Ich habe gestern in der neuen SuW die Kritik an Sven Pipers Buch „Exoplaneten“ gelesen. Dessen erste Auflage habe ich ja auch besprochen und einige Kritiken dazu gelesen. Nun weiss ich nicht was der Autor an der zweiten Auflage geändert hat. Aber darum geht es nicht, sondern um den Kritiker selbst.
Die Kritik war wie die erste weitgehend ein Verriss. Sie beschäftigte sich nicht mal mit dem Buch selbst, sondern den Differenzen zur ersten Auflage und was fehlt oder wo Fehler drin sind. Daran sieht man schon das es der Autorin der Kritik nicht um eine Hilfe für den Leser geht, sondern er eben „kritisiert“. Schon an dem Wort ist zu erkennen, das man so schlecht etwas finden kann was man kritisieren kann.
Das ganze hat auch nicht nur etwas mit dem Inhalt zu tun. Ich würde (zumindest für die erste Auflage) dem Autor in einigen Punkten recht geben. Schon in der ersten Auflage ist klar, dass der Autor bei den naturwissenschaftlichen Grundlagen und Meßmethoden des Gebietes Defizite hat. Wenn man sich auf diese Aspekte konzentriert kann man einen kompletten Verriss schreiben. So konzentriert sich auch die Kritik auf vier von Zehn Kapiteln.
Okay, das Buch von Piper ist ein schwerer Fall. Im Prinzip wäre das Buch geeignet für die die sich für Exoplaneten interessieren, sich aber nicht für die Physik oder die Meßmethoden interessieren. Dann ist es ein interessant zu lesendes Buch ohne viel Tiefgang. Auch wenn es den Kritiker als promovierten Astrophysiker stört: Leser die nicht mehr wissen wollen, davon gibt es eine Menge. Genauso wie es viele gibt die sich für Formel 1 interessieren, aber denen die Technik der Wagen völlig schnuppe ist oder Leute die gerne sich die Bilder von Raumsonden ansehen und nicht wissen wollen wie diese entstehen. Den Fehler den Piper gemacht hat ist das er aber diese Thematik anreißt ohne sie wirklich zu erklären. Daneben hat der Springer Verlag das Buch unter „Physics“ einsortiert und auch der Buchtext gibt keinen Hinweis darauf was den Leser erwartet.
Der Fehler den SuW gemacht ist der das Buch durch einen Astrophysikern zensieren zu lassen und dies bei der zweiten Auflage noch dazu durch die gleiche Kritikerin. Denn wie eine Kritik ausfällt hat auch viel damit zu tun mit welcher Erwartungshaltung ich an das Buch herangehe. Wenn ich als Astrophysikerin das Buch von jemanden rezensiere, über dessen Vita man sich ja informieren kann und der nicht Astronomie studiert hat, dann muss ich mich an dem Niveau des Buchs orientieren, und vor allem für wen es interessant sein könnte. Ansonsten wird man immer etwas zu kritisieren finden. Ich bin überzeugt, dass das auch in die andere Richtung gehen kann, wenn ein interessierter Laie ein Fachbuch rezensiert und der Inhalt ihn überfordert.
Idealerweise orientiert man sich am Klappentext oder an den Katalogbeschreibungen was der Inhalt sein könnte und das lässt dann schon Rückschlüsse auf den Inhalt zu, vor allem aber an wen es sich wendet. Wenn man das ignoriert kann man nur enttäuscht werden. So steht als Beschreibung für mein ISS-Buch:
„Die Internationale Raumstation wird 2011 nach zwölf Jahren Aufbauzeit fertiggestellt werden. Dieses Buch informiert kompakt und kompetent über den Aufbau der Station, die einzelnen Module und die Versorgung der Station. Besonderes Augenmerk wird auf die wechselvolle Geschichte, die sich über fast drei Jahrzehnte hinzieht, gelegt. Ein umfangreiches Abkürzungsverzeichnis erklärt die verwendeten Fachbegriffe. Dieser Band ist gedacht für Raumfahrtanhänger, die sich vor allem für die Station, die Aufgabe und den Aufbau der einzelnen Bauabschnitte und nicht für die Astronauten interessieren. Es konzentriert sich auf die wesentlichen Fakten und bereitet diese vor allem durch zahlreiche Tabellen und Schnittbilder leserfreundlich auf.“
