„demokratisch legitimiert“

Mit diesem Spruch hat unser verehrter MP Mappus das Projekt Stuttgart 21 verteidigt. Auf gut deutsch: „Ihr habt und gewählt, wir haben das beschlossen, also müsst ihr damit einverstanden sein“. Das ist das bislang letze Beispiel wie Volksvertreter der Meinung sind, dass nur durch die Wahl, alles was sie tun legitimiert ist.

Das ist schon deswegen absoluter Unsinn, weil ich ja gar nicht die Möglichkeit habe, über die einzelnen Parteiprogramme abzustimmen, sondern nur einer Partei meine Stimme geben kann. Das heißt, ich muss die auswählen, die mit meinen Vorstellungen am meisten konform geht. Besonders klein wird die Auswahl, wenn wie in BW von vier im Landtag vertretenen Parteien drei für das Projekt sind, sodass nur die Grünen übrig bleiben. Nun hat Merkel ja leichtsinnigerweise die nächste Landtagswahl als „Volksabstimmung“ ausgerufen, das könnte in die Hose gehen. Derzeit sieht es so aus: CDU 34%, Grüne 32%, SPD 19%, FDP 6%, Linke 5%. Das Ergebnis der Grünen würde mir zu denken geben, nur mal als Hinweis, Mappus und Merkel….

Aber das führt mich zu meinem Thema: Partein, ihre Programme und ihr Verhalten. Derzeit ist es für mich so wie bei den Kinderüberraschungen: Nach der Werbung ist das was ganz tolles, zum Naschen, Spiel und Spaß. In Wirklichkeit ist das irgendwas zwischen Kruscht und Glomb (versteht man das auch außerhalb von BW?) in einer pappsüßen Schokolade. So ist es bei den Parteiprogrammen: Sie versprechen einem die großen Reformen und erhöhen dann die Steuer, Krankenkassenbeitrag und betrieben Klientelpolitik.

Mir schwebte als Lösung mal vor, bei den Wahlen eine Abstimmung über die groben Punkte der Parteiprogramme vor, verbunden mit einer einklagbaren Verpflichtung der Umsetzung. Aber dann würden wohl sich wiedersprechende Forderungen herauskommen, wie Schuldenabbau, Steuererleichterungen und Harz-IV Erhöhungen. Aber es sollte eine viel einfachere Möglichkeit geben sich gegen Entscheidungen der Politiker zu wehren die offen gegen den Volkswillen regieren.

Volksentscheidungen sind bei uns nicht vorgesehen, das ist ein Erbe der Nachkriegszeit als man nach dem Ende des dritten Reiches dem Volk nicht allzu viel Macht geben wollte. Bei der Schweiz gibt es sie schon immer. Und ich meine es wird auch bei uns Zeit dafür. Vor allem sind sie dank moderner Technik viel einfacher durchführbar. Wir bekommen ja alle einen maschinenlesbaren Personalausweis. Er soll gut genug und sicher genug sein, um damit im Internet zu bezahlen. Meine Steuererklärung muss ich inzwischen schon online abgeben. Warum das nicht auch für Wahlen und Abstimmungen nutzen. Meine Idee: Jeder bekommt nicht nur einen Personalausweis mit sicherem Chip sondern auch einen Kartenleser und eine CD mit Software für Linux, Windows und Mac. Die Software kann entweder ein Browser Plugin sein oder ein abgeschlossenes System, in jedem Falle sicher – wobei ich denke, die Sicherheit kann gewährleistet sein über eine Verifizierung dass im Kartenleser der Personalauswies der Person steckt, ein sicheres Protokoll zur Datenübertragung (die es ja schon gibt) und ein System das sicher speichert wer wie abgestimmt hat und einen Fingerabdruck der Daten des Personalausweises speichert um sicherzugehen dass niemand mehrmals abstimmt.

So sind Abstimmungen viel leichter durchführbar. Natürlich Wahlen, wobei hier vor allem bei Kommunalwahlen durchaus große Summen eingespart werden können (in meiner Gemeinde kann ich insgesamt 26 Stimmen abgeben, davon bis zu  pro Person). Vor allem kann man aber so auch Volskabstimmungen durchführen – nicht nur die eigentliche Abstimmung, sondern auch das Einholen der nötigen Mindeststimmen, damit es überhaupt eine Volksbatimmung gibt, sagen wir mal 5% der wahlberechtigten Bürger. Durchführen und auswerten sollte das eine staatliche Stelle.

Wie könnte es laufen?

