Die Planetenerkundung der nächsten 50 Jahre

Nach dem Jubiläum des ersten geglückten Untersuchung eines Planeten mit einer Raumsonde vor 50 Jahren, nun eine persönliche Prognose für die nächsten 50 Jahre. Man kann das unterschiedlich sehen. Wir haben auf der einen Seite eine enorme Weiterentwicklung der instrumentellen Möglichkeiten. Der Laie sieht dies an der Qualität der Bilder wenn er heutige Aufnahmen mit denen von Mariner 5 vergleicht. Ähnliches kann auch von andere Instrumenten sagen. Infrarotspektrometer sind nicht nur empfindlicher geworden. Es ist heute auch möglich Bilder in einem einzigen Spektralbereich anzufertigen und so z.B. die Konzentration eines Spurengases in der Atmosphäre global abzubilden. Dies kann man beliebig fortsetzen. Magnetometer können dreidimensionale Ansichten der Magnetosphäre anfertigen Staubdetektoren ermitteln heute nicht mehr nur Energie und Masse eines Staubteilchen sondern dessen chemische Zusammensetzung.

Noch weiter gehen heute die Möglichkeiten Bodenproben zu untersuchen. SAM an Bord von Curiosity ist um Größenordnungen empfindlicher als die Massenspektrometer von Viking. Einige Technologien wie Mösslbauerspektrometrie, Atomkraftmikroskopie etc. gab es vor 50 Jahren noch nicht einmal. Damit einher ging auch dass die Raumsonden größer und schwerer wurden und die Kommunikationsfähigkeiten angestiegen sind – sowohl durch Maßnahmen auf der Erde (größere Antennen, rauscharme Empfänger, Zusammenschaltung von Antennen) wie auch im Weltraum (Übergang auf höhere Frequenzbänder, stärkere Sender). Das kann noch weitergehen, schlussendlich wird die Laserkommunikation erst experimentell erprobt. Ist sie mal einsetzfähig kann sie einen weiteren Schub bringen

In der gleichen Zeit haben wir auch die Kenntnis über das Sonnensystem erweitern. In den sechziger Jahre beschränkte sich die Forschung auf Venus und Mars. In den Siebzigern kamen Merkur, Jupiter und Saturn dazu, in den Achtzigern die Kometen, Uranus und Neptun. Seitdem haben wir uns mehr auf die Erforschung der kleinen Himmelskörper (Asteroiden und Kometen) konzentriert als das äußere Sonnensystem. Erst 2015 wird das erste Transneptunobjekt, der ehemalige Planet Pluto erkundet werden.

Doch kommen wir zu den Grenzen: Seit über 30 Jahren hat sich die Maximalnutzlast kaum verändert. Eine Atlas 551 transportiert zwar mehr Nutzlast als eine Titan 3E Centaur, aber nicht mehr sehr viel. Das kann noch etwas ansteigen, aber eigens für die Planetenerkundung wird man sicher keine Schwerlastraketen entwickeln. Damit sind viele Missionen im alten Trott nicht durchführbar, z.B. Orbiter zu Himmelskörpern jenseits von Saturn. Aber auch anspruchsvollere Missionen zu den näheren Planeten werden so schwierig und teuer, wie z.B. die seit langem geplante Bergung von Marsbodenproben. Das ist auch der Grund warum es so wenige Missionen zu den äußeren Planeten gibt. Sie erzeugen so hohe Kosten und es gibt nur wenige von Ihnen. Bei der NASA heißen sie Flagship Mission und bei der ESA Cornerstone Mission. Davon leistet man sich nur eine alle 10-20 Jahre.

Die Lösung könnten zumindest für die inneren Planeten Ionentriebwerke sein. Bisher war es so, dass man diese nur nutzte um Treibstoff beim Planeten einzusparen, die Raumsonde aber klassisch auf eine Fluchtbahn beförderte um den Geschwindigkeitsgewinn durch den hyperbolischen Exzess mitzunehmen. Doch effektiver, bezogen auf die Nutzlast wird der Start von einer Erdumlaufbahn. Zu den inneren Planeten ist so ein Drittel bis die Hälfte der Startmasse als Nutzlast realistisch, während schon das Befördern auf Fluchtgeschwindigkeit sie auf ein Viretel reduziert.

