Intelligentes Leben auf dem Mars?

Der Mars hat schon immer die Menschen fasziniert. Als die ersten Fernrohre aufkamen, konnte man auf seiner Oberfläche farbliche Nuancen ausmachen, die sich auch zeitlich leicht änderten. Sehr bald erkannte man, das der Mars zwar kleiner als die Erde war. aber in anderen physikalischen Parametern der Erde ähnelte. So konnte schon 1719 seine Rotationsperiode von Maraldi auf 24 Stunden 40 Minuten bestimmt werden und die Rotationsachse war 23,5 Grad geneigt – beides ähnliche Werte wie bei der Erde.

Sehr schwierig war zuerst die Anfertigung von Karten. Wer einmal selbst den Mars durch das bloße Auge beobachtet hat, weiß, das er fast konturlos ist, es dauert mehrere Minuten bis man sich an den Anblick gewöhnt hat und nur kurz sieht man dann Details, weil auch die Luftunruhe diese gerne verschmiert.

Aufsehen erregte eine Karte die 1878 von Schiaparelli gezeichnet wurde, Sie zeigte erstmals lange gerade Linien, die Schiaparelli  “Canali“ nannte. Der Begriff selbst ist ein Kunstwort. Im Italienischen gibt es nur „Canale“, das sowohl künstliche Wasserstraße wie auch Flusskanal bezeichnet. Schiaparelli sah sie als Verbindungsweg zwischen den dunklen Gebieten an die man als Meere interpretierte. Er hat sich jedoch Zeit seines Lebens nicht über künstliche Wasserläufe geäußert sondern auf einen natürlichen Ursprung bestanden.

Schiaparellis Karte

Die Karte löste eine erste Marshysterie aus. Zwischen 1880 und 1905 erschienen zahlreiche populärwissenschaftliche Schriften. Sie drehten sich um den Mars und seine Bewohner. Sehr bald fand man Erklärungen für die Kanäle. Sie dienten dazu Wasser zu leiten. Die Marsianer mussten sehr unter Trockenheit leiden und daher diese Kanäle gebaut haben. Schließlich war der ganze Planet rot – wie irdische Wüsten. Völlig unter den Tisch fiel, dass mit den Teleskopen die es gab, bei z.B. 60 cm Öffnung ein Kanal, damit er in minimalster Entfernung sichtbar war, mindestens 50 bis 60 km breit sein musste. Selbst wenn man den Effekt berücksichtigt dass deine Linien auch bei kleinerer Breite gut sichtbar sind, so mussten die Kanäle für irdische Verhältnisse sehr groß sein.

Carl Friedrich Gauss schlug schon ein halbes Jahrhundert vorher vor, in Sibirien riesige Weizenfelder mit geometrischen Mustern anzulegen um mit den Marsianern zu kommunizieren. Schon 1879 fertigte Schiaparelli eine neue Karte an. Sie zeigte nicht nur viel mehr Kanäle als die erste. Ein Kanal von 1878 war nun schon doppelt aufgespalten. Die Breite lag zwischen 30 und 200 bis 300 km. Er stellt klar, dass er sie für natürliche Wasserläufe ansah wie den Ärmelkanal den er als Vergleich heranzog. In der ersten Auflagae hatte er sich noch nicht zu diesem Problem geäußert. Doch es kam zu spät – in jeder anderer Sprache bedeutet „Kanal“ eben einen künstlichen Lauf.

Dabei war die Diskussion über die Oberfläche noch nicht abgeschlossen. Während einige meinten, die dunklen Gebiete wären Wasser sahen andere diese als Vegetation an und die roten Gebiete als Wüste. Andere vertraten sogar die (recht richtige Ansicht), die Oberfläche wäre gefroren und wir würden nur den Staub auf dem Eispanzer sehen. Svante Arrhenius, der schon den Treibhauseffekt der Venus richtig erkannte, bewies schlüssig, dass es auf dem Mars aufgrund seiner Entfernung kein Wasser in flüssiger Form geben konnte. Svante Arrhenius war einer der damals schon seltenen Universalgelehrten, der sich nicht nur mit Chemie beschäftigte, sondern auch mit Polarlichtern, Geologie und eben der Astronomie.

