Home Raumfahrt Apollo Site Map counter

Apollo: Die "Sprengkraft" der Saturn V

Auf das heutige Problem bin ich gekommen, als ich mir mal bei Amazon "hochgeladene" Bilder eines Buchs von Eugen Reichl angeschaut habe. Nach den bisherigen Käufen seiner Bücher stehe ich dessen Publikationen sehr kritisch gegenüber. Sie enthalten viele Fehler, vor allem bei technischen Daten und er hat sich in unverschämter Weise bei meinen Publikationen, vor allem der Website bedient aber damit man Plagiate nicht direkt erkennt die Sätze leicht umgeschrieben. (Unverständlich warum er dann noch eigene Fehler hinzufügt, aber wahrscheinlich merkt er das nicht mal).

Vor dem Kauf will ich daher wissen ob es sich überhaupt lohnt ein Buch des Autors zu kaufen.

Es gibt keine Volltextsuche, sonst könnte man das Buch systematisch auf Plagiate absuchen, aber einige Seiten kann man sich als Bild ansehen. Sie bestätigen schon den ersten Eindruck. Auf S.8 überlässt er es den Lesern die Druckangabe von 4 N pro Quadratzentimeter selbst umzurechnen (400 hPa). Worauf ich aber mein Augenmerk richtete ist dieser Satz: "Er sah dieses Monster mit der Sprengkraft einer taktischen Nuklearwaffe schon auf seine Anlagen herunterstürzen oder - noch schlimmer auf die Orte Port Canaveral, Cocoa Beach und Titusville".

Die Saturn startet Richtung Osten, Titusville im Westen wäre also nicht betroffen gewesen, was mich aber mehr stört, ist die laxe Sprache und der Vergleich. Okay, Kernwaffen sind sehr klein bau bar. Doch dass die Saturn V die Sprengkraft von einigen Kilotonnen TNT hat?

Zeit dem Nachzugehen. Die Sprengkraft wird allgemein in Kilogramm oder Tonnen TNT-Äquivalent angegeben. Man kann eine Raketenexplosion nicht mit eine Sprengung vergleichen, das ergibt sich daraus, dass selbst bei völliger Durchmischung die Treibstoffe viel länger brauchen um zu Verbrennen als bei einer Explosion, bei der das zerstörendes die Schockwelle ist, die sich durch die in kurzer Zeit bildenden Gasmenge ergibt. So haben Sprengstoffe die noch mehr Zerstörungskraft als TNT entwickeln nicht unbedingt so viel mehr freigesetzte Energie, sie "verbrennen" nur schneller. Das zeigte sich auch bei der Sprengung der Antares 2014 in wenigen Metern Höhe über dem Boden: Würde man TNT, Treibstoffmenge dort zünden, die Zerstörung wäre viel stärker. Man muss nur mal die Zerstörungen durch Bomben im zweiten Weltkrieg mit den angerichteten Zerstörungen vergleichen mit der Sprengstoffemenge die in den Bomben war und der Treibstoffmenge von über 200 t bei einer Antares.

Also Sprengkraft kann man nicht vergleichen, aber man kann zumindest die Energie vergleichen und das will ich tun.

Die Saturn V verbrannte in der ersten Stufe Kerosin mit Sauerstoff, in den oberen beiden Stufen Wasserstoff mit Sauerstoff und im Apolloraumschiff NTO mit MMH.

Man kann für alle drei Stoffe Reaktionsgleichungen aufstellen. Kerosin hat eine unbekannte Zusammensetzung, es ist ein Gemisch. Wikipedia gibt als Brennwert 42,6 bis 43,5 MJ/kg. Unbekannt ist das Mischungsverhältnis zum Sauerstoff. das hängt vom Wasserstoffgehalt ab. ich habe als Referenz zum Vergleich Oktan angesetzt. Für MMH habe ich nicht die Reaktionsenergie, jedoch für das einfache Hydrazin, das mit Sauerstoff noch mehr Energie liefert. Angesichts der kleinen Menge kann man den Fehler vernachlässigen.

