Klientelpartei

Nun hat sich die Westerwelle überschlagen und ist ausgerollt. Alles paletti? Mitnichten. Denn nicht Westerwelle ist das Problem, er hat es aber geschaffen. Ich gestehe: Auch ich habe FDP gewählt. Einmal, das war 1987. Doch das war eine andere Partei. Die nannte sich zwar auch FDP, aber sie stand damals für liberale Werte, hieß: für die Freiheit des Bürgers: für mehr Bürgerrechte, weniger Staat, eine bessere Bildungspolitik. Damals war mein Grund FDP zu wählen, dass sie gegen die damalige Verschärfung der Asylgesetzgebung war, welche die CDU betrieb.

Natürlich gab es immer auch in der FDP den zweiten Zweig, die Wirtschaftsliberalen, deren einziges Programm eine radikale Marktwirtschaft ist. Auf den Punkt gebracht: Der Staat soll sich aus der Wirtschaft heraushalten, alle Hemmnisse beseitigen und möglichst alle Arbeiterrechte noch dazu, dann wird es der Wirtschaft so gut gehen, dass alle auch die Arbeiter davon profitieren.

Was Westerwelle seit seinem Antritt als Generalsekretär 1994 betrieben hat, war eine Reduktion der FDP auf den Wirtschaftsliberalismus mit den markigen Worten „mehr Netto vom Brutto“ oder „Steuer senken“. Das hat ja und das sollte man nicht vergessen, der FDP viele Wähler gebracht auch verliefen die letzten Landtagswahlen vor der Bundestagswahl sehr gut. Es klang ja auch toll und sicher der FDP viele Wähler aus der Mittelschicht und den Gutverdienenden eingebracht. Letztere (vor allem die Selbständigen und Unternehmer) sind ja das Stammklientel der Partei, denn sie profitieren ja von den Forderungen der Partei.

Mit dem Amtsantritt begann der Absturz. Warum? Eigentlich hat doch nur die FDP das gemacht, was sie versprochen hat: Steuern senken. Nur meinten wohl 90% der Wähler, das wären die Steuern welche die Arbeitnehmer zahlen müssen. Nein es heißt ja Wirtschaftliberalismus: Es ist die Belastung der Unternehmen gemeint. Also verringerter Mehrwertsteuersatz für Hoteliers, erhöhter Beitrag der Versicherten zur Krankenversicherung, aber der für Unternehmen bleibt gleich. Oder die Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke, denn auch das bedeutet Gewinne für die Stromkonzerne. So was nennt man Klientelpolitik und nun plötzlich wehte der FDP ein kalter Wind entgegen. Zugegeben es ist nicht besonders intelligent, im Wahlkampf die Abschaffung des Entwicklungsministeriums zu fordern und dieses dann selbst zu besetzen, aber immerhin auch hier konnte man Steuern sparen: Dirk Niebel hat nun einen Chauffeur und kann sich das Steuern des Dienstwagens spar’n…. Steuer sparen kann die FDP am besten bei sich selbst: Lambdsorf war der erste Parteivorsitzender der wegen Steuerhinterziehung (für die FDP) verurteilt wurde. Das war in den Achtzigern noch was besonderes. Inzwischen ist es ja gang und gäbe.

Was nun betrieben wurde, ist ein Bauernopfer. Das Problem ist aber, dass alle die unter Guide Westerwelle in den Vorstand aufgerückt sind und Regierungsämter bekleiden auch zu diesem Wirtschaftsliberalen Flügel gehören. Phillip Rösler hat das mit seiner „Gesundheitsreform“, welche mehr Geld für die Ärzte, keine höheren Beiträge für die Unternehmen und eine höhere Belastung der Versicherten vorsieht ja gezeigt. Und wie Westerwelle zeigt ist sie ja auch voll für die Senkung des Rentenalters – schon mit 49 gehört man nun ja in der FDP zum alten Eisen, außer man ist mit Alkohol konserviert wie der Brüderle. Der darf wohl nur deswegen bleiben, weil ihn keiner versteht.

Immerhin: Die FDP ist ja noch in der Regierung geblieben. Ich habe leider keinen Weblink gefunden, aber ich kann mich ein Interview mit Helmut Schmidt erinnern, in dem er sich in etwa so über die FDP geäußert hat „Die FDP hat Erhard verraten, die FDP hat mich verraten und sie wird nicht zögern, nochmals die Seiten zu wechseln, wenn es ihr zum Vorteil gereicht“. Okay, das ist nun wohl deswegen nicht gegeben, weil bei Neuwahlen sie wohl nur ein Drittel der Stimmen von 2009 bekommen würde und mit der SPD es ohne Neuwahlen nicht zu einer neuen Regierung langt. Aber das erinnert mich an zwei Ausdrücke die 1982/83 Mode waren. Der „Wendehals“ als Ausdruck für eine bestimmte Art von Politikern (und Vogel des Jahres 1983) und der „Wendellin“ – man achte mal auf die Ähnlichkeit von Genscher und der gleichnamigen Zeichentrickfigur.

