Medienwirksame Raumfahrt

Heute wieder ein Gastbeitrag von Thierry Gschwindt

Wie viele hier schon wissen, lässt das Interesse für Raumfahrt bei normalen Leuten im Allgemeinen schnell nach, sodass immer hinterfragt wird, wieso man zig Milliarden dafür ausgeben soll: Man hat ja auf der Erde genug Probleme. In der Anfangszeit der Raumfahrt konnte man viele Leute beeindrucken, indem große Erstleistungen vollbracht wurden. Um die Leute zu begeistern, müssen die Mission etwas spektakulärer sein, und die Bilder die herauskommen, sollten so herausragend sein, sodass eine große Allgemeinheit sie danach kennt, und schließlich in jedem Schulbuch übers Sonnensystem landen.

Ein neuer Ansatz wäre, dass die Bilder nicht frei zugänglich wären, sondern dann aufgearbeitet als z.B. IMAX-Film verkauft werden. Man geht schließlich in ein IMAX-Kino um die Filme zusehen, als ob man dort wäre. Später könnten die Filme und Bilder auch über andere Kanäle verkauft werden. Mit geeignetem Marketing ließen sich so vielleicht ein Teil der Missionskosten zurückholen. Um die Forschung nicht lahm zulegen, würden die Daten immer noch frei zu Verfügung gestellt, allerdings müssten die betroffenen Institute NDAs unterschreiben, dass sie die Bilder nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt veröffentlichen. Instrumente, die keine Bilder generieren, wären immer noch frei verfügbar. Den Leute interessiert es ja nur, wie es aussieht, wenn man selbst dort wäre. Veröffentlicht man Falschfarbenbilder, kommt es leicht vor, dass man glaubt, es sehe so aus, wenn man dort ist.

Im Folgenden sollen die verschiedenen möglichen Ziele unter diesen Gesichtspunkten betrachtet werden. Bemannte Mission werden nicht betrachtet. Alle Missionen sind in der Flagship-Klasse, also mehr als eine Milliarde Dollar. Als Instrument ist eine hoch auflösende Kamera Pflicht, die auch Video mit üblichen Framerates machen kann (25 fps oder mehr). Die Übertragung des Videos kann auch stark komprimiert erfolgen. Einzelne Frames können nachträglich unkomprimiert übertragen werden.

Weitere Instrumente werden nach wissenschaftlichen Kriterien gewählt ausgewählt.

Um möglichst viele Ort zu besuchen, sollte die Mobilität möglichst groß sein, d.h stationäre Ladern fallen aus. Auch sollte die Missionsdauer genug lang sein, um genug Bildmaterial zu sammeln. Einfache Landesonden, wie Huygens, sind nur bedingt einsetzbar.

Merkur

Auf dem Merkur lässt sich keine spektakuläre Mission machen: Für den normalen Betrachter ist dies nur ein weiterer Gesteinsplanet, der aussieht wie der Mond. Die technischen Tricks, die man braucht, um überhaupt so eine Mission durchzuführen, sind schwierig zu vermitteln.

Venus

Falls man es schaffen könnte einen aktiven Vulkan auf der Venus zu finden, könnte man eine spektakuläre Mission aufstellen. Das wäre dann ein Fluggerät, das um den Vulkan fliegen kann. Zusätzliche Instrumente könnten Spektrometer oder Chromatograph sein. Das große Problem ist die Kühlung, aber es gibt Vorschläge für Stirling gekühlte Rover. Vielleicht ließe sich das abwandeln. Falls es Fortschritte in Elektronik auf Diamantbasis gibt, wäre das auch hilfreich, da diese Bauteile bei höheren Temperaturen noch liefen. Aber dies wird noch einige Jahre dauern, und noch länger um weltraumtauglich zu sein.

Eine andere Methode wäre, dass das Fluggerät in großer Höhe verweilt, wo die Temperatur moderat ist, und noch Licht scheint, sodass die Solarzellen Batterien laden können. Danach geht es in den Sturzflug und man versucht so schnell wie möglich runter zu fliegen. Dreht ein paar Kreise, macht seine Bilder, und fliegt so schnell wie möglich wieder rauf.

Das Fluggerät muss natürlich immer auf der Tagseite bleiben.

Mond

Auf dem Mond lässt sich nichts mehr medienwirksames machen, außer weitere Personen dort zu landen.

Mars

Bis jetzt wurden vor allem sichere Landeplätze angeflogen, die meistens eher langweilig sind. Mit einer Weiterentwicklung der MSL-Landstufe könnte man auch gefährlichere Gebiete anvisieren, oder zu mindest möglich nah dran landen. Der Rover sollte ein Zwischending sein, zwischen dem MSL und den MERs. Vor allem ist die nukleare Energieversorgung ein Knackpunkt, da man die Generatoren lieber für Missionen ins äußere Sonnensystem verwenden sollte.