2 C 8H 18 + 25 O 2 ? 8 CO 2 + 18 H 2O + 2 x 5330 kJ

2H 2 + O 2 ? 2 H 2O + 2 x 268,8 kJ

N 2H 4 + O 2 ? N 2 + 2 H 2O + 622,7 kJ

Die Stufen enthalten die Verbrennungsträger im Überschuss, das heißt nicht der gesamte Wasserstoff und Sauerstoff verbrennt. Wir können also nur die verbrannten Mengen nehmen. In einem ersten Schritt berechnen wir daher das Massenverhältnis. Dazu addiert man die atomaren Massen der Atome oder wenn man faul ist, schaut man in Wikipedia nach. Man erhält:

Treibstoff Masse Verbrennungsträger Masse Sauerstoff Gesamtmasse Verhältnis Verbrennungsträger/Sauerstoff Rekationsenergie Reaktionsenergie pro g
Kerosin 228 g 800 1028 g 3,51 10660 kJ 10,37 kJ
Wasserstoff 4 32 36 8 537,6 14,93 kJ
Hydrazin 32 g 64 g 96 g 2 622,,7 kJ 6,48 kJ

Die erste Stufe fasste 1.503.496 kg Sauerstoff, das reicht aus um beim Verhältnis 3,51 genau 428.346 kg Kerosin zu verbrennen, zusammen also 1.931.842 kg Treibstoffe die dann 20,033 x 10 12 J Energie aufweisen.

Die zweite und dritte Stufe fassten zusammen 471.623 kg LOX, die ausreichten 58.953 kg LH2 zu verbrennen, zusammen also 530.576 kg Treibstoffe, die einen Energiegehalt von 7,9214 x 10 12 J haben.

Das Apollo CSM hatte 7.151 kg Hydrazin, die Lunar Moduls weitere 3.700 kg. Dazu kommen noch einige Treibstoffe für RCS. Nehmen wir zusammen 12.000 kg Hydrazin an, so entspricht dies 36.000 kg mit dem Sauerstoff und ein Gesamtenergiegehalt von 0,233 x10 12 J

Zusammen haben alle Treibstoffe einen Energiegehalt von 28.190 x 10 12 J, das entspricht in etwa dem Energiegehalt von 656 t Heizöl oder Benzin. Es ist so viel weniger als die Treibstoffzuladung, weil der Verbrennungsträger bei der Rakete mitenthalten ist, beim Verbrennen von Heizöl der Sauerstoff aber aus der Luft stammt.

Doch der Verbrennungsträger ist bei TNT (Trinitrotoluol) auch enthalten, er steckt in den Sauerstoff Atomen der Nitrogruppe. Für TNT wird eine Verbrennungswärme von 3,725 kJ/g angegeben, so entspricht die Energiemenge von rund 28.000.000.000 kJ der Energie die 7.5677 kt TNT haben. Das ist in der Größenordnung einer taktischen Kernwaffe die heruntergehen bis 0,3 kT, aber durchaus auch so stark wie die Hiroshimabombe sein können, W9 Artelleriegranaten hatten z.B. 15 kt.

Was aber trotzdem nicht stimmt, ist der Vergleich. Wie schon erwähnt, die Antares wiegt etwa ein Zehntel der Saturn V. Sie hat in den Oberstufen andere Treibstoffe , aber man kann sicherlich ohne einen größeren Fehler zu machen, dann auch von einem Zehntel der Sprengkraft sprechen. Trotzdem gab es wenig Zerstörungen an der Startanlage. Würde dort ein Sprengsatz von 0,7 kt gezündet werden, ich bin mir sicher von den Gebäuden bliebe nichts übrig. Natürlich hat man sich Gedanken gemacht. Bei einer Fehlfunktion in der ersten Stufe wären die Triebwerke bis 30 s nach dem Start nicht abgeschaltet worden. Der Fluchtturm wäre ausgelöst worden und die Triebwerke hätten die Rakete weg von der Startplattform in Richtung Atlantik gebracht dort wäre sie entweder aufgeschlagen oder vorher das Selbstzerstörungssystem aktiviert worden das Löcher in die Tanks schnitt, aber die Löcher waren auf unterschiedlichen Seiten für Oxydator und Treibstofftanks, sodass die Durchmischung minimiert ist und das ist das wesentliche: Eine Explosion ist deswegen so verharrend weil die Energie in einem Bruchteil einer Sekunde frei wird. Das ist bei einer Rakete aber schon wegen ihrer Größe nicht möglich. Wer sich einmal historische Aufnahmen von Raketenexplosionen ansieht wird sehen, das diese immer einige Sekunden dauern entsprechend kleiner ist die Schocklwelle, die das eigentlich zerstörerische ist.

