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Skurille Erfindungen der Wehrmacht im Dritten Reich

Der Krieg ist der Vater aller Dinge ... heißt es. Manchmal führt der Krieg auch zu sehr skurrilen Entwicklungen, vor allem wenn er für die Partei die sie macht nicht erfolgreich verläuft. Im zweiten Weltkrieg wurdeneinige Erfindungen gemacht, die später eine Rolle im Militär spielen sollten.

Do brachte man in Deutschland den kurz vor dem Krieg entwickelten Hubschrauber und Düsenantrieb zur Serienreife, den Düsenantrieb auch zum Einsatz,. Es wurde die Langstreckenrakete (A-4) entwickelt, das Cruise Missile (Fi-103), und die selektiv auf Warmblüter wirkende C-Waffen (Tabun, Sarin). In England wurden während des Kriegs einsatzfähige B-Waffen (Milzbranderreger) und in den USA die Atombombe entwickelt.

Ddoch es gab vor allem in Deutschland auch Erfindungen die skurril, oder auch ziemlich ineffizient sind. Einige (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) will ich heute mal vorstellen. Fangen wir mal an mit einigen exotischen Flugzeugen.

Die Do 335

Do 335Die Dornier 335 war ein Jäger mit Kolbenmotor, der Standardtechnologie des zweiten Weltkriegs. Das besondere: Neben dem bei allen anderen Flugzeugen eingesetzten Zugpropellers hatte das Flugzeug noch einen Druckpropeller am Heck. Der Vorteil war, das der Luftwiderstand so nicht viel größer war als bei einem einmotorigen Flugzeug. Die schnell rotierenden Propellerblätter erzeugten einen guten Teil des Luftwiderstandes und eine zweimotorige Maschine hatte üblicherweise zwei Motoren an den Tragflächen, die dadurch eine Verlängerung der Tragflächen (und damit mehr Gewicht und mehr Luftwiederstand) nötig machten. Zweimotorige Jagdflugzeuge wie die englische Moskito, die deutsche Me 110 oder die amerikanische P-38 waren daher langsamer als einmotorige Maschinen und auch nicht so wendig. Die meisten wurden im zweiten Weltkrieg nur zur Bekämpfung von Bombern die noch langsamer und schwerer manövrierbar waren oder zur Erdkampfunterstützung eingesetzt. Die Do 335 erreichte je nach Muster eine Geschwindigkeit von 735 bis 775 km/h, das waren 50 bis 100 km/h mehr als die alliierten Jäger. Abweichend von den anderen Mustern war auch das Seitenleitwerk. Es war, wenn es in einfacher Ausfertigung vorlag meistens nur nach oben gezogen. Die Do 335 hatte zwei gleich große die nach oben und unten ragten, sodass Höhen und Seitenleitwerk am Geck ein Kreuz bildeten wie man es von einigen Raketen oder der A-4 kénnt.

Offen ist ob das Muster ein gutes Jagdflugzeug gewesen wäre. Es gab Berichte die von Mängeln sprachen, aber diese mögen auch der schnellen Entwicklung und dem Materialmangel geschuldet sein. Die gebauten Exemplare hatten in jedem Falle einen Mangel: Vom Cockpit aus konnte man nicht nach hinten sehen, da es vorne am Rumpf war. Das war für ein Jagdflugzeug ein großes Manko. Projektiert war auch die Dornier 635, die aus zwei Rümpfen der Do 335 bestand und als Fernaufklärer gedacht war.

Die Me 163 und Bachem BA-349

Deutschland entwickelte die A-4, die erste Großrakete der Welt, sie war aber nicht das einzige Raketenprojekt. Neben den unbemannten Raketen wurden auch Raketenflugzeuge gebaut. Eines wurde operational, die Me-163, das "Kraftei". Ein Flugzeug auf Basis eines Raketenantriebs zu bauen ist keine sehr gute Idee. Der Antrieb ist für den Betrieb außerhalb der Erdatmosphäre gedacht und in der Atmosphäre ineffizient. Ein Düsentriebwerk funktioniert auch nach dem Rückstoßprinzip, ist jedoch um einiges effizienter. Der erste Unterschied ist, das ein Düsentriebwerk den Sauerstoff aus der Luft bezieht mit dem das Flugbenzin verbrennt wird. Dagegen muss ein Raketenantrieb den Sauerstoffträger mitführen. Im dritten Reich setzte man für den Antrieb der Me-163 hochkonzentriertes Wasserstoffperoxid (T-Stoff) und Hydrazinhydrat/Methanol (C-Stoff) ein. Da das Wasserstoffperoxid auch Wasser enthält, benötigte man davon sehr große Mengen. Nur ein Fünftel der Treibstoffzuladung war Verbrennungsträger. Zudem erhitzt ein Düsenantrieb auch den Stickstoff der Luft mit, der dann auch Schub erzeugt. Alles zusammen bewirkt das ein Raketenflugzeug etwa zwanzigmal mehr Treibstoff pro Sekunde braucht wie ein Düsenflugzeug (bei gleichem Schub). Dafür hat ein Raketenantrieb bezogen auf sein Gewicht einen enormen Schub. Er erlaubt es sehr schnell aufzusteigen und hohe Geschwindigkeiten zu erreichen.

