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Der Flug zum Mars

Einleitung

Wernher von Braun sah den Flug zum Mond als eine Zwischenstation an, der eine bemannte Raumstation folgen würde und dann ein Flug zum Mars, den er für 1986 geplant hatte. Nach der historischen Landung von Apollo 11 verflog sehr bald das Interesse an teuren Unternehmen, man konnte noch aus Resten des Apollo Programms die vergleichsweise preiswerte Raumstation Skylab verwirklichen, doch an einen bemannten Flug zum Mars war nicht mehr zu denken.

Heute befindet sich der Mars wieder im Mittelpunkt der Forschung. Bei jedem Startfenster starten eine und oder mehrere unbemannte Sonden. Seit einigen Jahren ist nun wieder auch von einem bemannten Marsflug die Rede. In diesem Artikel geht es nicht um konkrete Pläne - derartige gibt es nicht, jedoch einige Studien. Es soll vielmehr aufgezeigt werden, was die Unterschiede zu bisherigen Flügen zum Mond oder in eine Erdumlaufbahn sind, welche Probleme gelöst werden müssen.

Das Thema ist so komplex. das ich es in mehrere Teile aufgeteilt habe.

Startgelegenheiten und Flugzeiten

StartfensterBei einem Mondflug gab es jeden Monat ein Startfenster, da man zu einer bestimmten Mondzeit (kurz nach Sonnenaufgang) die Landeplätze erreichen wollte. Eine Weltraumstation kann man einmal am Tag anfliegen. Doch wie sieht es beim Mars aus?

Zum einen gibt es theoretisch unendlich viele Bahnen zum Mars. Selbst wenn man sich auf die mit chemischen Antrieben erreichbaren beschränkt, so gibt es noch sehr viele Bahnen. Raumsonden haben im Extremfall nur 140 Tage zum Mars gebraucht oder auch über 300. Das liegt nicht nur an der wechselnden Entfernung des Mars von der Sonne von 206 bis 249 Millionen km und entsprechend auch unterschiedlichem Abstand zur Erde.

Mann kann auch die Reisezeit und den Ankunftszeitpunkt verschieben, indem man mit unterschiedlicher Geschwindigkeit von der Erde startet und eine Ellipse einschlägt, welche die Marsbahn kreuzt, aber nicht dort endet. Der Preis für solche schnellen Bahnen ist eine höhere Ankunftsgeschwindigkeit und damit braucht man mehr Treibstoff um in eine Umlaufbahn um den Mars einzuschwenken.

Trotzdem gibt es eine Einschränkung: Mit den heutigen chemischen Antrieben kann man nur Bahnen einschlagen, die eine Einschränkung haben: Wenn man beim Mars ankommt, dann kann man mit vertretbarem Energieaufwand nicht zurück zur Erde fliegen wenn die Erde bei der Rückkehr eine bestimmte Position überschritten hat. Das liegt an den unterschiedlichen Geschwindigkeiten von Mars und Erde. Die Erde hat in den Monaten der Reise den Mars überholt, und um nun zurück zur Erde zu kommen, müsste man die Bahn praktisch um 180 Grad drehen - und das ist energetisch unmöglich, da man damit die Bahngeschwindigkeit des Mars (23-25,5 km/s) vernichten muss - um zum Mars zu gelangen braucht man dagegen vom Erdboden aus meistens nur etwa 13-14 km/s.

Es gibt zwei mögliche Bahntypen zum Mars, die Oppositionsflüge und die Konkjunktionsflüge.

KonjunktionsflugBei den ersten Planungen von Marsmissionen war das primäre Ziel, die Mission zu kurz wie möglich zu halten. Da war dies ein Problem. Wenn man die energetisch günstigste Bahn zum Mars nimmt, dann startet man so, dass man beim Mars ankommt, wenn die Erde genau 180 Grad von der Ankunftsposition entfernt ist. Der Mars steht dann in der "Opposition", so benannt, weil er genau entgegen der Erde ist, (leicht zu merken: Die Opposition ist auch immer gegen alles, was von der Regierung kommt). Dies ist ein Oppositionsflug. Zumindest die Hinflüge zum Mars sind heutzutage meist Oppositionsflüge. An dieser Position angekommen wäre die Erde aber wenn man zurückkehrt schon mehr als 180 Grad von der Startposition entfernt, da sie als innerer Körper im Sonnensystem eine kürzere Umlaufszeit als Mars aber auch Sonde in der Übergangsbahn hat. Man müsste dann gegen die Bewegungsrichtung des Mars startet, was wie schon erläutert energetisch heute nicht möglich ist.

Man löste das Dilemma, indem man lange vor dem optimalen Startzeitpunkt zum Mars startete, dafür eine sehr hohe Startenergie brauchte. Beim Mars musste man entsprechend stark abbremsen. Nach nur 2-3 Wochen flog man schon zurück und brauchte erneut erheblich mehr Energie um eine schnelle Bahn zu erreichen, die man bei der Landung auf der Erde wieder vernichten muss. Diese Missionen waren nur mit nuklearen Antrieb möglich, trotzdem waren die Startmassen sehr hoch. Solche Oppositionsmissionen haben eine Dauer von 400-550 Tagen. Außer der kurzen Dauer haben sie aber nur Nachteile. Der Aufenthalt ist auf wenige Wochen beschränkt, jeder Tag am Mars erhöht die Abfluggeschwindigkeit. Man brauchte enorme Treibstoffmengen. Eine Studie ergab bei 1200-1400 t Startmasse nur eine Nutzlast von 46 t. (Bild links: Oppositionsflug für 2018, genaue Daten, siehe Tabelle unten)

Eine Lösung des Problems war ein Umweg über die Venus. Die Venus kann entweder beim Hinflug oder beim Rückflug genutzt werden. Die Venus kann die Geschwindigkeit eines Raumschiffs um bis zu 4 km/s ändern oder entsprechend die Bahn umlenken. Bei der Passage beim Hinflug erspart die Venus einem die hohe Startgeschwindigkeit von der Erde aus. Bei der Passage bei der Rückreise lenkt die Venus die Bahn so um, dass man die Erde erreichen kann. In beiden Fällen braucht man weniger Treibstoff als bei einer Oppositionsmission. Für dieselben 46 t Nutzlast nur noch 500-700 t. Dabei sind längere Aufenthaltsdauern auf dem Mars von 60-80 Tagen möglich.  Der Flug über die Venus dauert aber länger etwa 540-680 Tage.

