Kopfschmerzen und Schmerzmittel – Teil 2

So heute der zwite Teil zum Themenbereich Schmerzmittel. Teil 1 gab es gestern. Was ist nun von Kombinationspräparaten zu halten? Es gibt viele Kombinationen, die ich mal anführen will.

ASS wird bei Erkältungskrankheiten oft mit Vitamin C (L-Ascorbinsäure) kombiniert. Hier ist die fiebersenkende Wirkung der ASS von Bedeutung. Prostaglandine regulieren auch die Körperkerntemperatur. Die Kombination mit Vitamin C erfolgt aber wegen der guten Beleumundung des Vitamins. Vitamin C ist wirksam, um vor Erkältungen zu schützen: Es gewährleistet mit anderen Substanzen, dass das Immunsystem nicht geschwächt ist. Hat man eine Erkältung, so nützt es nichts mehr. Die Kombination bringt also keinen zusätzlichen Nutzen.

Verbreitet ist die Kombination mit Coffein. Sehr viele Kopfschmerzen haben ihre Ursache in einer schlechten Durchblutung, verursacht durch verkrampfte (und zusammengezogene) Halsmuskulatur, die dann den Blutfluss behindert. Coffein weitet die Blutgefäße und hilft so. Alternativ würde aber auch eine Massage wirken.

Kombiniert wird auch oft Paracetamol mit Codein. (Abbildung links) Codein ist ein synthetisches Opoid, das im Körper langsam Morphin bildet. Morphin ist ein Antagonist für Schmerzrezeptoren. Es besetzt diese Rezeptoren und so werden Schmerzsignale kaum übertragen. Anders als bei reinem Morphin wird Morphin aber aus dem Codein langsam gebildet. Das Suchtpotenzial ist daher weitaus geringer, aber auch die Wirkung auf leichte bis mittlere Schmerzen beschränkt. Die Kombination Paracetamol mit Codein ist übrigens die Einzige, die von Pharmakologen empfohlen wird, sie ist bei Migräne wirksamer als die Einzelsubstanzen. Bei allen anderen Kombinationen wird oft angeführt, dass eher das Risiko von Nebenwirkungen höher als bei den Einzelsubstanzen ist und der Gewinn durch die Wirkstoffkombination eher wenig gegeben ist. Die Dosierung jeder Einzelsubstanz ist geringer, das Risiko so auch. Im Zweifelsfall gilt wie bei den Reinstoffen: Ausprobieren, denn wie wir wissen wirken Medikamente bei jedem unterschiedlich. Im Durchschnitt ist z.B. die ASS immer noch das als wirksamsten eingestufte Präparat, aber es gibt hier starke individuelle Unterschiede. Bei manchem hilft sie gar nicht.

Die Aminosäure Lysin, die in manchen Kombinationen vorkommt, wird mit Acetylsalicylsäure kombiniert und bildet mit der ASS Salz. Dieses Salz wird schneller aufgenommen als die Acetylsäure und erst im Plasma zu ASS und Lysin gespaltet, damit ist es viel magenschonender als die Säure alleine. Dort wirkt die Acetylsalicylsäure noch nicht. Das gilt auch für die Kombination mit Ibuprofen. Beide Kombinationen verringern daher die Nebenwirkungen und sollten vor allem bei dauerhafter Einnahme wie bei Migräne oder Rheuma verwendet werden.

