Erinnerung an ein Pleiten-Pech und Pannenprogramm

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Ich will heute mal, und vielleicht öfters, an Programme erinnern. Heute geht es um das erste Raumsondenprojekt des JPL: das Ranger Programm. Ranger entstand noch vor dem Apolloprogramm und sollte an drei Programme anschließen, die alle nicht so erfolgreich waren. Die Pioneer 0-2 Sonden gestartet mit der Thor Able erreichten nicht den Mond. Bei Pioneer 3+4 erreichte man mit der zweiten Sonde immerhin den Mond , aber in zu großer Distanz. Zu einem Sondennamen kam es bei den Pioneer Sonden die mit einer Atlas Able gestartet wurden schon nicht mehr, weil keine auch nur einen Orbit erreichte. Die USA hatten 8 Raumsonden zum Mond gestartet, eine weitere am Boden verloren und konnten nur einen Vorbeiflug als Erfolg vorweisen.

Ranger sollte das ändern. Das JPL ging systematisch an das Programm heran. Es waren zuerst zwei Serien vorgesehen. Block I waren Testexemplare, welche die Raumsonde in einem langgestreckten Erdorbit erproben sollten. Block II sollten auf dem Mond aufschlagen und kurz vorher sollte eine Flüssigkeitsgefüllte Kapsel abgebremst werden und dann hart aufschlagen. Sie sollte die Temperatur des Mondbodens bestimmen und nach Mondbeben suchen.

Das JPL hatte zwar schon Amerikas ersten Satelliten, Explorer 1 konstruiert, aber noch keine Mondsonden. Man verfolgte einen an sich intelligenten Ansatz. Anstatt eine Sonde zu konzipieren die zum Mond fliegt dachte man weiter und baute eine Planetensonde. Schließlich wurde schon über Venus- und Marsmissionen diskutiert, und warum das Rad neu erfinden?

Die Trägerrakete war die Atlas Agena B. Erste Angaben von Lockheed über die Performance der Agena B Stufe zeigten, dass die Sonden 34 kg zu schwer waren. Das JPL begann mit einer Schlankheitskur und reduzierte die Strukturmasse, entfernte aber auch redundante Systeme.

Ranger 1+2 waren Block I Sonden. Die Atlas Agena B sollte sie nur in eine langgestreckte Erdumlaufbahn bringen. Anstatt der schweren Kapsel hatten sie einige wissenschaftliche Experimente an Bord. Mit ihnen wollte man die Raumsonden im Flug testen, aber auch Erfahrung bekommen, so mussten die Sonden ja gesteuert werden, es sollte Kurskorrekturmanöver geben etc. Aufgrund von Fehlfunktionen der Agena B verblieben beide Raumsonden in einem niedrigen Erdorbit und verglühten nach wenigen Tagen. Ein Test war daher nicht möglich. Konsequenterweise hätte man nun einen weiteren Flug ansetzen müssen, doch ging man gleich zu den Block II Sonden über.

Als die erste Ranger Block II Sonde im Januar 1962 zum Start anstand, war schon Block III genehmigt, denn nun war das Apolloprogramm beschlossen und man erweiterte das Rangerprogramm um Ranger Sonden die mit Kameras Aufnahmen der Mondoberfläche machen sollten. Das versprach schnelle Erfolge, während die auch beschlossenen Surveyor und Lunar Orbiter Sonden erst noch entwickelt werden mussten.

Ranger 3 gelangte zwar auf eine Mondbahn, doch die Atlas verlor beim Start den Funkkontakt zur Bodenkontrolle, wo die Bahn vermessen und der Brennschluss ausgelöst wurde. Mit dem Autopiloten war die Genauigkeit geringer und die Raumsonde wurde zu schnell. Das konnte der Vorrat an Treibstoff für die Kurskorrektur nicht kompensieren und so verfehlte die Sonde den Mond um 37.000 km. Da die Kurskorrektur auch schieflief war die Distanz sogar noch größer als ohne das Manöver. Vor Erreichen des Mondes fiel zudem die Steuereinheit aus. Es gab keine Daten von der Sonde.

