Meine Favoriten für die nächsten Discoverymissionen

Derzeit entscheidet die NASA über die nächste Discovery Mission, eventuell könnten es auch zwei werden. Die fünf Kandidaten die von 27 Vorschlägen in die Endauswahl gekommen sind, sind folgende:

Deep Atmosphere Venus Investigation of Noble gases, Chemistry, and Imaging (DAVINCI)

Eine Venus Landekapsel die während des 63-minütigen Abstiegs chemische Untersuchungen der Atmosphäre macht. Sie soll nach Interaktionen zwischen Boden und Atmosphäre und Spuren vulkanischer Gase suchen. Ob die Venus aktiv ist wird seit langem diskutiert, leider erlaubt die dicke Atmosphäre aus dem Orbit nur indirekte Untersuchungen die nicht so deutlich sind wie man sie sich wünscht.

The Venus Emissivity, Radio Science, InSAR, Topography, and Spectroscopy mission (VERITAS)

VERITAS würde dort fortfahren wo Magellan stehen blieb und mit Radar die Topographie, Deformation und mit einem zweiten Instrument die chemische Zusammensetzung erforschen. Das 6-Kanal-Spektrometer soll von der DLR stammen.

Psyche

Psyche ist eine Mission zu dem gleichnamigen Asteroiden. Anders als die bisher untersuchten Asteroiden besteht er aus metallischen Elementen. Solche Asteroiden sind extrem selten Psyche soll nach gängiger Lehrmeinung durch Kollisionen mit anderen Asteroiden entstanden sein und stellt so den Kern eines Protoplaneten dar.

Near Earth Object Camera (NEOCam)

Ein Satellit der mit einem 50 cm Teleskop innerhalb von 4 Jahren zwei Drittel aller NEO-Asteroiden über 140 m Durchmesser finden soll.

Lucy

Lucy soll als erste Raumsonde die Trojaner erforschen, das sind Asteroiden die durch Jupiter in einen Liberationspunkt gezwungen wurden und nun 60 Grad vor und nach Jupiter auf dessen Umlaufbahn gelandet sind.

Zuerst mal eine Einstufung nach Chancen. Ich denke NEOCAM hat relativ gute Chancen. Den es gibt ein Kongressmandat dass die NASA 90% aller NEO möglichst bald finden soll. Zudem hat die Sonde nur ein Instrument und wird relativ nahe der Erde im L1-Librationspunkt untergebracht. Das begrenzt die Kosten.

Psyche geht zu einem wirklich interessanten Asteroiden. Gut ich halte nicht so viel von den Missionen, aber das die metallischen Körper sich von den anderen stark unterscheiden liegt auf der Hand. Dann hätte man auch alle Hauptklassen der Asteroiden mit einem Vertreter zumindest mal untersucht. Vom wissenschaftlichen Aspekt gesehen, sicher ein heißer Kandidat.

Lucy hat zwei Mankos. Das eine ist dass sie weit hinaus ins Sonnensystem geht. Selbst wenn sie Solarzellen anstatt RTG einsetzt wird sie dadurch teuer sein. Die Mission dauert lange, man braucht eine sehr teure Trägerrakete und die großen Antennen des DSN. Die Kosten sind daher sicher vergleichbar mit Juno. Das zweite Manko ist dass man damit rechnen kann, dass sich die Trojaner nicht so sehr von den von Jupiter eingefangenen Monden unterscheiden. Es wäre also als Alternative auch möglich diese zu untersuchen – und den Jupiter gleich mit.

Bleiben noch VERITAS und DAVINCI. VERITAS sehe ich in einer schwachen Position. Die Sonde setzt zwar die Bemühungen von Magellan fort, wird aber in ihrer nur 220 km hohen Umlaufbahn viel Treibstoff brauchen um den Orbit zu erreichen. Das macht sie teuer. Trotzdem wird die mittlere Auflösung nur bei 30 m liegen – da wäre heute durchaus mehr drin. Magellan lag bei 75-110 m. Das ist zwar dreimal besser, aber Radarsatelliten im Erdorbit erreichen heute 1 m und darunter.

