Nahrungstabus

Viele Gesellschaften haben Nahrungstabus. In Deutschland werden z.b. Kaninchen, Pferde und Schweine gegessen, jedoch keine Hunde und Katzen. Meist werden diese Tabus nicht hinterfragt, doch auch wenn diese auf den ersten Blick unsinnig erscheinen haben sie im historischen und gesellschaftlichen Kontext ihren ökonomischen Zweck.

Juden und Moslems haben recht restriktive Tabus was sie essen dürfen, die unter dem Namen Koscher oder Halal zusammengefasst werden. Erlaubt sind Paarhufer die Wiederkäuer sind, am Boden lebendes domestiziertes Geflügel und Wasserlebewesen mit Schuppen und Flossen. Bei Hindus sind hingegen Rinder verboten.

Bei viele Völkern ist das essen von Raubtieren, z.b. Hunden und Katzen verboten, weil diese schlechte Futterverwerter sind, die zudem hochwertige fleischige Nahrung benötigen. Um Hundefleisch zu produzieren, muss erst ein anderes Fleisch gefüttert werden. Der Landverbrauch steht in keinem Verhältnis zum Nutzen.

Im Gegensatz dazu fressen Wiederkäuer Nahrung die von Menschen überhaupt nicht verdaubar ist, wie Gras, Stroh und Heu. Erlauben also die Nutzung von Flächen die ansonsten dem Menschen keine Nahrung bieten. Bei den Hindus hingegen sind Rinder Tabu, weil das Rind zu Wertvoll zum Pflügen ist, und nach dem Schlachten des Rindes keine weitere Aussaht und Ernte möglich ist. Ähnlich sind auch Kamele und Pferde bei Juden und Moslems verboten, weil diese im Vergleich zum Rind schlechte Futterverwerter sind, die zudem lebend einen hohen wirtschaftlichen Nutzen haben.

Schweine fressen ebenfalls kein Gras sondern genau das gleiche was Menschen auch essen. Schweine lassen sich nur auf zwei Arten ernähren: Mit den Essensresten vom Tisch, oder als Massentierhaltung mit dem was ansonsten Menschen essen würden. Schweine sind sehr intelligent, vergleichbar mit Hunden. Schweine zu essen heißt also ein Familienmitglied zu essen, wenn es vom Tisch ernährt wird, oder Massenhunger, wenn es aus der Massentierhaltung kommt.

Singvögel haben ihren Wert als biologische Schädlingsbekämpfung, und Raubvögel, weil sie ähnlich wie andere Raubtiere sehr hoch in der Nahrungskette stehen.

Bei im Wasser lebenden Getier sind Krebse, Muscheln und ähnliches Verboten weil sie sich vom Abfall im Meer ernähren.

Ein interessanter Punkt sind Kaninchen. Eigentlich sollten dieses Haram bzw Treife sein, doch sind Kaninchen einfach zu halten, sehr schmackhaft, und ernähren sich hauptsächlich von Gras. Daher sind Kaninchen ein alter Streitpunkt und werden manchmal unter die Wiederkäuer sortiert, weil sie ihren Kot essen, oder unter die am Boden lebende Haustiere wie Geflügel. Ökonomische Interessen stehen hier wohl höher als Religion oder Biologie.

Literaturhinweis: Marvin Harris – Kannibalen und Könige. Die Wachstumsgrenzen der Hochkulturen. DTV, München 1995. ISBN 3-423-30500-2.

5 thoughts on “Nahrungstabus

  1. > Bei im Wasser lebenden Getier sind Krebse, Muscheln und ähnliches Verboten weil sie sich vom Abfall im Meer ernähren.

    Das gilt aber auch für viele Fischarten. Die dürfte man dann logischerweise auch nicht essen.

    > Ökonomische Interessen stehen hier wohl höher als Religion oder Biologie.

    Stimmt. Im Mittelalter wurden Fischotter als Fische gezählt, damit man sie in der Fastenzeit essen darf. Und als es in Deutschland noch Walfang gab, wurde Walfleisch in Fischläden verkauft.

  2. Wo ist es denn verboten Krebse und Muscheln zu essen? Sicherlich gibt es Muschelarten und eventuell auch gewisse Krebse, die es aus Artenschutzgründen verboten ist zu konsumieren, doch gilt das auch für andere Tiere. Und falls Du statt einens Verbots ein Tabu meintest, dann würde mich interessieren, wo es dieses gibt. Eventuell in Gegenden, die weit entfernt von Gewässern sind, so dass es sanitarisch zu Problemen beim Transport käme?
    Sagt die Quelle denn gar nichts zu Reptilien, Amphibien (z.B. Frösche) und Insekten? Echsenfleisch soll sehr lecker sein.
    Eine Anekdote: letzte Woche sah ich in der Speisekarte eines Chinarestaurants Ameisen als Hauptspeise … allerdings muss ich gestehen, dass ich mich nicht getraut habe, sie zu bestellen. Frösche gab es dort übrigens auch, jedoch hört man ja immer wieder mal, dass die oft nur wegen ihrer Schenkel getötet werden und der ganze Rest dann nicht verwertet wird.