Me 163Die Flugdauer der Me-163 lag daher unter 8 Minuten, obwohl sie beim Start das Gewicht mehr als 50% aus Treibstoff bestand. Zudem ist der Treibstoff selbstentzündlich, wurden die Tanks durch Beschuss beschädigt so dürfte die Maschine explodiert sein. Daneben war die Raketentechnologie damals noch am Anfang. Es war noch nicht sehr zuverlässig und es gab zahlreiche Unfälle beim Einsatz. Trotzdem kam es zu diesem und 350 Maschinen wurden gebaut.

Warum baute man die Maschine? Nun durch den hohen Schub bei geringem Gewicht (sie wog leer 1.900 kg, die Focke Wulf 190A als leistungsfähigster konventioneller Abfangjäger wog leer 3.850 kg hatte die Me-163 eine enorm hohe Steiggeschwindigkeit die zehnmal höher als die einer Mustang war. Die Me 163 war auch schnell, die Serienflugzeuge waren 250 km/h schneller als die schnellsten alliierten Kolbenjäger. Ein Testmuster erreichte fast Schallgeschwindigkeit. Doch wie beim ersten operationalen Düsenjäger, der Me-262, die 80 km/h langsamer war, war dies nicht von Vorteil, denn alliierte Bomber waren fast 500 km/h langsamer. Es war sehr schwierig bei dieser hohen Relativgeschwindigkeit einen Treffer zu landen. Man versuchte dies mit den ersten Luft-Luftraketen zu kompensieren, die Schrapnellsprengköpfe hatten. Später setzte man ein im Schub reduzierbares Triebwerk ein, das auch die Flugdauer verlängerte. Das war auch sinnvoll, denn die Masse nahm ja durch den verbrauchten Treibstoff ab. Ohne Schubreduzierung wurde die Maschine also immer schneller. Es gibt unbestätigte Berichte, das eine Me-163 sogar die Schallgrenze erreicht haben soll, da Piloten bei hohen Geschwindigkeiten von starkem Rütteln berichteten, dass dann bei höheren Geschwindigkeiten abrupt aufhört - ein typischer Effekt wenn die Schallmauer durchbrochen wird. Es gibt aber auch Zweifel an diesen Berichten. Durch Messungen belegt ist eine Maximalgeschwindigkeit von 1130 km/h die am 6.7.1944 erreicht wurde. Bei einer Außentemperatur von 20 °C beträgt die Schallgeschwindigkeit aber 1235 km/h

Die Me-163 war mehr ein Indiz dass man den alliierten Luftflotten nicht mehr beikommen konnte, man erhoffte sich wohl durch den schnellen Start und das schnelle Erreichen der Bomber, dass ein Abschuss gelang, bevor die Begleitjäger eingreifen konnten. Mehr als einen Anflug lies meist die Betriebszeit von nur 8 Minuten nicht zu und danach musste die Me-163 im Gleitflug landen und war ohne Eigenantrieb sehr verwundbar. Die Me-163 war aber auch sonst ungewöhnlich. Sie hatte als eines der ersten Flugzeuge gepfeilte Tragflächen, eine spitze Nase und kein Höhenleitwerk. Sie ähnelt eher einem modernen Düsenjäger als einem Flugzeug aus dem zweiten Weltkrieg.

Noch skurriler war ein zweiter Raketenjäger, der anders als die Me 163 nicht mehr zum Einsatz kam. Die Bachem Natter oder Ba-349. Er war ein Produkt der Materialknappheit zum Kriegsende und auch dem fehlen von ausgebildeten Piloten, von denen die meisten gefallen waren. Es sollte ein Jäger sein, der aus nicht kriegswichtigen Materialien bestand und von nur kurz ausgebildeten Piloten gelogen werden konnte. Er war nicht der einzige, die Heinkel 162, ein Düsenjäger hatte dieselbe Philosophie.