Der Nachteil der Venusvorbeiflüge ist eine größere Annäherung an die Sonne. Das macht zahlreiche Modifikationen am Raumschiff notwendig. Weiterhin gibt es keinerlei Möglichkeit der Vorwarnung bei Sonnenstürmen, da das Raumschiff sich in diesem Teil der Bahn innerhalb der Erdbahn befindet und damit jenseits von Satelliten, die eine Vorwarnung ermöglichen. Das wichtigste Gegenargument ist jedoch, dass Planung erheblich komplizierter ist. Nun gilt es, die relativen Stellungen von drei anstatt zwei Planeten zu berücksichtigen. Dadurch ergeben sich günstige Startfenster nur noch alle 6,4 Jahre und jedes ist kürzer, das Risiko, dass die Besatzung z.B. den richtigen Rückreisezeitpunkt verpasst, ist entsprechend höher. Daher verfolgt man heute bei den Planungen nur noch klassische Konjunktionsflüge, die ich im Folgenden detaillierter beschreibe. Ein Konjunktionsflug heißt so, weil Mars und Erde bei der Ankunft (in etwa) an den Positionen sind, wo der Abstand, minimal ist (zwischen 56 und 100 Millionen km). Diese Stellung heißt in der Astronomie Konjunktion.

Ein Startfenster zum Mars gibt es alle 26 Monate. Rund um diesen Zeitpunkt gibt es 4-6 Wochen, bei denen man zum Mars starten kann. Es sind genauer gesagt zwei Startfenster. Das eine ist das einer Bahn, bei dem die Marsbahn vor Erreichen des Aphels kreuzt (Hohmann Typ I Bahn, Flugdauer 6-7 Monate) und das Zweite eine Bahn, wo man die Marsbahn nach Passage des Aphels kreuzt (Hohmann Typ II Bahn, Flugdauer 9-10 Monate)

Eine Reise zum Mars dauert so je nach Abstand und Flugbahn etwa 6-10 Monate. Dies ist nicht nur wegen der unterschiedlichen Entfernung des Mars so, sondern weil auch geringe Änderungen der Startgeschwindigkeiten die Reisedauer rapide verändern können. Dies kann man beim Start ausnützen, um die Ausrüstung Wochen vor der Besatzung landen zu können. 1996 starteten Mars Global Surveyor am 7.11.1996 und Mars Pathfinder am 4.12.1996. Mars Pathfinder startete auf einer Hohmann Typ I Bahn und erreichte so den Mars schon am 4.7.1997. Der Mars Global Surveyor dagegen erst am 11.9.1997, also zwei Monate später, obwohl er einen Monat früher startete. Er nahm die längere Hohmann Typ II Bahn.

Die Hohmann Typ I+II Bahnen unterscheiden sich nicht nur in der Flugdauer. Ihren wesentlichen Grund haben sie in den geneigten Umlaufbahnen der Planeten. Es sind die Bahnen von Mars und Erde zueinander um einige Grad geneigt und das Ändern der Bahnneigung benötigt zusätzlichen Treibstoff. Es ist günstiger dann den Mars in einem Winkel kleiner als 180 Grad (Hohmann I) oder größer als 180 Grad (Hohmann II) zu passieren, wenn dieser bei der Ankunft dann näher an dem Punkt steht, wo der Winkel zwischen Erdbahn und Marsbahn Null ist. Ein weiteres Kriterium für die Auswahl von Bahnen kann die Ankunftsgeschwindigkeit sein - je kleiner sie ist desto weniger Treibstoff braucht man um eine Umlaufbahn zu erreichen sowie andere Faktoren, wie z.B. die Tatsache, dass nahe des sonnennächsten Punkts der Marsbahn bevorzugt Sandstürme entstehen, diese würde man bei einem Landeunternehmen vermeiden wollen.

Die verschiedenen Bahnen haben aber auch den Vorteil, dass man die Ankunft am Mars unterschiedlich ist. Bei Viking und MGS / MPF lagen zwei Monate zwischen der Ankunft des ersten und zweiten Raumschiffs. Dies vereinfacht sowohl die Bodenkontrolle und die bemannte Mission, die nach den unbemannten Teilen ankommt, kann man das Equipment schon durchchecken, bevor die Mannschaft ankommt.

Nehmen wir an ein Start der bemannten Mission erfolgt nun wie bei einer unbemannten Sonde auf einer energiearmen Hohmann typ I oder II Bahn. Dann erhält man den Konjunktionsflug. Angekommen am Mars hat man jedoch keine Rückflugmöglichkeit, da die Erde in einer falschen Position steht. Lediglich eine energiereiche Bahn, deren innerster Punkt innerhalb der Erdbahn liegt, mit einer Umlaufzeit von einem Jahr würde einen Vorbeiflug am Mars gestatten, jedoch keine Landung. Die Besatzung muss nun 500-650 Tage auf dem Mars warten. Dann schließt sich die Rückreise an, die wiederum 6-10 Monate dauert. Die Reisedauern sind mit vertretbarem Aufwand bis zu 4 Monaten reduzierbar, sie verkürzen die Mission jedoch nicht wesentlich, sondern verlängern nur die Aufenthaltsdauer auf dem Mars. Bei den bisher favorisierten Marsflügen dauert ein gesamter Flug im Durchschnitt 28-33 Monate. Die Dauer ist immer länger als die Periode eines Startfensters von 26 Monaten. Das Bild oben zeigt einen Konjunktionsflug bei einer Marsmission die 2018 startet und 2020 endet.