  3. Meerschweinchen sind bei uns Streicheltiere, in Mittelamerika ein wichtiger Fleischlieferant.

    Hundschlachter gab es bis ca. 1900 auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

    Zumindest die Kriegsgeneration kennt noch den Ausdruck Dachhase für Katzen. Die wurden als letztes gegessen, da Katzen für das kurz halten von Ratten und Mäusen benötigt werden.

    Schweine haben in Mittel- und Nordeuropa eine lange Tradition. Ein Haushalt ohne Schwein hatte es schwer über den Winter zu kommen. Ein Grund für die Schweinehaltung war die Möglichkeit Nahrung mit einem brauchbaren Wirkungsgrad vom Sommer in den Winter zu transportieren.
    Alle Essensreste wurden an die Schweine verfüttert, dann wurden die Schweine im Herbst über die abgeernteten Felder getrieben um die Erntereste zu fressen und zur Eichelmast in den Wald.
    Traditionell wurden Schweine im November, ggf. Anfang Dezember geschlachtet.

    Ein wichtiger Grund Schweine zu halten war die Versorgung mit Fett. Im Mittelmeerraum ist heute noch Olivenöl das Speisefett überhaupt.
    In Deutschland waren lange Zeit Speck und Schmalz wichtige Speisefette. Butter war nur im Sommerhalbjahr verfügbar. Mir ist nicht klar in wie weit (Rinder-)Talg als Speisefett verwendet werden kann. (Es gibt ein paar klassische Rezepte)
    Rapsöl gibt es erst seit nach 1970 als Speisefett (Canola), und war vorher ausschließlich ein technisches Öl (Lampenöl, Dampfmaschinen). Der Presskuchen war nicht als Tierfutter zu gebrauchen.
    Sonnenblumenöl gibt es schon lange, aber in welchen Mengen?
    Palmöl bzw. Kokosfett werden importiert.
    Erdnußöl und Sojaöl werden importiert.

    Beim Schlachten von Schweinen entstehen wenig Abfälle. Es bleiben über: die Borsten, die Klauen (Hufe), die Zähne (ggf. auch der ganze Schädel) und das Hirn (Bregen).
    Bei Wiederkäuern sind zusätzlich zumindest das Fell, der Pansen, das Blut und der Talg Abfall.

  4. Also was so manche Ge- bzw. Verbote angeht, da muss man einfach nur in der Bibel gucken, da stehen sie nämlich drin. Und zwar in den Mosebüchern am Anfang, wobei man das erste Buch (Genesis) überspringen kann. Aber ab 2. Mose (Exodus) sind die Geschichtserzählungen immer wieder von Gesetzesvorschriften durchzogen, darunter auch die Speisegesetze.
    Reptilien und Amphibien sind nach dieser Quelle übrigens auch verboten. Ein gläubiger Jude darf sie nicht mal anfassen ohne im Sinne seiner Religion unrein zu werden. Das Selbe gilt für Krebse etc.

    Ansonsten: ein sehr interessanter Artikel. 🙂

  5. Was wäre so schlimm wenn Frösche nur der Schenkel wegen geerntet würden?

    Essen Sie auch ganz bestimmt jede Schweineleber, Rinderzunge und Hähnchen gibts bei Ihnen auch nur im Ganzen?

    Also am Teppich bleiben. Es ist üblich von Tieren nur Teilprodukte zu verzehren. In wie weit das im Einzelfall verschwenderisch ist, kann man so pauschal nicht sagen. Selbst bei Haifischflossensuppe gibts Gründe für die partielle Verwertung, das Fleisch will keiner ist häufig je nach dem giftig.

    Hierzulande kauft auch keiner Seeaal mit Schillerlocke zusammen und kümmert sich einen Scheiß um das jeweils andere Stück des Tieres, wenn er diesen Fisch kauft.

    Wir leben in einer Gesellschaft der Edelfleischdekadenz. Innereien und Co gibts kaum mehr im Laden, will keiner finden viele heute total ekelig.

    Wieso ist das plötzlich bei Fröschen ein Problem? Selbst wenn Kopf und Rumpf der Frösche verworfen wird obwohl das Zeugs essbar sei und lecker, was ich nicht weiß, sollte das doch wohl im Filetfleischthekenland nicht weiter ins Gewicht fallen. Hier futtert jeder doch nur noch Teilstücke! Das ist eben so wenn Tiere in verschieden wertigen Teilen vertickt werden und die Nachfrage des besten Geschmacks und dicksten Geldbeutels letztlich den Gewinn und Einsatz des Züchters bestimmt. Und wenns bei Kleintieren eben nur noch Schenkel sind, gemetzgert wird der Frosch sowieso. Einzig die Wildfangerei ist natürlich schädlich und problematisch, hängt oft aber mit dem Lebensunterhalt zusammen.

    Ausserdem wird nichts weggeworfen, das man nicht wegwerfen muss. Warscheinlich werden die Reste der Zucht-Frösche dann entweder an die heimische Bevölkerung billig verkauft, oder aber gleich an den Froschnachwuchs verfüttert. Nur weils nicht in Europa verzehrt wird, heißt es nicht das es woanders nicht gegessen wird.

    MFG

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