Wenn Forschung und Entwicklung zur Nebensache wird

Die Einstellung der ASRG Entwicklung ist symptomatisch wie es in der NASA – ähnliches könnte man aber auch von der ESA sagen – steht. Die Agentur stand mal dafür progressiv Technologien zu entwickeln. Inzwischen ist dies weitgehend zum Erliegen gekommen, dieser Eindruck drängt sich einem auf, wenn man sich Meldungen anschaut. Nun hat die Raumfahrtagentur die Entwicklung von ARG eingestellt. ASRG sind Stromgeneratoren die über einen Sterling Motor Strom aus der Zerfallswärme von Plutonium-238 erzeugen. Sie werden seit mindestens 10 Jahren untersucht, zumindest bin ich vor dieser Zeit auf die Technologie gestoßen. Natürlich ist der Wechsel ein Risiko. Anders als die bisherigen RTG sind mechanische Teile im Spiel, die verschleißen oder sich festsetzen können. Doch in den Jahren die seitdem vergangen sind, hätte man ja einige Exemplare im Dauertest testen können. Selbst wenn dies nicht reicht, so hätte man einen ASRG zusätzlich in einer Mission mitführen können, z.B. bei Juno oder Curiosity. Wenn’s klappt hat man mehr Strom, wenn nicht ist man schlauer. Es ist ja nicht das erste Mal, dass die NASA eine Technologie bei der Energiegewinnung aus Pu-238 ad acta legt. So gab es auch mal die Idee Alkalimetalle (AMTEC) zu erhitzen und sie durch einen Beta-Aluminium-Festkröper-Elektrolyten zu pumpen. Auch das versprach Wirkungsgrad von 13 bis 25%. Diese AMTEC wurden auch eingestellt.

Was beide Konzepte als Vorteil haben: Sie wandeln 20 bis 25% der Wärme in Strom um. Bei den GPHS, die unverändert seit 1986 im Einsatz sind, und deren Grundbauweise sich seit 40 Jahren nicht geändert hat, sind es 6%. Da die NASA etwa 90 Millionen Dollar für die Fertigung eines GPHS mit 285 Watt Leistung zahlt, vor allem aufgrund des Plutoniums, bei dem mit einem Mitteleinsatz von 10 Millionen Dollar pro Jahr 1-1,5 kg des Materials produziert werden (ein GPHS hat rund 7,5 kg davon) sollte der Vorteil offensichtlich sein. So wird die Stromversorgung billiger. Aber was macht die NASA? Ihr Statement lautet ohne Umschreibungen etwa so: „Nun buttern wir 10 Millionen Dollar pro Jahr in die Plutoniumgewinnung, dann haben wir bis 2019 genügend Material für einen GPHS-RTG, da brauchen wir keine neue Technologie“.

Eine andere Sache ist die Mission ST-8, ST steht für Space Technology und es ist eine Mission zur Erprobung von neuen Technologien. Darunter befinden sich tolle Sachen wie Solar-Concentrator Arrays mit einer Leistung von 300 W/kg, die Erprobung von FPGA als Ersatz für Prozessoren, da die Entwicklungskosten weltraumtauglicher Prozessen immer teurer wird, die Stückzahlen aber gleich bleiben. Beides interessante Weiterentwicklungen. SLA ermöglichen leichte Solararrays, wichtig für Missionen ins äußere Sonnensystem, dort würden sie durch die Linsen auch den Abfall der Leistung durch niedrige Temperaturen absenken. Daneben (und deswegen bin ich drauf gestoßen) auch für ionenantriebe, die um so mehr Nutzlast tragen können (bzw. schneller am Ziel sind) je leichter die Solararrays sind.

Was für Arrays hat Juno? Normale mit besonders getesteten GaAs Zellen. Zum Schutz noch mit einer dünnen Glasschicht bedeckt. Sie sind sogar schwerer als die von Dawn und die startete ja schon vor 6 Jahren. Dabei geht es anders, wie die Ultraflex Arrays von Phoenix beweist. Diese erreichen 180 W/m², die von Juno liegen bei 57 W/m² (Dawn: 80 W/m²).

