Auf dem Weg zur Super Ariane 1: Eigene Verbesserungsvorschläge

Blog StatsZuerst mal noch ein bisschen Smalltalk. Ich freue mich dass der Blog so viel Zuspruch findet und füge hier mal eine Grafik bei, die das belegt. Neben dem allgemeinen Trend nach oben sind zwei Dinge deutlich sichtbar: Jeweils nach den Sommerferien kommt ein Schwung neuer Leser. Diesen Sommer besonders stark, auch bedingt durch das Interesse an dem vierzigjährigen Jubiläum der ersten Mondlandung, dass ich auch bei meinen Büchern feststellte (würde ich immer so viele Bücher wie im Juli verkaufen, ich könnte zumindest das Essen damit finanzieren…) Leider ist es seitdem entsprechend Mau, auch weil wohl dann viele Bücher von Amazon & Buchhandlungen auf Vorrat gekauft wurden und nun erst mal abgesetzt werden müssen. Der Einbruch im Februar kommt übrigens nicht durch mangelnde Nachfrage zustande sondern ein neues WordPress Theme, das die Statistiken deaktiviert hatte.

Da bin ich beim zweiten Teil: Meinem aktuellen Buchprojekten. Band 1 des Trägerraketenlexikons ist einmal durchgelesen und die Grammatikkorrektur ist nun auch drüber. Derzeit lese ich es zum zweiten Mal, so dass berechtigte Hoffnung besteht, dass es noch diesen Monat erscheint. Ich habe das Probekapitel in einer aktualisierten Form online gestellt.

Doch nun zum zweiten Teil. Diesmal befasse ich mich mit Optimierungen der Ariane 5, die ich für sinnvoll erachte, als Konkurrenz zu denen der ESA, aber wie bei dieser noch ohne radikale Neuerungen.

ESC-B Oberstufe: Zurück an die Zeichenbretter!

Ein Merkmal der ESC-A und ESC-B Oberstufen sind ihre hohen Leermasse. Die ESC-A hat eine von 3,3 t nach Zündung (ohne Stufenadapter und Vorbeschleunigungsraketen) und die ESC-B eine von 6 t (nicht sehr genau, aber die einzige Angabe die ich offiziell finden konnte (ESA BR-250). Woran liegt dies?

Thlio Kranz, von der DLR (an dieser Stelle einen Herzlichen Dank für die Beantwortung vieler Fragen!) erklärt dies mit dem veränderten Schwingungsspektrum durch die großen Feststoffbooster. Sie erzeugen niederfrequente Schwingungen mit höherer Amplitude, bringen damit den Treibstoff stärker zum Schwappen als dies bei Trägern ohne oder mit nur kleinen Boostern der Fall ist, so wie z.B. der Ariane 4, Delta IV oder Atlas V. In der Tat ist auffällig, dass bei Trägern mit großen Feststoffboostern die Oberstufen eine deutlich höhere Leermasse. Das zeigt auch folgende Tabelle:

ESC-A Centaur G Titan Ares I Oberstufe
Vollmasse: 17834 kg

23.923 kg

156.000 kg
Leermasse: 3.300 kg 2.775 kg 17.500 kg
Voll/Leermasseverhältnis 5,40 8,62 8,91
Triebwerke: 162 kg 282 kg 2.400 kg
max. Nutzlast: 21.000 kg* 5.776 kg 27.000 kg*
Besonderheiten: Nichtintegrale Tanks Druckstabilisierte Tanks Alu-Li Legierungen

Auch bei der Ares I – hier überhaupt nur ein Feststoffbooster als erste Stufe – sind die induzierten Schwingungen ein Problem, wenn auch in einem anderen Zusammenhang. Hier ging es um die Gefährdung der Besatzung durch das Rütteln und die Beeinträchtigung beim Aufstieg (Ablesen der Instrumente, Bedienung von Hebeln und Schaltern).