Neben den Wirkstoffen, die vorwiegend gegen Schmerzen wirken, gibt es auch Stoffe, die eine ausgeprägtere Entzündungshemmung haben. Beide Wirkungen beruhen auf dem gleichen Wirkungsmechanismus, der Prostaglandinsynthese, es gibt aber Unterschiede in wieweit die Wirkung mehr gegen die Entzündungshemmung oder Schmerzhemmung ausgerichtet ist. Bekannt sind 10 Prostaglandine, die 9 verschiedene Hauptwirkungen haben. Je nachdem welches Enzym gehemmt wird, ist die eine oder andere Wirkung eines Medikamentes stärker. Während bei Kopfschmerzen es nur um die Schmerzbehebung geht, sind bei vielen Schmerzen im Gelenk- oder Muskelapparat Entzündungen die Ursache. Hier sind dann entzündungshemmende Stoffe besser geeignet als reine Schmerzmittel, da sie auch etwas gegen die Ursachen tun. Auch hier ist die Acetylsalicylsäure das Mittel der Wahl. Es gilt als das am besten wirksame und verträglichste Medikament. Allerdings braucht man deutlich höhere Dosen als für die reine Schmerztherapie. Während für die Schmerztherapie 500-2000 mg pro Tag vorgeschlagen werden (eine Tablette enthält meist 500 mg) sind es für die Entzündungshemmung 2000 bis 5000 mg. Als maximal verträgliche Tagesdosis werden 6-10 g genannt.

Eine Reihe von Substanzen sind in Teilbereichen besser geeignet. So ist Dichlofenac nicht wasserlöslich, sondern fettlöslich. Daher kann es in Hautsalben eingesetzt werden und bei Muskel- und Gelenkscherzen am Wirkort eingesetzt werden. So wirkt es lokal und belastet nicht den ganzen Körper. Als Zäpfchen kann es über den Dickdarm viel schneller resorbiert werden als ein orales Medikament. Auch Ibuprofen wird häufiger bei Muskel- und Gelenkschmerzen eingesetzt als die ASS.

Eine andere Bekämpfung von Schmerz drückt sich in folgendem Witz aus: Ein Mann kommt zum Arzt. „Herr Doktor, ich habe fürchterliche Kopfschmerzen“. Darauf haut der Arzt dem Mann auf die Hand „Jetzt immer noch?“. „Nein jetzt nicht mehr“. Schmerz hat sehr viel mit Psychologie zu tun. Schmerzen können noch da sein, wenn es keine psychische Ursache mehr gibt. Schmerzen können auftreten, wenn man sie erwartet (z.B. wenn man eine Zerrung hatte und sich tagelang nur mit Schmerzen bewegen konnte). Aber genauso können Schmerzen ausgeblendet werden, wenn sie von etwas anderes verdrängt werden. In diesem Beispiel kann ein kurzzeitiger starker Schmerz an der Hand tatsächlich die Kopfschmerzen verdrängen. Das klingt nicht besonders intelligent, doch der Handschmerz vergeht schneller und oft ist dann auch der Kopfschmerz weg, wenn man ihn für einige Zeit nicht mehr wahrgenommen hat.  Genauso wird der Schmerz ausgeblendet, wenn andere Sinneseindrücke ihn überlagern. Das Kühlen von Wunden oder Beulen auf dem Kopf beruht darauf, dass nun die Kälterezeptoren viel mehr Signale zum Gehirn schicken und die Schmerzsignale gleichsam „verdrängen“. Anders als bei Hitze ist dies auch ungefährlich. Auf diesem Mechanismus beruht auch mein Standardmittel bei Schmerzen: Minzöl. Es irritiert die Kaltrezeptoren, man verspürt eine lokale Kühlung und der Schmerz bleibt aus. Anders als Medikamente wirkt es sofort, ist aber nur wirksam, wenn der Schmerz nahe der Oberfläche lokalisiert ist, man ihn also z.B. an de Stirn verspürt oder eben bei Muskel- und Gelenkschmerzen. In alkoholischer Lösung aufgetragen zeiht es besser ein und der verdampfende Alkohol kühlt zusätzlich und verstärkt den Effekt. Als unangenehmer Nebeneffekt reicht man aber noch den ganzen Tag nach Minze. Der hier wirkende Stoff ist das Menthol, das man auch in Eukalyptusbonbons findet. Minzöl enthält etwa 30-50% Menthol. Neuere Züchtungen sind so mentholreich (90%), dass man das Öl in reiner Form nicht verwenden kann und es mit einem neutralen Öl vermischen muss. Die Affinität zum Kälterezeptor ist stark, dass dieser sogar den Namen „Kälte-Mentholrezeptor“ erhielt.(Bild links)

