50 Jahre Raumfahrt: Teil 2: Stufenentwicklung

Stufentrennung Saturn 1BIn der kleinen Serie über die Entwicklung der Raumfahrt anlässlich des Starts von Sputnik 1 am 4.10.1957 will ich mich heute mit der Entwicklung von Stufen beschäftigen, nachdem es letztes Mail nur um die Triebwerke ging. wir finden hier eine Parallelentwicklung zu den Triebwerken – In den ersten 10 Jahren tat sich am meisten, später war die Entwicklung mehr evolutionär – mit kleinen Ausnahmen.

Vor 50 Jahren beherrschte man viele dinge noch nicht, die heute selbstverständlich sind: So die Zündung einer stufe im Vakuum unter Schwerelosigkeit. Das Wiederzünden im Weltraum nach längerer Inaktivität, die Verwendung kryogener Triebstoffe und moderner Feststofftreibstoffe. Regelungen des Schubvektors erfolgten meist durch kleinere zusätzliche Triebwerke.

Die ersten interkontinentalen Raketen hatten auch andere Anforderungen: Sie sollten nur Geschosse beschleunigen, aber keinen Orbit erreichen. So kam man auf Lösungsansätze die eine mehrstufige Rakete (die man eigentlich für die hohen Geschwindigkeiten die eine Interkontinentalrakete erreichen muss) vermieden: Die Atlas besaß 3 Triebwerke, die gemeinsam gezündet wurden. Zwei schubkräftige für den Betrieb am Boden, eines mit weniger Schub für den Vakuumbetrieb. Nachdem 80 % des Treibstoffs verbraucht waren wurden die ersten beiden abgesprengt, wodurch die Rakete um etwa ein Drittel leichter wurde. Die Sojus verfolgte ein anderes Konzept: Rund um einen zylindrischen Zentralblock sind 4 Außenblöcke von Kegelform angebracht. an jedem Block sitzen 4 Triebwerke von geringem Schub. (Mit Steuertriebwerken insgesamt 32 Stück9. Auch hier werden alle Treibwerke gemeinsam gezündet. Da in einen Kegel weniger Treibstoff hineingeht als in einen Zylinder ist er leer, wenn der Zylinder noch etwa die Hälfte seines Treibstoffs hat. Dann werden die Außenblöcke abgeworfen und die Zentralstufe beschleunigt alleine weiter. Dies vermindert die Leermasse weit stärker.

In den ersten 10 Jahren ist man dazu übergegangen separate Steuerdüsen, wie sie noch Atlas und Sojus hatten durch beweglich aufgehängte Triebwerke zu ersetzen. Das Problem der Stufentrennung und Zündung in Schwerelosigkeit wurde gelöst indem man in den USA die Stufe mit kleinen Feststofftriebwerken beschleunigte und so praktisch eine geringe Schwerkraft für einige Sekunden herstellte in der man dann die Stufe zündete. Im Osten umging man das Problem, indem man die Stufe noch zündete, wenn die untere Stufe noch arbeitete. Da dann die Flammen auf die Untere Stufe treffen gibt es bei sowjetischen Raketen oft Gitterrohradapter wo diese zur Seite entweichen können.

Das Problem der Zündung nach langen Inaktivitätszeiten wurde zuerst in den militärischen Satelliten gelöst, die man im Westen fest mit ihrer Agena Oberstufe verband. Diese verwandte Treibstoffe die lagerfähig waren und sich bei Kontakt selbst entzündeten. Der Einsatz dieser Treibstoffe war einer der großen Neuerungen im ersten Jahrzehnt. Auch hier ging die Initiative vom Militär aus, welches kürzere Vorbereitungszeiten haben wollte. Das zweite war die Verwendung kryogener Treibstoffe. Im Westen wurde hier viel Lehrgeld (in Form von Verlusten und enormen Entwicklungskosten) bei der Centaur bezahlt. Das Isolationsproblem löste man bei ihr zuerst durch eine abwerfbare Isolation, später durch eine dünnere, aber fest aufgesprühte Isolation. Auch sie musste wiederzündbar sein und war dies auch – doch gab es hier einige Rückschläge. Das bewegte die NASA dazu dieses „Feature“ erst 1973 für ihre Raumsonden zu nutzen.

Moderne Feststofftreibstoffe auf Basis von Ammoniumperchlorat / Aluminium / Kunststoffen setzt man seit Mitte der 60 er Jahre ein. Sie sind immer wichtiger geworden und heute setzen viele Raketen große Feststoffbooster als 0.te Stufe ein. Möglich wurden sie nur durch die Verwendung von Segmenten die man dicht verbinden musste – Eine fehlerhafte Verbindung verursachte den Verlust der Challenger 1986.

Im Westen war die wohl einzige große technische Neuentwicklung im Stufenbau nach den ersten 10 Jahren das Space Shuttle. Betrachtet man es nur als Raketenstufe so bringt es zwei neue Aspekte: Die Trennung von Treibstofftank (billig herzustellen) von Triebwerk (teure Produktion) und die Wiederverwendbarkeit eines Hochleistungstriebwerks. Zwar konnte man ein Triebwerk bisher auch mehrmals einsetzen – typisch für ein modernes Triebwerk mit flüssigen Treibstoffen ist, dass man es etwa 10 mal einsetzen kann, das wird auch genutzt um es vor dem Start zu testen. Aber das SSME isst das einzige Triebwerk das wirklich im Einsatz mehrfach eingesetzt wird und dies sogar 55 mal erlauben soll.

S-ICIm Osten sieht die Erfolgsbilanz der letzten 40 Jahre besser aus. Der Grund war, dass man im „Rennen“ um den Weltraum, wie man sicher ohne Untertreibung die ersten 10-15 Jahre Raumfahrt beschreiben kann viele Kompromisse einging um schnell gleichzuziehen. Wasserstoff als Treibstoff wurde erst bei der Energija 1987 erstmals eingesetzt. Analoges gilt für wiederverwendbare Treibwerke – Hier die RD-170 in den Boostern. Stufen die nach längerer Zeit der Inaktivität zünden gab es ebenfalls einige Jahre nach dem Amerikanern und auch die Triebwerksentwicklung verlief langsamer. Ein Triebwerk wie das RD-170 mit der Leistung des F-1 gab es erst 20 Jahre nach den USA.

Auffällig ist auch bei den militärischen Raketen dass die UdSSR hier eine andere Philosophie verfolgten. Während im Westen schon Mitte der 60 er Jahre Feststoffraketen den Haupanteil der ICBM’s stellten setzte man in Russland auf lagerfähige flüssige Treibstoffe. Zivile Trägerraketen im Westen setzen heute vor allem Feststoffbooster und Wasserstoff/Sauerstoff ein. In Russland denkt man bei der Konzeption neuer Raketen vorwiegend noch an die bewahrte und gut handelbare Kombination Kerosin und flüssiger Sauerstoff.

Sind hier noch große Impulse zu erwarten? Ich denke vom technischen Aspekt eher nicht. Wirtschaftlich mag sich noch einiges tun, eventuell werden in einigen Jahren die ersten Stufen durch wiederverwendbare Antriebe ersetzt werden. Diskutiert wird dies seit langem und geplant wurde es ebenso lange. Bislang sprachen vor allem die Kosten dagegen. Dies mag sich ändern wenn man die Stufen nicht einfach hart „wassert“ wie dies bislang erfolgte, sondern wie ein Space Shuttle im Gleitflug landet, so dass man die Checks nach der Landung erheblich reduzieren kann.

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