Ein Aufklärüngssystem für die Bundeswehr und Co

Die Bundeswehr hat ja inzwischen ein komplettes System von fünf SAR-Lupe Satelliten. Diese nehmen von ausgewählten Zielen Aufnahmen mit einer Auflösung von 1 m auf. Die Anzahl der übertragenen Streifen ist allerdings begrenzt und damit auch die Abdeckung durch das System. Gerade die Piratenüberfälle vor der Küste Somalias zeigen, dass sich heute die Anforderungen wandeln – es wird auch wichtiger größere Gebiete der Erde häufig zu überwachen, als vielmehr in Krisenregionen bestimmte punktförmige Ziele mit hoher Auflösung auszukundschaften.

Ich denke die Bundeswehr wird wie in der Vergangenheit auf zivile Erderkundungssatelliten zurückgreifen, um niedrig auflösende Aufnahmen zu erhalten. Da es sicher auch einen Bedarf seitens anderer Regierungsorganisationen (Landwirtschaft/Forst, Städtebau) an solchen Aufnahmen gibt, wäre ein rein deutsches Fernerkundungssystem sicher wünschenswert.

Die Frage: Muss es dazu ein teurer, tonnenschwerer Satellit sein?

Nein. Es gibt zwei Beispiele wie dies auch im kleinen Maßstab geht. Das eine ist die europäische Probe-1 Mission. Bei einer Masse von nur 94 kg beinhaltet dieser Satellit 25 kg Instrumente (acht Stück), darunter eine Kamera mit 5 m Bodenauflösung. Das zweite ist das deutsche System Rapideye. Die fünf Satelliten haben jeweils 156 kg Masse und liefern Aufnahmen in mehreren Spektralbändern mit 5 m Auflösung. Beide Projekte zeigen, dass es heute möglich ist einen kleinen Satelliten zu bauen, der eine Bodenauflösung von einigen Metern besitzt. Daher hier mal ein Vorschlag für ein analoges System

Zuerst einmal sollten die Anforderungen definiert werden. Eine Auflösung von einigen Metern zu erreichen ist technisch kein Problem – aus einer 700-800 km hohen Umlaufbahn liefert ein 20 cm Teleskop, das etwa 10 kg wiegt eine Auflösung von 2-3 m. Das Problem liegt in der Datenübertragung. Man kann sich leicht ausrechnen, dass um die ganze Erde in dieser Auflösung kartieren zu können, man sehr hohe Datenraten benötigt. Sofern man nicht einen geostationären Relaissatelliten verwendet, der das Projekt enorm verteuert ist es also essentiell möglichst viele Daten zu übertragen und vor allem sehr häufig Kontakt zum Satelliten zu haben.

Mein Vorschlag ist daher dass die DLR zuerst einmal in das Bodensegment investiert. Derzeit setzt Deutschland zwar leistungsfähige Empfangsanlagen ein, die bei TerraSAR z.B. 300 MBit/s empfangen, aber diese haben bei der geographischen Breite von Deutschland nicht bei jedem Orbit Funkkontakt. Sinnvoll wäre daher eine polnahe Empfangsantenne z.B. beim ESA Empfangskomplex in Kiruna. Bei einer 700 km hohen sonnensynchronen Umlaufbahn beträgt der Empfangsbereich rund 3000 km Radius um die Station, das ist angesichts der Polnähe ein Kontakt pro Umlauf. Eine 12 m Antenne kann dann bei einem 20 W Sender im Rundstrahlbetreib noch 110 MBit/s empfangen. Bei einer 16 m Antenne wären es 190 MBit/s. Etwa 840 Sekunden ist ein Satellit maximal pro Orbit im Empfangsbereich. Bei rund 5900 Sekunden Umlaufsdauer kann eine Antenne so die Daten von 7 Satelliten empfangen, wenn diese im Orbit versetzt sind.

Es bietet sich daher an 6-7 Satelliten auf einmal zu starten. Ich habe einmal sechs angenommen, die mit einer Vega in einen 700 km hohen Orbit ausgesetzt werden. Die Nutzlast der Vega für diesen Orbit beträgt 1500 kg. Wenn jeder Satellit rund 200 kg wiegt, so lässt dies noch Spielraum für einen Smart-Dispenser und Gewichtsüberschreitungen.