  • Valles Marinensis: Wenn man vom Mars erzählt, kommt ziemlich schnell dieser riesige Canyon, von dem es heißt der Grand Canyon ist eigentlich nur kleines Tal im Vergleich. Die Bilder würden definitiv viele begeistern, wissenschaftlich gibt es sicher auch viel zu holen. Wegen der Steilwände wäre die Kommunikation schwieriger, deshalb wäre es von Vorteil einen Orbiter im hohen Orbit zu haben, der die Daten zu Erde weiter leitet.
  • Eine ähnliche Mission könnte man zum Olympus Mount planen. Das schwierige hier ist die Landung in großer Höhe, es sei den man will den ganzen Vulkan hochfahren, was schnell mehrere hundert Kilometer sind.

Jupiter

Im Jupitersystem gibt meiner Ansicht nach drei Missionen:

  • Ein automatisches U-Boot in den Ozean von Europa (oder eines andere Mondes). Die Idee, dass man dort außerirdische Lebewesen finden könnte, sollte eigentlich das große Geld springen lassen. Denn man braucht mehrere Komponenten: Orbiter zur Datenübertragung sowie globale Datenerfassung, Lander die Kommunikation aufrechterhalten, Schmelzsonde sowie das eigentliche U-Boot. Eigentlich Herausforderung wird das U-Boot sein, da es größtenteils autonom sein muss. Falls sich das Leben auf dem Grund des Ozeans abspielt, muss es die Möglichkeit haben, mehrere Kilometer tief zu tauchen. Da aber auf Europa die Gravitation schwächer ist, nimmt der Druck des Wassers weniger schnell als auf der Erde.

Die Entwicklung des U-Boots würde sicher auch der Erforschung auf der Erde helfen: Man hätte dann automatische U-Boote, die quasi die Meere abfahren, und möglichst viele Daten sammeln. Nach einer bestimmten Zeit tauchen sie auf, die senden die Daten. Falls man etwas Interessantes finden würde, kann man dann die Stelle genauer erforschen.

Als Instrumente für das U-Boot wäre neben obligatorischen Kamera, eine Mikroskop Kamera, Mikrofone, Sonar sowie diverse Instrumente um das Wasser zu analysieren. Für den Fall von größeren Lebensformen sollte ein Fangsystem mitgeführt werden.

  • Ein Rover auf Io. Das bedeutet man braucht ein extremes strahlenresistentes Design. Also die Elektronik kann auch aus strahlengehärteten Bauteile bestehen, diese müssen dann in dicken Aluminium (oder vielleicht Blei) Gehäuse platziert werden. Die Redundanz muss auf die Spitze getrieben werden: mindestens dreifache Redundanz, wenn nicht vierfach oder mehr. Neben der Kamera braucht es ein Spektrometer sowie Instrumente zu Analyse des Bodens. Zusätzlich wird ein Orbiter zur Datenübertragung benötigt. Der Orbiter kreist außerhalb des Strahlungsgürtels. Vermutlich ist eine Laserkommunikation notwendig, da die Elektronik einer Antenne beschädigt werden könnte.

Der Rover würde dann in Reichweite eines Vulkans landen, und sich langsam diesem annähern. Mit den richtigen Instrumenten könnten auch die Schwefellavaströme analysiert werden.

  • Ein Fluggerät in die Jupiter-Atmosphäre. Es bestünde aus einem nuklear betriebenen Flugzeug, das die obere Atmosphäre durchfliegt und dabei Daten sammelt. Es gab schon eine Galileo-Kapsel, aber die Daten waren nicht repräsentativ, da sie nur von einem Punkt kamen. Schwierig am Ganzen ist die Steuerung in unbekannte Windverhältnisse.

Saturn

Im Saturnsystem sind die Monde wieder auf dem Programm, sowie die Ringe.

