Die Quote

Am Samstag entdeckte ich warum ich die beiden letzten Folgen von „Alles außer Sex“ auf Pro 7 vor zwei Wochen verpasst habe. Nachdem zum Sendetermin ein Chakie Chan Film kam und die nächste Woche auch nichts habe ich mal recherchiert und gefunden, dass Pro 7 die beiden letzten Folgen wegen zu geringer Quoten abgesetzt hat, bzw. am Sonntag nachmittags ausgestrahlt hat wo sie wohl keiner gesehen hat.
Den Sinn der Maßnahme kann man bezweifeln, denn von der Programmänderung wusste man als Zuschauer ja nichts und wer an „Rush Hour“ interessiert war hat von der Ausstrahlung dieses Films auch nichts erfahren. Genützt hat es also niemand.
Diese Vorgehensweise zeigt wie im Prinzip das ganze Fernsehprogramm bei den Privaten durch die Quote bestimmt wird. Gut, auch bei den öffentlich rechtlichen ist sie wichtig, aber das man dort etwas einfach absetzt nachdem es nicht erfolgreich war anstatt zumindest die Staffel zu Ende auszustrahlen ist wohl (noch) nicht denkbar.
Die Auswirkungen davon sind immer mehr Werbeblöcke für den Sender selbst. Ich nutze den OnlineTV Recorder um Fernsehen aufzuzeichen, als DivX herunterzuladen und dann anzuschauen wenn ich es will. Dabei kann ich natürlich die Werbeblöcke herausschneiden, aber auch sehen wie lange diese sind. Früher waren es etwa 5 Minuten Werbung, heute sind es eher 10 Minuten. Nicht dass es nur so viel mehr kommerzielle Spots wären – Nein die 5 Minuten gehen nur auf Eigenwerbung für kommende Sendungen drauf. Ich habe mal bei einem Spielfilm dies gestoppt: Es ist ziemlich genau die Hälfte des Werbeblocks. in 4.5 Minuten bekommt man Werbung für 6 Sendungen die in den folgenden Tagen laufen.
Es wird also auf Teufel komm raus um den Zuschauer gekämpft, obwohl man mit den immer längeren Werbeblocks das Gegenteil erreicht. Früher waren sie so lang, dass man mal aufs Klo gehen konnte, was zum Trinken oder zum Essen holen konnte, inzwischen sind sie so lang, dass ich rüber an den Computer gehe, Mails beantworte und dann das Fernsehen vergesse.
Vor allem aber hat die Quote als einziges Kriterium für en Erfolg einen Nachteil: Es führt zu einem Verfall des Fernsehens. Im Prinzip gilt doch nun das Interesse daran möglichst viele Zuschauer an den Fernseher zu locken mit möglichst geringem Aufwand. Das führt dazu dass am Nachmittag Gerichtsshows oder Talkshows laufen mit wirklich schlechten Laienschauspielern, abstrusen Themen und konstruierten Fällen. Dann kommt der mehrstündige Promitratsch am Vorabend und am Abend inzwischen auch Serien, Doku Soaps oder ähnliches. Hauptsache billig eingekauft oder produziert. Das ist wohl klar: Las Ketschups macht mehr Umsatz als Norah Jones und die „Bild“ wird öfters gelesen als die „FAZ“.
Das ganze ist auch am öffentlich rechtlichen nicht vorbei gegangen. Die klassische Vorabend Serie ist weitgehend Vergangenheit. Stattdessen gibt es Daily Soaps und wenn eine Serie kommt, dann inzwischen in der ARD täglich einige Wochen lang und dann wieder Pause für ein halbes oder ein Jahr. Ich habe früher sehr viele Wissenschaftssendungen angeschaut, inzwischen weniger, obwohl das Angebot wieder besser geworden ist. Aber es hat sich verändert. Es gibt praktisch nicht mehr eine Sendung die ein Thema wirklich durchgehend beleuchtet, wenn es das gibt, dann werden Berichterstattungsschipsel von 6-10 Minuten Länge die man so gesammelt hat in einer Sendung gebündelt. Offenbar ist nach 10 Minuten die Geduld des Zuschauers erschöpft. Daneben gibt es das Dokutainment: Geht es um Historie, so wird sie in Spielfilmszenen nachgestellt, anstatt dass man es nur erzählt. Ich sehe darin eine große Gefahr: Zum einen ist es sicher so interessanter, packender, aber es lenkt auch ab und es ist eben nur eine Vorstellung wie es gewesen sein könnte und nicht wie es war.
Gibt es eine Lösung für das Dilemma? Ich denke nicht. Es wird immer so sein, dass besseres Fernsehen teurer ist als 08/15 Produktionen. Finanziell gesehen lohnen sich qualitativ hochwertige Produktionen selten, weil man zwar mehr Leute vor die Glotze bekommt, aber nicht so viel mehr wie man bräuchte um besser daran zu verdienen. So wird der Trend zu Einheitskost, und Verflachung anhalten. Es ist nicht so, dass die Leute nicht für gutes Fernsehen etwa zahlen würden – Pay-TV wie von Premiere zeigt dies und das kostet um einiges mehr als die GEZ Gebühren. Selbige stehen ja in der Dauerkritik. Das liegt allerdings weniger an den Gebühren, ich denke die sind gerechtfertigt und jeder der wie ich Öffentliches vor allem ansieht, eben weil auf den privaten so viel Schund läuft weiß das. Es ist vielmehr das Verhaltend er GEZ sowohl in den Werbespots (nun läuft ja wenigstens mal ein argumentativ überzeugender) und im Umgang mit ihren Kunden. Ich habe davon gehört, dass Leute sich den Fernseher abgeschafft haben um mehr Freizeit zu haben und die Kündigung bei der GEZ abgelehnt wurde mit der Begründung. „Jeder hätte einen Fernseher“ und seit mein Vater gestorben ist werden die GEZ Gebühren von dem Konto meiner Mutter abgebucht, trotzdem bekommt meins seit 7 Jahren verstorbener Vater „Mahn/Drohbriefe“ von der GEZ. Ich habe letzte Jahr geantwortet und auf den Tatbestand hingewiesen, dieses Jahr gab es nun schon wieder diese Briefe….
Eine gute Lösung wäre wenn man im öffentlich rechtlichen Fernsehen auch Werbung nach 20 Uhr senden könnte, nur nicht so aggressiv wie bei den Privaten. Zum Beispiel nach oder vor jeder Sendung, nicht mitten drin und keine 10 Minuten Blöcke, sonder 5 Minuten. Um diese Zeit gäbe es die meiste Kohle dafür und dies würde allen helfen und die Gefahr dass es keiner schaut weil jeder vom Fernsehen wegspurtet ist bei kleinen Blöcken auch nicht so kurz (nicht umsonst gibt es mittlerweile schon kurze 30 Sekunden Spots innerhalb von Sendungen um das zu verhindern).
Wenn übrigens andere Interessen wichtig sind, ist die Quote nicht alles: So wird es ab dem 15.9. Clipfish TV geben. Das ist der zweite Start, nachdem man mit einem ersten Pilot Ende May floppte. Der Grund: Clipfish wird als Webportal von der RTL Gruppe betrieben und soll promoted werden. Nun geht es mit neuen Moderatoren an den Start. Man wird sehen ob es diesmal erfolgreicher wird. Angesichts der miserablen Qualität der Clips bei der ersten Sendung habe ich da meine Zweifel.

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