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Ein Uranusorbiter

Einleitung

Nachdem Cassini das Saturnsystem erkundet hat, wäre der nächste Planet, der nicht nur bei einem Vorbeiflug passiert wird, sondern durch einen Orbiter erkundet wird Uranus. Leider macht die Himmelsmechanik die Sache nicht einfacher. Das grundlegende Problem ist die Distanz: Uranus ist doppelt so weit von der Sonne entfernt wie Saturn. Die Reisedauer ist aber nicht doppelt so lang, sondern bei der energierärmsten Bahn fast dreimal länger: 16 anstatt 6 Jahren. Trotzdem kommt man mit einer hohen Geschwindigkeit an und muss diese abbauen, was Treibstoff kostet.

Ich möchte trotzdem einmal durchspielen ob ein Uranusorbiter technisch möglich ist. Den ersten Ansatz, den ich hatte, war nur einmal das dV für das Einschwenken zu berechnen. Ich habe eine etwas schnellere Bahn genommen, um die Flugzeit unter 10 Jahren zu halten. Eine Bahn in der Uranus schon nach 9 Jahren erreicht wird, mit einem Aphel in 4221 Millionen km Entfernung (etwas unterhalb der Bahn von Neptun) erlaubt eine Abbremsung um 1300 m/s um in eine 4.000 x 3 Millionen km Bahn zu erreichen mit einer Periode von rund 57 Tagen. Das ist eine exzentrische Umlaufbahn, doch sie ist stabil und sie erlaubt gute Beobachtungen von Uranus. Wichtig wäre nur, dass die Sonde nicht die Ringebene bei den Ringen kreuzt, was möglich ist, wenn sie Bahn in der Ekliptik liegt, da die Ringe um 98 Grad zur Ekliptik geneigt sind. So kann man den Kreuzpunkt so legen, dass er innerhalb der engsten Ringe liegt. Alternativ hebt man den uranusnächsten Punkt der Bahn beim durchlaufen der ersten Apoapsis nach 28 Tagen an. Das kostet nur 133 m/s zusätzlich. Mit einem dV Budget von 1500 m/s würde die Sonde also auskommen.

Doch wie kommt man zu Uranus?

Die gewählte Bahn würde ohne einen Vorbeiflug an einem anderen Planeten eine Startgeschwindigkeit von 16.022 m/s relativ zur Erdoberfläche erfordern (bei einer Fluchtgeschwindigkeit von 11 km/s). Damit sinkt die Nutzlast bei gängigen Trägerraketen auf nahezu 0 ab, selbst mit einer zusätzlichen Kickstufe.

Der Umweg über Jupiter ist in diesem Falle keine Alternative. Zum einen ist die Startgeschwindigkeit zu Jupiter nur wenig kleiner (etwa 14,3 bis 14,7 km/s) zum anderen kann Jupiter die Bahnen zwar weit verändern, doch wenn man eine geringe Relativgeschwindigkeit zu Uranus haben will, bleiben nur elliptische Bahnen mit einem Aphel jenseits Uranus und einem niedrigen Perihel. Jupiter wird bei solchen Bahnen das Perihel aber in die Höhe seiner eigenen Bahn anheben und damit hat man eine lange Reisedauer.

Sinnvoll sind daher elektrische Triebwerke um eine Nutzlast aus einer Sonnenumlaufbahn in die Transferbahn zu bringen. Ich habe begonnen mit einer Startmasse von 6 t in einem Sonnensorbit verschiedene Bahnen zu berechnen, die sich vor allem darin unterscheiden, wie viel Leistung die Solarzellen liefern. Das Ergebnis war aber tendenziell das gleiche: Die Sonde entfernt sich von der Sonne, bekommt immer weniger Leistung für die Solarzellen, was den verfügbaren Schub absenkt und damit den Zuwachs und damit braucht die Sonde sehr lange um die Zielbahn zu erreichen. Daher habe ich einen Trick angewandt. Die Bahn von der Erde hat eine kleine Überschussgeschwindigkeit (etwa 400 m/s), die als Abbremsung wirkt, und führt damit bis auf Venusentfernung. Der Vorteil: Während dieser Phase beschleunigt die Sonde und hebt dabei zwar das Perihel an, nähert sich aber der Sonne weiter. Wenn sie wieder die Erdbahn kreuzt, wurde sie schon stark beschleunigt.