Die folgende Tabelle informiert über die wesentlichen Daten von zwei mit dem NASA Trajektory Browser durchgerechneten Lösungen:

Typ

Startdatum

Start-Δv

Ankunftsdatum Mars

Ankunft Δv Mars

Abflug Mars

Abflug Δv Mars

Ankunft Erde

Ankunft Δv Erde

dV über Konjunktiosflug

Oppositionsflug

6.5.2918

3.550 m/s

2.11.2018

1000 m/s

2.12.2018

3550 m/s

14.8.2019

16910 m/s

2.148 m/s

Konjunktionsflug

10.5.2018

3.530 m/s

4.12.2018

821 m/s

31.5.2020

1060 m/s

9.12.2020

11500 m/s

0 (1881 m/s nach Verlassen der Erde)

Die Δv Angaben beim Start sind relativ zu einem 200 km Kreisbahnorbit. Die beiden anderen Δv-Angaben beim Mars sind relativ zur Fluchtgeschwindigkeit in einem 200 km Orbit, d.h man muss mindestens um diese Geschwindigkeit abbremsen und beschleunigen, aber noch etwas mehr, um eine stabile Umlaufbahn zu erreichen. Um eine elliptische 24-Stunden-Umlaufbahn zu erreichen (gestattet die Landung oder Rückkehr in den Orbit alle 24 Stunden) muss man bei Ankunfts-Δv und Abflugs-Δv jeweils noch 200 m/s hinzurechnen.

Wie sich zeigt, sind die beiden Starts und die Ankunft nicht weit auseinander. Sie unterschieden sich eigentlich nur dadurch, das bei dem Konjunktionsflug die Ankunft einen Monat früher erfolgt, und wenn man beim Oppositionsflug ankommt, schon die Rückreise beginnt. Dann braucht man aber ein Δv von 3550 m/s anstatt 1060 m/s bei der späteren Rückkehr und auch die Erde erreicht man mit deutlich höherer Geschwindigkeit. 16910 m/s entsprechen der doppelten Energie, die man beim Oppositionsflug abführen muss. Mit Ausnahme der Galileo Atmosphären Sonde musste noch kein Hitzeschutzschild eine so hohe Energie abführen. Auch die Astronauten, die vom Mond zurückkehrten, taten dies mit 11 km/s.

Addiert man zu obigen Zahlen noch 200 m/s für das Einbremsen in den Marsorbit und Verlassen hinzu, so ergibt sich folgendes Gesamt-Δv-Budget:

Die rund 2700 m/s mehr entsprechen bei hochenergetischen Treibstoffen (LOX/LH2) in etwa einer Nutzlastradunktion um den Faktor 2 oder einer Erhöhung der Startmasse um den Faktor 2. Da nicht das ganze Raumschiff zu Mars hin und zurückfliegt, sondern ein Teil auch auf der Oberfläche verbleibt ist es in der Praxis etwas günstiger. Trotzdem sind die Nachteile unübersehbar: ein viel größeres Unternehmen und die Forschungsdauer ist zudem auf maximal 30 Tage beschränkt. Als weiterer Nachteil ergibt sich die hohe Ankunftsgeschwindigkeit. Bei einem Oppositionsflug wäre zumindest theoretisch denkbar das man in eine Erdumlaufbahn einschwenkt (für eine elliptische Bahn werden in etwa 1 km/s benötigt, für eine kreisförmige Bahn in Höhe der ISS sogar 3,5 km/s) bei der hohen Anfangsgeschwindigkeit der Konjunktionslösung ist dies ausgeschlossen.

Günstige und ungünstige Flugbahnen

StartgelegenheitenDer Mars hat eine sehr unregelmäßige Bahn um die Sonne. Sie verläuft zwischen 206 und 249 Millionen km Abstand von der Sonne. Noch extremer ist der Abstand von der Erde, den das Raumschiff zurücklegen muss. Er beträgt zwischen 56 und 100 Millionen km. Das hat drei Folgerungen:

Günstige Startfenster zum Mars wiederholen sich im Wechsel alle 15/17 Jahre und führen zu einem Startfenster von Ende Juli bis Ende September. Die beiden drei von 1971 wurden zum Start von Mars 2+3 und Mariner 8+9 sowie 1988 zum Start von Phobos 1+2 genutzt. Das nächste war 2003 und wurde von 3 Raumsonden (Den beiden Rovern Spirit und Opportunity und Mars Express) genutzt. Ein guter Startzeitpunkt zum Mars wäre so im Jahre 2024. Bei diesem Zeitpunkt ist nicht nur der Energieaufwand, sondern auch die Gesamtdauer der Mission minimal.

Die Grafik links zeigt das dV der jeweils günstigsten Bahn pro Startfenster. Man sieht deutlich den 15/17 Jahres Zyklus.

Risiken für ein Marsunternehmen

Ich möchte im folgenden die Risiken, die jede Marsunternehmen für den Menschen hat erläutern. Diese müssen bei der technischen und organisatorischen Umsetzung berücksichtigt werden.

Risiko 1: Die Sonne und kosmische Strahlung

Es gibt zwei Strahlungen die Astronauten gefährlich werden können. Die kosmische Strahlung und energiereiche Partikel von der Sonne. Die kosmische Strahlung besteht aus energieriechen schweren Atomkernen, aber auch Röntgen und Gammastrahlung. Sie werden von sterbenden Sternen, Gammastrahlenausbrüchen emittiert. Gegen diese schützt uns unsere Atmosphäre. Eine höhere Belastung durch einen Ausbruch ist nicht vorhersehbar und da es sehr viele Quellen gibt, ist es eine relativ konstante Belastung, die jedoch durch Ereignisse kurzzeitig erhöht sein kann.

Die Ursache der zweiten Belastung ist die Sonne. Die Sonne sendet neben Licht auch Protonen, Elektronen und Heliumkerne aus. Neben einem konstanten Strom gibt es auch kurzzeitige Ausbrüche, aus einem regionalen aktivem Gebiet, einen sogenannten Sonnensturm. Die Teilchen fliegen dann mit hoher Geschwindigkeit gerade nach außen und können je nach Bahn auf die Erde oder eine Raummission treffen, diese aber auch verfehlen.

