Herausforderungen bei der Landung auf anderen Himmelskörpern

Heute mal wieder ein Grundlagenartikel. Es gehört zu den eher einfacheren Sachen. Der Landung auf einem festen Himmelskörper, das impliziert das er eine feste Oberfläche hat. Es scheiden also die Gasriesen aus. Übrig bleiben die vier erdähnlichen Planeten Merkur, Venus, Erde, Mars. Die Monde im Sonnensystem, Plutoide und Asteroiden und Kometen.

Zu unterscheiden ist noch zwischen der Landung auf einem Himmelskörper ohne Atmosphäre (die meisten) und einem mit (Venus, Erde, Mars, Titan). Wenn man Kometn hinzu nimmt sollte man vielleicht die Einschränkung machen „mit einer nennenswerten Atmosphäre, die das Gefährt zumindest etwas abbremsen kann“,

Bei den Himmelskörpern ohne Atmosphäre ist es relativ einfach: Die abzubremsende Geschwindigkeit beträgt mindestens die Orbitalgeschwindigkeit in einem niedrigen Orbit. Sie wäre genau gleich dieser, wenn es gelänge sie auf den Punkt abzubremsen, also das oberflächennächste Punkt wird auf oder unter die Oberfläche gelegt (wir reden von der Bahnform, natürlich wird in der Realität die Oberfläche im Weg sein) und wenn wir kurz vor der Oberfläche sind, bremsen wir auf 0 ab um dann sanft zu landen.

In der Praxis ist das nicht möglich, aber Feststofftriebwerke mit kurzen Brennzeiten können dem fast nahe kommen. Surveyor setzte ein Feststofftriebwerk mit rund 40 s Brennzeit ein. Es wurde in rund 75 km Höhe gezündet und brannte bis in 11 km Höhe. In diesen 40 s senkte es die Geschwindigkeit von 3800 auf 160 m/s ab. Den Rest erledigten dann schubschwächere Düsen.

Energetisch ist es günstig wenn es keine lange Schwebephase gibt, da in jeder Sekunde Treibstoff verbraucht wird. Das ist beim Mond und vielen kleinen Himmelskörpern nicht so wesentlich. Hält man auf dem Mond etwas in der Schwebe so braucht man 0,06% der aktuellen Masse an Treibstoff pro Sekunde. Bei Merkur ist dies deutlich mehr. Ansonsten ist das Landeverfahren aber das gleiche. Aufgrund der höheren Gravitation kann man auf Merkur aber nur einen Bruchteil der Orbitalmasse landen, selbst wenn es aus einer Umlaufbahn erfolgt.

Viel einfacher ist es auf der Venus. Die dichte Atmosphäre erlaubt sogar die leichteste Landung im Sonnensystem. Die ersten Raumsonden der Russen, die noch durch einen Fallschirm abgebremst wurden, fielen schon aus bevor sie den Boden erreichten. Später als man wusste wie dicht die Atmosphäre ist verzichtete man auf einem Fallschirm: Auf der Venus fällt eine Raumsonde auch ohne Fallschirm so langsam zum Boden, dass sie keinen Schaden nimmt. Die untere Atmosphäre hat mehr Ähnlichkeit mit einer Flüssigkeit als Gas. An der Oberfläche hat sie eine Dichte von 67 kg/m³. (Wäre sie nicht so heiß, so wären es sogar 177 kg/m³). Bei der Venus reicht ein Hitzeschutzschild, denn man dann in 50 km Höhe abwerfen kann.

Bei der erde braucht man zusätzlich Fallschirme, will eine Nutzlast nicht auf dem Boden zerschellen, ansonsten ist es aber auch recht einfach zu landen. Beim Mars reichen Fallschirme nicht aus. Bisher landeten Raumsonden nur in tiefer gelegenen Gebieten, damit die Fallschirme etwas wirksam waren doch trotzdem reichen sie nicht aus. Ohne Triebwerke würden die Landesonden mit hoher Geschwindigkeit (180-240 km/h) auf der Oberfläche zerschellen. Zwei Lösungen gibt es um das zu verhindern: Man wirft rechtzeitig den Fallschirm ab und verringert mit Raketentriebwerken die Restgeschwindigkeit (Viking, Mars Polar Lander, Phoenix, Curiosity) oder man bläst Airbags auf und zündet kurz vor der Landung ein Raketenantrieb um die Geschwindigkeit zu reduzieren.

Gehen wir weiter hinaus ins Sonnensystem so kommen die Eismonde in den Fokus.  Geht es nur um die Geschwindigkeit die man aus einem Orbit abbauen muss, so sieht es gut aus. Bei den größten (Io, Ganymed) ist es in etwa so viel wie beim Mond. Bei den vielen kleinen Monden von Saturn und Uranus noch deutlich weniger. Dafür ergibt sich ein anderes Problem: Anders als bei allen anderen bisher besprochenen Himmelskörpern ist es sehr schwer die Relativgeschwindigkeit in einer Umlaufbahn um den Planeten zum Mond zu reduzieren. Beim Jupiter ist es durch die schweren Monde noch technisch möglich, doch durch den Strahlungsgürtel dessen Intensität nach innen rapide ansteigt ist nur die Reduktion der Geschwindigkeit durch Vorbeiflüge bei Io und Europa zu zeitaufwendig. Das Risiko besteht, dass eine Landesonden den Strahlentod vor der Landung stirbt.