Nehmen wir mal an das Ptojekt „Stuttgart 21“ sollte eine Volksabstimmung werden. Die Gegner stellen einen Antrag bei einer von der Regierung unabhängigen staatlichen Stelle für eine Volksabstimmung. Diese prüft diesen zeitnah, ob er die Bedingungen für eine Abstimmung erfüllt und nicht einfach nur ein „Jux“ ist oder überhaupt darüber abgestimmt werden kann.

Dann wird verkündigt, das nun eine bestimmte Zeit lang sich Leute online für die Volksabstimmung aussprechen können. Wie beim Sammeln von Unterschiften (das können die Gegner zusätzlich noch tun), muss sich jeder mit Namen und Anschrift registrieren, wobei das online nur mit dem Personalausweis möglich ist zur Verifikation.

Erreicht das Projekt die Mindestanzahl an Stimmen, so wird es zur Volksabstimmung und steht einige Zeit, sagen wir mal einen Monat lang online zur Wahl. wer keinen Computer hat sollte mit seinem Personalausweis in einen zu bestimmten Zeit geöffneten Raum bei seinem örtlichen Rathaus gehen wo er analog wählen kann – notfalls für alte Leute mit der alten Papierzettelmethode aber besser mit dem gleichen System, nur einem stationären Computer. Während dieser Zeit steht auch das Vorhaben über das zu entscheiden ist. Also Gesetzesvorhaben sind noch nicht gültig oder bei Stuttgart-21 dürfte nicht weiter gebaut werden. Sonst könnte der eine oder andere Volksvertreter auf die Idee kommen Tatsachen zu schaffen die unumkehrbar sind.

Natürlich gibt es erst mal teuer: Für jeden Wahlberechtigten muss ein Kartenleser angeschafft werden. Solche für die Abwicklungen von Zahlungen via Online Banking kosten 30-40 Euro. Es gibt auch preiswertere Modelle ab 20 Euro. Sie dürften wenn sie sicher genug zum Zahlen sind auch sicher genug für Abstimmungen sein. Ich denke dieser Preis wäre auch bei Millionenstückzahlen realistisch, vielleicht sogar noch weniger. Dann müsste der Staat für geschätzte 60 Millionen Lesegeräte rund 1 Milliarde ausgeben – viel Geld, aber nur so viel wie die FDP den Hoteliers jedes Jahr schenkt. Vor allem werden dann aber Wahlen viel billiger. Es wird weniger Personal zum Auszählen und Durchführen benötigt, und die Ergebnisse liegen auch schneller vor.

Trotzdem bin ich sicher, wird es nicht dazu kommen. Denn das wäre ja echte Demokratie, die Art von Demokratie, die es in Athen vor 2000 Jahren gab – damals beschlossen die wahlberechtigten Bürger über einzelne Anträge im Scherbengericht – nicht über die Wahl von Personen, sondern das Vorgehen. Heute sind Wahlen der Persilschein vier Jahre lang das zu tun was man will. Vor allem scheinen die Bürger keine Macht mehr zu haben. Wie ja die letzten Entscheidungen zeigen werden Gesetze von Lobbyisten geprägt. Ich bin mir sicher, dass bei Volksabstimmungen viele dieser Vorlagen wieder kippen würden, und die Politiker dann so auch gestärkt werden würden. So nach dem Motto: „Höhere Krankenkassenbeiträge? Die bekommen wir nicht durch, lasst uns nach einer anderen Lösung suchen“. Aber vielleicht wollen die Politiker ja nur Marionetten sein. Schließlich winken ja lukrative Aufsichtsratsposten.

8 thoughts on “„demokratisch legitimiert“

  1. Hallo Bernd!
    Das was du vorschlägst ist sicher auch ohne Internet und ePA möglich. Wenn man sich die Konzeption des aktuellen ePAes anschaut, so ist diese alles andere als optimal.
    Hier mal eine kleine Übersicht, welche gegen den ePA spricht:
    http://www.mcseven.me/2010/01/elektronischer-personalausweis-was-soll-der-quatsch/

    Bisher sind ja –glücklicherweise– auch alle bisherigen Versuche zum Einsatz von Wahlautomaten gescheitert. Das Problem beim eVoting ist, dass keinerlei Kontrollmöglichkeit mehr vorhanden sind. Die aber ist Grundlage des Wahlverfahrens in unserer Demokratie.