BA 349Die Bachem Natter bestand aus Sperrholz. Sie hatte nur nur kurze Stummelflügel, weil der Antrieb durch den Raketenantrieb erfolgte, dafür einen dicken Rumpf. In diesem befanden sich vorne die Raketen die man auf die Bomber abschießen sollte. Sie war nicht gedacht Bomberflotten anzugreifen die auf dem Weg zu Zielen waren wie die meisten Jäger, sondern nur als Objektschutz gedacht, das waren damals meistens Flugabwehrgeschütze, über den Städten oder Fabriken griffen in der Regel wegen des Flakbeschusses deutsche Jäger nicht an. Eine sehr hohe Reichweite braucht man nicht, auch musste man nicht viel in der Atmosphäre manövrieren. So wurde die Bachem Natter senkrecht gestartet, von einer Startrampe aus. Zehn Feststofftriebwerke die nach dem Ausbrennen abgeworfen wurden beschleunigten die Natter in 10 Sekunden auf Höchstgeschwindigkeit. Bei einer Steigrate von anfangs 37 m/s, zum Ende 200 m/s erreichte die Maschine sehr schnell die gegnerischen Bomber. Das Haupttriebwerk, dasselbe wie in der Me-163 hatte durch nur 40% der Treibstoffmenge der Me-163 eine noch kürzere Flugzeit. Bei reduziertem Schub betrug sie maximal viereinhalb Minuten, bei vollem Schub nur zwei Minuten. Daher verwandte sie einen Analogrechner, der sie zu ihren Zielen führen sollte. Erst im Endanflug sollte der Pilot die Maschine steuern. eine Bordkanone gab es nicht. Angesichts der hohen Relativgeschwindigkeit wäre sie wirkungslos gewesen. Stattdessen feuerte sie eine Salve umgelenkter Raketen auf die Bomber ab. Danach stieg der Pilot mit dem Fallschirm aus, da ohne Treibstoffe und ohne Raketen das Flugzeug mit den Stummelflügeln kaum lenkbar war. Das Öffnen der Cockpithaube bewirkte auch das Öffnen eines Fallschirms am Heck, wodurch man den Antrieb und den Rumpf bergen konnte. Die Reichweite der Natter betrug maximal 40 km. Es gab nur einen bemannten Testflug einer Natter mit Raketentriebwerken und der endete tödlich.

Beide Flugzeuge beruhten auf dem Konzept des "Objektjägers". Sie sollten bei einem strategisch wichtigen Punkt stationiert sein und wenn die gegnerischen Flugzeuge sich nähern schnell aufstiegen, einen Bomber abschießen (für einen zweiten Anflug gab es schon nicht mehr genug Treibstoff) und dann schnell landen bzw. bei der Natter sollte nur der Antrieb geborgen werden.

Immerhin: die USA griffen das Konzept mit der X-15 wieder auf, mit der dann etliche Geschwindigkeits- und Höhenrekorde aufgestellt wurden. Ein Pilot einer X-15 war dann der erste Mensch auf dem Mond. Zumindest einen Vorteil hatte es: die Me-163 Entwicklung mündete in die Entwicklung der Luftabwehrrakete "Enzian", die eine verkleinerte von einem Analogrechner gesteuerte Me-163 war, sie hätte mit einem Sprengkopf sich in der Nähe der Bomber gesprengt und durch Schrapnellwirkung diese beschädigt. Sie wurde nicht mehr bis Kriegsende fertiggestellt, doch die Konstrukteure fanden nach dem Krieg Anstellung in England. Dort bauten sie verbesserte Versionen des Antriebs der Me-163 und Natter in Höhenforschungsraketen ein, nicht mal der ineffiziente Treibstoff Wasserstoffperoxid wurde ausgetauscht. Zwanzig Jahre später bauten sie für England die Antriebe der Black Arrow -.der einzigen Trägerrakete die jemals Wasserstoffperoxid einsetzte. Da man den Schub kaum gesteigert hatte, brauchte diese relativ kleine Rakete nicht weniger als acht Antriebe in der ersten und zwei in der zweiten Stufe.