Beim Saturn und Uranus scheiden die vielen kleinen Monde schon wegen ihrer kleinen Masse zum wirksamen Abbremsen aus. Einzige Ausnahme ist Titan. Er ist nicht nur schwerer, er hat auch eine Atmosphäre. das erlaubt nicht nur die direkte Landung sondern sie würde auch einen Orbiter ermöglichen der zusätzlich zu der Abbremsung über Swing-Bys die Atmosphäre mittels Aerobraking nutzt. Für eine Landung ist Titan fast ideal. Die Dichte der Atmosphäre nimmt langsam zu. Die äußersten Ausläufer reichen fast 1000 km in das All. Das macht den Hitzeschutzschild leichter. Sie ist recht dicht – am Boden 1,5 Bar bei der 10-15 fachen Erddichte, das erlaubt es sehe wirksam mit Fallschirmen abzubremsen. Huygens brauchte 150 Minuten um die Atmosphäre zu durchqueren. Venussonden ohne Fallschirm in der Regel 60 Minuten und auf der erde kann eine Kapsel schon 10-15 Minuten nach Auftreffen auf die Atmosphäre wieder da sein. Die Dichte der Atmosphäre macht auch ganz neue Landegeräte denkbar, so hat sie den 15-fachen Auftrieb der Erdatmosphäre, sodass Ballone attraktiv wären.

Es bleiben noch die kleinen Körper im Sonnensystem. Asteroiden oder Phobos und Deimos. Phobos und Deimos haben Fluchtgeschwindigkeiten in der Größenordnung von 20-20 m/s und Schwerebeschleunigungen im Bereich von etwa 1 cm/s oder kleiner. „Landungen“ sind daher vollständig anders als auf einem größeren Himmelskörper. Es ist sinnvoller auf den Himmelskörper zu fallen und nur bis zu einer geringen Geschwindigkeit abzubremsen. Die meisten Marslandesonden landeten mit 1-2 m/s, entsprechend der Geschwindigkeit wenn etwas mit Fussgängertempo mit einer Wand zusammenstößt. Ein 20 km großer Asteroid mit einer Dichte von 2,5 hat z.B. eine Kreisbahngeschwindigkeit an der Oberfläche von 8,35 m und ein g von 0,7 cm/s. Bremst man in 1000 m Höhe auf 0 ab, so landet man mit 3,5 m/s oder rund 11 km/h. Damit man nicht durch den Rückstoß abprallt oder umfällt muss man sich etwas einfallen lassen. Der Kometenlander Philae wird eine Harpune abfeuern die ihn an der Oberfläche verankert. Phobos Grunt sollte Steuerdüsen auf der Oberseite zünden, welche den Lander auf den Boden pressen. Wird der Himmelskörper nochmals etwas kleiner, liegt also im Bereich von nur wenigen Kilometern Durchmesser, so kommt man in einen Bereich in dem sogar der geringe Schub von Ionentriebwerken ausreicht um von ihn wieder abzuheben. Der bessere Weg ist es aber zu hüpfen, z.B. durch gespannte Federn. Eine Beschleunigung 1 m/s würde bei obigem Himmelskörper zu einem Sprung über 10 km Distanz führen. Daran wird allerdings auch klar, dass diese Himmelskörper von uns Menschen kaum sinnvoll erkundet werden können, denn schon ein unbeabsichtigter Schritt könnte zu einem größeren Flug werden. Immerhin, wenn einem etwas aus der Hand fällt hat man genügend Zeit es aufzufangen bevor es am Boden ist. Lässt ein Astronaut auf obigem Asteroid seinen Hammer aus 1m Höhe fallen, so braucht er rund 17 s bevor mit sagenhaften 0,12 m/s auf dem Boden angelangt.

4 thoughts on “Herausforderungen bei der Landung auf anderen Himmelskörpern

  1. Vielleicht könntest du auch ein paar exotische Rechenbeispiele durchspielen, mit hypothetischen Planeten und andere Himmelskörper. Z.B. Ladung auf einer Supererde mit 5-fachen Erdmasse und 10 Bar Atmosphäre. Oder wenn Titan anstelle des Erdmond wäre.

  2. Ich habe mich beim Google Lunar X-Prize immer gewundert, dass man zwar recht viel von den Rovern lesen kann, die auf dem Mond dann rumfahren sollen, aber reichlich wenig von den geplanten Landemechanismen.

    Das konnte ich jetzt auf zweierlei Arten interpretieren: Die Landemanöver sind erheblich einfacher als ich immer den Eindruck hatte (ich habe sie auf atmosphärenlosen Himmelskörpern als die Hauptherausforderung für kleine Teams gesehen) oder die Teams sind einfach so unprofessionell, dass sie sich vielleicht erst zu spät darüber Gedanken machen werden.

  3. Ich verfolge den Google Lunar X-Prize ziemlich genau. Momentan sehe ich nur 1-2 ernsthafte Teams, also bei dem man das komplette System sieht, alles durchdacht ist, und die Rakete gebucht ist. Von den anderen sieht man eher PR-Zeug.

    Vielleicht könnte ich mal darüber weiss schreiben.

  4. Die Landung ist wirklich einfach, wie man daran erkennen kann, das sie schon 1966 von Luna 9 und Surveyor 1 durchgeführt wurde. Beide hatten keinen Computer sondern ein einfaches Feedbacksystem (die Daten des RADARs steuern den Schub der Triebwerke). Das ist der Grund darüber kein Wort zu verlieren. Apollo hätte auch automatisch landen können. Man konnte damals nur nicht Felsbrocken ausweichen ….

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