Funktioniert Trennkost?

Hay’sche Trennkost und Fit for Life

Die Haysche Trennkost und Fit for Life zählen zu den „alternativen Lebensformen“, sprich sie sind eine Alternative für eine dauerhafte Ernährung, also weitergehen als eine Diät. Es gibt zahlreiche andere wie die Waerlandt-Kost, Bircher-Brenner Kost, Makrobiotik und anthoropsophische Ernährung. Allen gemeinsam ist, dass Annahmen über die Physiologie oder Nahrung zugrunde liegen, die nicht wissenschaftlich abgesichert sind.

Einen weiteren Gesichtspunkt, wie man eine Ernährungsform von anderen abgrenzen kann, brachte Howard Hay ein: die Zeit. Wir finden als Basis die schon bei anderen Formen propagandierte Übersäuerung des Körpers. Neu ist allerdings, dass unser Körper angeblich Kohlenhydrate und Eiweiß nicht gleichzeitig verdauen könne. Das würde zu einem unnötigen Energieverbrauch führen. Die Folgen seien Müdigkeit, Verdauungsstörungen und Herz-Kreislauferkrankungen als Dauerschaden.

Hays empfiehlt daher „konzentrierte“ kohlenhydrathaltige Lebensmittel von konzentrierten eiweißhaltigen Lebensmitteln zu trennen. Dazwischen darf man „neutrale“ Lebensmittel essen. Weiterhin wird auch nach dem „Säuregrad“ unterschieden. Stark sauer seien Fleisch, Fisch, Eier, Alkohol, Kaffee, Weißmehle sowie Produkte daraus. Schwach sauer sind Quark, Sahne, Nüsse und Rohmilchprodukte. Schwach basisch sind Trockenobst, Rohmilch und Pilze und stark basisch ist Gemüse, frisches Obst, Kartoffeln, Blattsalate.

Da das Verhältnis von Basen zu Säuren bei 4:1 liegen soll, also von Verteilung in der „Normalkost“ stark abweicht, bedeutet diese Kost, dass man nicht, wie bei vielen anderen alternativen Ernährungsformen viele Getreideprodukte zu sich nehmen kann. Das wird noch kritischer als bei anderen Ernährungsformen gesehen. Es fehlen Eier, aber auch Hülsenfrüchte. Als Dauerernährung ist sie nur bedingt geeignet. Ohne Getreide und Hülsenfrüchte fehlt es an Eiweiß, Spurenelementen und B-Vitaminen. Zudem verlangt sie von den Personen viel Disziplin. So darf man nach 15 Uhr kaum Kohlenhydrate zu sich nehmen und vor 15 Uhr kaum Eiweiß. Zwischen jeder Mahlzeit sollen 3-4 Stunden liegen, um genügend Zeit für die Verdauung zu lassen.

Der Körper kann aber Eiweiß und Kohlenhydrate gleichzeitig verdauen und der Körper kann auch die Säuren und Basen in Nahrungsmitteln durch körpereigene Puffersysteme auffangen.

Wenn es ein rotes Tuch für Ernährungsberater bei alternativen Ernährungsformen gibt, dann ist es „Fit for Life“. Die anderen Formen sind recht alt, stammen oft aus einer Zeit, als man noch kaum etwas über Biochemie wusste. Zumindest waren die Autoren voll von ihnen überzeugt. Bei „Fit For Life“ handelt es sich dagegen nach vielen Fachverständigen vor allem um die Gewinnmaximierung. Dazu wird ein altes Konzept aufgewärmt, um einige wirre Postulate und Regeln ergänzt und fertig ist die neue „Trend-Diät“.

Das Grundkonzept des Ehepaars Diamond ist die Hay’sche Trennkost. Ihr Buch „Fit for life“, das 1985 erschien, übernahm das Konzept und ergänzte es um einige noch merkwürdigere Regeln und Behauptungen. Demnach verläuft alles in Körperzyklen. Zwischen 12 und 20 Uhr wird die Nahrung aufgeschlossen, zwischen 20 und 4 Uhr die Nahrung verwertet und zwischen 4 und 12 Uhr die Giftstoffe und „Schlacken“ ausgeschieden. Dies wurde von Waerlandt übernommen. Das bedeutet, es gibt einen Terminplan, wann man was essen darf. Doch damit das nicht so einfach ist, muss man wie bei Hays Eiweiß und Kohlenhydrate trennen und man hat es um einige neue Regeln ergänzt. So soll man keine Mineralstoffe aus Mineralwasser aufnehmen können und man sollte daher nur destilliertes Wasser trinken. Milch wäre nach dem dritten Lebensjahr ebenfalls ungesund. Die Nahrung sollte wie der Körper zu 70% aus Wasser bestehen. Alles andere wäre „tote Nahrung“.