  • Ringorbiter. Bis jetzt gibt es nur Bilder von den Ringen von weit weg, sodass man die einzelnen Elemente nicht sieht. Bei dieser Mission würde die Raumsonde, einen Orbit innerhalb der Ringe einschlagen, sodass man die einzelnen Elemente anschauen, und gegebenenfalls drauflanden kann. Bei kleinen Brocken, braucht es keine speziellen Vorkehrungen dafür. Die Sonde müsste aber mit einem Kollisionserkennungsprogramm ausgestattet sein, dass es ermöglicht schnell den Kurs zu ändern, falls ein Brocken die Bahn kreuzen würde.
  • Enceladus Rover. Ein Rover von der MSL-Klasse wird in der Nähe des Südpols bei den Geysiren abgesetzt. Er nährt sich langsam diesen. Es gab schon in einige Fernsehsendungen Beschreibungen unterlegt mit CGI Bilder davon. Es hieß, dass die Geysire bis in den Weltraum hinaufschießen, etwas, dass man noch nie gesehen hat. Im Gegenlicht fotografiert gibt das sicher schön Aufnahmen. Mit geeigneten kann das Wasser auch direkt analysiert werden.
  • Titanoberflächenmission. Hier gibt es zwei Alternativen. Entweder einen Ballon oder Zeppelin, der ein paar Kilometer über den Boden kreist, sowie ab und zu mal landet, um Boden oder Gewässer zu analysieren. Die andere wäre ein amphibischer Rover, der an Land fahren kann, sowie in einem Methangewässer schwimmen kann. Es besitzt auch ein Antriebssystem für das flüssige Medium, entweder Propeller oder der Räder können auch als Schaufelräder benutzt werden. Der Rover wäre eine bessere Alternative als die vorgeschlagene TIME Mission, die eher eine bessere Boje auf einem der Titanseen landen will. Der Rover könnte auch die Methanflüsse untersuchen oder vielleicht sogar Methanwasserfälle filmen.

Der Rover könnte ähnlich dem MSL gebaut werden. Allerdings müsste die Isolation verbessert werden, damit der die Elektronik nicht ausgekühlt. Gegebenenfalls wäre vielleicht ein zweiter RTG nötig, um genug Wärme zu produzieren. Zusätzlich bräuchte der Rover großen Scheinwerfer, um auch in die siebentätigen Nacht arbeiten zu können.

Uranus und Neptun

Leider weiß man über beide Planeten noch zu wenig, um ein interessantes Objekt anzusteuern. Zuerst sind Orbiter Missionen à la Cassini nötig.

Pluto und Kupier Gürtel

Leider ist technisch noch nicht möglich die Objekte innerhalb vernünftiger Zeit zu erreichen, um einen Orbit einschlagen zu können.

 

9 thoughts on “Medienwirksame Raumfahrt

  1. Was mich generell sehr verwundert, ist, dass man auf KEINER der bisherigen Planetenmissionen (soweit ich weiss) ein simples MIKROFON (1 Euro im Saturn) mitgefuehrt hat.

    Jetzt kann man zwar anscheinend auf dem Mars HD-Videos drehen (hab zwar noch keins gesehen, aber habs mal irgendwo gelesen), aber dann ohne Ton, was den „Publicity-Wert“ des Videos wieder um 90% senkt.

    Begruendung der NASA: „Das wird fuer die Wissenschaft nicht gebraucht“.

  2. Ergänzung:
    Wie auf der Venus könnte ein Fluggerät oder Ballon auch auf dem Mars sehr medienwirksame Bilder schießen und Videos drehen. Vom Boden aus weiß ich nicht, wie aufregend die Valles Marineris sind. Soviel ich weiß, ist der Canyon so riesig, dass die Wände hinter dem Horizont verborgen sind. Ähnlich, als stünde jemand am Grund des ausgetrockneten roten Meeres.
    Auf der Venus könnte ein Flugzeug in den hohen Atmosphärenschichten wahrscheinlich atemberaubende Sonnenuntergänge filmen, wie sie auf der Erde nie gesehen werden. Das Problem ist nur, dass so eine Sonde für poetische Augenblicke null Empfindungsvermögen mitbringt.
    Denn das ist es, was die Öffentlichkeit bewegt und berührt. Die von den Astronauten geschossenen Bilder der Erde, ihrer Atmosphäre, Sonnenuntergänge, Wolken- und Oberflächenformationen, stecken voller Poesie. Diesen Sinn vermissen wissenschaftliche Sonden naturgemäß.
    Was mit ein Argument für bemannte Missionen zu den erwähnten Himmelskörpern wäre…

  3. Die Idee acheitert am „Freedom of Information – Act“.
    D.h. der amerikanische Steuerzahler hat ein grundlegendes Recht zu erfahren, wofür seine Steuergelder ausgegeben werden und diese Informationen dürfen erst dann zurückgehalten werden, wenn die nationale Sicherheit gefährdet wird.
    Nun wird vieles mit nationaler Sicherheit begründet, aber sie zurückzuhalten um sie komerziell verwerten zu können wird wohl jeder Provinz-Rechtsanwalt auseinandernehmen können.
    In Europa mit seinem strengeren Copyright-Gesetzen wäre es wohl eher möglich, schätze aber, das auch hier das gekippt werden würde.
    Ich denke eher, daß Problem ist, was der Politiker seinen Wählern zutraut. Oder viel mehr der Presse, die seinen Wählern sagt, was er denken soll.

