Beutekunst

NofreteteAm Sonntag kam ein Bericht über die Entdeckung der Nofretete und wie sie in das Alte Museum in Berlin kam. Ägypten, oder besser gesagt der Chefarchäologe Zahi Hawass fordert die Büste nun zurück. Das löst natürlich nachdem die Büste nun schon fast ein Jahrhundert in Deutschland ist und auch nach dem Krieg wieder nach Deutschland zurückkehrte hier Widerstand aus. Ich gebe gerne zu, ich kann Herrn Zahi Hawass nicht leiden. Er taucht praktisch in jeder Sendung über Ägypten auf und stellt meiner Meinung nach seine Person zu sehr ins Rampenlicht. Doch davon unabhängig stellt sich allgemein die Frage, was mit den vielen dingen geschehen soll, die von antiken Kulturen in westlichen Museen, vor allem Deutschland, Frankreich und England stehen.

Nun man kann hierzu eine unterschiedliche Position einnehmen. Nehmen wir mal Ägypten: Die Kultur der Pharaonen ist dort seit Jahrtausenden untergegangen. Jahrhundertelang hat man sich nachdem Ägypten islamisch wurde nichts mehr von dieser Kultur wissen wollen (das galt übrigens auch für Griechenland als es zum osmanischen reich gehörte) und hat was man fand praktisch genutzt: Steine zum Bauen, Mumien wurden zu Öl verarbeitet. Erst Anfang unseres Jahrhunderts gab es ein erneutes Interesse an der eigenen Vorgeschichte und die bisher wilden Grabungen (und oft auch Plünderungen) wurden reglementiert. Ich denke vieles was aber heute in Museen in Europa steht wäre wohl ohne die Archäologen für immer verloren oder würde in einer Vitrine eines Sammlers gelandet sein.

Der Wunsch nun die Stücke zurück zu bekommen ist verständlich, genauso wie Deutsche Beutekunst gerne von Russland zurück haben wollen. Die Situation ist natürlich anders gelagert: Die Stücke wurden nicht einem Land entrissen sondern (größtenteils, gerade bei der Nofretete umstritten) mit Erlaubnis der damaligen Machthaber exportiert, die damals nichts damit anfangen konnten oder wollten.

Weiterhin leben wir in Deutschland in einem Land, in dem die Einwohner früher sehr wenig hinterließen. Germanen und Kelten haben keine Monumente gebaut und waren keine frühe Hochkultur. Das einzige was wir von ihnen haben sind Grabbeigaben und wenn diese spärlichen Reste nun in russischen Magazinen gehortet werden anstatt in deutschen Museen ausgestellt werden, dann liegt ein anderer Fall vor als in Ägypten, wo Zahi Hawass alleine 14 neue Museen plant. Sagen wir es mal konkret: Ägypten hat genug archäologische Fundstücke aus 3 Jahrtausenden als Weltmacht um noch mehr Museen zu füllen. Trotzdem war ihnen der Tempel Abu Simbel als der Nasser Staudamm gebaut wurde nicht sooo wichtig, als dass man deswegen dieses Projekt hätte woanders durchgeführt. Man hat einfach den Tempel zersägt und woanders aufgebaut. Ein netter Umgang mit seiner Geschichte….

In Europa gibt es dagegen wenig ägyptische Kunst und die soll nun also auch noch verschwinden? Das zweite ist das Öffentlichkeit und Archäologie zweierlei Dinge sind. Ich denke für die Öffentlichkeit reichen auch gute Nachbildungen. Es geht darum zu sehen was die Ägypter geleistet haben und weniger darum des Original auszustellen. Das ist in anderen Dingen doch auch so. Wer bei uns einen Dinosaurier anschaut wird, wenn er nicht gerade einen Saurier aus der Trias vor sich hat eine Kopie vor sich haben. Deutschland war während des Juras und der Kreidezeit eine Seelandschaft. Da gab es keine Dinosaurier. Auch ist bei solchen Skeletten es üblich zu rekonstruieren indem man Knochen aus Gips nachbildet oder durch Teile anderer Funde ein Skelett ergänzt. Auch bei archäologischen Funden ist es üblich fehlende Teile von Vasen zu ergänzen oder bei dingen wie der Ausrüstung von Ötzi, eine Nachbildung aus der heutigen Zeit zum Vergleich anzugeben. Ich halte das für richtig und wenn ich etwas über eine alte Kultur lernen will geht es vielleicht besser mit einer Rekonstruktion als mit einem Trümmerfeld von Originalteilen. Heute ist es möglich mit dem Computer durch eine Rekonstruierte antike Stadt zu gehen, während die Stadt heute eben nur noch aus einer Reihe von Resten der Grundmauern besteht. Selbst bei noch so viel Phantasie kann ich mir da nicht vorstellen wie diese mal früher aussah.

Das zweite sind die wissenschaftlichen Untersuchungen. Damit man die Fundstücke optimal erhalten kann sollte man sie in kontrollierter Umgebung aufbewahren. Selbst Keramik wie die Nofretete kann durch Feuchtigkeits- und Temperaturschwankungen Schaden nehmen, wenn Farbe abplatzt. Beim Ötzi ist das Dilemma am deutlichsten und das Entsetzen der Wissenschaftler war enorm als Italien den Ötzi in einem Museum ausstellen wollte wo man trotz Bemühungen eben nicht die gleichen Bedingungen wie im Lager gewährleisten kann. Auch dies spricht dafür den Besuchern nur Repliken zu zeigen. Dann ist es eigentlich egal wo die Statue ist. Wichtig ist nur dass man sie umfassend untersuchen kann. Dann sollte aber zählen wo man dies am besten kann. Wenn ich dann immer wieder höre, dass ägyptische Mumien zu Röntgen, Kernspin oder anderen nicht destruktiven Untersuchungen nach Europa eingeflogen werden, dann habe ich meine begründeten Zweifel, dass Ägypten so ein guter Platz für die Nofretete ist.

Warum will Zahi Hawass und Ägypten so viele Dinge zurück haben? Weil man 14 neue Museen plant, alleine bei Gize soll eines für 500 Millionen US-$ Baukosten entstehen. Eine Menge Geld für ein nicht so reiches Land. Ich wüsste nicht das jemand bei uns solche Summen für Museen ausgibt. sind nun die Ägypter geschichtsbewusst geworden? Nein natürlich nicht. Es geht um Kommerz. Die Museen sollen von ausländischen Touristen besucht werden. Sie sollen die Museen finanzieren und sie sollen mehr Geld ins Land bringen, denn irgendwo übernachten und Essen müssen sie ja auch. Dazu braucht man Glanzstücke und wenn man diese aus europäischen Ländern bekommt so hat man zwei Fliegen mit einer klappe geschlagen: Die Touristen müssen nach Ägypten kommen um die Nofretete zu bewundern und können dies nicht mehr in ihren Heimatländern tun wo man keine Einnahmen hat.

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