Bei den äußeren Planeten wird dies nicht so einfach möglich sein. Zwar kann man mit Ionentriebwerken Nutzlasten auf eine Bahn zu den Planeten schicken, aber dort angekommen müssen sie dann abbremsen um in eine Umlaufbahn einzuschwenken. Um so mehr  je schneller wir da sein wollen und je kleiner der Himmelskörper ist. Aufgrund der Entfernung von der Sonne sind dann Solarzellen weitgehend wirkungslos um den benötigten Strom zu gewinnen. Russland hat zwar schon Kernreaktoren für den Einsatz im Weltraum entwickelt, doch diese Exemplare sind schwer gemessen an der verfügbaren Leistung. De Faktor wird man keinen kleinen Kernreaktor mit nur einigen kW Leistung bauen können. Gute Masse/Gewichtsverhältnisse erhält man erst bei großen Leistungen. Doch dann reden wir dann immer noch von Exemplaren die Tonnen wiegen und wir reden über komplett andere Raumsonden als heute. Die Frage ist ob man so etwas entwickeln will und wird.

Mit RTG könnten nur kleine Raumsonden in eine Umlaufbahn um einen Planeten gebracht werden. Ich habe da mal ein Paper dazu gesehen, doch selbst das halte ich für äußerst anspruchsvoll.  Wir reden von 200 bis 400 kg schweren Objekten die dann RTG im fast gleichen Gewicht als Stromversorgung mitführen und was das dafür benötigte Pu-238 pro Kilo kostet kennt man ja. Mit Stirling  Motoren anstatt Thermoelenenten kann man wenigstens die Plutoniummenge auf ein Viertel reduzieren, doch richtig preiswert werden sie so nie werden.

7 thoughts on “Die Planetenerkundung der nächsten 50 Jahre

  1. Nun ja, nicht so ganz das, was ich anhand der Überschrift erwartet habe, aber egal. – Ich hatte jetzt eher einen stärker spekulativen Artikel aufgrund der vorhandenen Informationen erwartet, aber andrerseits gibt’s hier im Blog ja schon eine Menge Artikel darüber, was möglich wäre.

    Was ich bisher allerdings vermisst habe, ist ein Kommentar zu den Missionsideen, die bei der letzten Sommerschule der ESA in Tirol ausgebrütet wurden. Darüber wurde in der SuW vom Oktober (S. 29ff) berichtet. Es geht da um die Erkundung der äusseren Planeten, also Uranuns und Neptun. Ist zwar alles noch nix gares, sondern nur vorläufige Konzeptideen (von Studien kann man wohl noch nicht reden), aber trotzdem gäbe es eine Menge dazu zu kommentieren. Z.B. über die Reisezeiten der Missionen: 19 Jahre, 22 Jahre, 13 und zuletzt noch mal 20 Jahre. – Voyager 2 brauchte 12 Jahre.

  2. Bei derartigen Reisezeiten spielt dann wohl auch der „Olivenbaumeffekt“ eine Rolle, dass also die Verantwortlichen für Planung und Finanzierung der Mission bei der Datenauswertung und Publikation der Resultate nicht mehr involviert sind.

    Lehrstühle sind zwar oft 20-25 Jahre lang besetzt, die meiste Arbeit wird jedoch von Doktoranden erledigt, und diese stehen 2-3 Jahre zur Verfügung, und suchen sich dann einen lukrativeren Job in der Privatwirtschaft.

    Zumindest habe ich dies so erlebt während meiner Zeit auf der Uni.

    Missionen zum Mars passen daher eher ins Curriculum, und deshalb gibt es so viel davon. Oder glaubt noch jemand, die grünen Marsmenschen zu finden?

  3. @Thomas: Du vergisst zu erwähnen, dass die Missionsideen von Schülern kamen und nicht von der ESA.

    @Hans: Auch Marsmissionen dauern. Curiosity begann 2003, wenn die Primärmission zu Ende ist sind 10 Jahre vergangen. Keine Mission kann heute in einer Zeit durchgeführt werden die kompatibel zu Doktoranten ist. Selbst bei einer kurzen Vorbeiflugsmission müsste man die gesamte Entwicklung in 1-2 Jahen durchziehen. als „schnell“ gelten heute 3-4 Jahre dafür.

    Daher habe ich auch vorgeschlagen die nicht genutzten Nutzlastkapazitäten von Vega und Ariane für Ausbbildungs-Satelliten zu nutzen.

