Stereoisomere

Auch heute wieder mal ein Thema aus dem Bereich der Chemie. Es geht um eine Eigenschaft von Molekülen, eine besondere Art der Isomerie. Unter Isomeren versteht man im Allgemeinen Moleküle mit gleicher Anzahl von Atomen, aber unterschiedlichem Aufbau. Die normale Form der Isometrie ist die Strukturisometrie. Die Summenformel ist identisch, aber der Aufbau unterschiedlich. So haben z.B. Propanol, 1-Propenol und Propenal die gleiche Summenformel C3H6O, aber unterschiedlichen chemischen Aufbau.

Heute geht es um eine Eigenschaft die man bei vielen Biomolekülen findet: Die Stereoisomere. Es ist eine der vielen Formen der Isomere.

Dazu ist es am besten sich das mal selbst vor die Augen zu führen. Was man dazu braucht sind acht Zahnstocher, zwei Käsewürfel und vier unterschiedliche Dinge zum Aufstecken wie z.B. Cocktailkirschen, Silberzwiebeln, Wurst, Gurken. An beide Käsewürfel werden jeweils vier unterschiedliche Dinge gesteckt, wobei der Abstand zwischen zwei Zahnstochern 109 Grad beträgt. Das ergibt eine Dreieckspyramide in deren Zentrum der Käsewürfel steckt – einen Tetraeder. Wenn man nun bei einem der Käsewürfel zwei Enden vertauscht, dann erhält man Stereoisomere – man kann den zweiten Tetraeder drehen wie man will – er wird nicht deckungsgleich zum ersten werden.

Was erreicht werden kann sind zwei Konfigurationen die sich darin unterscheiden, dass in einem Falle z.B. die Cocktailkrische nach links und die Silberzwiebel nach rechts schaut und im zweiten jeweils umgekehrt. Allgemein bezeichnet man diese mit R und S Konfigurationen (von R = rectus = rechts und S = sinister = links). Man dreht den Tetraeder so, dass die Blickrichtung vom höchstwertigen Substituenten zum niedrigstwertigen nach rechts oder nach links geht. Wegen dieser Ähnlichkeit zu den Händen, die es ja auch in einer rechten und linken Form gibt nennt man die Eigenschaft auch Chiralität.

Vom Allgemeinen zum Speziellen. Bei Aminosäuren gibt es bis auf eine Aminosäure immer ein optisches Zentrum, nämlich das C-Atom an dem die Carboxylgruppe und die Aminogruppe hängen. Dreht man es so, das Carboxylgruppe nach rechts und Aminogruppe nach unten schaut, so ,liegt die S-Konfiguration vor. Alle von Organismen erzeugten Aminosäuren haben diese Form die man auch als L-Form bezeichnet wird. Bei chemischen Synthesen entstehen meistens beide Formen gleichzeitig, manchmal in unterschiedlichen Mengen. Es ist eine Charakteristik des Lebens dass sie in der Regel von den zwei Formen eine bevorzugt. Bei den Aminosäuren sind es die L-Formen, bei den Zuckern dagegen die D-Formen.

Zucker sind noch etwas spezieller, denn sie haben mehr als ein Chiralitätszentrum, es gibt also pro Molekül mehr als zwei Isomere. Bei den Aldosen (den Zuckern mit sechs Kohlenstoffatomen und einer Aldehydgruppe). Gibt es vier Chiralitätszentren mit 16 Isomeren. Die Nomenklatur ist daher komplizierter und umfasst die genannten D- und L- Formen.

Zuerst einmal ordnet man die Kette so an, dass die funktionelle Gruppe (Aldehyd oder Ketogruppe) oben ist. Dann gibt die Position der nächsten OH-Gruppe vor was die D- oder L- Konfiguration ist. Schaut sie nach rechts, so ist es die D-Konfiguration, nach Links so ist es die L-Konfiguration. Da es 16 mögliche Konfigurationen einer Aldose gibt aber nur zwei Konfigurationen entsprechen diese acht verschiedenen Zuckern nämlich der Glucose, Galactose, Mannose, Idose, Alose, altrose, Gulose und Talose.

Zum Glück für euch (und alle Chemiker) gibt es von den Konfigurationen aber nur drei recht häufig in der Natur nämlich die D-Formen von Glucose, Galactose und Mannose. Auch hier war die Natur so nett aus einer Vielzahl an Konfigurationen nur einige auszusuchen. Dieses D/L System (ebenfalls abgeleitet von den Ausrücken (dexter für rechts und lavus für links) wurde dann auch auf andere Biomoleküle wie Ascorbinsäure, Aminosäuren und organische Säuren übertragen. Am bekanntesten ist vielleicht die Milchsäure die mal rechtsdrehend und mal linksdrehend ist.

Das führt uns zur letzten Eigenschaft zahlreicher Stereoisomere: Ihre Kristalle drehen das polarisierte Licht. Wenn man im Mikroskop dann bestimmt in welche Richtung die Polarisationsebene gedreht wurde dann kann dies einmal nach rechts geschehen oder einmal nach links. Die meisten Zucker drehen nach rechts, die meisten Aminosäuren nach links.

Bakterienkulturen die Milchsäure als Abfallprodukt ihres Stoffwechseln produzieren erzeugen meistens auch eine Form mehr, entweder die D oder L-Form (auch hier zeigt die OH-Gruppe nach rechts bzw. links). Die Drehungsrichtung hat übrigens nichts mit der Form zu tun. Bei Milchsäure dreht z.B. die D-Form nach links und die L-Form nach rechts, also genau umgekehrt wie die Bezeichnungen der Formen suggerieren.

