Steuern, Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit

Etwas verspätet mal mein Senf zu der Steueraffäre um Uli Hoeneß. Da das in meiner internetfreien Woche war, erst jetzt mein Kommentar. Das wurde zumindest in Talkshows recht kontrovers diskutiert. Zum einen wendeten sich viele gegen die Verharmlosung „Steuersünder“, das wäre ein Delikt wie Betrug oder Diebstahl. Zum anderen wurde bemängelt, dass man sich nun auf Hoeneß konzentriert, aber nichts zu den Deutschen sagt die ihren Wohnsitz gleich ins Ausland verlegt haben wie Beckenbauer, Schumacher und Vettel, die sich aber gerne als „Deutsche“ feiern lassen.

Die meisten Debatten gab es um das gescheiterte Abkommen mit der Schweiz. Je nach Parteibuch hätte jemand wenn das Abkommen zustanden gekommen wäre Geld gespart oder mehr gezahlt. Ich denke die Rechnung hängt wie immer von den Annahmen ab. Nämlich dem Steuersatz und ob die Zinsen abgehoben werden oder nicht. Meine Meinung ist da recht klar: es ist gut, dass das Gesetz gescheitert ist, denn was es für den „Steuerflüchtling“ bringt ist Anonymität. Während er sonst bei einer dieser Daten-CD der Finanzbehörde bekannt ist und damit rechnen muss ab einer bestimmten Summe nicht nur ins Gefängnis zu wandern, sondern auch das seine restlichen Finanzen genauer unter die Lupe genommen werden – und da ist sicher auch nicht alles koscher. Nach dem Abkommen müsste er damit nicht rechnen.

Was mich am Steuerrecht ärgert, ist nicht das es Steuerflüchtlinge oder solche Transfers ins Ausland gibt. Die wird es immer geben, außer der Staat setzt seine Steuersätze so niedrig ein, dass es in Deutschland günstiger als in allen Ländern ist – und damit ist dann eben das Allgemeinwesen nicht zu finanzieren. Was mich viel mehr ärgert ist, dass unser Steuerrecht so komplex ist und unzählige Sonderregelungen und Schlupflöcher hat. Von denen profitiert nur wer selbstständig ist oder andere Einkommen als aus nichtselbständiger Arbeit hat. Bei letzteren wird die Steuer gleich vom Arbeitslohn abgezogen und es gibt den Arbeitnehmerpauschalbetrag. Damit hat es sich dann auch. Selbst wenn man wie ich nun als Programmierer selbstständig ist, kann man fast nichts absetzen, wie ich leidvoll bei den letzten beiden Steuererklärungen erfahren habe.

Es gibt zwei Gründe, warum unser Steuerrecht so kompliziert ist. Das eine ist es allen Recht zu machen. So setzen Berufsgruppen mit ausgeprägten Nachtschichten durch, dass diese steuerlich anders behandelt werden, oder man kann lange Anfahrtswege über die Pendlerpauschale hinaus absetzen, von den Sonderreglungen für richtig wohlhabende Klientels (Stichwort: Mehrwertsteuer bei Hotels und FDP) mal ganz zu schweigen.

Meine Meinung: wir brauchen ein neues Steuerrecht. Zwei Vorschläge: entweder man macht eine komplette Bilanz also alle Einnahmen, alle Ausgaben und daraus wird die Steuer berechnet – wie schon heute, nur eben ohne Sonderregelungen wie Sonderabgaben, Riesterbefreiung etc. mit dann angepassten Steuersätzen, da ja zahlreiche Schlupflöcher wegfallen. Oder, mein Vorschlag: es gibt Pauschalen für alles und die Steuererklärung reduziert sich auf die Einnahmen und die Abzüge der Pauschalen. Liegt man trotzdem mal drüber, z.B. bei einer Gebäudesanierung es einmalig hohe Ausgaben gibt, so kann man dann zur Einzelabrechnung übergehen. So was haben wir ja schon bei Arbeitnehmern und Kapitalerträgen. Das kann man auf andere Teile übertragen. Bei einer vermieteten Wohnung kann man einen Durchschnittswert für Rücklagen für Sanierung, Versicherungen, Kosten für Beleuchtung, Wartung etc. bilden und als Pauschale festlegen, bei selbstständigen Tätigkeiten genauso.

Das hätte einen Vorteil: man hat weniger mit der Steuererklärung zu tun. Auch die Finanzämter haben weniger zu tun. Es ist vielleicht nicht für jeden Einzelfall gerechter, aber damit habe ich eh zwei Probleme. Das eine ist, das unser Steuerrecht nicht verantwortlich ist mangelnde Tarifabsprachen wie eine zu schlechte Bezahlung von Nachtarbeit abzufedern, noch dafür verantwortlich ist, wenn jemand 200 km zur Arbeit fährt, anstatt umzuziehen. Erst recht nicht ist es für den Spekulationen mit Immobilien verantwortlich. Das zweite ist, das ich bei dem derzeitigen Steuerrecht immer das Gefühl habe, ich schenke dem Finanzamt etwas, weil ich gar nicht weis, was ich alles absetzen kann oder worin ich investieren könnte um Steuern zu sparen. Wenn das wegfällt, weil es einfacher ist und nicht so viele Regelungen gibt wäre wohl nicht nur mir gedient.