Die dritte Möglichkeit ist die Ablenkung. Wenn wir uns auf den Schmerz konzentrieren, so empfinden wir ihn stärker. So ging es auch mir am gestrigen Abend – Kopfschmerzen hatte ich den ganzen Abend, doch solange ich am Computer arbeitete, nahm ich sie nicht wahr. erst als im Bett lag und dann nichts mehr die Aufmerksamkeit erregt als die Kopfschmerzen wurden sie richtig schlimm. Sofern es geht sollte man sich also ablenken oder noch besser einer Beschäftigung nachgehen. Das mag auch die Erklärung sein, warum man beim Sport Schmerzen nicht so wahrnimmt.

Was man auf jeden fall vermeiden sollte ist ein dauerhafter Konsum. Maximal 6-7 Tage hintereinander, maximal 15 Tage in einem Monat gelten als Obergrenze, sonst droht ein Medikamenten-induzierter chronischer Schmerz: ohne das Medikament bekommt man den Schmerz und er geht nur sehr langsam weg. Man muss dann wie bei anderen Drogen eine „Entziehungskur“ durchlaufen.

3 thoughts on “Kopfschmerzen und Schmerzmittel – Teil 2

  1. > Minzöl enthält etwa 300-50% Menthol.

    Da ist wohl eine Null zuviel.

    Zur Kombination von Wirkstoffen mit Vitamin C ist noch zu sagen, daß es nur eine Wirkung hat bei Vitamin C-Mangel. Hierzulande wo in allen möglichen Lebensmitteln Vitamin C zugesetzt wird, ist aber ein Mangel eher unwarscheinlich.

  2. Als Migräniker muss ich auch mein Senf dazu geben.
    Zuerst was ganz wichtiges: Migräne ungleich Kopfschmerzen. Nach der aktuellen Forschung sind die Kopfschmerzen nur ein Symptom der Migräne: Vurmtlich ausglöst wird sie durch eine Kettenreaktion in den Nervenzellen, die sich wellenförmig über das ganze Hirn ausbreitet (wie diese entsteht ist noch nicht begriffen). Manche Leute sehe diese Welle aus Aura. Das führt nur eine Kontraktion der Blutgefässe im Hirn, die dann die Kopfschmerzen auslösen. Diese sind dann meisten nur auf einer Seite des Kopfes. Bei mir ist 95 % der Zeit im linken Auge, und 5 % der zeit im rechten Auge.
    Früher musste ich bei starker Migräne kotzen, ist aber nicht mehr seit Jahren passirt.
    Bei mir wirkt Ibuprofen (noch). Von Asprin, Paracetamol und Ponstan bin ich immun. Was auch hilft, ist abkühlen, wobei Minzöl nicht geeigent ist, sondern dann kommen direkt Kühlpacks aus dem Kühlschrank. Auf keinen Fall aus dem Tiefkühler, das macht es schlimmer.

    Auch versucht habe ich ein paar Mal Triptane, Mittel gegen Migräne. Allerdings waren die Nebenwirkungen, fast genau so schlimm wie die Migräne, also bei mir. Bei anderen Leute funktioniert das.

    Zu beachten ist, dass nicht alle Schmerzmittel bei Migräne wirken. Habe von leute gehört, die in die Notaufnahme gingen, und dort von meist jungen Ärzten dann Morphin bekamen, und deren Überraschung gar nichts passierte.

  3. Auch ich kenne leider Migräne. Was bei mir hilft, am besten sofort machen, wenn die Aura beginnt:
    A) Eine ASS-Tablette (500 mg)
    B) Sofort weg vom Rechner und allen Displays.
    C) Entspannung suchen: Raus in die Natur, ins Bett etc. pp.
    D) Wenn verfügbar: Massage

    So ist dann meist schon nach 30 Minuten der Kopf wieder frei, wobei ich die Entspannungszeit bewusst länger halte, meist so um die 2 Stunden.

    Aber jeder Mensch reagiert anders: Bei mir hilft Entspannung, bei anderen halt Arbeiten.

    Kai

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