BV-141Blohm & Voss BV 141

Noch ungewöhnlicher sah die BV-141 aus, ein Fernaufklärer für die Marine. Da für ein Aufklärungsflugzeug eine sehr gute Rundumsicht wichtig ist, stellte man gängige Konstruktionsprinzipien auf den Kopf. Im Rumpf war ein Motor untergebracht, die Kanzel lag nicht im Rumpf, sondern in einem zweiten Körper in einer Tragfläche, dort wo bei zweimotorigen Flugzeugen der Motor war. Doch es gab nur einen dieser Rümpfe. auf der anderen Seite gab es keinen. Um die Asymmetrie komplett zu machen gab es auch nur auf der gegenüberliegenden Seite ein Höhenleitwerk. Die Kabine konnte so vorne rundum verglast werden, und ohne Motor gab es auch nichts was den Blick einschränkte - zweck erfüllt, doch woanders erreichten Aufklärer dies einfacher z.B. durch verglaste Gondeln unter dem Rumpf oder zwei Aussichtplattformen vorne und am Heck. Erstaunlicherweise beeinträchtigte die Bauweise die Flugeigenschaften kaum. Die Maschine war zwar nicht schnell, aber schneller als die verfügbaren Vorkriegsmuster wie ie BV-138. Es ging aber nie in Serienfertigung.

Geschütze und Panzer

28 cm KanoneNicht nur in der Luft gab es skurrile Erfindungen, sondern auch an Land. Fangen wir an mit Geschützen. An und für sich gab es bei Geschützen seit dem ersten Weltkrieg (bis heute) zumindest was Kaliber angeht, nicht mehr viel zu verbessern. Für Geschütze an Land gibt es Grenzen für die Größe und damit auch die Masse, die gezogen werden, durch die Forderung dass die Geschütze transportiert werden müssen, entweder gezogen oder in ein Panzerfahrwerk eingebaut. Daneben muss man die Granaten transportieren und ins Rohr einbringen können. Bis heute ist das größte Standardkaliber bei landgestützten Geschützen 150 bis 155 mm. Eine Granate wiegt dann schon 45 bis 50 kg und muss von zwei Mann getragen werden. Das Geschütz selbst wiegt 8 t und nur sehr leistungsstarke Zugmaschinen können es bewegen.

Größere Kaliber haben eine geringe Mobilität und wegen der schweren Granaten eine geringe Feuerrate. Zudem verschleißen die Rohe um so schneller, je höher das Kaliber ist. Daher war der allgemeine Trend nach dem ersten Weltkrieg keine größeren Geschütze zu bauen, dafür Reichweite, Treffgenauigkeit und Feuerrate zu steigern. Bei Schiffen gab es die Einschränkungen nicht. Hier stand mit dem Schiffsmotor eine Antriebsquelle zur Verfügung um Granaten bis zu 1 t Gewicht zu bewegen und so wuchsen zwischen den Kriegen die Kaliber weiter an. An Land gab es nur eine Ausnahme und das waren Eisenbahngeschütze. Sie waren trotz großen Kalibers noch bedingt transportabel, da sich das Gewicht auf die gesamte Zuglänge verteilte, doch passten sie nicht in die Strategie des mobilen Kriegs, des Blitzkriegs. Sie mussten erst zum Ort gefahren werden, dort musste das Gleisbett vorbereitet werden und meistens Drehscheiben angelegt werden und auch das Beladen der Geschütze dauerte lange. Es gab während des zweiten Weltkriegs kaum Stellungskriege und nur selten wurden Befestigungen "belagert" für die sich großkalibrige Geschütze lohnten, denn nur um Schützengäben zu befeuern braucht man keine Kaliber über 200 mm Durchmesser. Große Geschütze waren zudem teuer um Unterhalt. Machte die kurze Lebensdauer von Rohren bei großen Kalibern von etwa 100 Schuss bei Schiffen nicht so viel, aus, zerstörte doch ein Volltreffer ein Handels- oder Kriegsschiff mit hohem Wert, so feuerte man nun auf befestigte Stellungen.