Aber die berühmte Steueerrklärung auf dem Bierdeckel à la Merck wird wohl nicht kommen. Ganz einfach deswegen weil die Politik bestimmt ist von den Interessenvertretern von Industrie und anderen Gruppen. Nur mal ein Beispiel: Gewerbesteuer müssen nur Betriebe zahlen. In Baden-Württemberg waren das 454 Euro pro Einwohner. Ich bin mir aber recht sicher, dass die durchschnittliche Steuerbelastung selbst unter Einbeziehung von Kindern und nicht arbeitenden viel höher ist. Teile ich nur die Steuereinnahmen des Bundes durch die Einwohnerzahl, so komme ich auf 3000 Euro. Betriebe werden also heute schon enorm bevorzugt. Der Arbeitnehmer hat keine Lobby, das ist das Problem.

7 thoughts on “Steuern, Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit

  1. 1. Steuerhinterzieher
    Wenn für die Steuerzahler mal aufgezeigt würde, was sie mit ihren Steuern für die Allgemeinheit finanzieren, dann würde die Bereitschaft zur Zahlung auch steigen. Das Problem dabei ist, dass richtig Reiche sich diese Dienste (Bibliothek, Wachdienst, Schwimmbäder etc.) auch ohne Staat privat leisten können und auch leisten. Weiterhin denken viele, dass sie ihre gesellschaftliche Position nur ihrer eigenen Tüchtigkeit verdanken, und vergessen dabei wieviel davon nur durch die Rahmenbedingungen erreichbar war. Die Propaganda in Deutschland konzentriert sich allerdings darauf ehrliche Steuerzahler als Deppen darzustellen, die Besserverdiener als Leistungsträger, und den Staat als unersättlichen selbstbereichernden Moloch.
    Wer ist schon gerne Depp und unterstützt diesen Moloch? Würde dagegen die Erfüllung gemeinschaftlicher Aufgaben zum Wohle aller in den Vordergrund gerückt, würde auch die Steuerehrlichkeit steigen, und auch der Drang das letzte an Freibeträgen herauszuholen würde sinken. Was wäre, wenn man den nicht ausgeschöpften letzten Freibetrag als Spende auffassen würde? Ich denke dann wäre die Steuererklärung auch viel einfacher.

    2. Einfachheit
    Die Steuer arbeitet nach dem Grundsatz, dass nur besteuert werden soll was auch tatsächlich zur Verfügung steht, also den Gewinn oder zumindest die Nettoeinnahmen. Es ist aber schwierig genau diesen Wert zu ermitteln, da manche Leute einfach unterschiedliche Auffassung davon haben was beruflich bedingt ist (aus Gründen unter 1.). Da kommen dann die ganzen Ausführungsbestimmungen ins Spiel, und die machen eine Steuererklärung kompliziert.

    3.) Was ich auch nicht einsehe, sind die nicht angepassten Grenzbeträge (gesetzliche Rente, gesetzliche Krankenkasse) da diese durch den Staat festgelegt werden und solidarisch organisiert sind, sollten sie auch voll absetzbar sein, Riester könnte komplett entfallen, da es außer für die Banken nichts bringt, und ein ganzes Formblatt dafür ausgefüllt werden muß.
    Geringwertige Wirtschaftsgüter, Sparerfreibeträge etc. sind nicht mehr Zeitgemäß bewertet, auch hier sollte eine regelmäßige Anpassung an die Preissteigerung durchgeführt werden was dann dazu führt, dass nicht jeder Pipifax über mehrere Jahre abgeschrieben werden muss, während man schwankende Einnahmen nicht so ohne weiteres auf mehrere Jahre verteilen kann.

  2. Der Hauptgrund für Steuerhinterziehung ist die hohe Steuerbelastung; zusätzlich wirken sich die zahllosen, unwirtschaftlichen Ausgaben aus, die ein Politiker mit seinem eigenen Geld nie tätigen würde. Ja, Deutschland sollte niedrige Steuersätze haben – am besten einen einzigen, oder meinetwegen zwei, und ja, Deutschland könnte auch dann problemlos die Staatsausgaben schultern: Man müßte halt die Rolle des Staates so weit wie möglich beschränken. Daß das das Ende für viele hochsubventionierte Jobs, vielleicht sogar ganze Berufe wäre, ist unbestritten – aber sinnvoll wäre es allemal.