Ranger 4 gelangte auf die korrekte Umlaufbahn, doch nach dem Start machte die Raumsonde keines der vorgesehenen Manöver, fuhr die Solarzellen nicht aus und schlug stumm auf dem Mond auf. Wieder war der Timer/Sequenzer ausgefallen.

Ranger 5 war das letzte der Block I Geräte. Doch beim Ausfahren der Solarzellen gab es einen Kurzschluss und die Batterie alleine reichte nicht bis zum Mond. Noch während des Kurskorrekturmanövers fiel die Batterie aus, die Sonde überkompensierte und verfehlte den Mond um 720 km – wieder stumm, nur den kleinen Sender an Bord der Kapsel konnte man noch verfolgen.

Nach 5 Raumsonden hatte es keinen einzigen Erfolg gegeben. Es gab eine Untersuchung in der zahlreiche Dinge ans Licht kamen. Die Auslegung der Raumsonden wurde kritisiert. Sie waren dadurch unnötig komplex. So brauchte man um zum Mond zu kommen keine Solarzellen, eine Batterie hätte für die 3-4 Tage dauernde Mission gereicht. Anstatt ein automatisches Programm einzusetzen hätte man die Sonde durch Funkkommandos steuern können. Durch die fehlende Redundanz erhöhte man das Ausfallrisiko weiter. Als weitere Störgröße entpuppte sich die von einigen Wissenschaftlern lautstark geforderte Sterilisation der Sonde. Schon bei Tests auf der Erde zeigte eine sterilisierte Kapsel eine erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeit. die Sonde wurde auf 125°C erhitzt und dann in einer Ethylenoxydatmosphäre gestartet. Das Ethylenoxyd konnte zur Brüchigkeit der Isolation von Drähten führten. Für Block III sollte die Sterilisation entfallen.

Block III erhielt die Solarpaneele von Mariner 1+2, welche aus den Ringer Sonden entwickelt wurden, eine größere Batterie, mehr redundante Systeme und die Kapsel entfiel ganz. Stattdessen gab es zwei Größen von Fernsehkameras in zwei Ketten. Eine Kette machte Vollformataufnahmen, die andere tasteten nur die zentralen 7% der Röhre ab, dafür jedoch viel häufiger, dreimal pro Sekunde.

Zwei Jahre nach dem letzten Ranger Block II stand dann der erste Start von Ranger 6, dem ersten Block III Gerät an. Alles klappte bis 18 Minuten vor dem Aufschlag die Kameras aktiviert werden sollten – doch es gab kein Bild. Wie sich zeigte konnte bei der Stufentrennung der Atlas ionisiertes Gas in eine Öffnung in der Nutzlasthülle eindringen und einen Kurzschluss verursachen, auch weil die Raumsonde schon aktiv war. Für die folgenden Flüge dichtete man nun jede Öffnung in der Hülle ab.

Die letzten drei Ranger Block III Geräte Nummer 7-9 (niemals mehr würden die USA so viele Raumsonden eines Typs bauen) erfüllten ihre Mission und übertrugen in weniger als einer halben Stunde mehrere Tausend Aufnahmen zur erde. Bei der letzten Mission war sich die NASA so sicher, dass sie klappen würde, dass man die Aufnahmen life zur Ausstrahlung ins Fernsehen anbot.

Das JPL hatte viel Lehrgeld bezahlt, das Ranger Programm kostet 260 Millionen Dollar, das war damals eine Menge Geld, das bemannte Mercury Programm war z.B. nur doppelt so teuer. Doch die Erfahrungen zahlten sich aus. Das JPL festigte in den nächsten Jahrzehnten seinen Ruf als führende Organisation im Raumsondenbau. Angesichts der limitierten Fähigkeiten von Ranger verzichtete man auf eine weitere Serie: Block IV sollte wissenschaftliche Instrumente mitführen und Block V wieder eine, nun verbesserte Landekapsel.

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