Was bleibt ist wieder ein Fehler im Buch. Der zweite auf einer Seite. Mag lustig zu lesen sein, für jemand der aber ernsthaft seiner Leser informieren will bringt es nichts Gefahren zu übertreiben.

Artikel erstellt am 6.3.2016, Artikel zuletzt bearbeitet am 22.7.2019

Bücher vom Autor

Es gibt von mir vier Bücher zum Thema bemannte Raumfahrt. Alle Bücher beschäftigen vor allem mit der Technik, die Missionen kommen nicht zu kurz, stehen aber nicht wie bei anderen Büchern über bemannte Raumfahrt im Vordergrund.

Das erste bemannte Raumfahrtprogramm der USA, das Mercuryprogramm begann schon vor Gründung der NASA und jährt sich 2018 zum 60-sten Mal. Das war für mich der Anlass, ein umfangreiches (368 Seiten) langes Buch zu schreiben, das alle Aspekte dieses Programms abdeckt. Der Bogen ist daher breit gestreut. Es beginnt mit der Geschichte der bemannten Raumfahrt in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Es kommt dann eine ausführliche technische Beschreibung des Raumschiffs (vor 1962: Kapsel). Dem schließt sich ein analoges Kapitel über die Technik der eingesetzten Träger Redstone, Little Joe und Atlas an. Ein Blick auf Wostok und ein Vergleich Mercury bildet das dritte Kapitel. Der menschliche Faktor - die Astronautenauswahl, das Training aber auch das Schicksal nach den Mercurymissionen bildet das fünfte Kapitel. Das sechs befasst sich mit der Infrastruktur wie Mercurykontrollzentrum, Tracking-Netzwerk und Trainern. Das umfangreichste Kapitel, das fast ein Drittel des Buchs ausmacht sind natürlich die Missionsbeschreibungen. Abgeschlossen wird das Buch durch eine Nachbetrachtung und einen Vergleich mit dem laufenden CCDev Programm. Dazu kommt wie in jedem meiner Bücher ein Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis und empfehlenswerte Literatur. Mit 368 Seiten, rund 50 Tabellen und 120 Abbildungen ist es das bisher umfangreichste Buch von mir über bemannte Raumfahrt.

Mein erstes Buch, Das Gemini Programm: Technik und Geschichte gibt es mittlerweile in der dritten, erweiterten Auflage. "erweitert" bezieht sich auf die erste Auflage die nur 68 Seiten stark war. Trotzdem ist mit 144 Seiten die dritte Auflage immer noch kompakt. Sie enthält trotzdem das wichtigste über das Programm, eine Kurzbeschreibung aller Missionen und einen Ausblick auf die Pläne mit Gemini Raumschiffen den Mond zu umrunden und für eine militärische Nutzung im Rahmen des "Blue Gemini" und MOL Programms. Es ist für alle zu empfehlen die sich kurz und kompakt über dieses heute weitgehend verdrängte Programm informieren wollen.