Ich denke, wir wissen was nun kommt: Die FDP wird sich an die Macht klammern so gut es geht. Darum geht es ihr ja. Man darf nicht vergessen, dass keine andere Partei länger an einer Regierung in der Geschichte der BRD beteiligt war. Unterstützt von der CDU, die ohne die FDP keine Regierung mehr bilden kann und die ja alle Möglichkeiten mit den Grünen zu koalieren bisher kategorisch abgelehnt hat. So kann sie nicht wechseln. Die beiden werden durchregieren, bis es nicht mehr geht, z.b. der Bundesrat blockiert. Aber selbst dann gibt es noch Möglichkeiten, wie nur Gesetze zu beschließen, die nicht von den Ländern abgesegnet werden müssen. Und solange sie an der Regierung sind, wird schnell das Fähnchen in den Wind gehängt, um doch noch die Gunst des Wählers zu gewinnen.

Ich sehe aber langfristig schwarz für die FDP, weil die reale Welt gerade in den letzten Jahren zeigte, dass ihre Politik „mehr feie Marktwirtschaft“ zum Ruin ganzer Staaten führen kann, weil Banken die Börsen und auch die Wirtschaft in den Abgrund reißen müssen. Die meisten sind eher der Meinung, dass mehr reguliert werden muss und nicht weniger.

Zuletzt noch ein Gedanke. Heute las ich beim Friseur, dass die Aktien der deutschen Konzerne weitgehend im Besitz des Auslandes sind, besonders die Chinesen haben in den letzten Jahren hier kräftig zugelangt und ihren Anteil ausgebaut. Die Chinesen… Hat nicht mit denen vor wenigen Tagen noch da Westerwelle sich so gut verstanden? Und Philip Rösler, sieht ja auch richtig deutsch aus nicht wahr? Wird die FDP inzwischen von den Chinesen finanziert, mit dem Ziel Deutschland zu ruinieren, damit die Chinesen es aufkaufen können und Rösler dann als Marionettenkanzler etablieren können? Wer weis, dieser Klientelpartei ist alles zuzutrauen…

One thought on “Klientelpartei

  1. Der letzte Absatz wäre in der Rubrik Satie wohl besser aufgehoben. Rösler ist gebürtiger Vietnamese. Auch sehe ich die Chinesen nicht als Bedrohung, zumindest nicht so wie es allgemein dargestellt wird. Unbestritten verlieren wir massenweise Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe. Andererseits wären viele technische Güter des täglichen Bedarfs heute so teuer und selten wie in den 1980er Jahren, wenn sie nicht in China produziert würden.
    China bekommt seine Güter in USD Und Euro bezahlt. Und es weiß, ist unsere Wirtschaft ruiniert sind die Devisenvorräte wertlos. Natürlich sind wir damit von einer vernünftigen und vielleicht auch wohlwollenden Chinesischen Wirtschaftspolitik abhängig.
    Bis zum Erscheinen der Grünen und deren Entwicklung zu einer „normalen“ Partei hatten wir die Situation, dass sowohl SPD als auch CDU auf die FDP angewiesen waren um in einer Koalition regieren zu können. Das hat die FDP so stark und über Jahrzehnte so einflussreich gemacht. Spätestens mit dem Erscheinen der SED Nachfolgepartei hat sich das noch einmal geändert.
    Den von Helmut Schmidt beklagten Verrat wird es so also nicht mehr geben.
    Ich hatte der FDP früher auch Wirtschaftskompetenz unterstellt. Heute nicht mehr. Sehr bemerkenswert fand ich die Idee, einen Aufschwung dadurch zu bewerkstelligen, dass durch eine Steuersenkung (für die FDP Klientel)die Wirtschaft so weit wachse, dass die dadurch entstehenden Steuermehreinnahme die Steruersenkung refinanziere. Im Lehrbuch gibt es diesen Effekt, aber niemand kann ihn quantifizieren, das ist bloße Theorie. Mit so etwas kann man doch keine Wirtschaftspolitik machen.
    „Hoffnungsträger“ Guttenberg ist gegangen, Gegenentwurf Westerwelle wird ebenfalls gehen. Und ob Rösler, der sicher sehr fleißig ist, als Vizekanzler die richtige Besetzung ist?
    Aber so lange elementare Fragen nicht geklärt sind und immer wieder neue Katastrophen eintreten, solange werden das politische Tagesgeschäft und erst recht die notwendige Reformen vor sich hin geschoben.
    Irgendwann wird man überrascht feststellen, dass nichts mehr funktioniert, wir dank totaler Überschuldung keinen Handlungsspielraum mehr haben. Und dann bleibt nur noch der ganz große Griff ins Portmonai des Wählers. Denn am Ende sind wir für das haftbar, was die Jungs und mädels in Berlin verbocken.

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