    Abgesehen davon halte ich den Einsatz von Fingerabdrücken als Authentifizierungsmöglichkeit als sehr unsicher. Ein Fingerabdruck ist sehr leicht zu fälschen. Ein Passwort o.Ä. kann ich jederzeit ändern und mir ein neues ausdenken. Beim Fingerabdruck klappt das höchstens 10mal…

  2. Bedenklich finde ich die Haltung der Parteien, die nicht das gewünschte Resultat erzielt haben. Statt darüber nachzudenken, warum ihre Vorchläge nicht die Zustimmung finden, wird rumlamentiert, dass es bei der Erklärung der Politik gehapert hätte (Bei Stuttgart 21 „Wir haben die Bevölkerung nicht mitgenommen“).

    Im Augenblick wird zum Beispiel alles mit Sachzwängen aus der Wirtschaftskrise begründet. Zuvor war es die angeblich mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, notwendige Rechtssicherheit, Zukunftsfähigkeit, Überschuldung etc.
    Und immer kommen die Politiker mit ihren angeblichen Allheilmitteln. Dabei wird noch nicht einmal auf im Hause vorhandene Sachkompetenz gesetzt, sondern die Pläne kommen von verscheidensten Lobbygruppen.

    Ich finde kaum Entscheidbares vor. Von den Politikern werden nie die mögliche Alternativen und die Vor und Nachteile dargestellt, sondern die vorgestellte Maßname ist immer die einzige Lösung, später heißt es dann „das hat niemend vorhersehen können!“

    Zugegebenermaßen ist Politik komplex, deshalb helfen die zur Zeit verwendeten eingleisigen Simpelmodelle („Gut ist was Arbeitsplätze schafft“) nicht.

    Warum soviel Aufwand für eine nicht Nachvollziehbare Abstimmung. Die Politik kann bis zur nächsten Wahl ihre Projekte vorbereiten und den Menschen erklären, und dann wird zusätzlich zur Parteienwahl auch das Programm festgelegt.

  3. Ich glaube, es liegt hier ein Grundirrtum vor.
    Gibt es in BW ein Gesetz „Wir bauen Stuttgart21 ?“. Also war es gar keine Entscheidung von Politikern oder Parlamenten.

    Hier hat ein Konzern (DB AG) vor wahrscheinlich 20 Jahren die Entscheidung getroffen, den Stuttgarter Bahnhof im Zuge des europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes umzubauen. Da es ein großes Infrastrukturprojekt ist sicher in Zusammenarbeit mit der Politik.
    Dann hat eine endlose Mühle mit Planfeststellung, Bütgerbeteiligung, Klage, neue Planfeststellung , neue Bürgerbeteiligung, neue Klagen etc. eingesetzt.
    Ich habe das erste mal von Stuttgart21 vor 8 Jahren gehört und da war das Projekt konzeptionell schon fertig.
    Nach dieser langen,langen Rechtsweg ist nun endlich Baubeginn.
    Jetzt gibt es ein paar Bürger und politische Intressen, denen das immer noch nicht passt und es wird eine Bewegung losgetreten.
    Was haben DB und Regierung verbrochen? Haben sie irgendwelche Gesetze missachtet? Hätten sie irgendetwas anders machen können?

    Das Signal an jeden Investor ins Musterländle ist, das sie ruhig millionenteure Planungen und Planungsverfahren machen können, selbst ein rechtsgültiger Baubescheid nützt ihnen nichts, wenn es irgendeiner Bürgergruppe nicht passt. Investiert also um himmelswillen nicht in Baden-Würtemberg.

    Was wäre gewesen, wenn vor hundert jahren etwas ähnliches mit der Geislinger Steige passiert wäre, wenn die Baden-Würtemberger Carl Benz das Autofahren wegen Lärmbelästigung verboten hätten?

    Das einzige was die Stuttgarter mir im Moment beweisen ist, daß sie nicht zukunftsfähig sind. Lieber die 4 Mrd sofort verbraten (von wem für was?) als eine Infrastrukturmassnahme für die nächsten 100 Jare zu errichten.

    Also als DB würde ich sagen: Die Hochgeschwindigkeitstrasse (die in europäischen Verträgen steht) weiträumig um Stuttgart rum, dann reicht ein kleiner S-Bahnhof für die Innenstadt alle mal und den Erlös aus den aufzulassenden Bahnanlagen haben wir trotzdem in der Tasche.

    Glück auf

    Bernd

  4. Moin Bernd,

    du hast schon Recht, ohne Scherbengericht ist keine Demokratie moeglich, sondern nur eine Kleptokratie.

