Aus der Praxis lernen

Das heißt es ja immer. Doch geht dies auch wenn die Praxis recht teuer ist? Nun wir alle wissen, dass Satelliten teuer sind. Aber wie lernen die Studenten sie zu bauen? Schaut man sich an den Unis rum, so hat jede irgendwelche Kleinsatellitenprojekte die sie gerne umsetzen könnte, nur finanzieren kann sie es nicht. Das ist ein Novum, denn sonst versucht man überall Praxis zu vermitteln. Der Mitteleinsatz ist unterschiedlich. Wenn man Chemie studiert braucht man Labore und einige nicht gerade billige Apparate. Bei Softwaretechnik reicht ein PC. Programmiersprachen gibt es heute als OpenSource. Da sind die Investitionskosten übersehbar.

Die Frage ist, warum es nicht eine Partnerschaft zwischen ESA / nationalen Weltraumagenturen und den Universitäten gibt. Das teuerste ist bei einem Raumfahrtprojekt die Arbeitszeit und Studenten werden nicht bezahlt und Doktoranten und Hiwis nur sehr schlecht. Würde die ESA die Hardware bezahlen und die Unis die Studenten, so könnte man etwas auf die Reihe stellen. Beide hätten einen Nutzen davon. Letztendlich profitiert die ESA, wie auch alle Firmen und nationalen Institute von gut ausgebildeten Studenten. In Deutschland gibt es einige Unis/Fachhochschulen mit dem Schwerpunkt Raumfahrt. Stuttgart, München, Aachen fallen mir spontan ein. Bremen und Berlin haben auch Ausbildungsgänge. Das ist nur ein ESA-Land. Nimmt man alle zusammen kommt man sicher auf 20 Unis. Schon alleine daran kann man sehen, dass es immer noch etwas besonderes sein wird einen Satelliten zu starten. nicht jeder Student wird daran teilnehmen können. Aber ich denke es ist möglich.

Hier zwei Gründe wie dies relativ preiswert für die ESA werden könnte. Ein Stichwort in der Raumfahrt ist ja COTS. Wer nun an Subvention von der NASA an Orbital und SpaceX denkt, nein der Begriff wird viel öfter als Abkürzung für „Commercial off the Shelf verwendet“. Kurzum: wir entwickeln nichts neues, sondern nutzen etwas was schon da ist und woanders funktioniert. Viele elektronische Bauteile, aber auch andere Dinge wie Kameras, Solarmodule etc. könnte man in kleinen Technologiesatelliten die von Studenten gebaut werden testen. Bewährt es sich, so kann die ESA und Raumfahrtindustrie Kosten sparen indem sie diese Erkenntnisse übernimmt.

Doch woher kommt das Geld her, auch wenn es wenig ist? Nun die ESA hat viel Geld. So viel Geld, dass sie seit dreißig Jahren den einzigen Sektor in der Weltraumfahrt der wirklich von nichtstaatlichen Auftragsgebern subventioniert indem sie die Entwicklungskosten bezahlt. Sie ordert nämlich in regelmäßigen Abständen neue experimentelle Kommunikationssatelliten. Das fing 1978 (Startjahr) an mit OTS. Dann kam die ECS-Serie, die nachdem sie im Orbit war, privatisiert wurde (Eutelsat), dann kam Olympus als Hochleistungskommunikationssatellit der schweren Generation, Artemis zum Erproben von Ionentriebwerken und Laserkommunikation und nun steht Alphasat/Alphabus vor dem Start, die dies operationell einsetzen sollen. Da könnte man ein bisschen sparen und schon hätte man das Geld zusammen. Satelliten müssen nicht teurer sein. Proba-1 ein kleiner Technologiesatellit ist seit 2001 aktiv und kostete nur 13,5 Millionen Euro – als ESA Projekt, wenn dann noch die Arbeitskosten weitgehend wegfallen, müsste es noch billiger werden und den Start sollten wir auch noch umsonst hinbekommen. (bei Proba-1 musste man ihn bezahlen).

Umsonst? Ja, wir zahlen jedes Jahr  Arianespace 120 Millionen Euro. Dafür könnte man verlangen die ASAP-5, die Struktur für Sekundärnutzenlasten bei den Flügen mitzuführen die die Nutzlast nicht voll ausnutzen. Damit kann man dann die Satelliten befördern, wenn die Maximalnutzlast nicht erreicht wird und das ist bei den meisten Starts der Fall. Eine ASAP kann bis zu acht Satelliten von 120 kg Gewicht, zwei von 300 und sechs mit 120 kg oder vier im Gewicht von 300 kg transportieren. Bei vier Starts 2011 gab es zwischen 900 und 1100 kg Reserve die man so nutzen könnte. Bisher hat Arianespace die ASAP-5 kaum eingesetzt. Manchen Gerüchten (nichts offizielles sondern in Foren gepostet) wollen sie wohl nicht. Macht wohl zu viel Aufwand für zu wenig Einnahmen. Dazu würde auch passen, dass der letzte Einsatz bei der letzten Ariane 5G nur dazu diente Ballast mitzuführen, weil sonst wegen dem viel leichtne Helios 2B die EPC auch einen Orbit erreicht. Dass die Satelliten im GTO landen würden, wäre für Erdbeobachtung zwar dumm, aber für verschiedene Technologieexperimente, um die es ja primär geht, egal und vom GTO kommt man mit Ionenantrieben oder einem kleinen chemischen Antrieb leicht zum Mond, vieleicht mal als Anregung ….

Aber dazu wird’s nicht kommen, denn das wäre unbürokratisch, unkonventionell, würde mit der Tradition brechen, dass man nur die Raumfahrtindustrie fördert und dann muss man ja auch noch ganz genau den geographical Return achten. Also nichts für den unbeweglichen Dinosaurier ESA.

One thought on “Aus der Praxis lernen

  1. Volle Zustimmung!

    Eines der zentralen Probleme, weswegen es die ASAP-5-Starts nicht ganz umsonst geben kann, ist allerdings die Sicherheit: Was passiert, wenn sich einer der kleinen „Studentensatelliten“ beim Start zerlegt und die umherfliegenden Bruchstücke andere Nutzlasten und/oder wesentliche Teile der Rakete beschädigen? Bei rein passiven Satelliten mit nur geringem Gewicht sind zwar die Gefahren klein, aber die hat man dann nach dem Aussetzen zwangsläufig eine Zeit lang im GTO als Weltraumschrott umherirren. Man kann dieses Problem allerdings reduzieren, indem man diese rein passiven Satelliten gar nicht erst aussetzt.

    Bei nützlicheren Mini-Satelliten mit eigener Lageregelung oder gar eigenem Antrieb ist zwangsläufig Treibstoff an Bord, und da reichen, wenn es blöd läuft, einige Liter, um die ganze Mission im Inferno enden zu lassen. Also wird man Tests der Satelliten, Design Reviews der CAD-Zeichnungen und anschließend Verifikationen der gebauten Strukturen fordern. Und das von Profis für viel Geld.

    Dennoch sollte es Lösungen geben, und wenn man halt einmal alle zwei Jahre mit einer Vega einen ganzen Schwarm Mini-Sats in einen SSO mit drei Jahren Lebensdauer bis zum Wiedereintritt schießt…

    Kai

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.