeit gerade nicht in seinem Büro ist.

  8. Wau, meine erste Annahme ist eingetroffen… Eigentlich ein bisschen mehr als erwartet, da ein wenig Rauch rauskommen ist.

  9. Na ja die Prognose ist nicht so schwer zu stellen. Fehlerursache soll ein abweichender Druck in Triebwerk 5 gewesen sein, der nicht zum Start des Flugprogramms führte. Das ist nicht das erste mal. dieselbe Ursache war schon mindestens zweimal verantwortlich für Startabbrüche.

    Die Chance dass die Rakete bei SpaceX pünktlich abhebt sind übrigens noch schlechter als dass sie einen Orbit erreicht. Bei bisher acht Startversuchen hat das nur einmal bei Falcon 1 Start Nr. 4 geklappt. Schlechtes Omen wenn man Transporte zur ISS machen muss mit Startfenstern von wenigen Sekunden Dauern (bei kommerziellen Starts sind sie üblicherweise etwa eine Stund lang).

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