Zur Erklärung habe ich noch drei wichtige Daten mit eingeführt: Die Trockenmasse ist natürlich auch abhängig von der Motorisierung: Hier sollte die ESC-A mit nur einem schubschwachen Triebwerk eigentlich besser da stehen als die beiden Oberstufen des Ares und Titan. Zum zweiten bestimmt auch die maximale Nutzlast die Leermasse – Hier liegt nur ein Wert für die Titan vor, die anderen sind von den maximal möglichen Nutzlastmassen angegeben. Da 1000 kg mehr Nutzlast die Struktur um 20 kg schwerer machen ist dies auch zu berücksichtigen. Dazu kommen natürlich noch Designentscheidungen. So verwendet die ESC-A kugelförmige Tanks, die nur an einer Stelle die Wand berühren. Die Centaur G dagegen druckstabilisierte Tanks und die Oberstufe der Ares sehr leichtgewichtige Legierungen, die beim Space Shuttle Wasserstofftank dessen Masse um 25 % reduzierten. Berücksichtigt man diese Faktoren, so ergibt sich ein Leergewicht von 2380 kg für die ESC-A bei Übertragung der Centaur G Daten. Für die ESC-B errechnet sich ein Wert von 4110 kg. Das sind 920 beziehungsweise 1890 kg weniger. Entsprechend würde die Nutzlast ansteigen. Noch größer wird der Gewinn, wenn die leichtgewichtigen Legierungen der Ares Zweitstufe eingesetzt werden. Dann würde eine Trockenmasse von nur noch 3.880 kg für die ESC-B resultieren.

Mag das hohe Leergewicht der ESC-A noch erklärbar sein durch die schnelle und kostengünstige Entwicklung, so sollte es bei der ESC-B, die ja noch nicht fertig entwickelt werden nicht hingenommen werden. Da es die letzte Oberstufe der Ariane 5 sein soll ist hier ein Neudesign dringend erforderlich. Ich sehe drei Mögliche Verbesserungen:

  • Integrale Tanks, nicht wie im bisherigen Entwurf eine umgebende Hülle
  • Innendruckstabiliesierte Tanks – Der Innendruck reduziert auch die Schwappneigung
  • Ein System zur Reduzierung der Schwingungen im Stufenadapter. Dies käme auch der Nutzlast zugute. Selbst wenn es so schwer wäre wie die eingesparten strukturellen Verstärkungen, so würde es trotzdem effektiv die Leermasse der Oberstufe und damit die Nutzlast steigern. Wenn der Stufenadapter um 1000 kg schwerer wird, sinkt die Nutzlast um rund 350 kg.

Ich halte daher eine Erhöhung der Nutzlast der ESC-B Version um 1000-1500 kg auf 13.000 kg möglich.

Tunen der Booster

Es gibt bei Feststoffboostern eine Reihe von Zusammenhängen zwischen Schub, Druck und Brennzeit:

  • Brennzeit: Bei einer gleichmäßigen Mischung brennt diese mit einer konstanten Rate ab. Die Brennzeit ist also bestimmt von der Dicke des Ringzylinders. Bei der Ariane beträgt die Abtrragungsrate 7,4 mm/s, der Zylinder hat so eine Dicke von 977 mm (132 s Brennzeit)
  • Druck: der Druck ist abhängig von dem pro Sekunde verbrannten Treibstoff, der wiederum von der Oberfläche abhängig ist und dem verfügbaren Innenraum. Der Zusammenhang ist nicht linear. Bei einem Innenbrenner nimmt er mit dem Schub zu. Bei Ariane 5 ist der Verlauf komplex, bedingt durch ein zusätzliches sternförmiges Kopfsegment.
  • Schub: Der Schub hängt vom Druck und verbrannter Treibstoffmenge ab. Er sinkt wenn die Höhle kleiner wird.

Ich habe dies in einer Tabelle zusammengefasst, wobei ich von den angegebenen Ariane 5 Referenzwerten ausgegangen bin (5840 kN Startschub, 132 s Brennzeit, 240,65 t Treibstoff, 61 bar). Es wird folgende Tabelle erhalten

Original
Brennzeit 132,0 140,0 145,0 150,0
Treibsatz 976,8 1036,0 1073,0 1110,0
Höhle 1096,4 978,0 904,0 830,0
Oberfläche 3444,9 3072,9 2840,4 2607,9
Druck 61,0 54,4 50,3 46,2
Schub 5840,0 5209,3 4815,2 4421,0
Fläche 3816553,0 4293184,0 4605316,0 4928400,0
Treibstoff 240,7 270,7 290,4 310,8
Beschleunigung 16,7 14,0 12,5 11,1