Folgende Szenarien habe ich mir überlegt:

  • Erfassung der gesamten Erdoberfläche monochrom tägliche Abdeckung
  • Erfassung der Landmasse der Erde (30 % der Oberfläche) multispektral in 4 Bändern, 2 Tages Zyklus
  • Erfassung der Landmasse der Erde (30 % der Oberfläche) in 16 Bändern, 7 Tages Zyklus

Das ist mit einem Instrument erreichbar, bei dem ein Zeilenscanner zum Einsatz kommt. Dabei sind verschiedene Zeilen mit verschiedenen Filtern belegt. Die Modi unterscheiden sich nur darin welche Zeilen ausgelesen werden und wie oft.

Das Verhältnis der Datenmengen beträgt:

  • Szenario 1: 100 %
  • Szenario 2: 60 %
  • Szenario 4: 70 %

Bei sechs Satelliten gibt es rund 20 Stunden Funkkontakt pro Tag. Bei 110 MBit/s sind das 7920 GBit pro Tag bei sechs Satelliten. Bei einer JPEG Komprimierung von 8:1, 12 Bits pro Pixel sind das bei streifenförmiger Abdeckung (auch wenn sich diese dann in höheren Breiten stark überlappen) dann rund 20 m. Berücksichtigt man, dass mit zunehmender geographischer Breite immer geringere Gebiete abgedeckt werden müssen, kann man die Auflösung auf rund 16 m erhöhen. Das ist nicht gerade hochauflösend. Doch ohne Problem machbar. Für die Abdeckung BRD wäre auch ein alternatives Szenario 4 denkbar:

Abdeckung von 500.000 km² alle 7 Tage mit 4 m Auflösung in 16 Bändern. Das erfordert nur 2 % mehr Daten. Dies wäre ausreichend für viele Zwecke. Eine höhere Auflösung von etwa 2-3 m wäre angesichts der Satellitenmasse von rund 200 kg und einem Instrumentenanteil von rund 30-40 kg denkbar. Bei 2 m Auflösung fallen rund 6 % mehr Daten an. Ab dieser Grenze wäre der Satellit dann auch als Ergänzung zum SAR-Lupe/Terrasar System zu verstehen. Wobei natürlich die Fläche in diesem Modus begrenzt sein muss, oder multispektrale Aufnahmen wegfallen müssten.

Idealerweise ist der hochauflösende Modus einer mit einem ganzzahligen Verhältnis zum Normalmodus, hier 2 m zu 16 m. Das erlaubt es einen Pixel-Summationsmodus (8 Pixel auf 1 Pixel) für den Normalmodus einzusetzen.

Bei einem Funkkontakt pro Orbit benötigt ein Satellit die Möglichkeit rund 11-19 GByte zu speichern, was mit handelsüblichen SSD für PC’s kein Problem darstellt. Auch entsprechende Zeilenscanner mit der geforderten Datenrate existieren. Bei dem Modell Fairchild 212341 (24000 Pixel/Zeile, 64 Zeilen, 8.75 µm pro Pixel) existiert z.B. eine solche Summierungsmöglichkeit (Binning Capability) und die Datenrate erreicht 300 MPixel/s. (maximal würden 82 MPixel beim 2 m Modus in monochrom benötigt, in diesem Modus wäre also ein Betrieb mit 3 Spektralkanälen noch denkbar). Bei Einsatz dieses Chips mit 8.75 µm Pixelgröße benötigt man eine Optik von 3000 mm Brennweite und 210 mm Öffnung als Schiefspiegler (ohne Fangspiegel im Strahlungsgang) bzw. 260 mm Öffnung als Cassegrain-Konstruktion (mit Fangspiegel im Strahlungsgang, der eine Obstruktion, ein Absinken des Kontrastes und der Auflösung verursacht). Ein derartiges Instrument wäre wegen der gefalteten Strahlengänge durchaus in einem rund 1.5 m hohen Satelliten unterzubringen.

Technisch wäre es kein Problem, und angesichts der Kosten von Rapideye in Höhe von rund 150 Millionen Euro für fünf Satelliten in der gleichen Größenordnung sollte dies auch finanzierbar sein.

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