  4. Das solche Missionen einige Jahre zur Vorbereitung brauchen, ist mir inzwischen auch klar. Nicht nur durch diesen Blog, sondern auch durch den Blog von Michael Khan auf den SciLogs. http://www.scilogs.de/kosmo/blog/go-for-launch Der ist ja als Raumfahrt Ingenieur bei der ESA angestellt und betreibt dort Missionsanalyse. – Macht also u.a. das beruflich, was Bernd hobbymässig macht. Und dann hab ich neulich mal das Vorwort aus dem Band 1 des Hipparcos Katalogs gelesen, wo man u.a darüber informiert wird, das es von der Akzeptanz der Mission bis zum Start des Satelliten etwa 9 Jahre dauerte. Das Verfahren davor liegt in den 70er Jahren. Dann die eigentliche Mission von etwas über drei Jahren und die Datenauswertung, die noch mal etwa 4 Jahre dauerte, bis die Kataloge schliesslich 1997 erschienen sind. Die Bände 1 bis 11 der insgesamt 16 Bände kann man bei der ESA inzwischen übrigens als PDF-Datei herunter laden und die Computerlesbare Version des Katalogs gibt es auch beim CDS (Centre de Donnees astronomiques de Strasbourg) zum download. Ich frage mich allerdigs, ob ich jemals den „Sky & Telescope’s Millennium Star Atlas“ in die Finger kriegen werde, der die Bände 14 bis 16 bildet und nicht von der ESA sondern vom amerikanischen Amateur Astronomie Magazin Sky & Telescope herausgegeben wurde. Egal.

    Also halten wir fest: Es braucht einige Jahre, bis eine Mission starten kann, weil eben eine Menge vorzubreiten ist, und bis auf Softwareupdates nichts mehr repariert werden kann, wenn die Mission erst mal gestartet ist. Wie lange sie läuft ist dann wieder ’ne andere Frage. Was den Mars angeht, so gibt es ja neben Curiosity noch eine andere Rovermission auf dem Mars, die schon seit Jahren aktiv ist. Ich weis nur gerade nicht, ob es „Spirit“ oder „Opportunity“ ist, welcher noch funktioniert.

    Und bei den Missionen zu Uranus und Neptun sind langen Reisezeiten ein Faktor, der die Missionen noch weiter in die Länge zieht, als sie eh schon dauern.

  5. Ich vermute ja ganz stark, das in der EU zur Zeit die Bremser der Raumfahrt in der Überzahl sind, in welcher Form auch immer. Deshalb kommt Europa da nicht in die Pötte.

  6. 10 Jahre von Beginn der Planung einer Mission bis zum Start sind heutzutage sicher „normal“. Teils ist das dem demokratischen Prozess geschuldet (die Geldgeber müssen aus den eingereichten Projekten entscheiden, welchem sie ihr Geld geben; später bei der konkreten Umsetzung gibt es abermals mindestens eine Ausschreibung), teils ist es dem heute viel breiteren Wissen geschuldet: Zahlreiche Gutachter geben Hinweise, wo Gefahren lauern und wie frühere Fehler vermieden werden können, aber diese Papierarbeit dauert eben ihre Zeit.

    Wenn dann bei den äußeren Planeten noch Reisezeiten von zehn bis zwanzig Jahren hinzu kommen, ist klar, dass hier immer mehrere Generationen beteiligt sein werden. Ich glaube aber, dass das auch für die älteren, die „nur“ die Sonde auf den Start gebracht haben, kein Problem ist. Seinen Enkeln zu erzählen: „Da draußen fliegt mein Satellit zum Neptun, und der wird, wenn er eine Umlaufbahn erreicht hat, erstmalig gute Bilder von diesem fernen Planeten liefern“, macht einen doch dennoch Stolz, und wenn die Enkel dann von ihren Freunden auf Facebook auf die aufmerksam gemacht werden, dann können die ganz stolz antworten: „Mein inzwischen toter Opa hat damals die Kamera, die diese Bilder geschossen hat, mitgebaut!“

    Derzeit gibt es aber noch mehr Hindernisse als die langen Missionszeiten. Es gibt nicht einmal eine verfügbare Stromquelle für Missionen jenseits des Saturn. Plutonium-238 in zivilen Kernkraftwerken und WAAs herzustellen, kostet schon aufgrund der nötigen Umbauten und der dafür nötigen Sicherheitsgutachten Milliarden. Hinzu kommen mögliche politische Probleme, denn inzwischen hat sich ja doch die Erkenntnis verbreitet, dass Pu-238 sehr wohl „spaltbares“ Material ist, wenn auch nur mit schnellen Neutronen.

    Für Satelliten geeignete Reaktoren gibt es derzeit auch nicht kommerziell verfügbar. Russland hatte die zwar für ihre RORSAT-Radarsatelliten in Serie gefertigt, aber das ist Jahrzehnte her. Das damals verwendete hoch angereicherte Uran-235 dürfte zudem heute ebenfalls als politischen Gründen als Brennstoff ausscheiden. LEU steigert aber das Gewicht, es sei denn, man moderiert stärker, was dann aber zum Beispiel mit dem Moderator und Kühlmittel Helium zu hohem Druck führt. Wasserstoff (oder Wasser) wäre noch problematischer.

    Von daher ist aktuell erstmal eine grundlegende politische Entscheidung nötig, bevor es überhaupt mit der Erforschung der äußeren Planeten weitergehen kann.

    Kai

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