Eine erste Abschätzung ergab folgende Daten:

Parameter

Wert

Startmasse:

6.000 kg

Brennschlussmasse:

4.100 kg

Startbahn

150 x 108,4 Millionen km

Endbahn

182,1 x 3.700 Millionen km

Brennschlussdistanz:

509,4 Millionen km

Minimaldistanz:

144,5 Millionen km

Reisedauer bis Uranus erreicht

(in 2871 Millionen km): 10 Jahre 160 Tage

Reine Betriebszeit:

372 Tage

Strombedarf:

150 kW

Mit dem RIT-2X Triebwerk braucht man 34 Triebwerke. Bei 15 kg pro Triebwerk mit assoziierter Stromumwandlung für die Hochspannung wiegen diese alleine 510 kg. Der Druckgastank für die 1.900 kg Xenon wiegt weitere 400 kg. Dazu kommen noch die Solarzellen. Sie wiegen selbst bei der leichtgewichtigsten verfügbaren Technologie den ATK-Ultraflexarrays mit 170 W Spitzenleistung/kg Masse) weitere 890 kg. Vor allem aber gibt es noch keine solch großen Solarzellen. Die müssten erst entwickelt werden. Die größten Arrays von Grumman (früher ATK) aufgeführten Flexarrays haben 20 kW Leistung, man bräuchte dann acht dieser Arrays und jedes hat 10 m Durchmesser.

Das lässt nicht viel für die eigentliche Sonde übrig:

Parameter

Wert

Startmasse:

6.000 kg

Xenongas

1.900 kg

Xenontank

400 kg

Triebwerke:

34

Triebwerksgewicht:

510 kg

Solarzellen

890 kg

Strukturen

200 kg

Orbiter

2.100 kg

Da das Modul mit den Solarzellen und Tanks nicht als tote Masse in den Uranusorbit geschleppt wird, addieren sich noch 200 kg für Strukturen. Die vielen Triebwerke haben auch ihren Vorteil: So kann man jedes beim optimalen Arbeitspunkt betrieben, und wenn der Strom nicht mehr reicht, abschalten. Da die Solarzellen in der Enddistanz aber noch 11,6 kW Leistung haben, kann man auch mit 15 schubstärkeren Triebwerken auskommen.

Bei Uranus angekommen

Einen Vorteil hat die Bahn: Die Relativgeschwindigkeit zu Uranus ist kleiner als bei der ersten Bahn mit einem Perihel in Erdentfernung und man muss nur um 1100 m/s abbremsen um eine 3500 x 2.511.000 km Bahn mit 43 Tagen Umlaufszeit zu erreichen, kommt also in der Gesamtheit mit rund 1300 m/s Korrekturvermögen aus. Bei einem spezifischen Impuls von 3100 m/s resultiert dann bei einem Startgewicht von 2.100 kg ein Trockengewicht von 1.380 kg, wovon etwa 110 kg auf die Trockenmasse des Antriebs entfallen. Dann bleiben noch etwa 1.260 kg für einen Orbiter übrig. Nicht viel, aber Galileo wog ohne Antriebsmodul auch nur 1.072 kg. Dieser Orbiter ist noch schwerer und könnte problemlos von einer Ariane 5 ECA gestartet werden, bei einer Reduktion der Startmasse auf 5.600 kg (was den Orbiter wegen des weitestgehend linearen Verhaltens nur um 72 kg leichter macht) auch mit einer Atlas 551.