Meiner Ansicht nach fasst das den Inhalt zusammen. Es geht um die kurze Beschreibung der Gesichte und dann eben der ISS. Es kann nur kurz sein, bei 176 Seiten Umfang und einer Raumstation die mehr als 30 Aufbauflüge mit einem Dutzend Modulen. Wenn ich dann eine Amazon Kritik lese wie:
„In dem Buch mag und ist Wissen und Recherche über die ISS zusammengefasst, Lob dafür. Bis zur 50igsten Seite ist ein roter Faden erkennbar und das Buch durchgängig lesbar. Danach verliert das Buch für den Leser leider schlagartig an Flughöhe und es folgt nur noch eine monotone Beschreibung einzelner Module, die eines nicht schafft: Interesse zum Weiterlesen oder gar für die ISS oder für die Raumfahrt insgesamt zu wecken. “
Begeisterung für Raumfahrt zu wecken, ist für ein Technikbuch fast unmöglich, dafür müssen menschliche Storys her. Bücher nicht über die Technik sondern Menschen. Wer ein Buch von einem Astronauten liest wird nichts über Technik erfahren, nur was er gefühlt hab bei der Mission, was für Probleme es gab. Das geht auch bei Technik, wenn Insider über die Probleme bei einer Mission schreiben. Das gibt es auch bei Raumfahrtprojekten oder es gibt es bei Computerpionieren. Nur sind es eben immer Storys um Menschen und nicht um eine Raumstation. Haben sie jemals bei einem Buch über Steve Jobs gelesen, wie der Mac funktioniert?
Seit ich selbst Bücher schreibe bin ich mit meinen Kritiken vorsichtiger geworden, denn seitdem Weiß ich wie viel Arbeit da drin steckt. Ich habe ja den Luxus, dass ich mich weitgehend Vollzeit mit einem Thema beschäftigen kann, auch wenn ich das nicht tue. Trotzdem liegt mein „Durchsatz“ bei 2 Seiten reiner Text pro Tag. Das heißt in einem Buch steckt die Arbeit von Monaten bis einem halben Jahr. Das ist vergleichbar dessen was eine Diplomarbeit umfasst, und die würde man wohl nicht in der Form verreißen. Die Rücksicht endet nur dann wenn ich merke, dass jemand offensichtlich geschludert hat. Das ist der Fall wenn jemand nicht nur einige sondern unzählige Fehler hat, man eine fehlende Korrektur sieht (Grammatikfehler fallen einem selbst selten auf, doch wenn man in einem Buch nicht mal bemerkt das eine automatische Rechtschreibkorrektur aus „Basisvariante oder Basismodell“ „Basisstunden“ gemacht hat, dann kritisiere ich solche hingerotzte Bücher, als das was sie sie sind.
Immerhin ist der Ton ja erträglich. Ich kann mich noch an das literarische Quartett erinnern und wie da über Bücher hergezogen wurde „unmöglich“ „zum sterben langweillig“, „auf den ersten 300 Seite passiert gar nichts“ oder so ähnlich gings da zu,
Ich selbst habe es aufgegeben, mein Buch zur Rezension zu empfehlen, seit der Kritik im DLR Magazin. Vor allem weil ich auch die Kritik genau desselben Rezensenten an einem Buch kenne, das im wesentlichen aus einem Plagiat meiner Webseite besteht. Ich bin dann auch konsequent. Da der Rezensent Pressesprecher des DLR ist, also die Agentur (auch wenn es formal ein Verein ist) nach außen vertritt, repräsentiert er die Meinung des DLR gegenüber mir und meiner Arbeit. Seitdem habe ich an das DLR keine Anfrage mehr gestellt und es wird garantiert auch kein Buch mehr geben wo ich die Mithilfe dieser Raumfahrtagentur brauche (ich hatte mal als Idee eines über deutsche Satelliten im Kopf, doch das hat sich damit erledigt). Na ja neue Raumfahrtbücher gibt es eh nicht in der nächsten Zeit. Was wohl nach George Lemaitre, dem letzten ATV kommen wird ist eine dritte Auflage des Buchs. Zum einen weil ich während der letzten Missionen schon an dem Manuskript weiter geschrieben habe, zum andern weil es dann was endgültiges ist.
Zugegebenerweise war ich auch schon vorher nicht sehr erfolgreich mit dem Erreichen einer Rezension. Ohne renommierten Verlag im Rücken, und ohne kostenlose Exemplare zum Verteilen ist es schwer. Zwar bekam man lange nach einer Registrierung bei BOD von denen ein Rezensionsexemplar zugeschickt, aber der Weg scheint für Leute die sonst die Bücher frei Haus bekommen schon zu umständlich zu sein.