Abhängigkeiten und Entschleunigung

Zwei Dinge fielen mir in meinem Urlaub auf: Die Berichterstattung über die Aschwolke und ein Bericht bei „Neues“ (3sat). Fangen wir mit dem ersten an: Durch die Aschewolke war der Luftverkehr für einige Tage ausgesetzt. Sicher nicht angenehm vor allem für Leute die dann feststecken und auch die Luftfahrtgesellschaften machen Verluste. Auf der anderen Seite frage ich mich ob dem Ereignis diese Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Schon Morgens im Frühstücksfernsehen ging es los, dann gab es regelmäßig einige Specials über den Tag. War es das Wert? Sind wir schon so abhängig vom Luftverkehr? Meiner Ansicht nach ist z.B. der Ölteppich der nun im Golf von Mexiko auf die US Küste zu schwimmt eine viel größere Katastrophe mit viel länger andauernden Folgen als diese Vulkanstaubwolke. Aber er ist ja 5000 km weit weg und das ist ein prinzipielles Nachrichtenproblem: Wenn es einen nicht tangiert, dann muss ein Ereignis viel gravierender sein um in den Nachrichten zu kommen.

Das zweite war ein Experiment bei „Neues“ – eine Woche ohne Digitaltechnik. Das Ergebnis war skurril. Okay einige Dinge waren schon aufwendig und heute antiquiert, wie das Schreiben von Moderationskarten mit der Schreibmaschine. Aber einen Großteil der Erfahrungen halte ich für übertrieben. so schilderte ein Redakteur eine wahre Odyssee, weil er einen Strafzettel bezahlen musste : Vom Online Konto geht das nicht wegen der computerfreien Woche. Da er nur ein Online Konto hat wären 10 Euro Gebühren fällig wenn er es beim Schalter erledigen will und die Polizei akzeptiert kein Bargeld: Da frage ich mich aber was das mit der Abhängigkeit vom Computer zu tun hat oder mehr Sparen an der falschen Stelle: Ich habe doch nicht nur ein Konto und das ist dann ein online Konto. Schon alleine nicht wegen der geringen Zinsen für Girokonten.

Die Redakteurin fand es schlimm keine SMS schreiben zu können wenn sie eine Verabredung nicht pünktlich einhalten konnte. Zitat „Man hat so dran gewöhnt zu simsen „Ich komme zehn Minuten später“ und nun sind die Leute weg oder verärgert“. Auch das: Das hat doch nichts mit Computern selbst zu tun, sondern mangelndem Zeitmanagement. Ich bin immer pünktlich zu festen Terminen, selbst wenn es nur Vorlesungen waren, wo es Wurst ist, ob man da ist oder nicht. Meine Devise ist immer einen Bus oder S-Bahn früher da zu sein, falls es mal Probleme beim Umsteigen oder Verspätungen gibt. Wenn jemand seine Planung so macht dass er mit Glück gerade „just in Time“ da ist und in der Regel dann ankündigen muss das er später kommt, so ändert das doch nichts daran dass in jedem Falle andere auf ihn warten müssen. Denen nützt es dann auch nichts wenn sie das vorher wissen.

Die Redakteurin fand es auf jeden Fall ganz schlimm ohne Handy und ohne Social Network zu leben – wenn es auch nur für eine Woche war. Ich denke aber es liegt einem selbst, wie man den Computer nutzt und wie so Abhängigkeiten entstehen. Ich bin z.b. kein Fan von Sozialen Netzwerken oder Twitter. Ich sehe einfach keinen Nutzen für mich. Leute mit denen ich kommunizieren will, existieren für mich als Personen die ich kenne und die ich so auch direkt erreichen kann. Ich sehe keinen Sinn darin Kontakte zu sammeln, vor allem wenn ich die Leute nur online kenne. Das ich mich für das Handy nicht begeistern kann habe ich ja schon mal geschrieben – mir leuchtet dieses „immer erreichbar“ Konzept nicht so recht ein und ich verstehe nicht warum jedermann meine Telefongespräche mitbekommen soll, weil man eben auch im Bus und in der Fußgängerzone angerufen werden kann.

Sicher Computer sind für mich wichtig und das Internet: Es erlaubt einem Recherche. Das ist für mein Hobby Raumfahrt extrem wichtig und auch beruflich als Softwareentwickler kann man so leicht bei Problemen suchen ob nicht schon jemand nicht das gleiche Problem hat und eine Lösung gefunden hat. Aber bin ich zwingend darauf angewiesen, so dass mich ein Fehlen nicht gerade mein Leben in dem Maße wie bei der Redakteurin einschränken würde – sicher es würde die Aufgabe vieler Hobbys bedeuten und es macht vieles mühsamer. Aber ich würde nicht in Probleme kommen mein Leben zu meistern, soziale Kontakte aufrecht zu erhalten etc.

Aber bei vielen ist die Abhängigkeit da. Für einen amerikanischen Freund ist es unvorstellbar, dass ich in den Urlaub ohne Computer fahre. Ich weiß auch für viele andere ist es wichtig. So gibt es nun seit diesem Mai auch einen Internetanschluss im Ferienhaus für die Gäste. Ich stand dem lange kritisch gegenüber. Nicht weil ich auf dem Standpunkt stehe, man braucht es nicht – es gibt genügend Leute die können nicht mal im Urlaub „offline“ sein. Meine Befürchtung war vielmehr die rechtliche Haftung. Schlussendlich kann ein Gast mit einem Internetanschluss einiges anstellen – unabsichtlich in Abofallen rein tappen oder absichtlich während des Aufenthaltes eine Tauscbörse besuchen und dort erwischt zu werden. Da kann einiges auf die Verwaltung zukommen, die dann auch noch bei vielen vermieteten Häusern ermitteln muss, wer der Gast war. Insgesamt schien mir bei einer Besprechung die Problematik und auch das Wissen, wie man Funknetze verschlüsselt nicht klar zu sein.

Nun zumindest etwas positives konnten die Redakteure ihrer internetfreien Woche abgewinnen – eine Entschleuinigung. Es gab nun weniger Termindruck, mehr Zeit weniger Unterbrechungen. Gerade das was auch ein Urlaub bringen soll. Unverständlich, dass auch dort der Computer und das Handy mitgenommen werden….

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