Sowohl in den Gene Kranz Memoiren
Auf der Mondrückseite war der Effekt auf die Kruste kleiner und das Gelände ähnelt mehr den Hochländern auf der Vorderseite. Ob es sich chemisch gravierend von diesen unterscheidet hätte eine Expedition klären können. Die Wahrscheinlichkeit noch älteres Gestein zu finden ist jedoch sicher höher als auf der Vorderseite. Soviel zum wissenschaftlichen Anspruch. Nun zu den offenen Fragen und Problemen.
Fehlende Aufklärung
Sowohl die Lunar Orbiter wie auch die vorherigen Apollo Missionen konzentrierten sich bei der Erkundung der Landeplätze auf die Vorderseite. Die Mondrückseite wurde kartiert, aber global und nicht regional einige Landeplätze hochauflösend erfasst. Allerdings hätte dies durch eine vorherige Apollomission, z.B. Apollo 16 nachgeholt werden können. Damit wäre das Landegebiet genauso gut bekannt wie die Landezonen auf der Vorderseite.
Fehlende Funkverbindung
Das ist die größte Einschränkung. Es gab zwar bei allen Apollomissionen Manöver die auf der Mondrückseite erfolgten – Einbremsung in den Orbit, Zündung des Abstiegstriebwerks für das Erreichen des Abstiegsorbits und Verlassen des Orbits. aber diese waren himmelsmechanisch nötig. Trotzdem flogen die ersten Apollo Missionen auf freien Rückkehrbahnen falls die Zündung des Haupttriebwerks des Servicemoduls scheitert. Wenn die erste Zündung des Abstiegstriebwerks scheiterte hätte das LM immer noch ankoppeln können. Der kritische Teil der Landung erfolgte aber auf der Vorderseite. Nach Apollo 11 sogar mit Korrekturwerten aufgrund der Bahnvermessung vom Boden aus. Damit konnten die bei Apollo 11 aufgetretenen Abweichungen von einigen Kilometern vermieden werden. Auf dies müsste dann komplett verzichtet werden.
Noch gravierender ist natürlich dass nun der Boden überhaupt keinen direkten Funkkontakt mehr zum LM hat – weder bei den Mondexkursionen noch bei dem Rückstart. Allenfalls einige Minuten pro Umlauf wäre ein Kontakt über die Kommandokapsel möglich, aber niemals eine direkte Funkverbindung.
Die Besatzung wäre völlig auf sich allein gestellt, könnte nicht mit direkter Hilfe vom Boden aus rechnen und vor allem die Bodenkontrolle hätte ihren Einfluss auf das LM vollkommen verloren – das ist beides nicht für Mission Control tolerierbar. Doch es wäre möglich gewesen dieses Manko zu beseitigen: Mit einem Relaysatelliten in einem Orbit der gleichzeitig vom Mond wie von der Erde aus erreichbar ist. Es gäbe mehrere Möglichkeiten, da die Mondexkursionen immer nur kurz (maximal 3 Tage) dauerten wäre z.B. ein Satellit in einer exzentrischen Mondumlaufbahn mit einer Umlaufsdauer >3 Tage denkbar. Allerdings sind solche Bahnen wegen der Gravitation der Erde instabil. Sinnvoller ist sicher eine Stationierung in einem der Lagrangepunkte des Erde-Mondsystems. Entweder im 60 Grad vor/nachlaufenden Punkt oder dem Punkt hinter dem Mond (444.000 km von der Erde entfernt).
Die USA starteten am 30.5.1974 den experimentellen Kommunikationssatelliten ATS-6. Dieser Satellit mit einer 9 m großen Parabolantenne hätte aus 60.000 km Entfernung vom Mond die gleiche Empfangsleistung gehabt wie eine 58 m Empfangsantenne auf der Erde. Er war mit 950 kg Gewicht auch noch leicht genug um mit derselben Titan 3C, die ihn in einen GEO Orbit brachte, zum L2 Langrangepunkt zu transportieren. Über diesen hätte dann die Kommunikation erfolgen können und bei rechtzeitiger Planung wäre er sicher schon 1972 zur Verfügung gestanden.
Meine Meinung
Am Schluss des Apolloprogramms konnte die NASA froh sein, dass nicht noch mehr Missionen gestrichen wurden (Apollo 20 wurde gestrichen, weil die Saturn V für den Start von Skylab benötigt wurde, Apollo 18+19 schon um Kosten zu sparen). Planungen von anspruchsvolleren Landungen auf der Vorderseite wie im Tycho oder Kopernikuskrater gestrichen und nicht für die noch ausstehenden neu angesetzt. So glaube ich nicht, dass die NASA eine viel riskantere Landung auf der Mondrückseite (oder mit einem Relaysatelliten zumindest deutlich aufwendigere und teurere) durchführen würde. Schade, denn ich denke es wäre sicher die wichtigste Landung gewesen.