Einer der heftigsten Gegner von Arrhenius These eines toten Mars war Percival Lowell. Lowell war Sohn einer reichen Patrizierfamilie. Er beschloss, sein Vermögen einzusetzen um ein Observatorium in Arizona aufzubauen und verließ Boston. Dort entstand 1893 nicht nur eines der größten Teleskope seiner Zeit. Dort war auch die Luft sehr klar. Als Folge erkannte Lowell immer mehr Kanäle. Von Zeichnung zu Zeichnung wurden es mehr, am Schluss fast Hundert. Er schrieb zahlreiche populäre Schriften über die Marsianer und seine Beobachtungen. Sie fielen auf fruchtbaren Boden, damals waren die Leute überzeugt es müsste Marsianer geben. In derselben Periode (1898) erschien H.G. Wells Roman „Krieg der Welten“, der erst 40 Jahre später bei einer Radioübertragung durch Orson Wells eine Massenhysterie auslöste.

Lowell entdeckte aber auch einiges tatsächlich wichtiges. So beobachtete er dass sich die Polkappen zeitlich veränderten – sie schmolzen ab und nahmen zu. Das bestätigte ihn in seiner Hypothese dass die kanäle Schmelzwasser dorthin leiteten, wo es benötigt wurde. Er entdeckte auch erstmals einen Kanal in den dunklen Gebieten. Nun wandelte sich das Bild: Nun galt der Mars als trocken und nur die dunklen Gebiete waren mit Vegetation versehen. Der Rest wäre Wüste. Ozeane gäbe es nicht. Ingenieure berechneten den Energieverbrauch den man hatte um das Waser zu Pumpen. es wurde spekuliert wo die Hauptstadt des Mars läge.

Schiaparellis Karte

Viele Astronomen hatten mit ihren Instrumenten aber gar keine Canali gesehen und leugneten schlichtweg ihre Existenz. Walter Maunder konnte mit einem Experiment 1913 aber die richtige Ursache erkennen. 200 sehr gut sehende Schüler mussten Marskarten abzeichnen, so gut sie konnten. Die Marskarten waren nach Beobachtungsdaten angefertigt worden und mit zufälligen Kennzeichen versehen, aber ohne Kanäle. Die Schüler vorne konnten die Kennzeichen sehen und gaben ihre Form korrekt wieder. Die hinten sitzenden Schüler erkannten nur die groben Formen und gaben diese wieder – ihre Zeichnung gleich vielen astronomischen Marskarten. Die Schüler aber in der Mitte konnten zwar erkennen dass da noch eine feine Struktur war, sie aber nicht mehr auflösen – ihre Zeichnungen zeigten zahlreiche Linien. Es war eine optische Täuschung. Das Auge versucht Linien und andere Strukturen zu erkennen, auch wenn es keine gibt.

Die Frage der Marskanäle verlor allmählich an Brisanz, auch weil nun die ersten Fotos von Mars auftauchten und bei keinem waren Kanäle zu sehen. Trotzdem erschienen noch bis 1930 zahlreiche Bücher über die Kanäle und Marsianer. Die Temperaturmessungen die ab Mitte der zwanziger Jahre möglich waren, zeigten bald, dass der Mars zu kalt für Wasser in flüssiger Form war. Die erste Messung von 1924 ergab eine Temperatur von -45 ° auf der Nachtseite bis 0°C am Mittag. Bessere Teleskope zeigten nun auch sehr ausgedehnte „Wolken“, die allerdings sehr unterschiedliche Farben hatten. Bläulich, gelbliche und rötliche Wolken wurden gesehen. 1925 verdeckte ein globaler Staubsturm zeitweise den Planeten, sodass keine Details gesehen werden konnten. Seine Natur wurde aber erst Jahrzehnte später erkannt.

Der Stand 1960 war der, dass man wusste, das der Planet an sich trocken war. Helle Polkappen aus Wasser hatte. Er hatte eine Atmosphäre, deren Zusammensetzung man damals zu 98% Stickstoff 1% Argon und 1% Kohlendioxid annahm. Der Druck sollte 60 – 100 hpa betragen. Identifiziert wurde das Mineral Magneteisenstein (Fe2O3). In der Atmosphäre sahen machen Beobachter auch spektrale Signaturen von Acetaldehyd. Immerhin wurde nicht mehr ausgeschlossen, dass auf dem Mars zumindest Bakterien existieren könnten. Bakterienkulturen auf der Erde überlebten zumindest teilweise simulierte Marsbedingungen.