Mein zweites Buch, Das ATV und die Versorgung der ISS: Die Versorgungssysteme der Raumstation , das ebenfalls in einer aktualisierten und erweiterten Auflage erschienen ist, beschäftigt sich mit einem sehr speziellen Thema: Der Versorgung des Raumstation, besonders mit dem europäischen Beitrag dem ATV. Dieser Transporter ist nicht nur das größte jemals in Europa gebaute Raumschiff (und der leistungsfähigste Versorger der ISS), es ist auch ein technisch anspruchsvolles und das vielseitigste Transportfahrzeug. Darüber hinaus werden die anderen Versorgungsschiffe (Space Shuttle/MPLM, Sojus, Progress, HTV, Cygnus und Dragon besprochen. Die erfolgreiche Mission des ersten ATV Jules Verne wird nochmals lebendig und ein Ausblick auf die folgenden wird gegeben. Den Abschluss bildet ein Kapitel über Ausbaupläne und Möglichkeiten des Raumfrachters bis hin zu einem eigenständigen Zugang zum Weltraum. Die dritte und finale Auflage enthält nun die Details aller Flüge der fünf gestarteten ATV.

Das Buch Die ISS: Geschichte und Technik der Internationalen Raumstation ist eine kompakte Einführung in die ISS. Es wird sowohl die Geschichte der Raumstation wie auch die einzelnen Module besprochen. Wie der Titel verrät liegt das Hauptaugenmerk auf der Technik. Die Funktion jedes Moduls wird erläutert. Zahlreiche Tabellen nehmen die technischen Daten auf. Besonderes Augenmerk liegt auf den Problemen bei den Aufbau der ISS. Den ausufernden Kosten, den Folgen der Columbia Katastrophe und der Einstellungsbeschluss unter der Präsidentschaft von George W. Bush. Angerissen werden die vorhandenen und geplanten Transportsysteme und die Forschung an Bord der Station.

Durch die Beschränkung auf den Technischen und geschichtlichen Aspekt ist ein Buch entstanden, das kompakt und trotzdem kompetent über die ISS informiert und einen preiswerten Einstieg in die Materie. Zusammen mit dem Buch über das ATV gewinnt der Leser einen guten Überblick über die heutige Situation der ISS vor allem im Hinblick auf die noch offene Versorgungsproblematik.

Die zweite Auflage ist rund 80 Seiten dicker als die erste und enthält eine kurze Geschichte der Raumstationen, die wesentlichen Ereignisse von 2010 bis 2015, eine eingehendere Diskussion über die Forschung und Sinn und Zweck der Raumstation sowie ein ausführliches Kapitel über die Versorgungsraumschiffe zusätzlich.

Das bisher letzte Buch Skylab: Amerikas einzige Raumstation ist mein bisher umfangreichstes im Themenbereich bemannte Raumfahrt. Die Raumstation wurde als einziges vieler ambitioniertes Apollonachfolgeprojekte umgesetzt. Beschrieben wird im Detail ihre Projektgeschichte, den Aufbau der Module und die durchgeführten Experimente. Die Missionen und die Dramatik der Rettung werden nochmals lebendig, genauso wie die Bemühungen die Raumstation Ende der siebziger Jahre vor dem Verglühen zu bewahren und die Bestrebungen sie nicht über Land niedergehen zu lasen. Abgerundet wird das Buch mit den Plänen für das zweite Flugexemplar Skylab B und ein Vergleich mit der Architektur der ISS. Es ist mein umfangreichstes Buch zum Thema bemannte Raumfahrt. Im Mai 2016 erschien es nach Auslaufen des Erstvertrages neu, der Inhalt ist derselbe (es gab seitdem keine neuen Erkenntnisse über die Station), aber es ist durch gesunkene Druckkosten 5 Euro billiger.

Mehr über diese und andere Bücher von mir zum Thema Raumfahrt finden sie auf der Website Raumfahrtbücher.de. Dort werden sie auch über Neuerscheinungen informiert. Die Bücher kann man auch direkt beim Verlag bestellen. Der Versand ist kostenlos und wenn sie dies tun erhält der Autor auch noch eine etwas höhere Marge. Sie erhalten dort auch die jeweils aktuelle Version, Bei Amazon und Co tummeln sich auch die Vorauflagen.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
Sitemap Kontakt Neues Impressum / Datenschutz Hier werben / advert here Buchshop Bücher vom Autor Top 99