Beides sind Beispiele dafür, wie die NASA auf alte Technologien setzt. Man muss nicht alles neu entwickeln, so finde ich die Idee bei Juno nicht strahlungsresistente Elektronik zu entwickeln, sondern einfach alles in eine Schachtel aus Titan zu packen die dann abschirmt gut, so was habe ich nämlich im kleinen (nur für den Bordcomputer) auch vorgeschlagen. Denn besondere Elektronik würde eben nur Juno und sonst keine weitere Sonde in absehbarer Zeit benötigen. Aber man sollte die Technologien entwickeln um zukünftige Missionen besser durchführen zu können, also entweder billiger oder schneller oder mehr Daten zu gewinnen. Dazu gehören leistungsfähigere RTG und Solarzellen. Dazu gehört auch die Nutzung des Ka-Bandes. Seit gut 10 Jahren wird das getestet, aber es ersetzt nicht oder ergänzt auch nur das X-Band. Dabei zeigen die bisherigen Tests z.B. mit dem MRO, dass die Datenrate erheblich höher, selbst unter Berücksichtigung der stärkeren Signalabschwächung und der geringeren Verfügbarkeit. Was man bracht ist nur angepasste Kommunikationsstrategien, da es sein kann, dass man die Daten nochmals wegen schlechtem Wetter übertragen muss.  Auch Juno sendet nur im X-Band. der Ka-Band Sender wird nur zur Durchleuchtung des Jupiters genutzt.

Ähnliches zeigt sich im Missionsdesign. Man startet mit chemischen Triebwerk oder macht Vorbeiflüge an der Erde um Geschwindigkeit zu gewinnen, gefolgt von einigen Korrekturmanövern. Ionentriebwerke wurden nur zweimal bei Deep Space 1 und Dawn eingesetzt und beide Sonden starteten zuerst mal chemisch auf eine Fluchtbahn, was die Nutzlast schon auf ein Drittel reduziert. Die Frage ist, warum man nicht gleich vom LEO heraufspiralt. Das würde einigermaßen fix schon mit heute verfügbaren Solararrays gehen und gerade Juno zeigt, dass man mit dem üblichen „Gespenst“ des Van Allen Gpürtels keine Gefahren verbunden sind. Jupiters Strahlengürtel ist da eine ganz andere Dimension. Trotzdem überstehen dort die Solararrays es – 100 Mrad werden schon von 0,3 mm Glas auf 3 MRad reduziert. Das bewirkt eine Reduktion der Effizienz in einem Jahr um 9,4%. Ein Jahr wird keine Raumsonde im Van Allen Gürtel sein. Und dort beträgt die Dosis im Mittel 0,7 bis 1,5 mSi/Tag, das sind 0,07 bis 0,15 rad pro Tag. 100 MRad die Juno erhält, sind 100 Millionen Rad… Selbst strahlengehärtete Elektronik verträgt heute 10 bis 100 kRad. Kein Wunder denn der GEO-Orbit liegt ja noch im äußeren Van Allen Gürtel. Die Frage ist also, warum man nicht gleich einen Schritt weiter geht und gleich vom LEO-Orbit aus startet und so Kosten spart. Bei Missionen ins äußere Sonnensystem kann man auch die sonst überschüssige Leistung brauchen – siehe Juno.

Was fehlt ist das Wagnis, neue Wege zu gehen. Neue Technologien zuerst zu erproben (wie bei den Space Technologie Missionen oder indem man sie zusätzlich bei vorhandenen Sonden einsetzt (Ka-Band, ASRG). aber dann auch sie bei neuen Sonden im Routinebetrieb einsetzt. Was bisher läuft ist „das haben wir schon immer so gemacht, warum was ändern?“. Das bedeutet auch, gerade im äußeren Sonnensystem wo man viele dieser Technologien braucht (ASRG um die kosten für Stromversorgung zu senken, SLA um eine größere Nutzlast mit Ionentreibwerken zu transportieren / als weiter Stromversorgung, Ka-Band für höhere Datenraten, die sonst wegen der großen Entfernung stark abnehmen) wird es daher nur wenige neue Sonden geben. So bleiben sie teuer und selten. So wird die NASA mit ihrem neuen Programm das 10 Millionen Dollar pro Jahr kostet bis 2019, also in 6-7 Jahren, gerade mal so viel Plutonium zusammenbekommen wie man für einen GPHS (285 Watt Leistung) braucht. Davon hatte Cassini drei und Galileo zwei an Bord. Zusammen mit 10 kg die man braucht und einem MMRTG der für den Curiosity Nachfolger benötigt wird sind dass dann zwei GPHS mit 470 Watt Leistung. Die vorhandenen 10 kg würden mit ARTG dagegen für eine Leistung von 1300 bis 1400 W reichen und man hätte 70 Millionen Dollar gespart.

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