Die Strahlung beider Arten kann auf zwei Arten abgeschirmt werden. Das eine ist eine langsame Abbremsung der energiereichen Teilchen, indem sie Elektronen längs ihres Weges beschleunigen. Dies ist der wichtigste Weg beim passieren der irdischen Atmosphäre. Für Abschirmungen ist dies nicht praktikabel, sie müsste zu dick sein. Das zweite ist die unelastische Kollision mit einem Atomkern. dies bremst die energiereichen Teilchen recht gut ab. doch kann dies eine dritte Strahlung induzieren, die Bremsstrahlung die nun aus langsameren Teilchen besteht die durch die Kollision entstanden sind. Diese können noch mehr biologisch wirksam sein, denn die sehr energiereiche Strahlung passiert zum größten Teil den Körper, während die Bremsstrahlung tief eindringt und dann gestoppt wird, in der Summe also größere Strahlungsschäden verursacht.

Alle bisherigen bemannten Missionen hielten sich entweder innerhalb des Erdmagnetfeldes auf, oder wie bei Apollo entfernten sie sich maximal einige Tage aus diesem. Ein Astronaut ist auf der ISS zwar der kosmischen Weltraumstrahlung ausgesetzt, nicht jedoch dem Bombardement von energiereichen Protonen und Heliumkernen, die von der Sonne ausgestrahlt werden. Diese werden vom Magnetfeld umgelenkt. Gibt es bei Zeiten aktiver Sonne einen Ausbruch so kann dies sogar auf der Erde zu Schäden kommen, wie 1989 der Ausfall der Stromnetzes von Quebec. Im Oktober 2004 legte einen Sonnensturm einige Satelliten lahm und pikanterweise auch das Strahlungsmessgerät MARIE an Bord von Mars Odyssey, welches die Strahlenbelastung beim Mars messen sollte. Auf der Erde ist heute eine Vorwarnung möglich. Dies machen Satelliten die sich in einer Bahn zwischen Erde und Sonne befinden und einige Stunden vor der Erde von dem Strahlungssturm erfasst werden. Ein analoges Netz könnte man auch für den Mars aufbauen.

Die Apollo Astronauten hielten sich nur wenige Tage außerhalb der Magnetosphäre der Erde auf. Damals gab es zwar Frühwarnsatelliten, welche eine Sonneneruption rechtzeitig meldeten, so dass die beiden Astronauten auf dem Mond noch den Lander erreichen konnten. Doch gegen eine sehr starke Sonneneruption hätten die dünnen Metallhäute wenig Schutz geboten.

Das Strahlungsrisiko ist erheblich höher bei einem Marsflug, zumal auch die Marsoberfläche durch das fehlende Magnetfeld und die dünne Atmosphäre wenig Schutz bietet. Die Dauer der Mission ist viel länger und die Wahrscheinlichkeit dass die Besatzung nicht nur einen, sondern mehrere Sonnenstürme durchstehen muss, ist recht hoch. Zudem muss man anders als bei der ISS auch einen Schutz gegen die normale Belastung durch Protonen und Heliumkerne bauen.

Gegen kosmische Strahlung gibt es nach heutigem Stand der Technik recht wenige Schutzmöglichkeiten. Schützen würden nur klassische Abschirmungen wie sehr dicke Bleischichten oder andere Metalle mit hoher Dichte. Das heute verwendete Aluminium schützt nicht, im Gegenteil: Hochenergetische Strahlung führen beim Auftreffen zu einer Lawine von radioaktiven Aluminiumkernen die in der Summe eine höhere Belastung als die ursprüngliche Strahlung darstellen. Auf dem Mars ist die Atmosphäre zu dünn - ihre Dichte entspricht einer 10 cm dicken Schicht auf der Erde. Ausgehobenes Oberflächengestein könnte als Schutz fungieren.

Allerdings sind von dieser Belastung auch die Astronauten im Erdorbit betroffen. Einige russische Astronauten haben sich summiert auf mehrere Missionen, schon so lange im Weltall aufgehalten, wie eine Marsmission dauert. Kosmische Strahlung steigert das Krebsrisiko, doch dies scheint in einem tolerierbaren Bereich zu sein. Der kurzzeitige Schaden durch Sonnenstürme für die Besatzung macht Wissenschaftlern mehr Sorgen: Es wären Schädigungen des Gehirns, im Extremfall wäre die Besatzung nicht mehr handlungsfähig. Die längerfristigen Folgen sind Krebs, bedingt durch eine Zerstörung des Knochenmarks. Ungeschützt (z.B. im Raumanzug) kann ein sehr starker Sonnensturm zur Zerstörung des Knochenmarks ausreichen, wodurch es dann zu inneren Blutungen kommt, an denen der Betroffene dann innerhalb von Wochen stirbt.

Diffiziler ist die Beurteilung der Belastung durch solare Strahlung. Das grundsätzliche Problem: Es gibt heute keine Daten auf die man bauen könnte. Mars Odyssey, eine Raumsonde, hat zwar ein Gerät an Bord, welche diese messen sollen, doch dieses machte bald Probleme und fiel dann just während eines Strahlungssturmes aus. Es gibt daher nur Annahmen und Schätzungen. Da die Strahlung sehr variabel ist und die Sonnenaktivität über einen 11 Jahreszyklus schwankt, findet man sehr viele Daten. Die Beurteilung geht daher von "Die Besatzung ist einem sehr hohen Strahlungsrisiko ausgesetzt und kann nur teilweise geschützt werden" bis hin zu "Man kann sich vor den Strahlungen schützen und das Krebsrisiko wird nur um wenige Prozent erhöht". Diese unterschiedlichen Einschätzungen kommen vor allem durch die Einbeziehung von seltenen aber dann sehr heftigen Strahlungsstürmen zustande. Die größte bislang vermessene Sonneneruption im August 1972 ergab einen summierten Wert von 10 Sv an unabgeschirmter Strahlung. Das ist 3 mal höher als die letale Dosis. Um sie auf ein Zwanzigstel abzuschirmen - eine Dosis bei der das Krebsrisiko noch erhöht ist - hätte man eine 30 cm dicke Aluminium oder eine 22 cm dicke Wasserschicht benötigt Wie häufig diese seltenen Ereignisse sind ist nicht vorhersehbar. Will man sich dagegen schützen, so muss eine Abschirmung sehr stark sein.