DAVINCI wäre sicher sinnvoll. Die letzte Landesonde zur Venus gab es 1985. Die letzte US-Sonde 1978, keine US-Sonde hat jemals Bilder von der Oberfläche gemacht. Die Instrumentelle Analytik ist seitdem fortgeschritten, man kann Gase heute in kleinsten Spuren nachweisen und dank JPEG-Komprimierung auch noch einige Bilder mit hoher Auflösung in diesem kurzen Zeitraum übertragen. Was gegen die Sonde spricht, ist neben der Zurückhaltung der NASA bei Venusmissionen, dass man viel Geld investiert in eine Sonde die nur 63 Minuten lang arbeitet. So was war bisher nicht so beliebt. Bei Cassini stellte die ESA Huygens, bei Galileo war die Atmosphärensonde nur eine Mitnahmenutzlast. Lediglich Pioneer Venus Multiprobe waren dezidierte Sonden die nur landen sollten – dafür aber auch gleich vier, das bringt mehr Ergebnisse pro Dollar, weil die Entwicklungskosten sich so auf vier Exemplare aufteilen.

Auf Basis dieser Einschätzung würde ich auf Psyche und Neocam als nächste Discovery Missionen tippen. Ich selbst würde lieber die beiden Venus Sonden sehen. Die Venus ist ein meiner Ansicht nach vernachlässigter Planet. Obwohl unser Nachbar und leicht zu erreichen. Nur weil die Bedingungen an der Oberfläche so extrem sind. Gerade aber auch deswegen interessant. Und sei es nur zu wissen wie der Treibhauseffekt außer Kontrolle geraten kann, eine Erkenntnis die nicht ganz uneigennützig ist. Allerdings stapeln beide Vorschläge zu tief. VERITAS könnte mit K-Band Kommunikation und Datenkomprimierung wesentlich mehr Daten übertragen und bei Verzicht auf die gleiche Oberflächenabdeckung pro Tag und Zwischenspeichern der Daten könnte man die wechselnde Distanz (zwischen 42 und 258 Millionen km) zum Vorteil nutzen. Dann kommt man nicht auf 30 m Auflösung sondern den Bereich einiger Meter. Davinci ist interessant, doch wenn man bedenkt, dass selbst die kleinste verfügbare US-Trägerrakete 3 t zur Venus entsendet, dann könnte man wenn man von 200 kg pro Sonde (in der Größenordnung liegt die Kapsel von Venera D) ohne Problem vier bis fünf Kapseln absetzen. Angesichts dessen das die Entwicklungskosten meist zwei Drittel der Kosten des ersten Exemplars ausmachen und mit jedem weiteren aufgrund des Gesetzes der Serie diese auch noch billiger werden, ist dies sicher eine bessere Lösung. Das wäre dann eher eine Art „Pioneer Venus reloaded“.

4 thoughts on “Meine Favoriten für die nächsten Discoverymissionen

  1. Mein Favorit bei dieser Runde wäre IVO gewesen, der Io Vulcanic Observer. Endlich steht im Discovery-Programm mal eine Mission mit zur Auswahl, die etwas wirklich neues erforschen könnte, und dann geht sie wieder mal leer aus und es werden wieder zum Großteil die üblichen Asteroiden-Missionen ausgewählt. Die in meinen Augen einzig interessante Mission bei der getroffene Auswahl ist Davinci, alles andere ist schlicht langweilig. Aber auch bei der Venus haben wir schon einige Bilder und Messungen von der Oberfläche, während wir von Io deutlich weniger wissen. Von daher wäre es sinnvoll, wenn IVO später im Rahmen des New Frontier Programms noch eine Chance bekommt.

  2. Ich denke IVO wird schon wegen dem Finanzrahmen von 450 Millionen Dollar keine Chance haben. Ich kann mir nicht vorstellen wie die NASA das zu dem Preis machen will. Juno kostet 1,1 Milliarden Dollar (allerdings mit Trägerrakete). Mich wundert schon das Lucy bis in die endrunde kam.

  3. Man könnte auch DaVinci und Veritas kombinieren. Der Orbiter würden dann die Landesonde absetzen. Die müsste keinen eigenen Bus haben. Und man braucht nur eine Trägerrakete, vielleicht eine etwas grössere, aber das ist biller als zwei kleine.

  4. Ja, mit amerikanischen Sonden haben wir eine Unmengen an Informationen über das Sonnensystem und Universum erhalten, auch mit Radioastron wurden sensationelle Entdeckungen gemacht. Nur, was war vor der Singularität als auch Informationen über Galaxien die am Rande des Universum (etwa 46 Milliarden Lichtjahre) schon heute mit dreifacher Lichtgeschwindigkeit sich bewegen, werden wir niemals erfahren.

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