38 cm KanoneTrotzdem fertigte Deutschland im zweiten Weltkrieg die größten jemals gebauten Geschütze, noch größer als die größten Schiffsgeschützte mit Kaliber 456 mm. Deutschland baute drei 38 cm Eisenbahngeschütze indem sie die Geschütze der 38 cm Klasse der Schlachtschiffe Tirpitz und Bismarck an Land einsetzten. Diese als "Siegfried" bekannte Kanone wog 294 t, so viel 10 bis 20 Panzer, schoss 450 und 800 km schwere Granaten 55 bzw. 42 km weit. Seltsamerweise baute die Kriegsmarine keine weiteren Schlachtschiffe und verzichtete auch auf die Aufrüstung der Scharnhorst und Gneisenau auf das 38 cm Kaliber. (zweites Bild) Dazu gab auch noch kleinere Eisenbahngeschütze wie die 28 cm Kanone Leopold (255 kg schwere Granaten die über 62,4 km (mit Raketenzusatzantrieb 86,5 km) erreichten. 25 dieser Geschütze wurden eingesetzt, anders als die 38 cm Riesen auch regelmäßig. Einige wurden dann zum Start der bei der V3 eingesetzten Röchlin Speere "Peenemünder Pfeilgeschoss“ umgerüstet, da diese eigentlich für ein kleineres Kaliber vorgesehen waren und so nicht mal halb so schwer waren erreichte man eine höhere Endgeschwindigkeit von 1420 m/s und damit eine Reichweite von 160 km.(erstes Bild)

Mörser KarlViel größere Geschütze scheinen auch für Schienen nicht geeignet zu sein. So hatte die Wehrmacht zwar noch die Mörser Karl mit einem 54 bzw. 60 cm Kaliber im Einsatz, doch aufgrund des kurzen Rohres, der niedrigen Geschwindigkeit der Granate und dadurch der leichten Granate war diese Kanone mit 124 t noch leichter als die Siegfried-Schiffskanonen. (Bild rechts) Sie konnten von einer mobilen Selbstfahrlafette gezogen werden. Trotzdem baute Deutschland ein Geschützmonster mit dem enormen Kaliber 800 mm. Zwei Geschütze, "Gustav" und "Dora wurden gefertigt. Sie waren aber nicht mehr uneingeschränkt transportabel. Das Geschütz musste zerlegt und mit fünf Eisenbahnzügen transportiert werden, am Zielort wurde es wieder zusammengebaut wofür man weitere drei bis vier Bauzüge brauchte. Weiterhin mussten Gleisstrecken verstärkt und eine Drehstrecke verlegt werden. Das gesamte Geschütz wog 1350 t, 2000 Personen brauchte man für den Aufbau. Zusammen mit unterstützenden Truppen (Flak) und der Geschützbesatzung braucht man 4500 Mann, nur um ein einziges Geschütz einzusetzen. Es kam nur zu einem der Dora Einsatz bei der Belagerung von Sewastopol, bei dem das Geschütz an 5 Tagen 48 Granaten abfeuerte, also nur rund 10 Schuss pro Tag. Die Treibladung von 1850 kg Gewicht bewirkte eine starke Reduktion der Treffgenauigkeit schon nach dem 15-ten Schuss (projektierte Lebensdauer des 400 t schweren Rohrs: 100 Schuss). 10 Einschläge lagen näher als 60 m vom Ziel, der entfernteste 740 m entfernt. Eine Granate riss einen 32 m tiefen Krater in den Boden, konnte 10 m Beton, 7 m Stahlbeton und 1 m Stahl durschlagen. Die Reichweite betrug je nach Treibladung zwischen 28 und 47 km bei Granaten die 4,8 bis 7,1 t wogen, also so viel wie ein Spähpanzer. Es gab noch weitere Pläne für Geschütze mit kleinerem Kaliber wodurch man längere Rohre einsetzen konnten und Reichweiten bis zu 100 km erreichte, um England zu beschießen, doch dazu kam es nicht mehr: Lancasterbomber zerstörten die Bunker, die dafür gebaut wurden und beweisen, das man mehrere Meter Beton auch mit Bomben durchschlagen konnte und nicht ein riesiges Geschütz dafür brauchte. (Bild unten: Modell)