In den letzten Jahren gibt es aber mehr Schätzungen, die von einer niedrigen Strahlenbelastung ausgehen. So erhält ein Astronaut auf der ISS etwa 50 cSv pro Jahr. Für eine Marsmission von 2.5 Jahren Dauern liegen heute die Schätzungen zwischen 29 und 114 cSv. Das bedeutet das die Belastung nicht wesentlich höher eingeschätzt wird, als wie für einen längeren Aufenthalt an Bord der ISS. Dies ist möglich, weil die Besatzung immer außerhalb der Erdbahn ist, so verdünnt sich die Strahlung auf ein größeres Gebiet. Zudem bietet die Marsatmosphäre etwas rudimentären Schutz und die Hälfte der Zeit ist die Sonne auf der Nachtseite. In dieser Zeit geht die solare Strahlenbelastung auf 0 zurück. Die galaktische Strahlung ist im Erdorbit und auf dem Mars nahezu gleich hoch.

Was aber wenn die Besatzung außerhalb der schützenden Station ist? Bei der Reise vom Mars und zurück ist dies nur selten der Fall, wahrscheinlich nur bei Notreparaturen. Doch auf dem Mars soll die Besatzung diesen erkunden. Man muss diese Ausflüge also entweder so beschränken, dass man sehr schnell wieder zurück ins Wohnquartier kommt. Das schränkt die Erkundung des Mars beträchtlich ein. Idealerweise verbringt die Besatzung einige Tage in einem Rover der einem Wohnmobil ähnelt und mit dem sie sich hunderte von Kilometern vom Landeort entfernen kann. Doch dann muss dieser genauso abgeschirmt werden, wie der Wohnbereich und dies bei einem fahrbaren Gefährt - das wird sehr schwierig werden. Bislang gibt es dafür keine Lösung.

Strahlungseinfluss Dosis-Äquivalent für blutbildende Organe
 (hinter 5 g{cm² Wasser)
Gesundheitsrisiko
für einen 35 jährigen Mann
Galaktische, kosmische Strahlung + solare Strahlung
 (hinter 2g/cm² Al)  Sonnenminimum
45 cSv/Jahr 3 % Jahr erhöhtes Krebsrisiko
Sonnenmaximum 18 cSv/Jahr <1 % pro Jahr erhöhtes Krebsrisiko
Marsoberfläche (hinter 10g/cm² CO2) Sonnenmaximum 12 cSv/Jahr <1 % pro Jahr erhöhtes Krebsrisiko
Sonnenminimum 5 cSv/Jahr <1 % pro Jahr erhöhtes Krebsrisiko
Sonneneruption (5 Sv, 1 AE abstand)    
hinter 2g/cm² Aluminium 500 cSv > 90 % tödlich in 60 Tagen,
37 % erhöhtes Krebsrisiko für die Überlebenden
hinter 20 g/cm² Aluminium 11 cSv <1 % pro Jahr erhöhtes Krebsrisiko
Marsoberfläche hinter 10 g/cm² CO2 170 cSv < 10 % tödlich in 60 Tagen
12 % erhöhtes Krebsrisiko für die Überlebenden
hinter 10 g CO2 und 50 g/cm² Marsboden 0 cSv Kein höheres Krebsrisiko als auf der Erde

Risiko 2: Die Dauer

Medizinische Probleme

Der derzeitige Langzeitrekord bei bemannten Flügen liegt bei 408 Tagen. Geht man davon aus, das alle Astronauten auf dem Mars landen, so ist diese Dauer aus medizinischer Sicht ausreichend, um einen Flug durchführen zu können. Selbst die längsten Bahnen haben Reisezeiten von unter 300 Tagen. Danach befindet sich die Besatzung zumindest unter reduzierter Schwerelosigkeit auf dem Mars. Ohne Schwerkraft verliert man Muskelmasse und Knochensubstanz. Etwa 1 % Knochenmasse pro Monat selbst bei Training. Der Verlust an Muskelmasse ist stark schwankend und besser durch Krafttraining beeinflussbar.

Die größten Probleme bei einem langen Flug sind die Schwächung der Knochen und aller Muskeln, trotz intensiven Trainings. Auf dem Mars herrscht aber 1/3 der irdischen Schwerkraft. Das bedeutet, das sich die Besatzung auf dem Mars regenerieren kann, und wieder die Muskelmasse aufbauen kann. Da die Astronauten bei Außeneinsätzen sich in schweren Raumzügen bewegen ist der Effekt sogar relativ hoch. Dazu ist aber genügend Zeit nötig. Auf der Erde müssen Astronauten nach einigen Monaten Fluges aus der Kapsel getragen werden und benötigen 2-3 Monate für die Regeneration ihrer Leistung um wieder arbeiten zu können. Schon aus diesem Grunde ist ein langer Aufenthalt auf dem Mars nötig und scheidet ein kurzer Flug über die Venus aus.

Es gibt einige Szenerien die davon ausgehen, das eine Expedition wie bei Apollo getrennt wird in eine Landebesatzung und eine Orbitbesatzung. Ein solches ist z.B. in der SuW Spezial 3 "Mars" beschrieben. Dieses hat den Nachteil, das die Orbitbesatzung 3 Jahre lang keine Schwerkraft fühlt. Die Erfahrung mit Flügen von einem Jahr zeigen, das schon hier ein sehr starker Abbau der Muskelmasse vorliegt. Nach heutiger Sicht ist ein solch langer Aufenthalt medizinisch nicht verantwortbar. Eine Orbitbesatzung könnte zudem fast nichts durchführen, was preiswerter ein unbemannter Satellit erledigen könnte. Es gäbe sogar sehr starke Spannungen. Denn ein Teil der Besatzung fliegt zum Mars - 10 Monate lang - bleibt in einer Umlaufbahn und die Kollegen landen. 500 Tage darf dieser Teil der Besatzung dann zuschauen wie die Kollegen den Mars erforschen, während sie selber nur passive Beobachtungen durchführen können. Berechnungen ergaben, dass jemand der 3 Jahre lang der Schwerelosigkeit ausgesetzt ist als 40-45 Jähriger dann den Knochenbau eines 90 jährigen aufweist. Mit diesem Knochenbau einen Wiedereintritt bei der Landung auf der Erde mit mehreren G Belastung zu überstehen, dürfte sehr problematisch sein.