    Bernd

  4. Also von NDAs halte ich auch grundsätzlich nichts. Da die meissten Raumfahrzeuge für die Forschung aus Steuergeldern bezahlt werden, sollten die Ergebnisse auch allen frei zur Verfügung stehen, nicht nur einer interessierten Fachöffentlichkeit. Das sehe ich im Übrigen nicht nur bei der Raumfahrt so, sondern bei der Forschung insgesamt. Die Ergebnisse aus der Universitären Forschung sind der Öffentlichkeit sofort zugänglich zu machen, da sie ja auch aus Steuermitteln bezahlt wurden. Und da wo Firmen beteiligt sind (Stichwort Drittmittel), sollten die Ergebnisse nach einer Frist von maximal 10 Jahren frei verfügbar sein. Wobei es in der EDV und ein paar anderen technischen Bereichen auch viel weniger sein sollte. Computerhard- oder Software von vor 10 Jahren gilt ja heute als völlig veraltet.
    Um die Ergebnisse frei zugänglich zu machen, insbesondere jene aus der industriellen Forschung müssten freilich auch das Patent- und das Urheberrecht angepasst werden, aber das sind andere Baustellen.

    Was die Untersuchung der Venus angeht, so sind die Temperaturen auf der Oberfläche zwar ein Problem, aber meiner Ansicht nach das kleinere. Das viel grössere Problem ist der Druck der Venusatmosphäre, der dem in der irdischen Tiefsee in etwa 1000m Tiefe vergleichbar ist.

    Was die Idee der IMAX-Filme angeht, so kann man sowas doch trotzdem erstellen, auch wenn das Ausgangsmaterial frei zur Verfügung steht. So ähnlich arbeiten doch auch die Beraterfirmen, die sich auf Open Source Software spezialisiert haben. Die verdienen ihr Geld damit, das sie Leuten den Umgang damit erklären, bzw. was es da überhaupt an Lösungen gibt, die für dieses oder jenes Problem in Frage kommen.

    Über mögliche Missionen zu Uranus und Neptun war ja in Sterne und Weltraum vom Oktober schon was zu lesen, auch wenn es keine konkreten Planungen waren. (Dazu wundert es mich, das Bernd sich dazu noch nicht geäussert hat, schliesslich geht es doch um Planetenforschung.)
    Und zu Pluto ist ja eine Sonde unterwegs, die aber noch eine Weile braucht, bis sie ankommen wird.

  5. Schöne Pläne, ignorieren nur so einfache Probleme wie verfügbare Technologien und wie man zu den Zielen kommt (delta-v) oder wie dort die Umgebungsbedingungen sind (Venus)
    Lediglich die Titan und Marsexpeditionen dürften machbar sein. Und die Fangvorrichtung kann man sich bei Europa sparen.

  6. Naja, ich denke mir zuerst das Zeug aus, und schaue danach ob es mit den verfügbaren Ressourcen machbar ist.
    So limitiert es man sich die Fantasie nicht.

    PS: Ok, auf das Fangsystem kann man verzichten. Falls es dennoch grosse „Fische“ hätte, dann wird sicher Geld für eine weitere Mission locker gemacht.

  7. Egal wie schön solche Bilder oder Filme auch sind, die Massen interessieren sie nur, solange sie etwas Neues zeigen. Bilder vom Mars oder Meldungen über die ISS interessieren die meisten Leute nicht mehr als der Müllwagen vorm Haus. So wird es auch bei solchen medienwirksamen Missionen sein. Nach wenigen Tagen verschwinden sie aus den Medien.

  8. Grandiose Idee! Und man täte sogar etwas für die Allgemeinbildung, denn einen Kinofilm über den Flug zur Venus (und in den Venus-Wolken, mit dem Vulkan zum Abschluss) nehmen die Leute ja doch intensiver wahr, als einen 2-Minuten-Bericht in der „tagesschau“ oder 5 Links auf Facebook.

    Zum Teil wird es ja schon so gemacht, siehe zum Beispiel den Film „Hubble 3D“:
    http://www.imdb.com/title/tt1433813/
    Lizenzrechtlich sollte es möglich sein, die fürs Kino nötigen Datenströme erstmal zurückzuhalten. Gerade auch in den kommerziellen USA.

    Probleme gibt es eher in der Adaption des Materials. Geile Bilder reichen nicht, um einen Film zu machen, der die Zuschauer fesselt. Es müssen auch noch eine Handlung und Emotionen rein. Man wird also einen der teuren top-Regisseure bezahlen müssen, und vermutlich sogar Schauspieler, die dann Wissenschaftler nachspielen. Und am Ende ist leider gar nicht sicher, ob diese zusätzlichen Ausgaben überhaupt wieder eingespielt werden.

    Kai

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