Die V3

80 cm Kanonen (Modell)Die skurrilsten Geschütze waren wohl die V3, die auch verschiedene andere Namen hatte wie "fleißiges Lieschen" oder "Englandkanone". Es waren stationäre Geschütze nach dem Prinzip der Mehrkammerkanone. Bei einem herkömmlichen Geschütz wird eine Treibladung gezündet die sich am Boden der Granate befindet. Sie beschleunigt das Geschoß. Je länger das Rohr ist, und je höher die Treibladung, desto höher die Endgeschwindigkeit und damit auch die Reichweite. Bei den deutschen Panzern gab es z.b. anfangs im Panzer IV die Kanone 7,5 cm L/24 mit einer Mündungsgeschwindigkeit von 385 m/s und der Panther eine mit demselben Kaliber aber einem längeren Rohr (L/77) und einer Mündungsgeschwindigkeit von 700 bis 1120 m/s je nach Granatentyp. Weiterhin ist die Reichweite von dem Kaliber abhängig, da der Luftwiederstand nur von der Oberfläche, die Reduktion der Geschwindigkeit aber von der Gesamtmasse abhängt. So erreichen Schiffsgeschütze mit Mündungsgeschwindigkeit von rund 800 m/s nicht höhere Geschwindigkeiten als Feldartillerie, doch die größeren Granaten werden viel weniger abgebremst und fliegen weiter.

Ein Mehrkammergeschützt hat nun neben dem Hauptrohr weitere Kammern, mit weiteren Treibladungen, die nach der Hauptreibladung in kurzem Abstand gezündet werden. Sie erhöhen die Treibgasmenge. Diese Vorgehensweise erhöht nicht nur die Geschwindigkeit, sondern verringert auch den Verschleiß: schließlich wird im Rohr Sprengstoff gezündet. Hat man davon viel (um eine höhere Geschwindigkeit zu erreichen), so dehnt er mit der Zeit das Rohr, die Treffgenauigkeit nimmt ab. Beim Zünden nach der Haupttreibladung ist das Manko geringer, denn die Granate hat schon ein Stück des Wegs zurückgelegt, die erste Treibladung hat sich ausgedehnt und bringt nur noch wenig Schub auf, richtet aber auch weniger Schaden an. In der Summe ist es so, dass zehn kleine Ladungen effektiver sind als eine große.

Die V3 sollte eine Endgeschwindigkeit von 1500 m/s. erreichen. Ohne den Luftwiederstand wäre eine Granate dann 162 km weit geflogen, mit Luftwiderstand basierend auf Erfahrungswerten wahrscheinlich etwa 120 km weit. Das Kaliber war mit 15 cm relativ klein und entsprach dem größeren Standardgeschütz der Artillerie, dem schweren Feldgeschütz 18. Dafür war das Rohr mit 58 m extrem lang. Es kamen spezielle "Röchlin-Speere" mit ausfaltbaren Stabsilierungsfinnen von 140 kg Gewicht (geplant) zum Einsatz. Das war für eine 150 mm Granate relativ schwer. Eventuell ist dies auch die Ursache, dass die Zielgeschwindigkeit nicht erreicht wurde. Die Granaten wurden auf maximal 1100 m/s beschleunigt, was die Reichweite auf die Hälfte, rund 60 km verkürzte. Dazu trug aber auch die Reduktion der Rohrlänge von 130 auf 58 m bei. Die Granaten wogen auch nur noch 97 kg, davon 25 kg Sprengstoff der beim Aufprall detonierte. Es waren die Kanonen extrem unbeweglich und gaben nur drei Schuss pro Tag ab. Zwei Stück wurden während der Ardennenoffensive eingesetzt, waren aber aufgrund der großen Streuung von 4 km militärisch wirkungslos. Das ist das Grundproblem jeder Fernwaffe, die keine aktive Steuerung zur Kompensation der Abweichung hat, auch die A-4 hatte eine sehr hohe Streuung. Eine Abweichung von 3% in der Geschwindigkeit führt bei 60 km Reichweite schon zur Steuerung über 4 km. Auch für diese Kanonen wurde enorm viel investiert, ohne das sie einen militärischen Nutzen hatten. Eine dritte Anlage wurde vor der Fertigstellung durch britische Bombenangriffe zerstört.

SturmtigerGelernt hat man aus dem Fiasko mit Supergeschützen nichts, denn zum Ende des Krieges wurden einige Tiger Panzer umgebaut: Anstatt der normalen 8,8 cm Kanone erhielten diese einen 38 cm Mörser! (Bild links) Das ging, weil die Lauflänge nur 200 cm betrug, bei einer echten Kanone wären es 16 m gewesen und das Gewicht viel zu hoch. Obwohl der Turm entfiel waren die Sturmtiger mit 65 t nicht leichter als die normalen Tiger - kein Wunder jede der 15 Granaten wog 345 kg und war 149 cm lang. Davon entfielen 250 kg auf den Treibsatz, der erst nach Verlassen des Rohrs einen Feststoffantrieb zündete, um die Granate von 45 auf 200 m/s zu beschleunigen, anders wäre de Abschuss in dem Panzer nicht möglich gewesen. Gedacht waren die Sturmtiger für den Häuserkampf auf kurze Entfernung und der Forderung steil zu schießen (die Reichweite betrug maximal 5,6 km). Sie sollen auch eingesetzt worden sein, z.B. bei der Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto, sie waren aber logistische Monstren und von geringem Nutzen.