Während bei der Milchsäure nur eine Form etwas häufiger erzeugt wird ist bei den höheren Biomolekülen die Situation völlig anders. Alle Aminosäuren in der Natur sind L-Formen, die meisten Zucker nur D-Formen. Das ist bedingt dadurch dass nur ein Form bei der Synthese in das aktive Form eines Enzyms passt welche es synthetisiert oder mit anderen Molekülen verknüpft. Die Natur ist in dieser Hinsicht sehr selektiv und die Tatsache dass dies bei allen Organismen so ist, auch den ältesten, ist ein Indiz dafür dass das Leben oder die Urzelle genau einmal entstand (oder alle anderen Formen aufgefressen hat).

So für alle Blogleser, die auch Aufsätze anderer Art lesen: Welche Aminosäure weist keine Stereoisomere auf?

10 thoughts on “Stereoisomere

  1. Das ist Glycin. Am zentralen C-Atom sitzen außer der COOH- und der NH2-Gruppe nur noch zwei Wasserstoffatome. Wenn man die vertauscht ändert sich dadurch nichts.

    Hab da auch ein Rätsel: Wodurch unterscheidet sich Mais so sehr von anderen Pflanzen, daß es Theorien gibt die behaupten, Mais wäre von Außerirdischen auf die Erde gebracht oder an ihre Bedürfnisse angepaßt worden?
    (Womit wieder die Brücke zurück zur Raumfahrt geschlagen wäre)

  2. Mais war mal eine tetroploide Pflanze (was an sich schon eine Mutation ist, aber die heutigen Weizensorten sind es auch). Er hat aber inzwischen viele Gene verloren, andere wurden verdoppelt und modifiziert, sodass der Mais heute doppelt so viele Gene wie das menschliche Erbgut aufweist.

    Außerdem ist er eine C4 Pflanze, kommt also mit extremeren Bedingungen aus.

    Das er von Außerirdischen kommt, davon war in der Nutzpflanzenvorlesung aber nicht die Rede….

  3. Mais hat eine Eigenart die sich in keinen anderen (irdischen) Organismen findet: Im Maisprotein ist außer den üblichen Aminosäuren auch Aminoadipinsäure eingebaut.
    Aminoadipinsäure ist zwar weit verbreitet, sie entsteht auch im menschlichen Stoffwechsel als Zwischenprodukt. Trotzdem wird sie in Proteine nur im Mais eingebaut.
    Deshalb die Hypothese, Mais wäre das Werk von Außerirdischen. Aber das ist ja heutzutage eine Modewelle, wenn man auf etwas stößt das man sich nicht erklären kann dann waren das eben die Außerirdischen.

  4. Wenn man bedenkt, dass es Billionen von Billionen von Billionen von Sternen gibt, mit hoechstwahrscheinlich noch mehr Planeten, dann ist die Chance, dass es KEINE Ausserirdischen gibt, praktisch gleich Null. Deshalb ist das ja gar nicht so „laecherlich“, wie es klingt.

    Und wenn man dann davon ausgeht, dass die Leute vor Millionen von Jahren losgeflogen sind, koennen sie praktisch von jedem beliebigen Ort des Universums locker hierher gelangt sein (durch relativistische Effekte kann ja z.B. ein Mensch locker innerhalb seiner Lebenszeit in die naechste Galaxie fliegen, ohne die Lichtgeschwindigkeit ueberschreiten zu muessen)…

    Aber das ist jetzt glaub ich etwas „off-topic“. Sorry 😉

  5. Naja, wenn man die Theorie mit den Ausserirdischen mal als Tatsache annimmt nimmt, dann besteht auch eine sehr grosse Wahrscheinlichkeit, das wir alle mehr oder weniger Nachfahren der Überlebenden der 12 Kolonien von Kobol sind, wie einem das Ende der Serie Battlestar Galactica glauben machen will. 😀

  6. Also wenn das Vorkommen von nichtproteinogenen Aminosäuren (es gibt davon etwa 200) ein Kriterium für „Außerirdische“ sein soll, dann entfallen darauf eine Menge pfalnzlicher Nahrungsmittel, darunter so bekannte wie Apfel, Birne, Zuckerrübe, Spargel, Weißkohl, Schnittlauch, Rettich, Zwiebeln, Brokoli, Blumenkohl, Knoblauch, Erbsen ….

    In Gemüse ist das Vorkommen dieser Aminosäuren eigentlich eher die Regel als die Ausnahme.

  7. In keiner dieser Pflanzen kommen die nichtproteinogenen Aminosäure im Protein vor, deshalb heißen sie ja auch nichtproteinogen. Nur der Mais macht da eine Ausnahme und baut sie trotzdem in seine Proteine ein. Das ist wirklich einzigartig.
    Lediglich in Mikroorganismen werden nichtproteinogene Aminosäuren in relativ kurzkettigen Peptide eingebaut, zum Beispiel in einige Polypeptid-Antibiotika. Aber auch da nicht in die Proteine.

  8. Proteinogen ist definiert als die Aminsoäuren die in allen Organismen vorkommen. Auch die anderen Aminosäuren kommen in Proteinen vor, nur eben in bestimmten Organismen. Im menschlichen Kollagen z.B Hydroxyprolin, die ebenfalls keine proteinogene Aminsäure ist.

    Ums genauer zu sagen: die proteinogenen Aminsoäuren sind genetisch codiert, die anderen entstehen aus diesen durch chemische Reaktionen.

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