Nachschlag Pedelecs

Vor zwei Monaten gab es diesen Kommentar zu einem älteren Artikel über Pedelecs oder Elektrofahrrädern:

„Sie wollen doch wohl nicht im ernst behaupten Henry Ford hätte als erstes ein Recyclingsystem für Autos entwickelt bevor er seine Autos in Serie gebaut hat? Das ist ja mal eine ganz neue These.“

Nun sind wir aber nicht mehr Anfang des letzten Jahrhunderts und Elektrofahrräder sind nicht so neu. Das man Elektromotoren einsetzt ist wirklich nicht gerade als der neueste Schrei zu bezeichnen und Akkus sind es auch nicht. In anderen Branchen hat man die Akkus standardisiert. Es gibt AA, AAA, C und D Akkus und wer eine längerlebige oder hochpreisige Kamera kauft, wird auch diese vorfinden. Bei Geräten die man nicht so lange nutzt, wie billigere Kameras aber auch Notebooks, dominieren dann Spezialanfertigungen, zum Teil auch der Platzarmut (Gehäusehöhe bei Notebooks und Tabletts) geschuldet, wobei ich mir sicher bin, dass man sicher Akkus für Notebooks genauso standardisieren könnte.

Ich zähle Elektrofahrräder zu den langlebigen Gütern. Mein letztes Fahrrad hat 12 Jahre gehalten, das vorletzte 9 Jahre. Entsprechend sollte man sich Gedanken machen dass die Akkus zum einen genauso standardisiert sind, wie wir es bei den Kleinakkus kennen (was spricht gegen drei bis vier Standardgrößen, die man ja auch wie heute bei anderen Gebieten parallel oder in Serie schaltet?) und weil diese mit Lithium bestückt sind, einem recht teuren und nicht gerade häufigen Metall. Es verbraucht sich nicht und muss nur aufgearbeitet werden.

Ich finde es befremdlich wenn man es heute noch normal hält dass man bei einem Produkt nicht die Entsorgung und das Recycling berücksichtigt. Das muss heute jede Branche vom Hersteller von Autos über Elektrogeräte, etc. Die Akkus für Kleingeräte kann ich heute bzw. muss ich im Supermarkt abgeben, und da ist es eine „neue These“ das bei viel teureren und brandgefährlichen Akkus (Lithium entzündet sich bei Luftkontakt) nicht sein soll?

Die Frage ist natürlich, wie teuer das wird. Also ich habe mal nachgeforscht. Ein typsicher Pedelec Ersatzakku kostet 399 Euro und hält 1500 Ladezyklen durch. Allerdings nur wenn man, wie ich gelesen hab,e ihn nach spätestens 20 km auflädt, also nie voll entlädt. Sonst nur 500 Zyklen. Macht dann bei 20 km pro Teilzyklus rund  0,02 Euro pro Kilometer. Also klingt das doch sehr billig. Selbst wenn man dann noch die Strommenge (0,25 KWh + Verluste) dazurechnet (man kommt dann auf rund 0,03 Euro/km).

Die Sache ist natürlich die, wie praktikabel das ist. Ich denke die meisten die heute ein Pedelec kaufen sind Freizeitfahrer. Also Leute denen sonst Fahrradfahren zu anstrengen ist oder nicht hipp genug. Für die ist es wahrscheinlich Wurst wie viel ein Ersatzkakku kostet weil sie nicht auf große Strecken kommen und mit den rund 8000 bis 25000 km die der Erstakku je nach Pflege durchhält, auskommen.

Wenn ich wirklich mal das als alternatives Beförderungsmittel sehe, dann kommen mir doch Fragen auf. Alternativen Beförderungsmittel heißt: Das Fahrrad sollte das Auto auf kurzen Stecken, sagen wir mal alles was man so in 30-45 Minuten erreichen kann, ersetzen. Also bei meinem City Fahrrad mit eher gemächlichem Tempo und hier in etwas hügeliger Landschaft, wären das rund 9-14 km einfache Strecke. Wenn ich in die beiden Nachbarorte (3,5 und 5,6 km entfernt) fahre brauche ich 12 bzw. 18 Minuten dazu. Wer wurklich sportlich unterwegs ist wird wahrscheinlich deutlich höhere Strecken ansetzen. Die Zeit ist praktikabel, viel länger wird man wohl nicht fahrradfahren wollen.

Dann ist es aber so, dass man den Akku täglich schon aufladen muss. Bei 14 km hin und zurück kommt man schon deutlich über die 20 km raus, wenn man zur Arbeit hin und zurück fährt. Eine große Mobilität ist das nicht, von einer größeren Fahrradtour mal ganz zu schweigen. Man könnte ja sagen „Okay, dann trebbele ich einfach“. Das Problem ist nur: Das Fahrrad ist deutlich schwerer als ein normales. Also ich bemerke bei meinen Rädern nur wenige Kilos mehr oder weniger schon deutlich und so fallen die rund 8-10 kg, die ein Pedelec mehr wiegt, schon auf.

Ideal wäre es doch wenn es in beide Richtungen gehen würde. Also warum geht es nicht, dass man wenn man bergab fährt und schnell wird, dass der Elektromotor als Motorbremse wirkt und den Akku auflädt? Schon jetzt ist es ja so, dass der Motor sich abschaltet wenn man schnell genug ist und das wäre dann einfach nur eine Zusatzfunktion. Da man bei regelmäßigen Strecken immer den fall hat dass wenn der Hinweg bergauf ging, der Rückweg bergab sollte man so die Reichweise deutlich erhöhen können. Straßenbahnen können das, aber die „innovative“ Fahhradbranche wartet wohl noch drauf, für die ist ja schon ein Recyclingsystem für Akkus unzumutbar, wie soll man dann erst Bewegungsenergie recyclen, obwohl das technisch recht einfach ist.