Deutschland produzierte auch die schwersten Kampfpanzer des zweiten Weltkriegs. Der Tiger I wog 57 t, der Elefant 65 t, genauso wie der oben erwähnte Sturmtiger, die zweite Version des Tigers, der Tiger II schon 69,7 t und der Jagdtiger mit seiner 12,8 cm Kanone schon 71,7 t. (ein Leopard 2 wiegt mit 62 t weniger). der Jagdtiger ist der schwerste jemals in Serie gebaute Kampfpanzer. Doch ist er nur ein Zwerg verglichen mit dem Panzerkampfwagen VIII. Was meinen sie wie dieser heißt? In der Wehrmacht gab es den Panzerspähwagen Luchs, den mittleren Kampfpanzer Panther und den schweren Tiger, dazu bei den Sturmgeschützen den Brummbär, das Nashorn und den Elefant. Wie würde man wohl einen noch größeren Panzer nennen? Löwe? Ozelot? Wolf? Nein, der größte jemals gebaute Panzer hieß ...

Maus

Kein Witz: der jemals größte zumindest in einem Exemplar gebaute Panzer hieß "Maus". Nur war die "Maus" 188 t schwer, alleine der Turm wog mit 55 t soviel wie ein Tiger der ersten Generation. Er war über 10 m lang, 3,68 m breit und 3,89 m hoch, also in etwa so groß wie ein Einfamilienhaus. Siehe Bild, ein wahres Monster... Als Hauptbewaffnung wählte man die größte serienmäßig hergestellte Kanone für die Bekämpfung von Punktzielen, das war die 12,8 cm Flak die auch der Jagdtiger hatte (dort konnte sie die alliierten Panzer noch aus 2,5 bis 4 km Entfernung ausschalten). Als Sekundärwaffe gab es eine koaxial (nur begrenzt schwenkbare) 7,5 cm Kanone mittlerer Länge, das Standardgeschütz der Panzer IV. Für die Serienexemplare war eine Neuentwicklung, eine 15 cm Kanone vorgesehen.

MausDie Panzerung war mit 5 bis 240 mm Stärke nicht dicker als beim Tiger, aber wog wegen der Größe des Panzers entsprechend mehr. Selbst ein eigens für den Panzer konstruierter 12 l Dieselmotor mit 1080 PS (später 1200 PS) konnte ihn nur auf 14 km/h im Gelände (20 km/h auf der Straße) beschleunigen, womit der Panzer extrem träge gewesen wäre. Vor allem dürfte es am benötigten Benzin (3800 l auf 100 km im Gelände) gemangelt haben. Auch bei guter Panzerung muss ein Panzer mobil sein, auch ein nicht zu leichtes Ziel zu sein. Es gibt ja noch Infanterie mit Hohlladungssprengladungen und die wirksamste Waffe der US-Armee gegen den Tiger war der Beschuss mit großkalibriger Artillerie, die wegen der geringen Mobilität dieser Geschütze auch bessere Chancen bei einem langsamen Panzer hatte. Nicht umsonst wird als bester deutscher Panzer des zweiten Weltkriegs nicht der tiger angesehen, sondern der Panther der zwar nicht so gut gepanzert und eine Kanone mit kleinerem Kaliber hatte, aber beweglicher war (und zudem weitaus weniger störanfällig: die meisten Tiger gingen nicht durch Feindbeschuss verloren sondern mussten aufgegeben werden, weil sie mechanische Defekte hatten)

Es gibt gute Gründe, warum Panzer nicht schwerer wurden, als die größten Exemplare des zweiten Weltkriegs. Mit fast 190 t Gewicht hätte die Maus die meisten Brücken nicht passieren können. Auch das Verladen auf die Eisenbahn dürfte problematisch gewesen sein und wer sich die Schäden bei Straßen ansieht die nur von 60 t schweren Leopard angerichtet werden kann sich vorstellen wie problematisch erst die Maus in dieser Hinsicht ist. Es wurden nur zwei Exemplare bis Kriegsende fertiggestellt. 11 weitere gab e in verschiedenen Stadien des Baus. Andere Kampfpanzer der 75 und 100 t Klasse kahmen über das Projektstadium nicht hinaus.

