Die fehlende Vision

Eigentlich wollte ich hier an dieser Stelle was zur Diskussion Unbemannte / Bemannte Raumfahrt schreiben – doch welch ein Wunder – das habe ich schon mal getan, also verlinke ich nur drauf. Wie ich inzwischen lese, hatten selbst NASA Manager den gleichen Eindruck als sie von Griffins „Apollo on Steroids“ lasen. „Da wusste ich es war tot“ sagte Dan Rusky Wissenschaftler am Ames Research Center. ISS und Constellation haben zwei zentrale Probleme. Das eine ist, dass bemannte Programme anders verkauft werden müssen als unbemannte. Es geht nicht, wie bei der Erforschung des Mars, um Klärung von Fragen über unser Sonnensystem, oder wie beim JWST um den Ursprung des Universums, oder bei anderen Satelliten um spezielle Fragestellungen. Wann immer die NASA versucht die Forschung hervorzuheben, handelt sie sich ein paar Subprobleme ein: es gibt hier nicht die einfachen Experimente die leicht erklärbar sind. Wenn man sie erklärt fragt allerdings jeder, ob diese Experimente die Summen wert sind, welche die ISS verschlingt. Das gleiche gilt auch für das Constellation Programm. (Wenn es dort jemals Experimente gibt – erst mal muss ja die Hardware der Zeitplan feststehen).

Die Diskussion über bemannte vs. unbemannte Raumfahrt ist zumindest in Fachkreisen tot – die bemannte Raumfahrt kostet so viel, es gibt nur so wenige Experimente, die ausschließlich bemannt durchgeführt werden können, dass selbst radikale Befürworter der bemannten Raumfahrt diese Karte nicht mehr spielen. Man muss sich nur mal ein Buch von Jesco von Puttkammer aus den Siebzigern und frühen Achtzigern durchlesen und mit heute vergleichen. Nachdem alle seine Prognosen mit Wunderlegierungen und Produktion aus dem Weltall sich als Luftblasen entpuppten, argumentiert selbst er heute mit dem Argument von soziokultureller und psychologischer Bedeutung.

Das hat auch die NASA erkannt. Offensichtlich ist im Zusammenhang mit ISS Missionen der Speiseplan und der Lebenslauf der  Astronauten wichtiger als was nun neu an der Station montiert wird.

Die beiden zentralen Probleme der bemannten Raumfahrt sind:

  • Jeder interessiert sich nur für Erstleistungen
  • Die Leute sind ungeduldig

Alle bemannten Raumfahrtprogramme die von der Öffentlichkeit getragen wurden, haben dem Rechnung getragen: Mercury, Gemini und Apollo fanden in einem überschaubaren Zeitraum statt und es waren jeweils Erstleistungen – auch innerhalb des Programms fanden immer mehr Erstleistungen statt (längere Flüge, EVA Manöver Kopplungen bei Gemini, Erdumlaufbahn – Mondumlaufbahn, Erprobung des Mondlanders in der Erdumlaufbahn, in der Mondumlaufbahn und Mondlandung). Das die Öffentlichkeit leicht abstumpft, zeigte sich dann im abnehmenden Interesse als Apollo 11 eben nur noch weitere Mondlandungen folgten. Die Leute wollen Rekorde sehen oder neue Erstleistungen. Wer interessiert sich für das zweite Bergsteigerteam, das auf dem Mount Everest war? Wer war der Zweite der den Nordpol erreichte? Wer in der allgemeinen Öffentlichkeit (Nicht Raumfahrtfans) kennt die Namen der Apollo 12 Besatzung?

Was bringt hier die ISS neues? Es ist eine Raumstation, ja gut die wievielte? Nach meiner Statistik ist es die zehnte nach Skylab, Saljut 1-7 und Mir. Also nichts was einen vom Hocker reist. Was wird Constellation an Erstleistungen bringen? Es wird längere Mondaufenthalte geben, vielleicht (noch nicht finanziert) irgendwann mal so was wie ne Mondbasis. Wenn diese von Anfang an Erstziel wäre, dann könnte man es als etwas neues verkaufen, aber so ist es eben nur eine Wiederholung von Apollo und die Öffentlichkeit ist eben genauso interessiert wie bei der Wiederholung des Musikantenstadls…

Das zweite ist der Zeithorizont. Apollo hatte einen überschaubaren Zeithorizont: Bis zum Ende des Jahrzehnts, was damals nur noch 8,5 Jahre waren. Constellation wurde im Januar 2004 verkündet und die Mondlandung war damals für 14 Jahre später angesetzt – viel zu lang. (Inzwischen wohl eher zwischen 2020 und 2030 glaubt man der Augustine Kommission). Kennedy lieferte auch eine Zielsetzung und ein wichtiges Argument für das Programm: Einen Mann zum Mond bringen und weil es schwierig ist und uns herausfordert. Was ist die Zielsetzung von Constellation: Nochmal (mit mehr Personen) zum Mond fliegen und was ist das Argument dafür: Es wird vielleicht billiger als Apollo.

Warum so viele von einer Marslandung sprechen, obwohl sie viel teuer als eine Mondexpedition ist, ist, dass sie wieder der Öffentlichkeit verkauft werden kann:

  • Wir bringen wieder eine Erstleistung: Wir landen erstmals auf einem anderen Planeten, verlassen das Erde-Mondsystem
  • Wir können es schaffen, wenn wir wollen und uns anstrengen und auch über Nationen unsere Fähigkeiten und Ressourcen bündeln.

Es ist auch in 8-10 Jahren zu schaffen, wenn man es richtig macht und nicht erst mal ein halbes Jahrzehnt lang plant. Meine Meinung: Constellation einstampfen. Die ISS betrieben, solange sie noch funktioniert und dann alle Ressourcen auf ein Marsprogramm kombinieren, so dass man es in 8-10 Jahren durchziehen kann.

One thought on “Die fehlende Vision

  1. Hmm, ich glaube der rosa Elephant im Raum (über den nur keiner sprechen will) ist, dass sich die USA ihre Militärausgaben nicht mehr leisten können. Die USA geben *offiziell* 700 Milliarden Dollar *jedes Jahr* für die Verteidigung aus. Inoffiziell ist es wohl mindestens eine Billion (die Kriegsausgaben sind nicht Teil des Verteidigungsbudgets).

    Das Constellation Programm hätte 1% dessen gekostet. (7-10 Milliarden pro Jahr über 15 Jahre)

    Kurz: Die USA sind die UdSSR des 21. Jahrhunderts und Constallation wird wohl das Schicksal des Buran und der Energia teilen.

    Was aber passiert *wenn* ich meine große Visionsmaschine anwerfe, das schreibe ich dem Bernd per Mail. 🙂

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