    Aber du hast das Scherbengericht falsch verstanden. Das Scherbengericht ist keine Sachwahl, sondern eine Personenwahl. Einmal im Jahr kann jeder Buerger einen Beamten, Politiker oder Person der oeffentlichen Geschehens benennen. Bei einer Wahlbeteiligung ueber 50% werden dem Gewinner alle Posten enthoben, alle Konten gesperrt. Er wird Staatenlos und hat innerhalb 24 Stunden fuer 7 Jahre das Land zu verlassen.

    Interessanterweise sank die Wahlbeteiligung meist innerhalb von 5 bis 15 Jahren unter 50%. Das heist in weniger als einer Generation ist es moeglich Politiker und Beamten zu haben, von denen weniger als die haelfte der Bevoelkerung ueber irgendeinen sagen: Der muss Weg!

    Obwohl immer nur der schlimmste aller Politiker gehen muss, reicht es aus, dass keiner der schlimmste sein will, um einen allgemeine Verhaltensaenderung der Politiker von der Kleptokratie zur Demokratie zu bewirken.

    ciao,Michael

  5. Bernds Vorschlag ist gefährlich und demokratiegefährdend.

    Seit Jahren engagiere ich mich als Wahlhelfer. Aus dem einfachen Grund, dass ich nicht möchte, dass das Sechs-Augen-Prinzip in irgendeiner Form angetastet wird. Die Urne wird vor der Wahl kontrolliert und permanent von mindestens 3 Personen beaufsichtigt. Die Stimmen werden direkt nach der Wahl öffentlich ausgezählt, jeder Bürger oder Wahlberechtigte darf dabei zusehen. Etwaige Ungereimtheiten (z.B. ungültige Stimmen) werden genauestens und ohne Chance auf Ausreden dokumentiert. Zwar wird das Wahlergebnis von jedem Wahlkreis in einem Rechner eingegeben und von diesem anschließend zu einem Gesamtergebnis zusammengezählt. Jedoch wird nach der Wahl die Anzahl der Stimmen pro Wahlkreis veröffentlicht (z.B. Lokalpresse). Jeder, der der Stimmenauszählung beigewohnt hat, findet genau diese Zahlen wieder. Damit hat jeder die Möglichkeit, das Gesamtergebnis auch ohne EDV Kenntnisse gegenzurechnen.

    Ein Einsatz von Wahlmaschinen würde bedeuten, dass diese Wahlmaschinen von mindestens 3 Personen konstruiert, montiert und permanent überwacht werden müssen, pro Wahlkreis natürlich, um jeglicher Manipulation vorzubeugen.

    Erst recht halte ich den Personalaufwand für die Wahlbeobachtung bei Bernds Vorschlag für immens größer. Schon jetzt weiß niemand wer welche Daten über wen hat. Wer soll dann bitte noch bei einer Stimmabgabe über das Internet mit dem Personalausweis oder Fingerabdruck als Verifizierung eine freie und geheime Wahl garantieren können, vor allem in Zeiten wo CDU, SPD und FDP noch mehr an Boden verlieren und Grüne, Linke und Rechte womöglich auf mehr als 50% kommen?

    Gruß
    Klaas

  6. Volksabstimmungen sind ja gut und schön, wenn auch tatsächlich alle Fakten auf dem Tisch liegen. Solange aber auch bei 100% Bundeseigenen Firmen die Kosten Nutzen Rechnung und andere Kalkulationsbasen als Geschäftsgeheimnis behandelt werden, und bei vergebenen Aufträgen sowohl Zeit als auch Kostenüberschreitungen in großem Stiel akzeptiert werden, kommt auch dabei nichts besseres heraus.

    Es wird z.B. bei Stuttgart 21 mit der Anbindung an das Europäische Hochgeschwindigkeitsnetz argumentiert, obwohl das eine ganz andere Baustelle ist, und selbst die alte Trasse vor Jahren schon eine höhere Leistungsfähigkeit als heute hatte. Solche Fehlinformationen häufen sich um so mehr wenn private Firmen (DB, Bauunternehmen etc.) an Bundes- und Landesmittel heranwollen. Eine direkte Demokratie hilft nur dann etwas, wenn auch Alternativplanungen offengelegt und bewertet werden. Das ist aber bei der heutigen gleichgeschalteten Presse eher unwahrscheinlich, denn das verlangt eigene Recherchen.

    Als letztes kann man das St. Floriansprinzip nicht ausschließen, aber das gilt auch bei gewählten Volksvertretern.

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