Das war er Stand bevor Mariner 4 den Mars erreichte. Dort mache ich morgen weiter. Percival Lowell Observatorium lebte auch nach seinem Tod 1916 weiter. Neben dem Mars beschäftigte er sich Zeit seines Lebens mit der Suche nach dem Planet X – einem Planeten jenseits von Neptun, da die Bahnabweichungen des Uranus alleine durch Neptun nicht erklärt werden konnten. Er fand keinen, doch er hinterließ eine Stiftung. Fortan dürften an der Sternwarte junge Astronomen forschen, wenn sie weiterhin nach Planet X suchen würden. Einer der jungen Astronomen war Clyde Tombaught. Er entdeckte bei einer Routinedurchmusterung im Jahre 1930 ein sich langsam bewegendes Objekt auf zwei Fotoplatten, dass nach seiner geringen Positionsänderung sich jenseits von Neptun befinden musste. Planet X war gefunden worden. Er wurde von Tombaught Pluto getauft. In Pluto stecken nicht nur die Initialen von Percival Lowell, sondern sein Symbol ist auch ein P verbunden mit einem L. Lovell hätte sich sicher gefreut, nun ja bis zur IAU Sitzung im Jahr 2007….

6 thoughts on “Intelligentes Leben auf dem Mars?

  1. Canali kann auch aus dem Lateinischen stammen wie zahlreiche Benennungen bei Himmelskörpern (Mare, Valles…).

    Zum Leben fällt mir noch ein leider wahrer Witz ein:
    „Es ist wahrscheinlicher auf dem Mars intelligentes Leben zu finden als im weissen Haus…“

  2. Ob in Washington oder Berlin, nirgendwo sehe ich Problemlösungskompetenz für drängende zeitgeschichtliche und politische Fragen (für die Bundesrepublik schön zu lesen hier:http://www.welt.de/politik/deutschland/article13425457/Diese-zehn-Versprechen-hat-die-Regierung-gebrochen.html).
    Das weckt Sehnsucht nach einem besseren Ort. So werden die Wissenschaftler des 19.Jh. auch ihre Vorstellungen auf den Mars projeziert haben. Das 19. Jh. war ja auch die Blütezeit des Kanalbaus. Intelligente Wesen mussten nach dieser Betrachtung logischerweise Kanäle bauen. SETI setzt die Benutzung von Funkwellen als selbstverständlich voraus. Mit welcher Berechtigung eigentlich? Wer sagt, dass alle Gesellschaften notwendigerweise industrielle Gesellschaften werden müssen?

  3. > Wer sagt, dass alle Gesellschaften notwendigerweise industrielle
    > Gesellschaften werden müssen?

    Der Mensch schliesst doch in der Regel immer zuerst von sich auf andere. Deshalb geht er immer erst einmal davon aus, das seine eigene Situation mit der seines Nächsten identisch oder zumindest vergleichbar ist. Dass das nicht immer der Fall ist, muss er erst lernen, wobei das nicht sehr schwer ist. Schwerer, ja für einige Zeitgenossen sogar unmöglich ist es dann aber, die Ursachen für die Unterschiede zu begreifen, um im nächsten Schritt etwas daran zu ändern.

  4. > > Wer sagt, dass alle Gesellschaften notwendigerweise industrielle
    > > Gesellschaften werden müssen?

    > Der Mensch schliesst doch in der Regel immer zuerst von sich auf andere.

    Ja aber ich glaube der Grund bei SETI dürft schlicht und ergreifend der sein, dass man von Leben ausserhalb des Sonnensystems ausser durch Funkwellen beim augenblicklichen Stand der Technik vermutlich nichts sehen würde (wodurch den sonst?). Also sucht man lieber nach Funkwellen, auch wenn es eher unwahrscheinlich ist das Ausserirdische in erreichbarer Umgebung ausgerechnet jetzt auf der industriellen Stufe sind, bevor man überhaupt nicht sucht.

    Es ist also eher eine Frage der Sensorik als eine des Denkens das Ausserirdische immer so sein müssen wie wir.

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