Alternativen

Prinzipiell kann man, wenn man schon Ionentriebwerke einsetzt, auch von einem Erdorbit aus mit ihnen starten. Dafür muss man rund 7 km/s aufbringen, verglichen mit den 15,4 km/s die der antrieb in der Sonnenumlaufbahn aufbringen muss ist dies wenig. Das erhöht die Startmasse um 1.400 kg auf 7.400 kg und die Gesamtdauer um 135 Tage. Ein Nachteil ist, dass man längere Zeit im Van Allen Gürtel ist. Allerdings ist die Dauer bei so hoher Leistung kurz und im Sonnenorbit ist die Sonde sowieso einer höheren Strahlungsbelastung ausgesetzt als in einem niedrigen Erdorbit.

Leistungen von 150 kW, immerhin in etwa die Leistung, welche die ISS mit vier Modulen mit 16 einzelnen Solarzellen hat solar aufzubringen ist anspruchsvoll. Bei solchen Leistungen kann man schon über Kernreaktoren nachdenken, die jedoch bisher nur theoretisch untersucht sind – es gab die kleinen Reaktoren Russlands der TOPAZ-Reihe, doch deren Leistungsparameter sind schlechter als von modernen Solarzellen und sie lieferten nur einige kW Leistung. Mit einem solchen Reaktor kann man auch während des Flugs das Aphel anheben. Das verlängert zwar die Betriebsdauer noch mehr, senkt aber auch die Masse des Orbiters ab.

Den Flug ins innere Sonnensystem kann man auch nutzen, um an der Venus vorbeizufliegen. Dann würde man die Ionentriebwerke erst in Betrieb nehmen, wenn der Vorbeiflug stattfand. Die Venus könnte die Sonde in eine 108 x 176 Millionen km Bahn bringen, also das Aphel schon etwas anheben. Ich habe das nicht untersucht, weil es die Planung noch schwerer macht, denn nun müssen zwei Planeten in der richtigen Position liegen. Zudem ist der Gewinn relativ gering, vergleichen mit dem Gesamtaufwand von 15,4 km/s sind es nur 2,3 km/s die so eingespart werden.

Artikel erstellt am 13.12.2018


Bücher vom Autor über Raumsonden

Lang Zeit gab es von mir nur ein Buch über Raumsonden: die beiden Mars-Raumsonden des Jahres 2011, Phobos Grunt und dem Mars Science Laboratory. Während die russische Raumsonde mittlerweile auf dem Grund des Pazifiks ruht, hat für Curiosity die Mission erst bekommen. Das Buch informiert über die Projektgeschichte, den technischen Aufbau der Sonden und ihrer Experimente, die geplante Mission und Zielsetzungen. Die Mission von Curiosity ist bis nach der Landung (Sol 10) dokumentiert. Einsteiger profitieren von Kapiteln, welche die bisherige Marsforschung skizzieren, die Funktionsweise der Instrumente erklären aber auch die Frage erläutern wie wahrscheinlich Leben auf dem Mars ist.

2018 wurde dies durch zwei Lexika, im Stille der schon existierenden Bücher über Trägerraketen ergänzt. Jedes Raumsonden Programm wird auf durchschnittlich sechs bis acht Seiten vorgestellt, ergänzt durch eine Tabelle mit den wichtigsten zeitlichen und technischen Daten und Fotos der Raumsonde, bzw., Fotos die sie aufgenommen hat. Ich habe weil es in einen band nicht rein geht eine Trennung im Jahr 1990 gemacht. Alle Programme vorher gibt es in Band 1. Die folgenden ab 1990 gestarteten dann in Band 2. In Band 2 ist ein Raumsonden Programm meist eine Einzelsonde (Ausnahme MER). In Band 1 dagegen ein Vorhaben das damals zumeist aus Doppelstarts bestand, oft auch mehr wie z.B. neun Ranger oder sieben Surveyor. Beide Bänder sind etwa 400 Seiten stark. In Band 1 gibt es noch eine gemeinsame Einführung für beide Bände über Himmelsmechanik und Technik der Instrumente. Beide Bände haben einen Anhang mit Startlisten, Kosten von Raumsonden und Erfolgsstatistiken. Band 2 hatte Redaktionsschluss im Januar 2018 und enthält die für 2018 geplanten Missionen über die es genügend Daten gab.

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