Ist destilliertes Wasser giftig?

In den Medien hört man immer wieder, dass destilliertes Wasser nicht getrunken werden soll, weil es die Zellen zum Platzen bringt. In der Tat passiert dies mit Zellen im Reagenzglas so. Der Mechanismus beruht auf dem osmotischen Druck. Damit ist Folgendes gemeint: Enthält eine Zelle einen gelösten Stoff, so ist Wasser bestrebt, diesen Konzentrationsunterschied auszugleichen. Die Zellmembran ist durchlässig für Wasser, aber nicht für die meisten Stoffe, die sich in den Zellen befinden. Sonst würden die Körperzellen diese leicht verlieren. Nun ist die einzige Möglichkeit für den Konzentrationsausgleich, dass Wasser in die Zellen einströmen. Dadurch bauen sie einen Druck auf, der Druck führt dazu, dass Wasser aus den Zellen herausgedrückt wird und ein Gleichgewicht wird erreicht, wenn das zum Ausgleich der Konzentration hereinströmende Wasser und das durch den Druck herausströmende Wasser sich ausgleichen. Hält die Membran dem nicht stand, z.B. weil die Konzentration innen zu hoch ist, so platzt sie. Liegt der andere Fall vor, (außen gibt es mehr gelöste Stoffe als in der Zelle) so verliert die Zelle Wasser, sie trocknet aus. Das wird bei der Konservierung in Salzlake praktisch genutzt. Bei toten Lebensmittel und isolierten Zellkulturen ist dies so beobachtbar.

Doch unser Körper reguliert den Wasser- und Salzhaushalt. Im Blut liegt eine Natriumkonzentration von 0,9 g/l vor. Weder Trinkwasser noch die meisten Mineralwasser haben diese Konzentration. Der Körper gleich dies aus, indem er die Resorption von Wasser und Natrium aus den Nieren steuert. Dies erfolgt bei Trinkwasser (welches kaum Natrium enthält) wie destilliertem Wasser. Zudem ist das Wasser kein destilliertes Wasser mehr, wenn es mit der Magensäure vermischt ist. Auch der dauerhafte Konsum von destilliertem Wasser stellt daher keine Gesundheitsgefahr dar. Denn Mineralstoffe nehmen wir vor allem über die Nahrung zu uns und von dem Natrium, welches für den Zelldruck notwendig ist, sogar weitaus mehr als notwendig ist. Es gibt einige bekannte Wässer, die fast so mineralstoffarm wie destilliertes Wasser sind: z.B. Volvic: Alle Salze zusammen addiert machen in diesem Wasser nur 160 mg/l aus. Mangelerscheinungen durch den dauerhaften Konsum von Volvic wurden aber bisher nicht beobachtet. Hier der Mineralstoffgehalt einiger bekannten Markenwässer und Mineralwässer

Wasser Calcium Magnesium Fluor
Evian 78 mg/l 24 mg/l 0,02 mg/l
Vittel 91 mg/l 19 mg/l 0,14 mg/l
Volvic 11,5 mg/l 8 mg/l 0,20 mg/l
Apollinaris 94 mg/l 115 mg/l 0,68 mg/l
Aquarel 101 mg/l 22,7 mg/l 0,31 mg/l
Göppinger Mineralwasser 293 mg/l 93 mg/l 0,48 mg/l
Ensinger Mineralwasser 528 mg/l 124 mg/l 0,24 mg/l
Obernauer Löwensprudel 601 mg/l 82,7 mg/l 0,73 mg/l
Marius Quelle (lokale Billigmarke) 408 mg/l 85 mg/l
Landeswasser Baden-Württemberg 75,3 mg/l 10,6 mg/l 0,06 mg/l
Bodenseewasser 50,6 mg/l 7,71 mg/l 0,08 mg/l
Tagesbedarf 800 mg 300-350 mg 1,0 mg

Man sieht, dass die Konzentration sehr unterschiedlich ist. Ensinger hat dreißigmal mehr Mineralstoffe als Volvic. Volvic hat so wenig Mineralien, dass man es durchaus auch als Ersatz von destilliertem Wasser für den Autokühler oder das Dampfbügeleisen verwenden kann.

Weiterhin gilt dieser Tatbestand auch für andere gelöste Stoffe. So enthalten Limonaden 100 g Zucker pro Liter. Das würde dann, wenn man der Argumentation des schädlichen destillierten Wassers folgen würde, dazu führen, dass im Magen Flüssigkeit austritt, dann nun die Konzentration von Zucker in Limonade viel höher ist als die von Zucker im Blut.

Es gibt sogar Diäten wie „Fit for Life“, bei denen man nur destilliertes Wasser trinken darf. Auch hier schadet dies nicht.

3 thoughts on “Ist destilliertes Wasser giftig?

  1. Wenn die Zellwände nur durchlässig für Wasser, jedoch nicht für die darin enthaltenen Stoffe sind, wie sind diese Stoffe dann in die Zelle hinein geraten?

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