Das zweite sind Solarzellen. Die Idee kam mir diesen Sommer. Eigentlich könnte man doch auf dem Fahrrad ein Dach installieren. Nicht groß, so breit wie der Lenker und vom Lenker bis zum Ende des Gepäckträgers gehend. Das wären bei meinem Fahrrad 1,2 x 0,6 m also 0,72 m². Da habe ich mal nachgeschaut welche Leistung man da bekommt. Bei Konrad stieße ich auf diese Solarzellen. Bei 0,54 m² Fläche liefern die 85 Watt Spitzenleistung und sind mit 299 Euro noch bezahlbar. Kleiner Wehrmutstropen – sie machen das Fahrrad um 7,5 kg schwerer. Immerhin hochgerechnet auf 0,72 m² Fläche wären das 113 Watt. Genug, um selbst bei bedecktem Himmel und nicht senkrechter Strahlung den Akku während eines typischen Arbeitstages wieder aufzulassen und bei Sonnenschein könnte man erheblich länger fahren. Wenn man das Dach dann noch kippen könnte um die Sonne optimal auszunutzen (geht bei einer Gartenliege ja auch) dann wäre das fast ideal, wenn nur nicht die 7,5 kg Zusatzgewicht wären … Aber vielleicht gibt es ja mal leichtere Konstruktionen. Als Nebeneffekt würde es auch vor Regen schützen.

Das Aufladen soll wohl eine Gefahrenquelle sein. Kürzlich sah ich in WDR3 einen Bericht über einen Akku bei dem die Abschaltautomatik versagte und der fast einen Schuppen in Brandt setzte. Er hätte es wohl nicht in die Nachrichten geschafft, hätte der Hersteller des Fahrrades nicht einen Austausch verweigert, was völlig unverständlich ist. Denn sowohl nach Bedienungsanleitung, wie auch der Erfahrung von anderen Akkuladegeräten beaufsichtigt man so was ja nicht. Wenn die Enderkennung versagt, dann sollte das Ladegerät eben nach einer bestimmten Zeit automatisch abschalten, wenn man z.B. davon ausgehen kann das auch ein fast leerer Akku dann annähernd voll ist. Unverständlich das so eine Funktion nicht drin, ist die heute jedes 20 Euro Ladegerät bietet und das bei einem Systempreis eines Pedelec von 2000 bis 300 Euro, als viermal so teuer wie ein normales Fahrrad.

Der Preis ist sicher der Knackpunkt (Solarzellen auf dem Dach würden ihn ja noch anheben). Vor allem wenn ein Mofa, bei dem man nicht treten muss, mehr zuladen kann nur ein Drittel dieses Preises kostet – klar hier muss man dann nachtanken, doch die 1300 bis 2000 Euro Preisunterschied reichen doch für etliche Tankfüllungen. Bei rund 30 km/l so wird die Reichweite eines Mofas angegeben, muss man schon 26000 bis 40000 km fahren, bis man den Preisunterschied drin hat (mit den Kosten für die Ersatzakkus sind es es sogar noch mehr). Also wer täglich 28 km zur Arbeit fährt, 230 Arbeitstage im Jahr hat erst nach 4-5 Jahren einen Vorteil von einem Pedelec, der Freizeitfahrer wohl gar nicht und ein Mofa ist noch viel bequemer und kann mehr Zuladung packen ….

Vielleicht liegt die Zukunft woanders – in dem gemieteten Pedelec. Das gibt es ja schon mit Fahrrädern. Das Prinzip: Man mietet ein Fahrrad für eine Strecke. Das kenn per Handybezahlung oder über EC Karte oder Dauerkarte gehen. Einmal gebucht, wird das Schloss freigeschaltet, man fährt zum Zielort und stellt es dort in der Nähe bei einem weiteren Sammelpunkt ab. Danach wird der Betrag abgebucht und das Fahrrad neu gesperrt. Ein Service transportiert dann abends Fahrräder von Knotenpunkten wo es viele sind wieder zu Punkten wo sie fehlen. Irgendwo bei unseren Nachbarn gibt es so was und es soll unheimlich geschickt in der Großstadt sein. Das Abstellen kann man dann mit dem Neuauflagen kombinieren. Da hier nur Kurzstrecken zustande kommen, ist das sogar ideal und würde viel mehr Leute zum Fahrradfahren animieren.

One thought on “Nachschlag Pedelecs

  1. Die Zellen in Li-Ion-Akkus, außer denen für Handys, sind weitgehend standardisiert. Nur die „Akku-Gehäuse“ für Laptops, Pedelecs usw. sind also individuell. Deswegen gibt es heute auch für Laptops einen florierenden Sekundärmarkt für Ersatz-Akkus. Für Pedelecs sollte das nicht anders aussehen.

    Entladene Li-Ion-Akkus sind übrigens alles andere als „brandgefährlich“. Volle sind natürlich gefährlich, entladen sich aber in den paar Jahren, in denen sie meist zusammen mit dem unbrauchbar gewordenen Altgerät zu Hause gelagert werden, irgendwann von selbst.

    Kai

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