Der Fall, dass die Besatzung sehr lange in der Schwerelosigkeit ist muss aber berücksichtigt werden. Es kann sein, dass man die Mission abbrechen muss. Neben der bemannten Mission muss man ja Treibstoff zur Rückkehr zum Mars schicken, auf dem Mars eine Behausung landen und dazu noch Ausrüstung und dort eine Stromversorgung installieren. Das sind in den meisten Szenarien zusätzliche Flüge. Meistens 4 Flüge insgesamt, davon ist nur einer bemannt. Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Die 3 unbemannten Flüge schon ein Startfenster vorher zu starten - sie kommen dann 16-20 Monate vor dem Start der bemannten Mission an und man kann deren Start abbrechen wenn eine dieser Vorbereitungsmissionen scheitert. Allerdings sind dann alle Teile auch so lange den Marsbedingungen ausgesetzt und die Gefahr von Fehlfunktionen ist dann größer. Die zweite Möglichkeit ist diese wenige Wochen vorher zu starten und auf anderen Bahnen schneller zum Mars zu senden. 2 Monate vor der Ankunft der Besatzung landen dann die unbemannten Teile. Bei einem Problem würde die Besatzung nicht auf dem Mars landen sondern nur einen Marsorbit (sofern der Treibstoff dafür ausreichend ist - das ist eine Frage wie genau die Mission aussieht) oder sie bleibt in einer sonnenumlaufbahn.

Damit man aus der Sonnenumlaufbahn wieder zur Erde zurückkehren kann muss diese eine Umlaufdauer haben die mit der Umlaufszeit der Erde ein einfaches Verhältnis bildet. Eine solche Bahn ist zum Beispiel eine in 243 Millionen km Entfernung, diese hat 1.5 Jahre Umlaufszeit, führt damit nach 3 Jahren zur Erde zurück (die dann dreimal die Sonne umrundet hat und die Mission zweimal). eine solche Bahn hat einen Geschwindigkeitsbedarf von 3400 m/s zusätzlich zur Kreisbahngeschwindigkeit von der Erde aus - das ist nicht viel mehr als bei einer Hohmannbahn. Allerdings hat das Raumschiff beim Mars dann eine Relativgeschwindigkeit von 4.6 km/s, während es bei einer Hohmannbahn nur etwa 2.7 km7s. sind. Für Missionen die erst in einen Orbit einschwenken und dann landen braucht man also deutlich mehr Treibstoff. Noch kürzere Flugzeiten zum Mars und zurück zur erde würde eine Umlaufbahn mit 2 Jahren Umlaufszeit mit einem Aphel in 325 Millionen km Entfernung ergeben. Der Mars wäre nach 3-4 Monaten erreicht, die Besatzung würde bei einem Missionsabbruch nach  2 Jahren wieder auf der Erde landen. Allerdings muss man dann schon 5 km/s zusätzlich zur Kreisbahngeschwindigkeit beim Start aufbringen und beim Mars angekommen hat die Fähre eine Relativgeschwindigkeit von 9 km/s. Man benötigt dann stärkere Hitzeschutzschilde zur Landung. ein einschwenken in einen Orbit ist bei dieser Differenz nicht mehr möglich.

Die Besatzung kann natürlich durch den Treibstoff den sie hat die Bahn ändern. in jedem Falle aber wird sie mindestens einen Umlauf, d.h. mindestens 1.5 Jahre ununterbrochen in der Schwerelosigkeit sein, wenn sie die Mission abbricht. Es könnten aber auch 3 Jahre sein. Auf diese Extremwerte muss man sich einstellen und gewährleisten, dass die Astronauten so lange fit sind.

Es gibt jedoch schon bei der Hinreise ein Problem: Die Besatzung die auf dem Mars landet ist geschwächt, hat bis zu 15 % ihrer Knochenmasse verloren und muss nun zuerst ein Habitat erreichen, Vorräte umladen und Ausrüstung fertig machen, dies alles in schweren Raumanzügen. Wie soll die Besatzung auf dem Mars diese Herausforderung meistern ? Dazu eine Zahl: Gary Lineker war 5 Monate an Bord der MIR. In diesen 5 Monaten verlor er 65 % seiner Kraft. Vor dem Aufenthalt konnte er 45 kg stemmen, danach noch 15 kg. 5 Monate sind in etwa die Zeit, die eine Besatzung von der Erde zum Mars braucht. Man geht davon aus, dass eine 1000 tägige Marsmission trotz Training etwa 50 % der Muskelmasse verlieren wird.

Eventuell wird man daher für die Reise zum Mars zu einer Rotation des Wohnmoduls übergehen. Da die Besatzung nicht forscht braucht man keine Schwerelosigkeit. Umgekehrt wäre eine Rotation die 40 % der Erdanziehung erreicht, sehr gut als Vorbereitung für die Besatzung, denn diese herrscht auch auf dem Mars. Dies kam man z.B. bei einer Station mit 30 m Durchmesser erreichen, wenn diese alle 12 Sekunden um ihre Achse rotiert. Zumindest in den äußeren Bezirken herrschen dann 0.4 G. Hier sollten sich Wohnmodule befinden, in denen die Besatzung die längste Zeit verweilt. Dazu muss die Station nicht so lang sein. Es reicht wenn man zwischen Treibstofftank und Wohnteil ein Seil spannt - allerdings gibt es dann Probleme wenn man die räumliche Lage ändern möchte. Besser wäre eine entfaltbare Gitterstruktur, die dann aber sehr große Kräfte aufnehmen muss.

Das Problem von rotierenden Stationen ist, dass diese Kräfte auch auf alle Materialen wirken und sie nicht gleichförmig sind, sondern in steigendem Abstand zur Rotationsachse abnehmen. Eine rotierende Station ist daher sicher die letzte Möglichkeit die man einschlagen wird. Zumal diese dann auch wesentlich schwerer als eine nicht rotierende sein wird und diese Zusatzmasse muss transportiert werden. Künstliche Schwerkraft ist aber wichtig: Sie verhindert, anders als Krafttraining, nicht nur den Muskelabbau sondern bremst auch die Entkalkung der Knochen.