So wird die Ernährung zu einer echten Herausforderung: Vormittags sind ausschließlich Früchte und Säfte erlaubt, mittags gibt es Salate und Gemüse und abends Fleisch mit Salat oder Kartoffeln mit Gemüse. Obst muss unbedingt auf leeren Magen gegessen werden und darf nicht mit anderen Lebensmitteln kombiniert werden. Man hat also eine rohkostreiche Kost, die nicht empfehlenswert ist. Trotzdem wurde sie gerade als Diät propagiert. Über kurze Zeiten und das war der  Erfolg des Buches, kann man mit dieser Diät aber Gewicht abnehmen, wenn man die Disziplin hat, sie durchzuhalten.

Es hat sich für die Diamonds aber gelohnt. Obwohl keiner der beiden Autoren einen anerkannten Abschluss in Ernährungswissenschaft oder Medizin hat, haben sie über 12 Millionen Exemplare des Buchs verkauft. Harvey Diamonds ist übrigens nach neuen Aufnahmen ziemlich übergewichtig.

Ums kurz zu machen: Mit Trennkost als Diät nimmt man nicht mehr als als wenn man dieselben Nahrungsmittel querbeet mischt und als dauerhafte Ernährungsform  fehlen einige essenziellen Nahrungsbestandteile.

 

7 thoughts on “Funktioniert Trennkost?

  1. Moin Bernd,

    Trennkost hat ein lange Tradition, z.b. das Gebot Fleischprodukte und Milchprodukte nicht gleichzeitig zu essen, sondern dazwischen 6 Stunden Pause zu haben, gehört zur koscheren Ernährung.

    ciao,Michael

  2. Es gehört auch zu den regeln von Islam keine Schweinefleisch zu essen und das ist auch nicht ernährungsphysiologisch begründbar. Die Frage war „Funktioniert Trennkost“. Ich interpretiere das im Sinne „ist das gesünder“ und nein, das ist es nicht.

  3. Danke für die Erklärungen zur Frage der Trennkost. Eine weitere Frage, die mich auch sehr interessiert, ist der Zusammenhang von Insulin und Fettabbau. Ich habe vor einigen Jahren mal mein Gewicht um 7 kg vermindert um wieder auf mein Wohlfühlgewicht zu kommen, auch mit den 7 kg war ich wohl noch im akzeptablen Bereich, wenn man die alte Faustformel „Größe in cm – 100“ zur Grundlage nimmt.Gegen 16h hab ich die letzte Mahlzeit eingenommen, offensichtlich in der Nacht Fett abgebaut und diesen Effekt durch einen morgendlichen Spaziergang auf nüchternen Magen verstärkt. Hintergrund war der Gedanke einen niedrigen Insulinspiegel zum Fettabbau zu nutzen. Ich will das hier aber nicht als Beweis der These darstellen, dass das wirklich funktioniert. Erstens war ich nicht 100% konsequent, denn ich hab morgens Kaffee mit Zucker zu mir genommen, was den Insulinsiegel gesteigert haben dürfte und ich habe mich etwas mehr bewegt und natürlich durch das ausgefallene Abendessen die Energieaufnahme reduziert.

  4. Moin,

    ich würde mal behaupten dass viele Ernährungsratgeber genauso funktionieren wie eine Religion: Wers glaubt wird selig – und der Autor wird reich.

    Aber mal zurück zum Schweinefleisch. Der Grund für das Schweinefleischtabu wird sehr gut von Marvin Harris in
    Kannibalen und Könige. Die Wachstumsgrenzen der Hochkulturen ISBN 3-423-30500-2 erklärt.

    Schweine sind so intelligent wie Hunde, und Schweine essen das gleiche, was auch ein Mensch essen kann. Wer also Schweinefleisch isst, ist doppelt asozial, weil er Tiere isst, die Menschen die Nahrung weg fressen, und weil er Tiere isst die intelligent sind.

    Die Begründung ist also: Wenn jemand Schwein isst, muss jemand anders hungern. Im Gegensatz zur Trennkost (z.b. kein Fleisch und Milch in der selben Mahlzeit), hat das Schweinefleischverbot durchaus einen sinnvollen Grund. Wobei auch die Fleisch/Milch Trennkost einen guten Grund haben kann, weil dadurch Fleischkonsum reduziert wird.

    ciao,Michael

  5. Ja aber wir reden hier nicht von Ökonomie, sondern Physiologie. Ökonomisch kann man auch leicht begründen, dass es recht dumm ist sich von Adlereiern zu ernähren, das hat aber nichts mit ihrem Nährwert und der Verdaulichkeit zu tun.

  6. PS: Laut Google hab ich heute das dritte mal den Marvin Harris hier beworben. Ich sollte evtl mal einen Gast-Blog dazu schreiben.

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