Der/die Maus ist wohl das beste Beispiel des Gigantismus den die Wehrmacht bei manchen Projekten verfolgte. Es ist bezeichnend, das man von drei Entwürfen die für den Panzer E100 (E= Entwicklung 100: 100 t Gewicht) den schwersten wählte, es gab auch konkurrierende Entwürfe von Krupp ("Löwe" mit 76 bzw. 90 t Gewicht (bewaffnet mit einer 10,5 bw. 15 cm Kanone)

Zusammenfassung

Ich habe in diesem Artikel nur ein par Projekte beleuchtet, es gäbe sicherlich noch mehr zu berichten, denn das ist nur die Spitze des Eisbergs. es gab zahlreiche Projekte die nicht das Prototypstadium erreichten oder die es nur auf dem Papier gab, so z.B. Landkreuzer mit Geschützen die man normalerweise nur auf Schiffen findet von bis zu 1500 t Gewicht. Auf der anderen Seite war wie im Eingang schon angedeutet die Entwicklung auch sehr produktiv, es wurden Vorläufer zahlreicher Waffen erfunden, so die Gleitbombe, das Cruise Missile, natürlich die taktisch einsetzbare Großrakete, die Düsenjäger etc. Es war aber auch kennzeichnend für die deutsche Industrie zu dieser Zeit sehr viele Protoptypen und Varianten zu entwickeln. Deutschland wandelte auch schon existierende Flugzeuge und Fahrzeuge in einem Maße ab, wie dies die anderen Nationen nicht taten, die mehr auf homogene Großserien setzten. So entstanden aus den Fahrgestellen und Wannen de deutschen Panzer zahlreiche Sturmgeschütze, Jagdpanzer, und mobile Artellerielafetten. Zahlreiche Flugzeuge wurden für die unterschiedlichsten Rollen modifiziert. So war die Ju 88 mittlerer Bomber, Torpedo Bomber, Aufklärt und schließlich sogar Nachtjäger.

Die teilweise überlegene Technik, wie z.B. bei den Jagdflugzeugen Me-262, den Panzern Panther und Tiger konnte aber nicht das Missverhältnis der Kräfte ausgleichen, zumal die vielen Entwicklungen ja auch Ressourcen kosteten. Dazu kam gerade in den letzten beiden Jahren der Mangel an ausgebildeten Piloten oder Soldaten, ohne die auch die beste Waffe ihre Wirkung verliert. Schlussendlich gewannen die Alliierten durch die materielle Überlegenheit, höhere Stückzahlen anstatt besserer Technik.

Im Endeffekt sorgten diese skurrilen Entwicklungen dafür, das der Krieg verkürzt wurde, denn sie banden Ressourcen die man sonst für Rüstungsgüter gebraucht hätte. Das größte Projekt war die A-4, von den Nazis "V-2" genannt. Ihre Entwicklung und Produktion sollen 2 Milliarden Reichsmark gekostet haben. Wenn ich die Schilderungen meiner Mutter über Preise und Arbeitslöhne zu dieser Zeit nehme entspricht dies heute der zehnfachen Summe in Euro. Nur als Vergleich: Die Panzer IV,V und VI kosteten zwischen 103.000 und 250.000 Reichsmark pro Stück, Flugzeuge gab es ab 100.000 Reichsmark, U-Boote ab 3 Millionen Reichsmark und ein Schlachtschiff wie die Bismarck und Tirpitz kosteten rund 196 Millionen Reichsmark. Das bedeutet man hätte alleine für diese Summe rund 20.000 Panzer IV (gesamte produzierte Stückzahl: 8525), 2000 ME 109 (Produktionszahl: 30.500) oder zehn Schlachtschiffe (nur zwei gebaut) bzw. 700 U-Boote (gebaut ungefähr 1.200). Daran sieht man, dass man mit diesen Mitteln durchaus erheblich mehr Rüstungsgüter hätte herstellen können.

Schlussendlich führten die Entwicklungen so nicht zu einer Verlängerung des Krieges, sondern seiner Verkürzung, Zum Glück für uns, denn die ersten beiden Atombomben wurden entwickelt um über Deutschland abgeworfen zu werden.

Artikel erstellt am 14.4.2014


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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