Die Alternative ist es nicht die Station rotieren zu lassen, aber zum Training künstliche Schwerkraft einzuführen. Das könnte über eine Zentrifuge geschehen, bei der man sogar mehr als 1 g erzeugen kann. Die ESA favorisiert diese Idee und zumindest ist dies wohl effizienter als das stundenlange Training, das heute die Astronauten absolvieren, und das nur den Abbau verlangsamen kann und für eine Marsmission nicht ausreichen würde, einfach weil diese viel länger dauert als die 180 Tage die heute für einen ISS Aufenthalt geplant sind. 1.5 Stunden an Bord einer Zentrifuge von 8 m Größe sollen genauso effizient sein, wie die 4 Stunden Krafttraining die heute pro Tag absolviert werden.

Riskant könnte in jedem Fall eine Erkrankung während des Aufenthalts oder ein Unfall sein. Selbst mit einem Arzt an Bord dürfte es kaum möglich sein, eine komplette Krankenhauseinrichtung mitzuführen. Eine Basisausstattung ist aber mitführbar und damit kann man die häufigsten chirurgischen Eingriffe durchführen. Assistenz kann auch von der Erde kommen durch Videos, eventuell dreidimensionale Virtualisierung. Eine Online-Hilfe scheidet wegen der Funklaufzeiten aus, daher wird wohl ein Besatzungsmitglied eine medizinische Ausbildung besitzen.

Operationen scheiden während der schwerelosen Phase bei Hin- und Rückflug aus - so dachte man noch vor einigen Jahren. Inzwischen hat man dies erprobt und es scheint möglich zu sein, wenn man über das entsprechende Training verfügt. Bei einem Parabelflug der ESA wurde während 22 Parabeln (a 30 Sekunden Dauer) z.B. eine simulierte Tumorentfernung an einem Arm durchgeführt.

Psychologische Probleme

Eines unterschiedet einen Marsflug grundlegend von einer Erdorbit oder Mondmission: Die Abschottung von der Außenwelt über lange Zeit. Mondflüge dauerten maximal 11 Tage, Erdorbitallüge dauerten zwar länger, doch konnten die Astronauten jederzeit zurückkehren, sie bekamen regelmäßig Besuch von Gästen und hatten Funkkontakt mit der Erde und ihren Angehörigen. Trotzdem kam es bei russischen Langzeitflügen zu Schwermut und Arbeitsverweigerung. Dies, obwohl bei russischen Besatzungen sehr viel mehr Wert darauf gelegt wird als bei der USA, dass die Menschen miteinander auskommen. Weiterhin nahm die Konzentrationsfähigkeit rapide ab und Fehler häuften sich rapide an. Dies ist bei einem Marsflug noch kritischer als bei Erdorbitmissionen, weil hier kein Flugabbruch möglich ist. (Man denke hier an das Rammen von Mir durch den M-34 Progresstransporter).

Das Fernsehbeispiel "Big Brother" ist in dieser Hinsicht vielleicht ganz lehrreich: Die Kandidaten haben dort offensichtliche Probleme wenn sie 100 Tage aufeinander hocken. In einer Raumstation ist der Platz noch beengter, der Kontakt noch abgeschotteter und niemand kann den Container verlassen...

Man kann die Situation von Astronauten zum Mars nicht mit früheren Entdeckungsreisen vergleichen, wie dies so gerne getan wird. Damals waren die Besatzungen größer. Es gab bei den Entdeckungen kontakte mit anderen Menschen, fremden Kulturen und man verließ das Schiff um auf Inseln neue Welten mit einer neuen Botanik kennenzulernen. Die Marsbesatzung wird immer in Raumanzügen durch eine lebensfeindliche Wüste stapfen, niemals eine Menschenseele kennenlernen, geschweige denn ´Südseeinseln mit kristallklarem wasser und braunhäutigen Schönheiten. Daraus ist ersichtlich, dass die Besatzung einer sehr großen psychologischen Belastung ausgesetzt wird.

Der psychologische Aspekt ist einer der größten Unbekannten bei einem Marsflug. Man kann es nur schwer simulieren, weil der Flug von 3 Jahren einfach zu lange ist. Für die Besatzung sehr wichtig ist, das während der ganzen Zeit kein Sprechkontakt mit der Erde da ist. Man kann sich zwar unterhalten, doch gibt es Funklaufzeiten von 3 bis 21 Minuten. Eine echte, spontane Kommunikation ist hier nicht möglich, nur "Statements". Die Kommunikation wird dann wohl ähnlich sein wie bei einem E-Mail Kontakt oder dem Zusenden von Videos.

Andererseits hat die Landung auf dem Mars auch positives. Anders als in einer Raumstation kann die Besatzung dort in einer Landschaft herumwandern, diese erforschen und arbeiten. Sie entkommt zumindest der Enge der Behausung und es gibt auch die Möglichkeit sich zu trennen, indem ein Teil der Besatzung einen Ausflug macht und ein anderer im Wohnmodul bleibt. Jeder der vom Mars zurückkehrt wird ein Held sein. Das erhöht die Motivation beträchtlich. Die Idee daher einen Teil der Besatzung nicht landen zu lassen ist nicht nur medizinisch eine sehr schlechte Entscheidung, sie würde auch einen Graben zwischen den Besatzungsmitgliedern ziehen.

Bücher vom Autor

Es gibt von mir vier Bücher zum Thema bemannte Raumfahrt. Alle Bücher beschäftigen vor allem mit der Technik, die Missionen kommen nicht zu kurz, stehen aber nicht wie bei anderen Büchern über bemannte Raumfahrt im Vordergrund.

