Hunt / Moore: Atlas of Jupiter, Saturn, Uranus, Neptune

Ich pflege Sachbücher in drei Kategorien einzuteilen. Da sind zum einen die Bücher die sich an ein kaum vorgebildetes Publikum wenden. Aufgrund dessen gehen sie nicht sehr in die Tiefe, weil dies entweder ein größeres Vorwissen voraussetzt oder sie sehr viel erklären müssen. Das zweite sind die Fachbücher, die sich an die Personen wenden, die sich in dem Gebiet auskennen. Das sind meist Lehrbücher, welche die Grundlagen behandeln, aber kaum aktuelle Technik oder Forschungsergebnisse, oder viel öfters Fachartikel in Fachzeitschriften, die nur einen Aspekt untersuchen. Selten gibt es in dieser Gruppe Bücher die die aktuelle Forschung zusammenfassen.

Dazwischen liegen die „Gruppe II“ Bücher. Das sind Bücher die sich an interessierte Laien wenden oder zumindest naturwissenschaftlich / technisch vorgebildete Leser. Bei den Zeitschriften fällt mir hier spontan „Spektrum der Wissenschaft“ ein. Ich selbst versuche Gruppe II Bücher zu schreiben. Das ist sehr schwierig und undankbar, weil Personen die ein Gruppe I Buch erwarten meckern, das es zu schwer zu lesen ist, während andere ein Gruppe III Buch erwarten und genauso unzufrieden sind.

Gruppe II Bücher zum Sonnensystem gibt es kaum noch. Ich habe, als ich für mein letztes Buch recherchierte, nach welchen über den Mars gesucht. Ich habe keine gefunden, auch keine im englischsprachigen Raum, zumindest keine die mit meinem Budget kompatibel waren, denn 80-200 Euro wollte ich nicht ausgeben. Da stolperte ich im Antiquariat über Bände die zu einer Serie gehören, die ich schon habe.

Die Autoren sind Gary Hunt, Wissenschaftler, unter anderem bei Voyager Projekt beteiligt und Patrick Moore, Amateurastronom und Autor zahlreicher anderer astronomischer Bücher. Jeder Band behandelt einen der vier Planeten die Voyager besuchte: Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Die ersten beiden erschienen auch auf Deutsch. Von Moore alleine gibt es in derselben Reihe noch ein Buch über Merkur und den Mond, auch letzteres ist in Deutsch erschienen. Dazu kommt eines von Nicholson über die Sonne. Die Zusammenarbeit war sehr befruchtend. Von Hunt stammen die (damals) aktuellen Forschungsergebnisse der Voyagermission. Von Moore die Passsagen über die Geschichte. Herausgekommen sind Bücher, die kompetent über die Planeten informieren, wenn auch etwas kurz. Die Bücher haben rund 100 Seiten mit vielen Abbildungen und Karten. Bedenket man dass es zusätzlich zu den Planeten ja auch die Ringe und Monde gibt und sie auch die Entdeckungsgeschichte behandeln, ist das schon recht knapp. Was besser sein könnte sind die Abbildungen. Zwar sind die Aufnahmen von Voyager nicht mit denen heutiger Sonden zu vergleichen. Sie sind weniger scharf, kontrastärmer, dazu kommt das Resseaugitter. Aber sie sind qualitativ besser, als die abgebildeten Aufnahmen die nicht digital aufbereitet wurden sondern von Computerbildschirmen oder anderen Vorlagen abfotografiert, das sieht man bei einigen Aufnahmen deutlich. Sie werden auch besser bei den Bänden. Die von Uranus sind zumindest alle digital aufbereitet worden, bei Jupiter und Saturn ist das nicht der Fall. Bei den Fotomosaiken der Monde hat man nicht mal die Helligkeit der Aufnahmen abgeglichen. Den guten Eindruck des Gespanns kann ich leider nicht auf Moore alleine übertragen. Ich habe mir zeitgleich sein Buch „Venus“ gekauft und vermisse hier sehr stark die Tiefe. Über die Venusatmosphäre erfährt man nur dass sie dicht ist, Wolken hat und die grobe Zusammensetzung. Keinerlei Details über die interessante Photochemie oder Isotopenverhältnisse die Hinweise auf die Evolution der Atmosphäre geben könnten.

Ich habe mich entschlossen den Band über Uranus zu kaufen, den ich noch nicht hatte und nun durchgelesen. er ist auch in englisch gut lesbar, auch wenn es hier ein Gefälle zwischen dem Teil von Moore und Hunt gibt. Hunt ist schwieriger zu lesen, bringt aber auch mehr Fakten. Moore ist leicht zu lesen und erzählt mehr Geschichten. Herausgekommen sind vier Bücher, die jeweils den Stand der Planetenforschung bei diesen vier Riesen nach den Voyagermissionen wiedergeben. Daher empfehle ich die Bücher hier, zumal sie nun sehr preiswert als gebrauchte zu erhalten sind. Die Frage ist: lohnt sich der Kauf? Bei Uranus und Neptun ist die Lage klar. Praktisch alles was wir wissen stammt von Voyager 2, keine weitere Sonde war jemals bei den Planeten. Bei Saturn dürfte Cassini sehr viele neue Erkenntnisse über die Ringe, die Atmosphäre und Titan/Enceladus gebracht haben. Die anderen Monde werden besser kartiert sein, doch ist es mehr ein quantitativer als qualitativer Gewinn. Bei Jupiter brachte die Galileomission weitaus weniger als man sich erhofft hatte, bedingt durch die ausgefallene Hauptantenne. Da es keine bezahlbare Alternative zu den Büchern gibt (bei Jupiter/Saturn erst recht keine in Deutsch), empfehle ich die Bücher auch heute noch.

Ich habe vor mir noch den letzten Band über Neptun zu kaufen, wenn er gebraucht etwas billiger ist, derzeit ist er mir mit 19 Euro noch zu teuer. Ich glaube leider, dass sich da nichts besser wird. Zum einen ist im deutschsprachigen raum das Interesse an Astronomie gering. In den achtziger Jahren erschienen ja viele neue Bücher über Astronomie, das hat rapide abgenommen. Das zweite ist die Konkurrenz des Internets. Die Leute lesen heute kaum noch ein Buch. Sie sind nur an kurzen Infos interessiert, weniger an Werken die alles komplett darstellen und die man von vorne bis hinten durchliest. Und zum andern waren die Achtziger bis frühen neunziger ideal für solche Bücher, weil es von den USA kaum neue Raumsonden gab. Es gab also die Zeit das Wissen aufzuarbeiten. Heute gibt es alle zwei Jahre eine neue Marsonde, neue Mondmissionen und Missionen zu kleinen Körpern. Eine Gelegenheit könnte um 2015 sein, wenn Messenger und New Horizons ihre Missionen abgeschlossen haben und auch die Cassinimission sich ihrem Ende nähert. Bis dahin dürften auch die meisten Marssonden am Ende ihrer Lebenszeit angekommen sein, viele neuen sind nicht geplant, also wieder gute Gelegenheit Bilanz zu ziehen und das Wissen aufzuarbeiten.

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