Da eine bestimmte Mindestbeschleunigung gegeben sein muss, scheidet eine Brennzeit von 150 Sekunden aus, doch 140 Sekunden, eventuell sogar 145 sollten möglich sein. Bei einer konservativen Annahme würde die Wahl auf 140 Sekunden fallen. Was sind die Vorteile:

  • Verbesserung des Vollleermasseverhältnisses: Dies alleine bringt rund 840 kg Nutzlast bei der ESC-A Version
  • Der Schub wirkt 8 Sekunden länger. Da die Zentralstufe später abgetrennt wird, reduziert dies die Gravitationsverluste um rund 25 m/s. Das bringt weitere 110 kg Nutzlast

Zusammen bringt diese einfache Änderung, ohne konstruktive Veränderungen 950 kg mehr Nutzlast.

Zusammenfassung

Hier nur berechnet für die Ariane 5 ESC-A (die Daten für die ESC-B sind mir noch zu dürftig und noch nicht endgültig) erhält man durch die angegeben Maßnahmen:

  • Erhöhung der Boosterbrenndauer auf 140 s (+30 t mehr Treibstoff)
  • ESC-A mit 2380 kg Trockenmasse
  • 1 t schwerer Stufenadapter mit Vibrationsdämpfung

eine Nutzlast von 11250 anstatt 9600 kg, also rund 1650 kg mehr, oder in etwa dass was sie ESC-B Oberstufe bringen sollte. Bei der ESC-B ist der Gewinn höher und sollte in etwa bei 13.600 kg liegen.

Weitere Optimierungen

Traditionell ist bei europäischen Raketen die VEB eine eigene Konstruktion. Die VEB hat drei Funktionen: Sie beinhaltet die gesamte Bordelektronik, sie beinhaltet das Rollachsenkontrollsystem für die EPC und sie ist struktureller Bestandteil der Rakete. Sie ist bei der Ariane 5 recht schwer. Das lag bei der ersten Version wegen der innerhalb der VEB liegenden EPS Stufe. Bei der derzeitigen VEB Typ C entfällt dies und sie mit 950 kg schon um rund 550 kg leichter. Trotzdem macht nur ein kleiner Bruchteil davon die Elektronik aus. Sie könnte ohne Problem in die Oberstufe integriert werden, zumal nur ein äußerer Ring benötigt wird, der sowieso als Platz durch die domförmigen Tankdeckel zur Verfügung steht (höchster Punkt in der Mitte der Stufe). Verlagert man noch das Rollkontrollsystem (die ESC-A hat ihr eigenes System) in den Stufenadapter so denke ich ist die VEB einsparbar und eine weitere Gewichtsreduktion von 500 kg möglich. Als Folge erhält man eine Maximalnutzlast von 11750 kg bei der ESC-A und 14.100 kg bei der ESC-B . ohne neue Booster, ohne neues Haupttriebwerk!

2 thoughts on “Auf dem Weg zur Super Ariane 1: Eigene Verbesserungsvorschläge

  1. Zur Nutzlast von der Ariane V: Im Artikel hier ist diese mit 9600 kg für GTO angegeben. Das Standard-GTO hat dabei für die Ariane V ein Perihel von 200 km und 7° Inklination.

    Beim letzten Start einer Ariane V am 29.10. wurde den Angaben zufolge eine Nutzlast von 9.515 kg in den GTO geschossen, und das sogar mit 250 km Perihel und 6° Inklination. Der für die Perihel-Erhöhung und Reduktion der Inklination benötigte zusätzliche Schub dürfte die Nutzlast um deutlich mehr als 1% reduzieren, so dass vielleicht sogar 9700 oder 9800 kg ins GTO möglich sind. Auf jeden Fall war man „am Limit“ und dennoch erfolgreich.

  2. Ariane 5 wird laufend verbessert. Bis Ende 2010 soll nach DLR Angaben die 10.000 kg Grenze erreicht sein (Kurze Nutzlastverkleidung, Standard GTO). Die Anpassungen betreffen vor allem Optimierungen der Aufstiegsbahn und lichte Erhöhungen des Schubs der Triebwerke.

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