Das erste bemannte Raumfahrtprogramm der USA, das Mercuryprogramm begann schon vor Gründung der NASA und jährt sich 2018 zum 60-sten Mal. Das war für mich der Anlass, ein umfangreiches (368 Seiten) langes Buch zu schreiben, das alle Aspekte dieses Programms abdeckt. Der Bogen ist daher breit gestreut. Es beginnt mit der Geschichte der bemannten Raumfahrt in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Es kommt dann eine ausführliche technische Beschreibung des Raumschiffs (vor 1962: Kapsel). Dem schließt sich ein analoges Kapitel über die Technik der eingesetzten Träger Redstone, Little Joe und Atlas an. Ein Blick auf Wostok und ein Vergleich Mercury bildet das dritte Kapitel. Der menschliche Faktor - die Astronautenauswahl, das Training aber auch das Schicksal nach den Mercurymissionen bildet das fünfte Kapitel. Das sechs befasst sich mit der Infrastruktur wie Mercurykontrollzentrum, Tracking-Netzwerk und Trainern. Das umfangreichste Kapitel, das fast ein Drittel des Buchs ausmacht sind natürlich die Missionsbeschreibungen. Abgeschlossen wird das Buch durch eine Nachbetrachtung und einen Vergleich mit dem laufenden CCDev Programm. Dazu kommt wie in jedem meiner Bücher ein Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis und empfehlenswerte Literatur. Mit 368 Seiten, rund 50 Tabellen und 120 Abbildungen ist es das bisher umfangreichste Buch von mir über bemannte Raumfahrt.

Mein erstes Buch, Das Gemini Programm: Technik und Geschichte gibt es mittlerweile in der dritten, erweiterten Auflage. "erweitert" bezieht sich auf die erste Auflage die nur 68 Seiten stark war. Trotzdem ist mit 144 Seiten die dritte Auflage immer noch kompakt. Sie enthält trotzdem das wichtigste über das Programm, eine Kurzbeschreibung aller Missionen und einen Ausblick auf die Pläne mit Gemini Raumschiffen den Mond zu umrunden und für eine militärische Nutzung im Rahmen des "Blue Gemini" und MOL Programms. Es ist für alle zu empfehlen die sich kurz und kompakt über dieses heute weitgehend verdrängte Programm informieren wollen.

Mein zweites Buch, Das ATV und die Versorgung der ISS: Die Versorgungssysteme der Raumstation , das ebenfalls in einer aktualisierten und erweiterten Auflage erschienen ist, beschäftigt sich mit einem sehr speziellen Thema: Der Versorgung des Raumstation, besonders mit dem europäischen Beitrag dem ATV. Dieser Transporter ist nicht nur das größte jemals in Europa gebaute Raumschiff (und der leistungsfähigste Versorger der ISS), es ist auch ein technisch anspruchsvolles und das vielseitigste Transportfahrzeug. Darüber hinaus werden die anderen Versorgungsschiffe (Space Shuttle/MPLM, Sojus, Progress, HTV, Cygnus und Dragon besprochen. Die erfolgreiche Mission des ersten ATV Jules Verne wird nochmals lebendig und ein Ausblick auf die folgenden wird gegeben. Den Abschluss bildet ein Kapitel über Ausbaupläne und Möglichkeiten des Raumfrachters bis hin zu einem eigenständigen Zugang zum Weltraum. Die dritte und finale Auflage enthält nun die Details aller Flüge der fünf gestarteten ATV.

Das Buch Die ISS: Geschichte und Technik der Internationalen Raumstation ist eine kompakte Einführung in die ISS. Es wird sowohl die Geschichte der Raumstation wie auch die einzelnen Module besprochen. Wie der Titel verrät liegt das Hauptaugenmerk auf der Technik. Die Funktion jedes Moduls wird erläutert. Zahlreiche Tabellen nehmen die technischen Daten auf. Besonderes Augenmerk liegt auf den Problemen bei den Aufbau der ISS. Den ausufernden Kosten, den Folgen der Columbia Katastrophe und der Einstellungsbeschluss unter der Präsidentschaft von George W. Bush. Angerissen werden die vorhandenen und geplanten Transportsysteme und die Forschung an Bord der Station.

Durch die Beschränkung auf den Technischen und geschichtlichen Aspekt ist ein Buch entstanden, das kompakt und trotzdem kompetent über die ISS informiert und einen preiswerten Einstieg in die Materie. Zusammen mit dem Buch über das ATV gewinnt der Leser einen guten Überblick über die heutige Situation der ISS vor allem im Hinblick auf die noch offene Versorgungsproblematik.

Die zweite Auflage ist rund 80 Seiten dicker als die erste und enthält eine kurze Geschichte der Raumstationen, die wesentlichen Ereignisse von 2010 bis 2015, eine eingehendere Diskussion über die Forschung und Sinn und Zweck der Raumstation sowie ein ausführliches Kapitel über die Versorgungsraumschiffe zusätzlich.

Das bisher letzte Buch Skylab: Amerikas einzige Raumstation ist mein bisher umfangreichstes im Themenbereich bemannte Raumfahrt. Die Raumstation wurde als einziges vieler ambitioniertes Apollonachfolgeprojekte umgesetzt. Beschrieben wird im Detail ihre Projektgeschichte, den Aufbau der Module und die durchgeführten Experimente. Die Missionen und die Dramatik der Rettung werden nochmals lebendig, genauso wie die Bemühungen die Raumstation Ende der siebziger Jahre vor dem Verglühen zu bewahren und die Bestrebungen sie nicht über Land niedergehen zu lasen. Abgerundet wird das Buch mit den Plänen für das zweite Flugexemplar Skylab B und ein Vergleich mit der Architektur der ISS. Es ist mein umfangreichstes Buch zum Thema bemannte Raumfahrt. Im Mai 2016 erschien es nach Auslaufen des Erstvertrages neu, der Inhalt ist derselbe (es gab seitdem keine neuen Erkenntnisse über die Station), aber es ist durch gesunkene Druckkosten 5 Euro billiger.

Mehr über diese und andere Bücher von mir zum Thema Raumfahrt finden sie auf der Website Raumfahrtbücher.de. Dort werden sie auch über Neuerscheinungen informiert. Die Bücher kann man auch direkt beim Verlag bestellen. Der Versand ist kostenlos und wenn sie dies tun erhält der Autor auch noch eine etwas höhere Marge. Sie erhalten dort auch die jeweils aktuelle Version, Bei Amazon und Co tummeln sich auch die Vorauflagen.


Dieser Text stammt von Bernd Leitenberger
© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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