  3. In der Schweiz haben wir das Problem nicht so präsent.
    Es herrscht aber auch Steuerkonkurrenz zwischen den Kantonen und Gemeinden. Diese sind interessiert möglichst tiefe Steuern zu haben, um Leute anzuziehen. Das spricht aber nur sehr reiche Leute oder Firmen an, aber die absolute Summe, die sie dem Staat abliefern, ist schlussendlich beträchtlich.
    Die Gemeinden und Kantonen sind dann auch gezwungen möglichst effektiv zu arbeiten.

  4. @tom jericho: Die drastischen vergangenen Steuersenkungen unter rot/grün haben nicht zu mehr Steuerehrlichkeit geführt. Wiso kommen Sie dann darauf, daß der Hauptgrund von Steuerhinterziehung die hohe Steuerbelastung ist?
    Weiterhin sind Sie dafür daß der Staat beschränkt werden müsse. Da orientieren Sie sich sicherlich an einigen reisserisch aufgemachten Zeitungsartikeln worin die Unfähigkeit des Staates bewiesen werden soll. Im Wesentlichen ist der Staat dafür da all das zu organisieren was sinnvoll ist, aber durch einzelne nicht gestemmt werden kann. Dabei ist, wie sich herausgestellt hat, eine öffentliche Versorgung in den meisten Fällen effizienter und einer privaten überlegen. Wenn ich jetzt z.B. über die Maroden Straßen in Deutschland lese, dann sehe ich, daß der bisherige „Sparkurs“ der letzten Regierungen auf Kosten der Substanz gegangen ist. Haben Sie sich schon mal überlegt, was in Ihrer Umgebung durch Staat Land und Kommune für Sie bereitgestellt wurde? Als Mitglied dieser Sozialgemeinschaft Staat sind Sie auch Miteigentümer an all den Leistungen und Sachwerten.

  5. Die Steuersenkungen sind nur ein Teil der Wahrheit, und damit letzten Endes eine Mogelpackung: Gleichzeitig wurde ja die Mehrwertsteuer erhöht. Also statt einer wirklichen Steuersenkung nur eine Umverteilung der Steuern von den Reichen auf die Armen. So „sozial“ ist die soziale Marktwirtschaft.

  6. Ja Steuersenkungen unter rot/grün und Mehrwertsteuererhöhung unter schwarz/gelb, aber das steigerte alles nicht die Steuerehrlichkeit. Ich behaupte einfach mal, dass alles an der Darstellung des Staates, seiner Aufgaben und seines Nutzens für uns alle in den großen Medien hängt. Solange dort Propaganda gegen einen starken Staat gemacht wird, und das Zerrbild der TeaParty über ihn verbreitet wird, ist auch keiner bereit den Staat zu unterstützen.

  7. Moin,

    > Der Hauptgrund für Steuerhinterziehung ist die hohe Steuerbelastung

    Warum leckt sich der Hund am Sack?
    Weil er es kann!

    Wir hatte vor einigen Monaten schon mal das Thema Elastizität der Laffer-Kurve in Abhängigkeit der Steuerart.

    MwSt, Mineralölsteuer, Kaffeesteuer, Sektsteuer sind alles Steuerarten bei denen eine Steuerflucht nur schwer möglich ist. Auch er Bereich Pay-Roll-Tax ist so weit dass es für den normalen Arbeiter schwer ist Steuern zu vermeiden. Ganz anders sieht es aber bei Income-Tax aus, insbesondere für exportorientierte Unternehmen, und Firmen mit Niederlassungen in mehreren Ländern.

    Angenommen meiner Firma hat ca Euro1000 Kosten pro Monat und US$50000 Umsatz pro Jahr. Dann bekomme ich jeden Monat die Vorsteuer vom Finanzamt überwiesen, ein Jahr später mach ich im Mai meine Einkommensteuer, und irgendwann im Juli wird abgebucht.

    Der Staat schenkt mir also die Zinsen für gut ein Jahr! Und die MwSt die die Privathaushalte erdrückt, die spüre ich auch nicht, sondern ganz im Gegenteil, bekomme ich für alles was meine Firma konsumiert oder investiert Geld vom Staat, ein Jahr bevor ich selber meine Steuern zahlen muss. Wenn ich mich schön Arm rechne, so zahl ich weniger Einkommenssteuer, als ich an Vorsteuer vorher bekommen habe.

    Um sich effektiv Arm zu rechnen hilft es mehrere Niederlassungen in verschiedenen Staaten zu haben, in denen die Steuern günstig sind, z.b. eine LLC USA reicht da schon. Wenn diese LLC den Gewinn macht, so ist dies eine Pass-Through Steuer, d.h. das IRS will von mir Einkommenssteuer als natürliche Person. Diese ist erheblich niedriger als die Einkommenssteuer in Deutschland. Wir haben mit unsern Besatzern ein so genanntes Doppelsteuerabkommen, d.h. mein US Einkommen wird zwar auf die Bemessungsgrundlage angerechnet, nicht jedoch auf das zu besteuernde Einkommen.

    Wer mehr darüber lernen will, dem empfehle ich http://taxodus.net/

    ciao,Michael

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